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Artikel des Monats August 09 Teil IDas Whittemore-Peterson Neuro-Immune Institute -Höhepunkt der IACFS/ME Konferenz in Reno/Nevada im März 2009 *
Bericht von Cort Johnson *
Das Whittemore-Peterson Neuro-Immune Institute war der Höhepunkt der Konferenz. Sie haben offensichtlich mehr und schnellere Resultate als jede andere Wissenschaftlergruppe bislang erzielen können. Ein Grund dafür ist ihre Entscheidung, sich auf eine bestimmte Untergruppe von Patienten zu konzentrieren. Dr. Peterson* vermutet, dass diese Gruppe – oft als die Incline Village Kohorte bezeichnet – etwa 20-30% der Population der ME/CFS-Patienten ausmacht. Diese Gruppe hat üblicherweise anormale RNase-L-Werte, schlecht funktionierende natürliche Killerzellen, erhöhte Werte für verschiedene Erreger und einen akuten, mit einer Infektion verbundenen Krankheitsbeginn. Viele gehören zu der ursprünglichen Kohorte aus der Epidemie in Incline Village, die damals vor fast 25 Jahren die Krankheit in das Rampenlicht des Medieninteresses gerückt hat. *(Daniel Peterson war als niedergelassener Arzt in dem kleinen Ort Incline Village am Lake Tahoe in Nevada Zeuge eines Clusterausbruchs einer schweren Erkrankung, die dann später von den Centers for Disease Control and Prevention als “CFS” definiert wurde, d.Ü.) Die Dokumentation einer einzigartigen Kette des VersagensDas erste Ziel des WPI bestand darin, diese Gruppe aus der Masse der ME/CFS-Patienten herauszukitzeln, um das herauszufinden, was im Gegensatz zur Überzeugung der Mehrzahl der Forscher und Ärzte steht, nämlich, dass es eine besondere Gruppe von Patienten gibt, bei denen der Krankheitsbeginn mit einem Virus in Verbindung stand. Und erstaunlicherweise ist es dem WPI wohl gelungen, das zu bestätigen. Der Grund, warum sie dies machen konnten war, dass einige dieser Patienten jetzt die „Belohnung“ für die fehlende Aufmerksamkeit der Regierung für diese Epidemie bekommen – sie sterben an Krebs. Die Bundesregierung (der USA, d.Ü.) kümmert sich nicht darum, wenn Patienten über Jahrzehnte hinweg in einem Zustand schwerer Behinderung verharren, das soziale Netz belasten oder gar hindurchfallen und für sich selbst, ihre Familien und die Gesellschaft eine enorme emotionale und finanzielle Belastung darstellen. Das scheint die Regierung nicht im Geringsten zu interessieren. Aber wenn jemand Krebs bekommt – und wenn es auch nur sehr wenige sind –, dann weckt das die Aufmerksamkeit der Regierungsbeamten.
Dr. Petersons Befund, dass einige seiner Patienten an einer sehr seltenen Krebsart erkrankten, weckte die Aufmerksamkeit der Forscher der Regierung. In dem Moment, als ihr Interesse geweckt war, dauerte es nicht lange, bevor Blut- und Gewebeproben von Dutzenden von ME/CFS-Patienten am National Cancer Institute nach dem neuesten wissenschaftlichen Standard untersucht wurden. Der Krebs war die „Eintrittskarte“ für die ME/CFS-Gemeinde. Als das WPI einmal seinen Fuß in der Tür hatte, konnten die Forscher zeigen, dass, ob Krebs oder nicht, diese merkwürdige Krankheit real war. Wenn sie das an dieser Untergruppe zeigen können, dann schaffen sie es vielleicht auch, die Tür so weit aufzubekommen, dass der Rest von uns auch noch hindurchpasst. Der erste Schritt jedoch war zu belegen, dass für einige der ursprünglichen Patienten der Lohn für 25 Jahre Kampf gegen diese mysteriöse Erkrankung war, an Krebs zu erkranken – in der Tat ein äußerst bitterer Lohn.
