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    Artikel des Monats
Februar 06 Teil IV

     

    CFS nach akuter Epstein-Barr-Virus Infektion  

    Die neueste Genexpressions-Studie der Forschergruppe um Suzanne Vernon und Toni Whistler lässt darauf schließen, dass es eine Frage der jeweiligen Wirtsreaktion ist, ob man nach einer akuten infektiösen Mononukleose (EBV-Infektion) CFS entwickelt oder nicht.

    von Regina Clos

    Es ist seit langem bekannt, dass manche Menschen, die eine akute Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus bekommen, sich sehr schlecht oder gar nicht erholen und ein CFS-ähnliches Krankheitsbild entwickeln. Um den Krankheitsmechanismen des CFS auf die Spur zu kommen, untersuchte man deshalb mit dieser Studie Menschen mit einer akuten EBV-Infektion. Dazu setzte die Forschergruppe um Suzanne Vernon, der Leiterin des Molecular Epidemiology Program der Centers for Disease Control and Prevention u.a. die neuesten Techniken zur Erstellung von Genexpressionsprofilen ein.

    Die Studienteilnehmer dieser Prospektivstudie kamen aus der Region Dubbo im ländlichen New South Wales in Australien. Die Abkürzung "Dubbo-Studie", die in verschiedenen anderen Publikationen auftaucht (z.B. im Artikel des Monats November), bezieht sich auf eine Longitudinal-Studie, die in Dubbo durchgeführt wird und mit der die gesundheitliche Entwicklung und die Nutzung von medizinischer Versorgung in der Bevölkerung allgemein untersucht werden soll. (Nähere Informationen zu diesem Projekt finden sich hier.)

    Die untersuchten Patienten wurden in die Studie aufgenommen, nachdem sie sich bei ihrem Hausarzt mit den Symptomen einer infektiösen Mononukleose vorgestellt hatten. Diese wurde durch verschiedene, wiederholte Laboruntersuchungen bestätigt. 

    Angaben zum Hintergrund der Studie:

    "Akute Viruserkrankungen wie etwa die infektiöse Mononukleose präsentieren sich im klinischen Bild normalerweise mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, erhöhtem Schlafbedürfnis, verstärkter Schmerzempfindlichkeit, Appetitverlust, Verlust des Interesses an den normalen Aktivitäten, an sozialer Interaktion, Körperpflege, gedrückter Stimmung und einer Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit. Die akute Reaktion auf eine Infektion mit einem solchen Krankheitsverhalten stellt eine hoch organisierte und entwickelte Strategie der Krankheitsbekämpfung dar, die durch die Wirkung pro-inflammatorischer Zytokine vermittelt wird. Im Allgemeinen verschwindet dieses akute Krankheitsverhalten in dem Maße, wie die Infektion besiegt oder unter Kontrolle gebracht wird. Manche Personen zeigen jedoch eine anhaltende Erkrankung mit Erschöpfung, Stimmungsschwankungen und kognitiven Beeinträchtigungen. Eine solch verlängerter Krankheitszustand infolge einer infektiösen Mononukleose wird seit mehr als einem halben Jahrhundert beschrieben. 

    Neuere Studien zur infektiösen Mononukleose infolge einer EBV-Infektionen zeigten, dass Erschöpfung, Halsschmerzen und allgemeines Krankheitsgefühl bei etwa 40% der Patienten bis zu zwei Monaten und bei etwa 10% sechs Monate anhielten. Die Risikofaktoren und die Pathophysiologie dieses post-infektiösen Erschöpfungssyndroms infolge einer infektiösen Mononukleose sind bislang noch nicht bestimmt worden. Es ist weiterhin unklar, ob die post-infektiöse Erschöpfung die chronische Auswirkung eines persistierenden EBVs sind, d.h. durch das Virus vermittelt wird, oder ob die akute EBV-Infektion als Stressor fungiert, der eine veränderte Wirtsreaktion auf das Virus auslöst, die dann zu den anhaltenden Symptomen führt.

