Mitglied bei
Eine weitere Suchmöglichkeit besteht darin, z.B. bei www.google.de das Suchwort einzugeben und dann nach einem Leerzeichen den Zusatz site:www.cfs-aktuell.de Sie erhalten dann alle Seiten auf cfs-aktuell.de, auf denen der gesuchte Begriff vorkommt. |
Begegnung mit Suzanne Vernonvon Marcia Harmon, Leiterin des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit der CFIDS Association
Übersetzung von Regina Clos
Frage: In den vergangen 20Jahren sind mehr als 3.500 von Experten begutachtete Veröffentlichungen über CFS in der wissenschaftlichen Literatur erschienen. Aber für viele Patienten, insbesondere die bereits lange Zeit erkrankten, hat sich der Alltag mit der Krankheit nicht besonders verbessert. Und manche Patienten sind heute kränker als jemals zuvor. Welchen Grund gibt es also, dass die CFS-Gemeinde sich darüber freuen sollte, wo die CFS-Forschung heute angelangt ist? Antwort: Im vergangenen Jahrzehnt wurden durch die CFS-Forscher auf der ganzen Welt enorme Fortschritte erzielt. Wir verstehen jetzt eine Menge von der Pathophysiologie des CFS und den Körpersystemen, die von dieser Krankheit zerstört oder verändert werden. Dies hat sich für mich bei der IACFS/ME-Konferenz im Januar 2007 in Ft. Lauderdale herauskristallisiert. Dort wurde über zahlreiche Präsentationen deutlich, wie viel wir bereits über die Pathogenese des CFS wissen, insbesondere, wenn man das vergleicht mit dem was man im Jahr 1996 wusste, als ich auf dem Gebiet anfing zu forschen. Und alle diese Forschungsarbeiten haben uns ein starkes Fundament, eine solide Wissensbasis geliefert, um in der Zukunft weiterzuarbeiten. Aber was mir bei dieser IACFS/ME-Konferenz auch klar geworden ist – wir müssen diese hart erarbeiteten Information über all die zerstörten Körpersysteme nutzen, genauso wie die Informationen, die uns die Genomik über das CFS geliefert hat. Die Wissenschaft ist sehr stark, aber wir sind zu schwach dabei, alle diese Informationen zu verbinden und die losen Enden miteinander zu verknüpfen. Ich habe gesehen, wie all diese Forschungsgruppen und ihre Ergebnisse miteinander verschmelzen, und ich habe mich gefragt: Wer wird all diese Informationen zusammenführen? Wer wird sie nutzen, um einen wirklichen Einfluss auszuüben? Wir sind an einem Scheideweg. Es ist an der Zeit, das gesamte Forschungsfeld voranzubringen, indem man eine Form der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Forschern fördert, die in der Lage ist, die Forschung auf das nächst höhere Stadium zu katapultieren, und es ist an der Zeit, dass wir die Führung übernehmen, was die empirischen diagnostischen Bemühungen und die Behandlungsansätze betrifft. Frage: Sie waren in der Forschungsabteilung der CDC die Leiterin des Teams Molecular Epidemiology Program. Warum sind Sie denn nicht dort geblieben, um sich dort im Sinne dieser Herausforderungen zu engagieren? Antwort: In den vergangenen zehn Jahren hatte ich die Gelegenheit, bei den CDC mit einem äußerst innovativen Team im Bereich der Laborforschung und der computergestützten Forschung zusammenzuarbeiten, und ich schätze die Zeit, die ich dort verbracht habe. Aber für mich besteht die nächste große Herausforderung darin, wie wir auf wirkungsvolle Weise einschreiten können, um das CFS unter Kontrolle zu bringen und zu behandeln. Mir ist klar geworden, dass das als Leiterin des Teams, das sich mit molekularer Epidemiologie beschäftigt, sehr schwierig sein würde, und deshalb habe ich mich nach Möglichkeiten umgesehen, mich an anderer Stelle für diesen nächsten wichtigen Schritt zu engagieren. Frage: Warum haben Sie sich für die CFIDS Association entschieden, wo Ihnen doch so viele andere Möglichkeiten offen standen? Antwort: Nun, das Timing war perfekt. Die Association war gerade dabei, eine wissenschaftliche Leiterin zu suchen, weil sie zu dem gleichen Schluss gekommen war wie ich – dass es da eine Lücke gibt, die geschlossen werden muss, eine Lücke zwischen der Wissenschaft und der Medizin. Die Forscher rund um den Globus haben