Beunruhigende Zusammenhänge: Das Incline Village Krebs ClusterBei all den Problemen, die mit ME/CFS verbunden sind, hat man doch gehofft, dass Krebs nicht dazugehören würde. Aber die Belege, die dafür auf der Konferenz präsentiert wurden, lassen darauf schließen, dass dies zumindest bei dieser speziellen Patientengruppe ein äußerst reales Problem ist. Dr. Peterson konnte das Interesse von Dr. Mikovits, einer Krebsforscherin, wecken, als er bei einer Konferenz in Spanien erwähnte, dass er neun Patienten mit einem Non-Hodgkin Lymphom (NHL) hat, einer besonderen Art von Lymphknotenkrebs. An NHL erkranken etwa 2 von 10.000 Menschen in den USA (also 0,02%), aber in Dr. Petersons Patientengruppe in Nevada waren es volle 5%, die diesen Krebs entwickelt hatten. Noch erstaunlicher war die spezielle Unterart des Krebses, die er bei seinen Patienten fand. Das Mantelschicht-Lymphom ist eine Form des non-Hodkin Lymphoms (NHL), das in verschwindend geringen Zahlen auftritt. Wenn meine groben Berechnungen stimmen, dann trifft diese Krebsart einen von 100.000 Menschen – aber 30% von Dr. Petersons ME/CFS-Patienten mit Krebs haben diese Form entwickelt. Eine solche Häufung weckt das Interesse eines Krebsforschers, und sie zog auch die Aufmerksamkeit von Dr. Mikovits auf sich, die in Zusammenarbeit mit der HHV-6 Foundation über Viren und Krebs forschte. Sie sagte, sie habe sofort gewusst, dass es sich hier um ein Virus handeln müsse. Sie fuhr noch im selben Sommer nach Reno, um sich diese Patientengruppe genauer anzusehen. Dr. Gagen, eine Biostatistikerin, sah sich diese Kohorte etwas näher an. War da etwas dran? Ihre Präsentation war faszinierend. Sie zeigte eine Powerpoint-Folie nach der anderen und näherte sich der Region. Ja, da war ein großes Cluster von Krebsfällen irgendwo in der Gegend. Aber wo genau war es? Sie klickte etliche Folien vor und kreiste den Fokus ein – und da war es, ein leuchtender Punkt, der einen beinahe anblinkte: Incline Village. Das war ein unheimlicher Augenblick. Selbst sie sagte, dass sie erstaunt darüber war, diesen Ort so plastisch hervorgehoben zu sehen. (Die Mehrzahl von Dr. Petersons Kohorte hat keinen Krebs, aber es sind genug an dieser seltenen Krebsart erkrankt, um diese Gruppe auffällig zu machen. Dr. Peterson machte auf zwei Patienten aufmerksam, die zu einer frühen Kohorte von Patienten mit dieser Tumorart in North Carolina gehören, aber was ist mit den Patienten von anderen Ärzten? Wenn es sie gibt, dann haben wir noch nichts von ihnen gehört. In einem kürzlich von Dr. Peterson gehaltenen Seminar empfahl er Ärzten mit langfristig Erkrankten, diese auf Krebs hin zu untersuchen.) Das Untergruppe mit dieser Tumorart existierte also ganz real. Nun machte man sich auf die Suche nach der Ursache. Dr. Mikovits, unsere Verbindungsfrau zum National Cancer Institute, hatte die Vermutung, es müsse ein Virus sein. Aber welches? Das WPI machte sich daran, das herauszufinden. Aber zunächst ein paar Informationen über die leitende Forscherin am WPI.
Sie sind wieder da...
