Mitglied bei

 

  • Startseite

  • ME/CFS - was ist das?

  • Artikel des Monats

  • Kommentare des Monats 

  • Medienberichte

  • News

  • Broschüren zu Diagnose und Behandlung 

  • Häufig gestellte Fragen zu ME/CFS

  • Humor und Kreatives

  • Weiterführende Links

  • Impressum/Disclaimer

  • Spendenkonto

  •       

    Suche auf cfs-aktuell:

     

    Eine weitere Suchmöglichkeit besteht darin, z.B. bei www.google.de das Suchwort einzugeben und dann nach einem Leerzeichen den Zusatz site:www.cfs-aktuell.de

    Sie erhalten dann alle Seiten auf cfs-aktuell.de, auf denen der gesuchte Begriff vorkommt.

    Artikel des Monats
April 09 Teil I

    Oxidativer Stress:

    wenn das Haus niederbrennt

    von Cort Johnson

    Menschen mit CFS zeigen Hinweise auf erheblichen oxidativen Stress in ihrem Körper. Hier ein Überblick über das, was oxidativer Stress ist und wie er Menschen mit CFS “auf den heißen Stuhl” bringen kann.

    Das Original dieses Artikels ist im CFIDS Chronicle Winter 2009 unter dem Titel "Oxidative Stress: Burning Down the House" erschienen. Der CFIDS Chronicle ist die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift der CFIDS Association of America, der größten Patientenvereinigung zu CFS/ME in den USA.

    Übersetzung und Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Autors.

    Übersetzung von Regina Clos

    Text hier als pdf-Datei

    Sauerstoff verbinden wir mit etwas Gutem, und das sollten wir auch tun. Obwohl er nur etwa 20% der Luft ausmacht, die wir einatmen, ist es der Sauerstoff, dem unser Körper hinterher ist. Sauerstoff ist das Zentrum des Lebens auf unserem Planeten, er hilft, unsere Zellen, unsere Körper und die Welt um uns herum mit Energie zu versorgen.

    Aber das Sauerstoffmolekül ist ein bisschen „unausgeglichen“. Ungepaarte Elektronen in seiner äußeren atomaren Hülle machen es zu einem unsymmetrischen Molekül – zu dem, was man ein „Radikal“ nennt. Als solche suchen die Sauerstoffmoleküle nach Elektronen, an die sie sich binden können. Wenn beispielsweise die Elektronen entlang der Elektronentransportkette in unseren Mitochondrien strömen – den Kraftwerken in unseren Zellen –, dann fängt der Sauerstoff sie ab und verbindet sich mit Wasserstoff, um daraus Wasser zu machen und dann friedlich und unschädlich im Körper zu verschwinden.

    Auf einen Blick

    w Oxidativer Stress entsteht, wenn instabile Sauerstoffmoleküle, die sogenannten „Freien Radikale“ Elektronen aus umliegendem Gewebe herausreißen.

    w Forschungsstudien zeigen, dass CFS-Patienten durch oxidativen Stress beeinträchtigt werden und dass dieser für manche der Symptome verantwortlich sein könnte.

    w Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch oxidativen Stress sind etwa die Einnahme zusätzlicher Antioxidantien und bestimmter Fettsäuren.

    Aber dieser Bedarf an einem zusätzlichen Elektron macht den Sauerstoff extrem reaktiv. Er kann in diesem unausgeglichenen Zustand nur ein Tausendstel einer Sekunde bestehen bleiben, aber wenn er nicht schnell wieder aufgefüllt wird, dann reißt er buchstäblich ein Elektron aus dem nächstliegenden Material heraus. Mit diesem Prozess, den man als Oxidation bezeichnet, fangen die Probleme an.

    Während der Oxidation stiehlt sich das Sauerstoffmolekül – in seinem Zustand als freies Radikal, auch Superoxid genannt – ein Elektron aus der ihm am nächsten liegenden Quelle. Wenn keine entsprechenden Antioxidantien als Abwehr vorhanden sind, dann kann dieses Elektron aus gesundem Gewebe wie etwa der DNA, den Zellmembranen oder einer Reihe anderer Gewebe herausgerissen werden, die besser unbeschädigt geblieben wären.

