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Artikel des
Monats Februar 201 4
Teil 5
Deutschlandfunksendung über "Chronische Erschöpfung"
Leserbriefe und Kommentare
(wird laufend ergänzt)
Auf der Website des
Fatigatio und auf der entsprechenden
Website des Deutschlandfunks wird eine Radiosendung mit dem Titel
"Chronische Müdigkeit - Die unverstandene Erschöpfung", von Franziska
Badenschier, angekündigt. Sendetermin:
Sonntag, 16.02., um 16.30 Uhr im Deutschlandfunk,
Sendereihe "Wissenschaft im Brennpunkt"! Sie kann online live unter
www.dradio.de angehört werden oder
anschließend unter diesem Link.
Kommentar:
von Regina Clos
Allein der Titel der Sendung -
"Chronische Müdigkeit - die unverstandene
Erschöpfung" bietet Anlass für Missverständnisse
aller Art. Ist dies eine Sendung über ME/CFS, über
CFS/ME oder über chronische Müdigkeit oder über
Erschöpfung? Von welcher Krankheit
oder welchem Symptom ist hier die Rede?
Um die Verwirrung noch größer
zu machen, liest man auf der Deutschlandfunk-Seite
u.a. folgendes:
"Viele fühlen sich nicht ernst genommen. Ob eine
Depression hinter ihren Symptomen steckt oder ob ihre unerträgliche
Müdigkeit die Depression erst auslösen, ist manchmal schwer zu
entscheiden, denn die Krankheit lässt sich nicht mit einem einfachen
Test diagnostizieren."
Das enthält folgende Aussage: "CFS/ME" und Depression sind untrennbar miteinander
verknüpft, man weiß bloß nicht, was Henne und was Ei ist. Und alle
Menschen mit "CFS/ME" haben eine Depression." Dies entspricht jedoch
nicht den Tatsachen.
Und dann steht da: "Hoffnung macht nun ein
Wirkstoff, der eigentlich gegen Lymphdrüsen-Krebs eingesetzt wird:
Rituximab." Also scheint es in der Sendung doch um ME/CFS zu gehen?
Denn dieses Krebsmittel ist lediglich bei ME-Patienten getestet worden,
nicht aber bei chronischer Müdigkeit.
Der zugehörige
Ton-Trailer lässt einige Patienten, darunter ein Vorstandsmitglied
des Fatigatio, mit folgenden ebenfalls zur Verwirrung beitragenden
Aussagen zu Wort kommen:
-
Wenn ich diese Krankheit mit
drei Wörtern beschreiben sollte, wären das schlapp,
verbraucht, hoffnungslos. Ich kann richtig Leistung
bringen, einen Tag, zwei Tage und dann ist für drei
Wochen Feierabend.
-
Wut, Antriebslosigkeit und da
fängt es an.
-
Kommt von hinten, schleicht sich
ein, macht alles kaputt…
-
Als dann zusätzlich noch ne
Brustkrebserkrankung hinzukam, da wurde ich plötzlich
ernst genommen. ME ist für mich eine Krankheit, die mich
im Leben wesentlich mehr lähmt und mich wesentlich mehr
schafft, sozusagen, wie jetzt diese
Brustkrebserkrankung.
-
Ich hab kein Geld mehr, ich hab
eigentlich schon alles ausgegeben, und jetzt kaufe ich
mir wieder was und das bringt mir wieder nichts.
|
Auch hier wird vermittelt, dass das zentrale
Merkmal der "Chronischen Müdigkeit" (oder geht es etwa doch um ME/CFS?)
Antriebslosigkeit und Hoffnungslosigkeit sei. In der Tat ist Antriebslosigkeit ein wesentliches
Merkmal einer Depression, Menschen mit ME/CFS hingegen sind in der Regel
überhaupt nicht antriebslos, sondern ganz im Gegenteil, sie wollen an
ihrem früheren Aktivitätsniveau mit aller Macht festhalten, können dies
aber krankheitsbedingt nicht mehr.
Ihr Antrieb ist unverändert, nicht
jedoch ihre körperliche Leistungsfähigkeit. Das
zentrale Krankheitsmerkmal des ME/CFS ist die Zustandsverschlechterung nach Belastung (post-exertional malaise). Diese
tritt oft schon nach geringster körperlicher und/oder geistiger
Belastung auf und dauert meist Tage oder gar Wochen an. Das heißt:
Menschen mit ME/CFS müssen ihren Antrieb ständig zügeln, um die
Krankheit nicht noch schlimmer zu machen. Ihr Problem ist nicht Antriebslosigkeit,
sondern ihr in der Regel unveränderter Antrieb.
Fazit: der Autorin Franziska Badenschier ist
offensichtlich eine erhebliche Begriffsverwirrung unterlaufen zwischen
chronischer Müdigkeit, Erschöpfung und ME/CFS. Das sind jedoch ganz
unterschiedliche Krankheitsbilder, die jeweils mit unterschiedlichen, ja
regelrecht konträren Behandlungsformen behandelt werden müssen.
Behandlungsformen, die bei chronischer Müdigkeit und bei Erschöpfung
helfen können (wie z.B. Graded Exercise - ansteigendes körperliches
Training), sind bei ME/CFS kontraindiziert und in der Regel schädlich.