Identification of
Differentially Expressed Viruses in American CFS Patients Probed with a Custom
Mammalian Virus Microarray. Judy Mikovits,
V. Lombardi, Y. Huang, D. Peterson and F. Ruscetti Dr. Mikovits, die Leiterin der Forschung am WPI, hat nicht nur einen messerscharfen Verstand, der im strengen Milieu des National Cancer Institutes geschliffen wurde, sondern verfügt auch über all die Verbindungen, die sie hier im Lauf der Jahre geknüpft hat. In der Liste der Autoren einer Veröffentlichung sind der erste und der letzte Autor die wichtigsten. An erster Stelle steht derjenige, der die Hauptarbeit gemacht hat, und an letzter Steller steht der Forscher, der in der Hierarchie weit oben steht und die Arbeit unterstützt. Schauen wir uns den letztgenannten Autor des Papiers an, Frank Ruscetti. Frank Ruscetti ist der Leiter der Abteilung zur Erforschung der weißen Blutzellen des National Cancer Institutes der National Institutes of Health, einem wichtigen Mann, der das Zytokin Interleukin 2 entdeckt hat und in der AIDS-Forschung eine bedeutende Rolle spielte. Forscher sehen sich eine Veröffentlichung etwas genauer an, wenn der führende (letztgenannte) Forscher der Leiter eines Labors am National Cancer Institute ist. Man kann wahrscheinlich mit Fug und Recht behaupten, dass bis dahin noch kein Forscher von diesem Rang der Co-Autor einer Veröffentlichung über ME/CFS war. Ein Intermezzo: ich habe bei der Konferenz mit Judy Mikovits gesprochen. Es war immer schwierig, neue Forscher für das Gebiet ME/CFS zu interessieren, und deshalb habe ich sie danach gefragt, wie sie überhaupt dazu gekommen ist, sich dafür zu interessieren.
Dr. Mikovits brachte mehr mit als die Verbindungen zu anderen Forschern und Forschungsinstituten – sie brachte auch die Technologie mit. Der Microarray-Chip zur Untersuchung auf verschiedenste Erreger, den sie einsetzte, kam direkt aus dem National Cancer Institute. Es ist der weltweit genaueste Microarray-Chip für Erreger. (Mit Microarrays sucht man auf Spuren von RNA und DNA, die für die jeweiligen Pathogene spezifisch sind. Wenn man diese einzigartigen Sequenzen findet, dann kann man sicher sein, dass das entsprechende Pathogen vorliegt.) Dieser Chip sucht nach Beweisen für das Vorliegen von allen bekannten Viren, die Säugetiere befallen können (Mamma-Viren).
Und was zeigte sich auf den Chips? Unser altbekannter „Liebling“, das Herpes-Virus. Und was zeigte sich bei den gesunden Kontrollpersonen? Ihr altbekannter Liebling – gemeine Erkältungsviren (Rhinoviren, Adenoviren). Welche Herpes-Viren? HHV5, 7, Cytomegalievirus, HHV-6. Das Cytomegalievirus war das aktivste der gefundenen Viren. Humane endogene Retroviren (HERVs) – die Gegenstand des Symposiums über Viren bei CFS waren – wurden ebenfalls gefunden. Genauso wie Enteroviren. Dr. Mikovits sagte, dass das Ausmaß der gefundenen Virusexpression „unglaublich“ sei.
Man hat nicht nur herausgefunden, dass diese Patienten eine ausgeprägte und unverwechselbare virale Signatur hatten. Tatsächlich war sie auch charakteristisch genug, um das WPI zu der Überzeugung zu bringen, dass sie als diagnostischer Text für diese Patienten dienen könnte, d.h., dass sie als Biomarker für diese Gruppe geeignet sein könnte. Im wesentlichen handelt es sich um eine Reihe von Tests, die auf einen Chip aufgebracht werden können (und werden) und die von Ärzten auf einfache Weise eingesetzt werden können, um zu ermitteln, ob der erschöpfte Patient, der vor ihnen sitzt, in dieses Profil hineinpasst. Und was wird damit identifiziert? Der Chip identifiziert die virale Untergruppe der ME/CFS-Patienten. Wenn das WPI hierbei erfolgreich ist, dann werden sie eine beachtliche Gruppe von Patienten aus dem Etikett Chronic Fatigue Syndrom freischneiden.