    Das Ziel dieser Pilotstudie war nun, die Gentranskriptionsmuster im peripheren Blut der Patienten zu untersuchen, die einer akuten infektiösen Mononukleose durch EBV folgten und zu bestimmen, ob diejenigen, die sich ohne Probleme erholten, andere Genexpressionsprofile hatten als die, die eine post-infektiöse Erschöpfung entwickelten. Dazu wurde eine kleine Studienkohorte von Menschen mit vergleichbarem HLA-Profil nach einer infektiösen Mononukleose über ein Jahr hinweg nachuntersucht. Wir haben herausgefunden, dass die Individuen, die an post-infektiöser Erschöpfung litten, während der akuten Erkrankung ein anderes Genexpressionsprofil hatten, als diejenigen, die sich problemlos erholten. 

    Die Auswertung der Genexpressionsprofile im Verlauf eines Jahres nach der Infektion ließ auf eine veränderte Wirtsreaktion auf das EBV und auf eine Dysfunktion der Mitochondrien bei denjenigen schließen, die eine post-infektiöse Erschöpfung entwickelten. Diese Daten liefern Einsichten in die Veränderungen in der Gentranskription, die mit der unterschiedlichen klinischen Entwicklung nach einer durch EBV ausgelösten Mononukleose im Zusammenhang steht." 

    (Vernon et al. a.a.O)

    Nun beobachtete man den Krankheitsverlauf dieser Patienten über mehr als ein Jahr und führte immer wieder verschiedene Untersuchungen durch, zu denen auch die Erstellung von Genexpressionsprofilen gehörte.

    Um zu verhindern, dass in die Studienkohorte versehentlich Patienten mit anderen Erkrankungen aufgenommen wurden, die für die anhaltenden Symptome verantwortlich sein könnten, wurden diejenigen, die nach 6 Monaten noch immer krank waren, erneut von einem Arzt und einem Psychiater untersucht.

    Man kann also davon ausgehen, dass die Patienten, die in dieser Studie untersucht wurden, tatsächlich an akuter infektiöser Mononukleose durch EBV - und an nichts anderem - litten, das ihren schlechten Gesundheitszustand erklären könnte.

    Wie wählt man eine Patientengruppe aus?

    Es ist bei der Beurteilung der Ergebnisse einer Studie immer wichtig, nachzusehen, wie die Forscher ihre Studienkohorte zusammenstellen, denn dieser erste Schritt beeinflusst natürlich von vorneherein das Ergebnis entscheidend. 

    Beispielsweise lässt sich bei einigen Studien der Wessely-Schule, auf die sich z.B. auch Prins et al. beziehen, deren neuester Artikel in DIE WELT zitiert wird, feststellen, dass dort nur eine kleine Minderheit der Studienteilnehmer tatsächlich an CFS gemäß der international gültigen CFS-Kriterien von Fukuda et al. von 1994 litten. Die Studienkohorten bestehen hier oft aus Patienten, die aus allerlei anderen Gründen chronisch erschöpft sind, aber die Kriterien der Fukuda-Definition nicht erfüllen. Und die folglich von den getesteten Behandlungsverfahren wie z.B. Graded Exercise (sich stetig steigernder körperlicher Belastung) durchaus profitieren können. 

    Statistisch gesehen ist dann also das getestete Verfahren "erfolgreich" - und die Aussage, Graded Exercise und kognitive Verhaltenstherapie seien bei "CFS" hilfreich, vordergründig "richtig". Wenn aber von vorneherein nur ein kleiner Teil der untersuchten Patienten tatsächlich an CFS gelitten hat, dann sind die Ergebnisse natürlich fragwürdig.

    Elsie Owings hat in ihrer wunderbaren Satire diesen Mechanismus der Verfälschung von Studienergebnis aufs Korn genommen. Diese Satire finden Sie unter Humor und Kreatives.

    Man erstellte gleich zu Beginn der Erkrankung bei allen Teilnehmern der Studie ein Genexpressionsprofil verschiedener Gene und verfolgte über ein Jahr hinweg mit wiederholten Labor- und klinischen Untersuchungen den Krankheitsverlauf. Die Mehrzahl der Patienten hatte sich nach wenigen Monaten wieder vollständig erholt, aber eine kleine Gruppe war nach 6 und mehr Monaten noch immer krank. Diese Gruppe entwickelte die typischen Symptome eines CFS und erfüllte schließlich die Fukuda-Kriterien. 

    Jetzt unterteilte man die ursprünglich einheitliche Gruppe in zwei Gruppen: diejenigen, die sich unauffällig erholt hatten und diejenigen, die offenbar infolge der akuten EBV-Infektion ein CFS entwickelt hatten. Dann verglich man deren Genexpressionsprofile. Zum Erstaunen der Wissenschaftler unterschieden sich die Genexpressionsprofile der beiden Gruppen bereits zu Beginn der Erkrankung deutlich.

    Vernon beschreibt die Ergebnisse der Studie wie folgt:

    „Es wurden mehrere unterschiedlich expremierte Gene identifiziert, u.a. Gene, die an der Immunantwort, an der Apoptose und dem Zellzyklus beteiligt sind. Ein Vergleich der Genexpressionsprofile zu Beginn und zu einem späteren Zeitpunkt nach der EBV-Infektion zeigte, dass diejenigen, die sich nicht erholten, unterschiedlich expremierte Gene hatten, die im Zusammenhang stehen mit Störungen in den Mitochondrien mit dem Fettstoffwechsel, in der Funktion der Mitochondrien sowie der Apoptosepfade.“

    „Von den 24 unterschiedlich expremierten Genen ist die Hälfte an Funktionen der Mitochondrien beteiligt wie etwa dem Fettstoffwechsel (...) und den Membranfunktionen (…). Man weiß, dass verschiedene Proteine, die mit dem EBV in Verbindung stehen, wie etwa BRLF1, BHRF1, EBNA und LMP1, Störungen im Fettstoffwechsel, in der Funktion der Mitochondrien und in den Apoptosepfaden hervorrufen.“

    „Da die meisten dieser Gene während der Replikation des EBV reguliert werden, lässt die Tatsache, dass sie bei denjenigen, die ein CFS entwickelten, unterschiedlich expremiert waren, möglicherweise auf ein Versagen des Wirtsorganismus schließen, die Virusvermehrung angemessen unter Kontrolle zu bringen.“

    „Auch wenn die Anzahl der Studienteilnehmer in dieser Pilotstudie klein war und nur 3.800 Gene untersucht wurden, lassen unsere vorläufigen Ergebnisse darauf schließen, dass bei post-infektiöser Erschöpfung die plausible physiologische Störung in einer Dysfunktion der Mitochondrien besteht.“

    (Vernon et al. a.a.O)

     


    Zitate: 

    Übersetzung von Regina Clos. Die Quellenangaben wurden zwecks besserer Lesbarkeit ausgelassen. Sie sind zu finden im Gesamttext der Studie. Quelle: http://www.biomedcentral.com/content/pdf/1471-2334-6-15.pdf

    Titel der Studie:

    Preliminary evidence of mitochondrial dysfunction associated with post-infective fatigue after acute infection with Epstein Barr Virus*

    Suzanne D Vernon , Toni Whistler , Barbara Cameron , Ian B Hickie , William C Reeves and Andrew Lloyd
    BMC Infectious Diseases 2006, 6:15  Veröffentlicht
    : 31. Januar 2006

     

    *(Vorläufige Belege für eine Dysfunktion der Mitochondrien im Zusammenhang mit post-infektiöser Erschöpfung nach einer akuten Infektion mit dem Epstein Barr Virus)

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