gewaltige Fortschritte erzielt. Aber was fehlt, ist ein Mechanismus, diesen Fortschritt und die Informationen nicht nur unter den auf der ganzen Welt verstreuten Forschern zu teilen, die auf den verschiedensten Gebieten arbeiten, sondern auch zwischen den Ärzten und den Patienten. Ich war sehr beeindruckt davon, dass die CFIDS Association eine neue Forschungsinitiative vorbereitete, um genau diese Lücke zu füllen. Und ich habe gesehen, dass diese Organisation bislang die Information und die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich CFS angeführt hat und in den vergangenen 20 Jahren führend bei der Finanzierung der CFS-Forschung war. Deshalb war es für mich die perfekte Verbindung, zur CFIDS Association zu wechseln. Frage: Hat eine Patientenorganisation denn selbst überhaupt irgendeinen wirtschaftlichen oder organisatorischen Hintergrund, um diese Lücke zu füllen, um hier die losen Enden miteinander zu verknüpfen und den Kurs der CFS-Forschung zu beeinflussen? Antwort: Aber selbstverständlich. Wenn wir diese Rolle nicht übernehmen, wer sonst soll das denn tun? Es gibt bislang keine Organisation, keine akademische Einrichtung oder Behörde, die diese gewaltige Aufgabe übernommen hätte, alle diese Informationen zusammenzuführen, die losen Enden zu verbinden und neue Formen der Zusammenarbeit quer über den Globus zu begründen. Gerade weil in den vergangenen Jahren so große Fortschritte erzielt wurden, ist das jetzt eine ganz entscheidenden Zeit, um die Notwendigkeiten und die Richtung der CFS-Forschung zu bestimmen – Entscheidungen, die Auswirkungen auf die kommenden Jahrzehnte haben werden. Die CFIDS Association ist wirklich führend darin, die Notwendigkeit zu erkennen, die Lücke zwischen der Wissenschaft und der Medizin zu überbrücken und die Führung zu übernehmen, um ein Fundament für diese Brücke zu schaffen, das das Potential bietet, das Forschungsfeld auf eine neue Stufe zu heben. Kürzlich habe ich einen Artikel im Scientific American gelesen, in dem stand, dass eine Wissenschaft, die der Menschheit von Nutzen ist, aus einer Verknüpfung von Daten, einer Hypothese und dem Bericht ist. Was in der Wissenschaft und in der Medizin häufig fehlt, ist der Bericht, die Erzählung. Allzu oft wird der Bericht nur in Artikeln vermittelt, für die es einen hartgesottenen Wissenschaftler braucht, um sie zu verstehen, oder auf Konferenzen, die gewöhnlich nur von einer relativ kleinen Gruppe von Experten besucht werden. Unsere Herausforderung mit dieser neuen Forschungsinitiative besteht darin, Wege und Möglichkeiten zu finden, diese Berichte der breiten Masse zu vermitteln. Wir brauchen eine durchschlagende „CFS-Darstellung“, die die Informationen übersetzt - 1) für die Forscher, die in den verschiedenen Disziplinen arbeiten und die möglicherweise die Forschungsergebnisse nicht kennen, die einen Einfluss auf ihre eigene CFS-Forschung haben; 2) für Forscher auf anderen Gebieten, deren Arbeit bei CFS Anwendung finden könnte; 3) für Ärzte, die nicht die Zeit oder die Neigung haben, dichtgedrängte, schwierige CFS-Studien zu lesen und daraus abzuleiten, welche Auswirkungen die Wissenschaft auf die Medizin hat; und 4) für die Patienten, die jeden Tag mit den Auswirkungen dieser Krankheit zu kämpfen haben. Frage: Was sind die bedeutsamsten Herausforderungen im Bereich CFS, denen wir uns in der allernächsten Zukunft stellen müssen? Antwort: Eine der größten Herausforderungen ist es, Forscher dazu zu bringen, sich im Bereich CFS zu engagieren und sie dort einzubinden. Wir brauchen den Zufluss neuer Talente aus einer Reihe verschiedener Disziplinen. Wir haben hier einige der besten Forscher der Welt, die immunologische Forschung in Bezug auf andere Krankheiten betreiben. Wie bringen wir diese Forscher dazu, sich auf dem Gebiet des CFS zu betätigen? In unserem Land gibt es die erstaunlichsten neurowissenschaftlichen Forschungen, also die Wissenschaft vom Gehirn. Wie schaffen wir es, diese Leute an den Komponenten des CFS zu interessieren, bei denen neurologische