Zur Vertiefung: Daniel Petersons Vortrag bei der Konferenz in Schweden
Judy Mikovits und Daniel Peterson in London im Mai 2009 (Invest in ME Konferenz) (Aber wie soll man diese neue Krankheit nennen? ‘Peterson-Krankheit’? Incline Village Immune Dysfunction? [IVID]? Wie wäre es mit Myalgischer Enzephalomyelitis? Schließlich handelt es sich hier um die virale Gruppe. Annette Whittemore hatte gesagt, dass sie damit einverstanden wäre. Was auch immer sich als Ursache herausstellt, man hat das Gefühl, dass der Name der Krankheit das Wort Fatigue nicht mehr enthalten wird.) Wenn das alles klappt, wird es ein entscheidender Moment in der Geschichte dieser Erkrankung sein. Eine Menge verändert sich, wenn man eine Untergruppe herausschälen kann. Um nur eine Sache zu nennen: man hat endlich einen Punkt, auf den man sich in der Forschung konzentrieren kann. Wenn man in der zu untersuchenden Gruppe nicht mehr all die anderen Patiententypen hat, die die Daten vermasseln, dann wird man verlässlichere Forschungsergebnisse bekommen – und genau das geschieht hier. Hinzu kommt folgendes: wenn man diese Gruppe separiert hat, wird es wahrscheinlich einfacher, in der verbleibenden ME/CFS-Population ebenfalls Untergruppen zu finden, denn wenn man dieses Subset einmal herausgenommen hat, vernebelt es nicht mehr den Blick auf den Rest der ME/CFS-Patienten. Aber die ME/CFS-Gemeinde kann noch nicht wirklich aufatmen, bevor es nicht Studien gegeben hat, die diese Untergruppen auch in anderen Patientenpopulationen finden und die Testergebnisse wiederholen konnten und bevor nicht Ärzte diesen neuen Test oder Chip einsetzen und über entsprechende Erfolge berichten. Aber wir werden bald schlauer sein – es wird gesagt, dass der Chip fertig ist und die Lizensierung und Patentierung auf dem Wege ist – diese Sache geht mit Riesenschritten voran. Wenn das alles gut läuft, wird das die bedeutendste Entwicklung auf dem Gebiet des ME/CFS sein seit … ja, vielleicht seit die Epidemie in Incline Village vor 25 Jahren durch die Medien ging. Die Aufdeckung von dokumentierbaren Untergruppen war fast von Anfang an das primäre Ziel der Forscher gewesen. Sie haben bewiesen, dass das Krebs-Cluster tatsächlich existiert. Nun hat man in Bezug auf die Bemerkungen von Dr. Mikovits (‚Das ist ein Virus’) die Beweise für Viren gefunden. Wenn ein Virus (oder wahrscheinlicher eine Gruppe von Viren) das Problem ist, dann sollte sich das in den Ergebnissen der Untersuchung des Immunsystems widerspiegeln. Die nächste Aufgabe des WPI wäre dann zu untersuchen, ob das Immunsystem dieser Patienten eine durch Viren induzierte Immundysfunktion aufweist und ob sie Krebs haben.
Der nächste Schritt: die richtigen Merkmale im Immunsystem ausfindig machen.
Serum Cytokine and Chemokine
Profiles of Individuals with ME/CFS Distinguish Unique Subgroups Among Patient
Populations. Vincent Lombardi, D. Redelman, D. White, M.
Fremont, K. DeMeirleir, D. Peterson, J. Mikovits Die Forscher am WPI haben sich in die Immunsystem dieser Patienten vertieft, und zwar mit den kompliziertesten und ausgefeiltesten Testmethoden, die bislang bei ME/CFS-Patienten eingesetzt wurden. Die Cytokin-Testungen haben in der Vergangenheit unterschiedliche Ergebnisse gezeigt, aber sie haben auch nicht die Technologie eingesetzt, die jetzt am WPI verwendet wird. Außerdem hat man sich nicht auf eine der Untergruppen konzentriert. Wenn man das macht, verändert sich das Bild vollständig.