Offensichtlich ist es denjenigen, die vom Fatigatio
aus an dieser Produktion beteiligt waren, nicht gelungen, diese
Begriffsverwirrung und die daraus resultierenden Falschinformationen zu
korrigieren. Um zu dennoch versuchen, diese Begriffsverwirrung und
mögliche Falschinformationen vielleicht noch im Vorfeld zu verhindern
und die Sendung zu korrigieren, haben sich Menschen, die an ME/CFS
leiden, mit folgenden Leserbriefen unter
hoererservice@deutschlandradio.de an die
Autorin gewandt:
(Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung aller
Schreiber/innen) |
Katharina schrieb:
Sehr geehrte Redaktion!
Ein paar Anmerkungen zu Ihrem geplanten Beitrag "Die unverstandene
Erschöpfung" von Franziska Badenschier:
Das "Chronic Fatigue Syndrom" (CFS) - oder besser und genauer gesagt die
"Myalgische Enzephalomyelitis" - hat nichts mit einer "Chronic Fatigue"
zu tun, die etwa im Rahmen einer Depression oder als Behandlungsfolge
bei Krebspatienten auftreten kann.
Patienten, die an Myalgischer Enzephalomyelitis (kurz: ME) leiden, sind
weder antriebs-, noch hoffnungslos (obwohl es derzeit tatsächlich
objektiv betrachtet wenig Hoffnung gibt und die Hoffnung, die es gibt,
wie z.B. das Krebsmedikament Rituximab, für viele Patienten zu spät
kommen wird!) und sie leiden auch nicht unter Müdigkeit, sondern vor
allem unter einer pathologischen Erschöpfung der Muskulatur nach
geringer und geringster körperlicher Belastung. Erschöpfung ist auch
nicht als die gewöhnliche Erschöpfung zu verstehen, die jeder nach einer
anstrengenden Arbeitswoche oder nach Sporttraining kennt, sondern als
eine fundamentale Entkräftung, die in keiner Relation zur
vorangegangenen Aktivität steht. Schwerstkranke ME-Patienten haben bis
zu 100! weitere Symptome.
Das Kardinalsymptom einer ME ist die Zustandsverschlechterung nach
Belastung, und ME ist eindeutig eine organische Erkrankung, die seit
1969 als neurologische im ICD klassifiziert ist. Es ist KEINE
psychische, psychosomatische oder psychiatrische Erkrankung.
Aufgrund der Schwere dieser Krankheit KÖNNEN - wie bei allen anderen
unheilbaren chronischen und behindernden Krankheiten - SEKUNDÄR
Depressionen auftreten, MÜSSEN aber nicht.
Es sind Patienten, die an ME leiden, die in Norwegen versuchsweise mit
dem Krebsmedikament Rituximab behandelt werden, und nicht etwa Patienten
mit chronischer Fatigue, die offenbar in Ihrem Beitrag vorgestellt
werden, wie in dem Programmhinweis zu hören ist.
Es wäre sehr schade, wenn wieder eine Chance vertan würde, korrekt über
die Myalgische Enzephalomyelitis zu informieren.
Ich habe zwei Töchter, 20 und 13 Jahre alt, die schwerst- und
schwererkrankt sind. Die ältere ist zu 100 % schwerbehindert mit allen
"Buchstaben", die andere zu 80 % mit den Buchstaben G (gehbehindert), B
(Begleitung) und H (Hilflos). Sie können sich vielleicht vorstellen,
dass wir nicht mit Patienten verwechselt werden möchten, die unter
"Antriebslosigkeit", "Hoffnungslosigkeit" und "Müdigkeit" leiden -
ungeachtet der Tatsache, dass auch diese psychisch kranken Menschen eine
adäquate Behandlung verdienen und unser Mitleid!
Mit freundlichen Grüßen, |
Melanie schrieb:
Sehr geehrte Frau Badenschier,
auf der Homepage vom Deutschlandfunk habe ich den Programmhinweis zur
Sendung „Chronische Müdigkeit - Die unverstandene Erschöpfung“ für den
16.02. gesehen.
Zuerst einmal möchte ich mich bedanken, dass Sie das Thema aufgreifen
und darüber berichten werden.
Ich selber bin schwer an ME Erkrankung erkrankt und zudem setzte ich
mich seit Jahren (soweit es mir möglich ist) für die Aufklärung der
Erkrankung ein. Leider sind in dem kleinen Bericht zur Ankündigung der
Sendung ein paar Fehlinformationen, die in Deutschland gerne verbreitet
werden, aber nicht stimmen.
Hier finden Sie meine Blogartikel zur Aufklärung, veröffentlicht von der
HuffingtonPost Deutschland:
http://www.huffingtonpost.de/melanie-schickedanz/
Darin stehen ein paar Details, die immer wieder öffentlich falsch
dargestellt werden, mangels besserem Wissen, wie z.B.:
Zum einen heißt die Erkrankung ME (Myalgische Enzephalomyeltis) – dies
ist der offizielle Name der Erkrankung. Warum der veraltete Name CFS
bzw. Chronisches Erschöpfungssyndrom fatale Folgen hat und die falsche
Darstellung der Erkrankung in Deutschland unterstützt, können Sie meinem
1. Blogartikel entnehmen.
Die Krankheit ME wird leider häufig mit einem Erschöpfungssyndrom im
Sinne eines Symptoms/einer Begleiterscheinung von diversen Erkrankung
(z.B. Krebs, Depression) zusammengewürfelt. Dies trägt stark zu
Verwechslungen und Falschinformationen bei.
Zudem steht in der Überschrift „Chronische Müdigkeit“ – