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Eine interessante HypotheseVon Suzanne Vernon
Als Wissenschaftler haben wir das Privileg und die Verpflichtung, uns die Welt um uns herum anzusehen, über sie nachzudenken, Hypothesen aufzustellen und zu experimentieren. Ich liebe diese Abfolge von Ereignissen, weil scharfe Beobachtung die Grundlage für die besten Experimente ist. Ich habe das Potential der „beobachtenden Wissenschaften“ eigentlich nie besonders zu schätzen gewusst, bis ich an den Centers for Disease Control and Prevention die Gelegenheit hatte, mit Dr. Elizabeth (Beth) Unger zusammenzuarbeiten. Unger ist Pathologin, d.h. eine Ärztin, die Diagnosen stellen kann, indem sie sich verschiedene Körperteile ansieht – also beobachtet. Pathologen wie Unger sind ein Beleg für das Potential der beobachtenden Wissenschaften. Deshalb lese ich wissenschaftliche Publikationen wie die Zeitschrift Medical Hypotheses mit großem Interesse. In der April-Ausgabe der Medical Hypotheses von 2008 findet sich ein Artikel von Dr. Bjørn Grinde mit dem Titel „Is chronic fatigue syndrome caused by a rare brain infection of a common, normally benign virus?“ („Ist das Chronic Fatigue Syndrom durch eine Infektion des Gehirns mit einem verbreiteten, normalerweise harmlosen Virus verursacht?“) Dr. Grinde arbeitet am Institut für Volksgesundheit in Oslo, Norwegen. Viele seiner Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der Epidemiologie von Infektionskrankheiten. Wahrscheinlich ist es seine Erfahrung, gepaart mit seinem Interesse an der menschlichen und molekularen Evolution, die ihn angeregt haben, diese spezielle Hypothese zu entwickeln. Dr. Grinde stellt die These auf, dass CFS durch eine Infektion des zentralen Nervensystems (ZNS) verursacht wird und dass es sich dabei wahrscheinlich eher um eine virale als um eine bakterielle Infektion handelt. Er weist darauf hin, wie schwierig es bei CFS ist, zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden, aber dass eine virale Infektion des Gehirns eine einfache Erklärung bietet. Um es genauer zu sagen – dass eine virale Infektion das CFS verursacht und dann zu immunologischen und endokrinologischen Dysfunktionen führt, zur Störung der HPA-Achse, zu oxidativem Stress und weiteren Faktoren, die man den sekundären Wirkungen der viralen Infektion zuschreiben kann. Dr. Grinde erklärt, wie das epidemiologische Bild des CFS eher auf verbreitete Viren als Übeltäter schließen lässt als auf eine Infektion mit einem neuartigen Virus. Herpesviren, Enteroviren, Parvoviren, Circoviren und Polyomaviren sind verbreitete Viren, die in gesunden Populationen von Mensch und Tier vorkommen. Es ist wichtig festzuhalten, dass die meisten der weit verbreiteten Viren keine Krankheiten verursachen. Stattdessen handelt es sich hierbei um subklinische Infektionen, bei denen das Immunsystem des Körpers den Erreger entweder beseitigt oder unter Kontrolle hält. Dr. Grinde postuliert, dass verbreitete Viren unter bestimmten Umständen die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen, das Gehirn infizieren und CFS verursachen können. Normalerweise schützt die Blut-Hirnschranke das Gehirn vor Infektionen, aber manchmal ist diese Barriere geschwächt, so dass Viren, die normalerweise nicht im Gehirn vorkommen, dorthin vordringen können. Um diese Hypothese zu überprüfen, müsste man die Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit auf diese Viren hin untersuchen, also die Flüssigkeit, die das zentrale Nervensystem umgibt. Dr. Grinde behauptet, es würde nichts bringen, im Blut nach diesen Viren zu suchen, da sie bei den meisten Menschen vorhanden sind, und deshalb wäre es schwierig, hier auf eine Kausalität bzw. Verursachung zu schließen. Wenn es stimmt, dass verbreitete Viren unter bestimmten Umständen das Gehirn infizieren und CFS verursachen, dann würde man diese Viren in der Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit finden. Es gibt sehr empfindlich molekulare Testverfahren, mit denen man Viren aufspüren und bestimmen kann. Die Haupthürde zur Überprüfung dieser Hypothese ist jedoch, an die Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit heranzukommen, weil man dazu eine Lumbalpunktion machen müsste – also ein sehr invasives und teures Untersuchungsverfahren, das auch nicht ohne Risiko ist. Angesichts des wiedererwachten Interesses und der Erforschung infektiöser und speziell viraler Ursachen des CFS ist dies ein spannendes Hypothesenpapier, das gerade zur rechten Zeit kommt. Nicht alle Viren sind Krankheitserreger, aber bei einer bestimmten Kombination von genetischer Anfälligkeit und Umweltfaktoren können verbreitete Viren krankheitserregend werden. Dieses Papier liefert eine ganze Reihe von Beispielen, Beobachtungen und Erklärungen dafür, warum eine Virusinfektion des Gehirns eine plausible Hypothese für CFS sein kann.
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