Die Anfälligkeit bestimmenDiese Patienten scheinen ein erhöhtes Risiko für Krebs zu haben, erhöhte Werte an bestimmten Pathogenen (Erregern) und Veränderungen in der Funktion des Immunsystems – bei ihnen ist einfach alles durcheinander! Die nächste Frage war also, herauszufinden, wie sind diese Patienten in diese schwierige Lage geraten? Gab es da etwas in ihrer genetischen Ausstattung, das sie für diese Art von Viren anfällig machte? Da Veränderungen bei den T-Zellen eine Schlüsselrolle bei dieser Patientengruppe zu spielen schienen, kreisten sie die Gene ein, die die Funktion der T-Zellen steuern. Die T-Zellen sind die schweren Geschütze in der adaptiven Immunantwort. Die Forscher haben sich insbesondere die Antigen-präsentierenden Regionen auf den T-Zellen angesehen. Das sind die Teile der T-Zelle, die Fremdproteine festhalten, die die T-Zellen daraufhin kontrollieren, ob es sich um einen Erreger handelt. Wenn die T-Zelle das herausgefunden hat, dann fädelt sie eine „klonale Antwort“ ein, d.h., sie baut einen ganzen Vorrat von T-Zellen auf, die speziell dafür konstruiert wurden, um diesen Erreger oder diese Krebszelle abzutöten. Angesichts dessen waren die Forscher nun äußerst interessiert daran, herauszubekommen, ob dieser Antigen-präsentierende Teil der T-Zelle richtig funktioniert. Wenn die T-Zelle die viralen Bruchstücke oder die ‚Antigene’ nicht richtig präsentiert oder wenn die Zellen nicht in der Lage sind, diese Antigene richtig abzulesen, dann würden unsere ‚Killerzellen’ – unsere T-Zellen und unsere Natürlichen Killerzellen – entweder keine oder nicht die richtige Reaktion aufbauen. Die Forscher fanden tatsächlich eine ungewöhnliche Art des ‚klonalen T-Zell-Arrangements’, das typischerweise entweder mit einer permanenten viralen Attacke oder mit Krebs im Zusammenhang steht – die so abgelesenen Befunde zum Immunsystem passten also zu ihren viralen Befunden.
Mit den sich anhäufenden immunologischen
Untersuchungsergebnissen sahen sich die Forscher das Immunsystem etwas genauer
an. Warum schafften es diese Viren, die Immunabwehr der Patienten zu umgehen?
Sie konzentrierten sich hier nicht auf die T-Zellen selbst, sondern auf ein viel
früheres Stadium der Immunantwort, in dem die nahen Verwandten der T-Zellen, die
Natürlichen Killerzellen, das Sagen haben. Eine neue Art der ImmunerkrankungME/CFS-Patienten haben auf mehrfache Weise Pech gehabt – mit dem Namen der Krankheit, den ungenauen Definitionen usw., aber sie haben einfach auch Pech gehabt mit der Art der Immundysfunktion, die sie haben. Mehr und mehr werden die Natürlichen Killerzellen mit dieser Krankheit in Verbindung gebracht – und das ist das Problem gewesen.
Aber weder die Natürlichen Killerzellen noch die Immunantwort, an der die NK-Zellen teilhaben, also das angeborene Immunsystem, hat die Aufmerksamkeit der Forschergemeinde auf sich gezogen – bis vor kurzem. Die Aufmerksamkeit der Immunologen konzentrierte sich hauptsächlich auf die erworbene Immunantwort – dieser ungeheure Aufmarsch an Streitkräften, den das Immunsystem zustandebringt, um die Erreger abzutöten. Aber was passiert, wenn die angeborene Immunantwort – die permanent durch den Körper patroulliert und nach Erregern sucht – diese Erreger erst gar nicht erkennt? Die Forscher haben erst in jüngster Zeit angefangen, sich dieses angeborene Immunsystem genauer anzusehen, was bedeutet, dass die meisten Ärzte wenig bis gar nichts über dieses angeborene Immunsystem wissen, und das ist natürlich ein weiteres Problem.