    Cort Johnson

    Cort Johnson

    Cort Johnson unterhält eine Website mit dem Namen „Phoenix Rising“, eine Quelle im Internet mit Berichten, Kurzberichten über Forschungsprojekte und Interviews auf dem Gebiet des CFS. Er hat einen Master-Abschluss in Umwelttechnik und widmet einen großen Teil seiner Zeit dem Studium der CFS-Forschung und der Medizin. http://phoenix-cfs.org

    Nur allzu oft gehört das geschädigte Gewebe zu einer Zellmembran. Das liegt daran, dass die Fettsäuren, die den Großteil unserer Zellmembranen ausmachen, Schwierigkeiten haben, ihre Elektronen festzuhalten. Um die Sache noch schlimmer zu machen: wenn Fettsäuren durch Superoxid geschädigt werden, dann schütten sie Stoffe aus, die ihrerseits zu starken Freien Radikalen werden. Diese Radikalen schlagen sozusagen wild um sich und zerreißen dabei mehr und mehr Fettsäuren und produzieren eine schwindelerregende große Zahl von Oxidationsprodukten, die ein kleines Buschfeuer in einen rasenden Flächenbrand Freier Radikaler verwandeln können.

    Die Schäden, die die Freien Radikale verursachen, hängen jeweils davon ab, wo dieses Lauffeuer im Körper ausgebrochen ist. Schäden durch Freie Radikale, die man als oxidativen Stress bezeichnet, können grundlegende Prozesse stören wie etwa den Sauerstofftransport, die Energieproduktion, die Entgiftung, die Immunfunktion und vieles mehr. Die Schäden können schwerwiegend sein. Oxidativer Stress spielt bei vielen chronischen Erkrankungen eine Rolle. Dazu gehören Arthritis, Atheriosklerose, Diabetes, Herzversagen, Schlafapnoen und viele neurologische Erkrankungen. Eine Theorie besagt, dass sogar der Alterungsprozess das Resultat davon ist, dass unsere Zellen allmählich dem niemals endenden Ansturm der Angriffe Freier Radikaler unterliegen.

    Der Körper hat ein ausgeklügeltes antioxidatives System entwickelt, um zu verhindern, dass die Bildung der Freien Radikale außer Kontrolle gerät. Aber obwohl sie einer solchen speziellen Behandlung bedürfen, haben die Freien Radikale – in Maßen – in unserem Körper eine wichtige Funktion. Sie helfen dabei, entzündliche Prozesse anzutreiben, sie spielen in den Signalnetzwerken unseres Körpers eine wichtige Rolle und sie sind ein entscheidender Teil unserer Immunabwehr.

    Zweifellos ist aber das Gleichgewicht von Antioxidantien und Oxidantien bei CFS-Patienten aus dem Lot geraten. In jeder Studie, die nach Belegen für oxidativen Stress bei CFS gesucht hat, wurde man fündig. Erhöhte Werte für oxidativen Stress findet man anscheinend überall: in den roten Blutzellen, im Plasma, im Serum, im Urin, in den Muskeln und, darauf lassen manche Studien schließen, sogar im Gehirn von CFS-Patienten.

    Tatsächlich ist das Thema oxidativer Stress bei der Untersuchung des CFS ein ergiebiges Feld geworden. So haben beispielsweise italienische Forscher in einer Studie von 2003 oxidativen Stress mit der Beeinträchtigung der Muskelfunktion in Verbindung gebracht. 2005 hat ein Forscherteam aus Großbritannien im Blut von CFS-Patienten erhöhte Werte zweier starker Oxidantien gefunden. Im Jahr 2007 haben australische Forscher Schäden an roten Blutzellen entdeckt, die durch oxidativen Stress verursacht waren.

    In diesem Jahr hat der belgische Forscher Dr. Maes in einer theoretischen Arbeit in der Zeitschrift Current Opinions of Psychiatry die These aufgestellt, dass die Mehrzahl der bei CFS auftretenden Symptome durch oxidativen Stress und entzündliche Prozesse verursacht werden. Im vergangenen halben Jahr haben kanadische und amerikanische Studien nahegelegt, dass oxidativer Stress zu anormalen Ergebnissen bei Tests mit körperlicher Belastung und bei bildgebenden Verfahren des Gehirns führt.

    Aber trotz all dieser Forschungsarbeiten ist es noch zu früh, um wirklich genau verstehen zu können, welche Auswirkungen diese erhöhte Aktivität der Freien Radikale auf Menschen mit CFS hat. Dennoch zeichnen sich einige der Möglichkeiten bereits ab.

    Bereiche, in denen Schäden auftreten

    Durchblutungsstörungen: Manchmal sind es nicht direkt die Freien Radikale, die problematisch sind, sondern die Substanzen, die sie hinterlassen. Geschädigte Fettsäuren verwandeln sich in sogenannte F2-Isoprostane, die unsere Blutgefäße veranlassen, sich zu verengen und so den Blutfluss zum Gewebe behindern. Erhöhte F2-Isoprostan-Werte bei CFS-Patienten lassen darauf schließen, dass oxidativer Stress bei der orthostatischen Intoleranz, dem geringen Blutvolumen und dem verminderten Blutfluss eine Rolle spielen könnte, die man bei vielen Menschen mit CFS gefunden hat.

    Muskeln: Die Produktion von Freien Radikalen erreicht interessanterweise genau bei der Aktivität ihren Höhepunkt, mit dem die CFS-Patienten am meisten Schwierigkeiten haben: bei körperlicher Belastung. Tatsächlich ist der Ausstoß an Freien Radikalen bei körperlicher Belastung so hoch, dass sogar die antioxidativen Systeme gesunder Menschen zeitweise überlastet werden, wenn sie mit einem neuen Trainingsprogramm beginnen. Eine Studie, die im Neuromuscular Disorders Journal veröffentlicht wurde, ergab, dass körperliche Belastung bei CFS-Patienten nicht nur die antioxidativen Vorräte sehr schnell erschöpft und die Werte an Freien Radikalen erhöht, sondern darüber hinaus ihre Muskeln auch in einem ungewöhnlichen Erregungszustand hinterlässt. Eine weitere Studie, die in der Zeitschrift Clinical and Investigative Medicine veröffentlicht wurde, ergab, dass bei CFS-Patienten nach körperlicher Belastung die Werte einer wichtigen antioxidativen Substanz abfallen. Es sieht also so aus, dass oxidativer Stress sowohl bei den Muskelschmerzen als auch bei der Zustandsverschlechterung nach Belastung, die bei CFS-Patienten auftreten, eine Rolle spielt.

    Das Gehirn: Angesichts des hohen Energieverbrauchs des Gehirns ist es nicht überraschend, dass viele neurologische Erkrankungen mit erhöhtem oxidativen Stress verbunden sind. Könnte es sein, dass Freie Radikale zu den kognitiven und neurologischen Problemen bei CFS beitragen? Es gibt dazu noch keine harten Fakten, aber es ist verblüffend, dass die Verminderung des Gehirnvolumens bei CFS-Patienten genau in dem Bereich des Gehirns auftritt, der oxidativ am aktivsten und deshalb am anfälligsten ist: der grauen Gehirnsubstanz. Die CFIDS Association finanziert gerade eine Studie, in der untersucht wird, inwieweit oxidativer Stress im Gehirn von CFS-Patienten eine Rolle spielt (siehe S. 24 in diesem Heft ).

    Der Ausgangspunkt

    Leider sagt uns die Tatsache allein, dass CFS-Patienten unter oxidativem Stress leiden, nur wenig darüber, woher er kommt. Generell gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste besteht darin, dass das antioxidative System von CFS-Patienten möglicherweise der Aufgabe nicht gewachsen ist, sie vor oxidativem Stress zu schützen. Die zweite Möglichkeit ist, dass ein Prozess angeheizt wurde, in dem Freie Radikale produziert werden.

    Die meisten Studien legen nahe, dass die antioxidativen Systeme von CFS-Patienten normal funktionieren. Der Autor und Forscher der University of Washington, Martin Pall, PhD, jedoch sagt, wenn der Flächenbrand der Freien Radikalen einmal ausgebrochen sei, dann hätten Patienten mit CFS (oder Fibromyalgie oder MCS) Schwierigkeiten, ihn wieder zu löschen. Er glaubt, dass das spezifische Muster an CFS-Symptomen bei den einzelnen Patienten davon abhängt, wo die oxidativen Brände im Körper jeweils geschürt werden – um es in diesem Bild auszudrücken. Obwohl diese Theorie noch verifiziert werden muss, hat sie zu einer breiten Diskussion in der CFS-Gemeinde geführt.

    Wenn jedoch die antioxidativen Systeme von CFS-Patienten normal arbeiten, dann könnte das übermäßige Auftreten von Freien Radikalen durch eine Vielzahl von Prozessen hervorgerufen werden. Hier ein paar dieser Möglichkeiten:

    Dysfunktion der Mitochondrien: Das Konzept, CFS sei eine Erkrankung der Mitochondrien, ist umstritten, aber es gibt wachsende Belege dafür, dass Anomalien der Mitochondrien eine gewisse Rolle bei dieser Erkrankung spielen.

    Bei aerober Energiegewinnung werden Freie Radikale in solchen Mengen produziert, dass Schwierigkeiten, sie im Zaum zu halten, durchaus zu Anomalien der Mitochondrien und am Ende zu einer mangelhaften Energieproduktion und Erschöpfung führen können. In einem Überblicksartikel, der von Garth Nicholson, PhD, in der Zeitschrift Pathology Oncology Research veröffentlicht wurde, stellt der Autor die These auf, dass eine mitochondriale Dysfunktion und oxidativer Stress nicht nur bei CFS eine Schlüsselrolle spielen, sondern auch bei Krebs und anderen mit schwerer Erschöpfung verbundenen Erkrankungen.

    Aktivierung des Immunsystems: Der Körper setzt die zerstörerischen Fähigkeiten der Freien Radikale ein, um Erreger abzutöten, von denen er angegriffen wird. Freie Radikale sind jedoch generell nicht leicht in Schach zu halten, und es kann leicht zu Kollateralschäden kommen, wenn die schweren Geschütze des Immunsystems das Feuer eröffnen. Eine andauernde, chronische Infektion könnte deshalb leicht erhöhte Werte an oxidativem Stress verursachen. Außerdem lassen neue Forschungsergebnisse der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) über eine anormale Aktivität zweier wichtiger Modulatoren des Immunsystems, der HPA-Achse und des autonomen Nervensystems, darauf schließen, dass bei CFS-Patienten gar keine Infektion vorhanden sein muss, um eine chronische Immunaktivierung und eine erhöhte Produktion Freier Radikaler zu haben.

    Toxine: Da viele Freie Radikale entstehen, wenn der Körper Toxine abbaut, könnten CFS-Patienten mit hohen Toxinwerten auch hohe Werte an oxidativem Stress haben.

    Den Brand eindämmen

    Bei chronischen Erkrankungen tritt gewöhnlich auch oxidativer Stress auf, und nur wenige würden behaupten, dass er die Ursache des CFS sei oder dass seine Beseitigung die CFS-Patienten wieder gesund machen würde. Aber verschiedene Studien legen nahe, dass CFS-Patienten mit hohen Werten für oxidativen Stress tendenziell mehr schwere Symptome zeigen, was weiterhin darauf hinweist, dass die Verminderung der Schäden durch Freie Radikale für sie von Nutzen sein könnte.

    Letztendlich ist die beste Möglichkeit, oxidativen Stress und die Schädigung durch Freie Radikale dadurch zu reduzieren, indem man ihre Quelle angeht. Solange bis diese Quelle erkannt worden ist, müssen CFS-Patienten das tun, was sie immer getan haben: die Symptome behandeln und das Beste hoffen.

    Allgemein gesehen gibt es zwei Ansätze, um den oxidativen Stress zu bekämpfen: die Werte an Antioxidantien im Körper erhöhen und Zellen aufzubauen, die weniger anfällig gegenüber den Angriffen der Freien Radikalen sind.

    Die Erhöhung der Antioxidantien im Körper: Im Zentrum der Behandlung des oxidativen Stresses bei Krankheiten stand meist die Stärkung des antioxidativen Systems. Der Versuch, das antioxidative System zu reparieren, war jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt.

    Früher dachte man, dass Antioxidantien ein zuverlässiges Mittel zur Bekämpfung von Herzerkrankungen, Krebs oder anderen Erkrankungen seien, aber auch jahrzehntelange Forschung konnte nur einen geringen oder gar keinen Nutzen (oder sogar schädliche Wirkungen) durch die einfache Einnahme von Antioxidantien wie Vitamin C, E oder A feststellen. Einige Forscher gehen heute davon aus, dass es wahrscheinlich nicht viel bringt, einfach nur ein paar Antioxidantien in ein so komplexes System hineinzuwerfen.

    Die antioxidativen Behandlungsprotokolle, die von CFS-Spezialisten vorgeschlagen werden, sind wesentlich differenzierter. Alan Logan, MD, z.B. schlägt vor, dass CFS-Patienten Antioxidantien wie Alphaliponsäure, , N-Acetylcystein (NAC), oligomere Proanthocyanidine (OPCs), Ginkgo biloba und Heidelbeerextrakt (Vaccinium myrtillus) einnehmen. Paul Cheney, MD, PhD, schlägt eine erhöhte Einnahme von Harnsäure durch den Einsatz von D-Ribose vor, einem speziellen Zucker, der die Energieproduktion der Mitochondrien erhöhen soll. Grace Ziem, MD, die mit Martin Pall zusammenarbeitet, geht noch einen Schritt weiter und hat ein umfangreiches Behandlungsprotokoll entwickelt, das hauptsächlich auf Antioxidantien beruht. Aber das heißt nicht, dass alle diese Präparate zusammen eingenommen werden sollten oder ohne Überwachung durch einen Arzt oder einen Ernährungsspezialisten. Es gibt keine Notwendigkeit, jedes Antioxidans einzunehmen, das auf dem Markt erhältlich ist, wenn man ein oder zwei Präparate finden kann, die man gut verträgt und in den jeweils empfohlenen Dosierungen einnimmt.

    Leider gibt es keine Studie, in der die Wirksamkeit der Einnahme von Antioxidantien in der Behandlung des CFS untersucht worden wäre. Deshalb ist es wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln am besten, mit einer geringen Dosierung zu beginnen und genau auf mögliche Nebenwirkungen zu achten, wenn man die Dosis steigert.

    Die Einnahme von Fettsäuren: Freie Radikale werden von den Fettsäuren in Membranen unserer Zellen angezogen, aber nicht nur das. Es stellt sich heraus, dass sie besonders von den Omega-6-Fettsäuren angezogen werden und weniger von den Omega-3-Fettsäuren. Geschädigte Omega-6-Fettsäuren machen die Sache noch schlimmer, indem sie hohe Werte an inflammatorischen Produkten und Freien Radikalen ausschütten. Das lässt darauf schließen, dass eine Vermehrung der Omega-3-Fettsäuren (und eine Verminderung der Omega-6-Fettsäuren) zur Herabsetzung der inflammatorischen Prozesse und der Aktivität der Freien Radikale führen könnte (siehe den Artikel "The ABCs of EFAs" der Sommerausgabe des CFIDS Chronicle 2008). Die Forscher untersuchen, ob hohe Werte an Omega-6-Fettsäuren und die Entzündung, die sie fördern, eine Rolle bei chronischen Krankheiten spielen.

    Einige Studien lassen darauf schließen, dass es sinnvoll sein könnte, darauf zu achten, welche Art von Fetten CFS-Patienten zu sich nehmen. So haben beispielsweise Forscher in Belgien herausgefunden, dass CFS-Patienten niedrige Omega-3- und hohe Omega-6-Werte haben. Eine andere Studie ergab, dass CFS-Patienten erhöhte Werte der „schlechten” Lipoproteine hoher Dichte (HDL) und herabgesetzte Werte der „guten“ Lipoproteine mit niedriger Dichte (LDL) haben. Das LDL transportiert Cholesterin ins Gewebe, während das HDL dieses abtransportiert.

    Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Zellmembranen der CFS-Patienten von solchen Fettsäuren überflutet sind, die mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Flächenbrand von Freien Radikalen auslösen. Manche Patienten haben sogar ein Fettsäurenprofil, das ihr Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung erhöht. Wenn man also bei CFS die inflammatorische „Hitze” herunterdreht, könnte das nicht nur hinsichtlich der alltäglichen Symptome der Patienten gut sein, sondern auch ihrem langfristigen  Gesundheitszustand im Herz-Kreislauf-Bereich.

    Nach vorläufigen Studien könnte die Einnahme bestimmter Fettsäuren (LRT – Lipid Replacement Therapy) dabei behilflich sein. Drei Forscher haben kürzlich Artikel veröffentlicht, die eine solche LRT-Therapie bei CFS befürworten – jeweils aus unterschiedlichen Gründen. Einer der Forscher wollte die Energieproduktion erhöhen, ein anderer die Entzündungsprozesse und den oxidativen Stress, und der dritte wollte die Serotonin-Werte im Gehirn normalisieren.

    Mehrere kleine Studien deuten darauf hin, dass die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren (mit wenigen oder keinen Omega-6-Fettsäuren) – etwa in Form von Fischöl oder Flachssamen – die Energieproduktion bei CFS-Patienten unterstützen sowie die Konzentrationsfähigkeit und die Stimmung verbessern kann. Da die Ernährung in westlichen Ländern typischerweise reich an Omega-6-Fettsäuren ist und Gewichtszunahme den oxidativen Stress erhöht, sollten CFS-Patienten in der Tat ihre Ernährungsgewohnheiten überprüfen.

    Ein Quäntchen Prävention

    Im Körper von CFS-Patienten scheinen sich kleine Feuer mit Freien Radikalen zu entzünden. Wenn wir die Krankheit einst besser verstehen, werden wir wissen, wie sie entzündet werden oder welche Rolle sie spielen. Bis dahin könnte das oxidative/antioxidative System für CFS-Patienten mit etwas Mühe als Anstoß in Richtung besserer Gesundheit dienen.

    Auf S. 24 und 25 des CFIDS Chronicle vom Winter 2009 finden Sie Informationen über Dikoma Shungu, PhD, und Marvin Medow, PhD, die von der CFIDS Association Forschungsgelder für ihre neuen Forschungsprojekte zum oxidativen Stress und CFS bekommen haben.