Pfade gestört sind? Eine weitere Hürde besteht darin, dass wir bei den National Institutes of Health den Zufluss von Geldern brauchen, um die CFS-Forschung voranzubringen. Die finanziellen Mittel, die die NIH zur Zeit für die CFS-Forschung bereitstellen, entsprechen einfach nicht der Belastung, die das CFS für die öffentliche Gesundheit und für uns Amerikaner darstellt. Und wir müssen die Daten austauschen. Eine der befriedigendsten Erfahrungen in meiner Karriere ergab sich aus dem Austausch der ungeheuer großen Datenmengen, die die Forschergruppe CFS bei den CDC gesammelt hatte. Diese Art des Datenaustauschs war bei den CDC etwas ganz Neues, aber sie führte zu dem Projekt C3, dem CFS Computional Challenge. Das führte dann im April 2006 zur Veröffentlichung von 14 Forschungspapieren in der Zeitschrift Pharmacogenomics und gab dem CFS damit eine Form von breiter Darstellung, wie es sie zuvor noch nicht gegeben hatte. Das C3-Projekt und die Veröffentlichung der 14 Artikel in Pharmacogenomics waren der Höhepunkt von vielen Jahren Arbeit im Bereich Epidemiologie, Klinik und Genomik, die von einer beachtlichen Gruppe von 25 Forschern zustande gebracht worden war. Dies war ein wunderbares Beispiel dafür, wie der Austausch von Informationen und die Rekrutierung neuer Leute das Forschungsfeld wirklich vorantreiben kann. Wir brauchen beim CFS einen Prozess des Datenaustauschs. Die NIH verfolgen jetzt eine Politik des Datenaustauschs, und andere Behörden werden dem Beispiel möglicherweise bald folgen. Als Bestandteil unseres neuen Forschungsprogramms kann die CFIDS Association dazu beitragen, einen solchen Mechanismus zum Datenaustausch im Bereich CFS aufzubauen. Auf lange Sicht wird das eine Kultur schaffen, die von anderen Bereichen nachgeahmt werden wird, und ich glaube, das wird einen gewaltigen Unterschied machen hinsichtlich des Fortschritts, den wir erreichen können. Frage: Auf was freuen Sie sich am meisten, wenn Sie jetzt Ihre neue Aufgabe als wissenschaftliche Leiterin übernehmen? Antwort: Ich freue mich sehr darauf, die Gelegenheit zu haben, mit den Menschen zu tun zu haben, deren Leben durch CFS beeinträchtigt ist, und mit den Ärzten, die sie versorgen. Es ist wichtig für die Menschen zu verstehen, wie die Wissenschaft die Medizin beeinflusst, und ich kann dabei behilflich sein, dieses Verständnis zu fördern. Als wir unsere Arbeit mit dem Humangenom bei den CDC anfingen, waren wir wirklich an der Spitze der Bewegung, und viele haben uns nachgeeifert. Genauso war es, als die Artikel in Pharmacogenomics erschienen. Das hatte es bisher noch nicht gegeben, den Blick auf eine Krankheit so zu gestalten, indem man all diese verschiedenen Puzzleteile im Sinne eines biologischen Systems zusammenfügt. Jetzt bin ich glücklich, dass ich an vorderster Front der Translational Science stehe [der Verbindung von Forschung und Praxis, der patientennahen Forschung, d.Ü.]. Das ist nicht nur für mich die nächste Herausforderung, sondern es ist die nächste Herausforderung für die Wissenschaft im allgemeinen. Frage: Was halten Sie für die zentralen Ziele der CFIDS Association und des CFS-Bereichs ganz allgemein in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Antwort: Die Fortschritte der Forschung, die in den vergangenen Jahren erzielt wurden, sollten allen CFS-Patienten Hoffnung machen - was in sich schon einen therapeutischen Wert hat. Aber mit dieser neuen Forschungsinitiative wollen wir innerhalb weniger Jahre in der Lage sein, den Patienten und ihren Familien, deren Leben durch diese lähmende Erkrankung so vollkommen verändert wurde, mehr als Hoffnung zu bieten. Wir wollen in der Lage sein, den Ärzten Instrumentarien an die Hand zu geben, mit denen sie die Krankheit objektiv diagnostizieren und dann effektiv behandeln können. Wir wollen den Ärzten helfen, bei der Diagnose und Behandlung nicht nur auf Vermutungen angewiesen zu sein. Bis wir eine Heilmittel gefunden haben, ist das der nächste wichtige Schritt.
© Copyright CFIDS Association of America |