Das ist einer der Gründe, warum das WPI außerdem einen „translatorischen” Aus- und Weiterbildungsansatz für notwendig hält. Wenn die Ärzte sich tatsächlich mit dieser Patientengruppe beschäftigen werden, dann brauchen sie grundlegende Informationen zu den entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn man einen solchen Arzt auftreiben könnte, wäre das sicher der Mühe wert, ihn weiterzubilden. Das WPI hat herausgefunden, dass diese Untergruppe von Patienten ein erhöhtes Risiko hat, ein bestimmtes Gen mit dem Namen HLA-B*44 zu haben, von dem die Forscher vermuten, dass es mit dem vermehrten Auftreten bestimmter Tumorarten zusammenhängt. Sie haben auch entdeckt, dass die HLA B-4-Gene, die mit den sogenannten “KIR-Rezeptoren” zusammenhängen, in dieser Gruppe ebenfalls vorherrschend sind.
KIR-Rezeptoren helfen, die T-Zellen und die NK-Zellen zu den Erregern zu lenken, und wenn dann der Erreger oder die Tumorzelle abgetötet wurden, helfen sie dabei, den Angriff wieder abzublasen. Das KIR-Rezeptoren-Problem lässt darauf schließen, dass die NK- und T-Zellen bei diesen Patienten möglicherweise wahllos um sich feuern, dass sie zwar durch den Erreger angeschaltet wurden, aber dann einfach wild um sich schießen, weil sie nicht an die richtige Stelle gelenkt werden. Sie verfehlen also nicht nur ihr Ziel – und ermöglichen so dem Erreger, sich zu vermehren und zu gedeihen –, sondern sie erschöpfen auch ihre Munitionsvorräte. Das passt zu den Forschungsergebnissen der Fletcher/Klimas-Gruppe in Miami, die NK-Zellen gefunden haben, die sozusagen Platzpatronen verfeuern, weil ihnen die echte Munition ausgegangen ist. Dieses Szenario ist nicht einfach das Ergebnis eines Gendefekts. Die Sache ist viel heimtückischer, denn die Viren scheinen selbst in der Lage zu sein, die besagten Gene zu beeinflussen. Wenn diese Tür zum Immunsystem einmal aufgestoßen ist, dann können die Viren diese Tür noch weiter öffnen. Das jedoch lässt die Hoffnung aufkommen, dass das System möglicherweise wieder normaler funktionieren kann, wenn man die Viren einmal beseitigt hat.
Jetzt hat das WPI den Nachweis dafür erbracht, dass es eine Untergruppe mit Krebs gibt, sie haben eine Untergruppe mit hohen Virusbelastungen gefunden und sie haben ein Loch im Immunsystem identifiziert, dass zu der Invasion der Viren weiter beitragen könnte – aber was ist mit einer Behandlung?
Je genauer man hinsieht, desto mehr findet man – ein translationales BehandlungsprogrammEs gibt zumindest einige faszinierende Behandlungsmöglichkeiten, die sich aus diesen Forschungsresultaten ergeben. Die erste besteht einfach darin, dass man die richtigen Tests durchführt. Wenn man das Virus identifizieren kann, dann reagieren manche Patienten sehr gut auf die entsprechende antivirale Behandlung. Jedoch sind nur wenige Ärzte willens, die einschlägigen Tests (Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit etc.) bei ME/CFS-Patienten durchzuführen. Bei der Konferenz in Schweden berichtete Dr. Peterson über einen solchen Fall.
Andere Patienten haben nicht so ein Glück, selbst wenn man das Virus identifiziert hat. Entweder wirken die antiviralen Mittel nicht oder sie wirken nur vorübergehend oder sie helfen zwar, heilen aber nicht. Es kann auch sein, dass man nicht die richtige Kombination von Behandlungen eingesetzt hat. In Annette Whittemores Vortrag vom Mai 2009 vor dem Northern Nevada FM/CFS Network stellte sie fest, dass es nicht einfach sei, ME/CFS zu behandeln und dass dazu eine Reihe von Behandlungsansätzen gehören können:
Im Rahmen des neuen Paradigmas werden ausgeklügelte Computerprogramme eingesetzt, mit denen riesige Datenmengen durchforstet werden, um spezifische individuelle Anomalien aufzudecken und dazu passende Behandlungsansätze zu finden. Wenn ich es recht verstehe, ist es das, was das WPI „translationale Medizin“ nennt.
Das ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Zum einen ist ME/CFS viel zu kompliziert, als dass normale Ärzte damit umgehen könnten. Wenn das WPI für sie die Schwerarbeit leisten könnte, dann könnte es ihnen jederzeit einsetzbare Instrumentarien für eine schnelle Diagnose bereitstellen. Ein wichtiger Aspekt sind dabei die Kosten und wie die Ärzte an diese Instrumentarien herankommen. Diese äußerst umfangreichen viralen Mikroarrays werden in naher Zukunft bereits wesentlich kostengünstiger sein. Eine andere wichtige Konsequenz dieses neuen Ansatzes ist die Geschwindigkeit, mit der eine Diagnose durchgeführt werden kann – ein potentiell wichtiger Faktor bei ME/CFS, wo es häufig zu Fehldiagnosen kommt, die den Patienten nicht nur Zeit und Geld kosten, sondern oft dazu führen, dass es ihnen am Ende noch schlechter geht.
Es ist noch nicht klar, wie viel davon bereits zur Verfügung steht oder inwiefern dies einfach nur die Vorstellungen des WPI sind, wie die Medizin in Zukunft aussehen könnte. Dr. Mikovits sagte jedoch, dass diese intensiven Untersuchen schon zu einigen wirklichen Überraschungen geführt haben. Die Forscher haben zum Beispiel herausgefunden, dass einige Patienten, die keinen Krebs haben, dennoch Immunparameter aufweisen, die denen von Krebspatienten sehr ähnlich sind. Für diese Gruppe sind Antikrebsmittel, die die Immunantwort regulieren, die angemessene Behandlung – etwas, das vor zwei Jahren noch keiner angenommen hätte.
In einem kürzlich gegebenen Interview deutete Annette Whittemore an, das WPI erwarte ohne jeden Zweifel, dass ihre intensiven Untersuchungen von Patienten weitere bereits erhältliche Medikamente aufdecken werden, von denen bislang niemand im Traum daran gedacht hätte, dass sie bei ME/CFS wirksam sein könnten. Das WPI hat den Eindruck, dass es einen guten Zugang zu den immunologischen Anomalien hat, auf die diese Mittel eine Auswirkung haben, und hat deshalb seine Fühler nach der Pharmaindustrie ausgestreckt, um die entsprechenden Medikamente zu finden.
Das heißt nicht, dass die Patienten dieser Untergruppe wieder gesund werden. Ich weiß von einigen, die trotz der Behandlung durch Dr. Peterson immer noch ein einem erbarmungswürdigen Zustand sind, aber in dem Maße, wie das WPI seine Tests ausarbeitet, die Verfahren verfeinert und neue therapeutische Wege gangbar werden, sollte sich auch ihre Prognose verbessern. Interessanterweise sollen in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Medikamenten auf den Markt kommen, die sich auf das angeborene Immunsystem auswirken. Jedes dieser Mittel stellt eine Möglichkeit der Besserung für diese Untergruppe dar.
Der „Rest” der ME/CFS-PatientenWie oben bereits erwähnt, war die vom WPI untersuchte Untergruppe nicht irgendeine Patientengruppe. Hier handelte es sich um die Incline-Village-Kohorte; diese Patienten, die unter grippeähnlichen Symptomen, vergrößerten Lymphknoten und diversen Viren leiden und diese merkwürdigen, möglicherweise gefährlichen T-Zell-Veränderungen aufweisen – und das bedeutet natürlich, dass die in dieser Gruppe gewonnenen Ergebnisse auf andere Patientengruppen nicht unbedingt zutreffen.
Bis jetzt hat sich das WPI hauptsächlich auf die
Incline-Village-Kohorte konzentriert, und das aus gutem Grund. Es ist die
Gruppe, die Dr. Mikovits veranlasst hat, diese Forschungsarbeiten zu übernehmen
und die für den Großteil der Unterstützung des National Cancer Institutes
verantwortlich ist. Die Forscher des WPI waren recht erfolgreich dabei, ihre
technologischen Potentiale einzusetzen, um aufzuspüren, was bei diesen Patienten
los ist. Aber das ist nur eine Untergruppe der ME/CFS-Population. Hat das WPI
auch etwas für den „Rest“ der ME/CFS-Population anzubieten? Diese Studie lässt
darauf schließen, dass, wenn das WPI einmal seine Waffen auf die anderen
ME/CFS-Patienten richtet, es auch über diese Patienten neue Einsichten gewinnen
wird. Dr. Mikovits sprach über die dringende Notwendigkeit, noch mehr
Untergruppen bei dieser Erkrankung zu finden.
Dr. Mikovits berichtet, dass sie gerade überlegen, auf welche Patientengruppe sie sich als nächstes konzentrieren werden. Sie haben ihre Technologien auf eine Gruppe von Patienten aus De Meirleirs Klinik angewandt, die unter gastrointestinalen Beschwerden leiden, und sie haben eine weitere kohärente (einheitliche) Gruppe gefunden. Sie denken darüber nach, ein Patientenkollektiv mit Fibromyalgie-ähnlichen Beschweren zu untersuchen. Die Zeit allein wird zeigen, ob es ihnen gelingt, kohärente (übereinstimmende), replizierbare Untergruppen zu finden und diese Krankheit (und ihren Namen) ein für alle Mal in die Luft zu jagen.
Was zählt, ist Effektivität – Forschung, die funktioniert
Wenn ich es richtig einschätze, dann hat das WPI in den etwa zwei Jahren, in denen das Forschungsteam zusammenarbeitet, erstaunliche Fortschritte gemacht. Wenn es eine Untergruppe dokumentiert hat, dann hat es etwas erreicht, das die Forschungsgemeinde zwar immer als Priorität angesehen hat, bei dem sie aber in den vergangenen 20 Jahren kaum irgendwelche Fortschritte gemacht hatte. Wie ist es möglich, dass das WPI mit seinem kümmerlichen Etat von 1.000.000 Dollar im Jahr das geschafft hat? Hauptsächlich deshalb, wie Dan Peterson nun die Technologie bekommen hat, die er immer wollte und die Unterstützung die er immer gebraucht hätte.
Annette Whittemore und Daniel Peterson in Reno (Foto: Marlies Zurhorst) Dr. Peterson hat unter den ME/CFS-Ärzten einen einzigartigen Weg eingeschlagen. Er war viele Jahre davon überzeugt, dass eine Gruppe von Patienten – eine virale/immunologische Untergruppe – sich radikal von den anderen unterschied, und so konzentrierte er sich fast ausschließlich auf sie. Überzeugt, dass die Technologie eines Tages seiner Schlussfolgerung Recht geben würde, hat er Blutproben dieser Patienten über 20 Jahre hinweg tiefgekühlt aufbewahrt. Bei jener Konferenz in Spanien traf seine Vision schließlich auf jemanden, der etwas dazu beitragen konnte, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Damit, dass die Whittemores ihm finanzielle Mittel und politische Schlagkraft verliehen und Dr. Mikovits ihm Zugang zur neuesten Technologie gewährte, war das Whittemore-Peterson-Institute geboren.
Annette Whittemores nächstes großes ProjektWenn Annette Whittemore ihren Willen durchsetzt, ist das WPI jedoch nur der Anfang. Sie stellt sich ein Netzwerk von fünf durch den Bundesstaat USA finanzierten Forschungs- und Behandlungszentren vor – mit dem WPI als dem Zentrum –, die zusammenarbeiten, um neuro-immunologische Erkrankungen auf breiter Basis anzugehen. Sie ist bereits jetzt dabei, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und benötigt unsere Hilfe. Die Tür der Hoffnung an den National Institutes of Health hat sich mit Obamas Maßnahmenpaket weit geöffnet, und sie ist dabei, einzutreten. Details dazu erfahren Sie hier: http://aboutmecfs.org/blog/?p=553
Annette Whittemore im Mai 2009 in London (Invest in ME Konferenz)
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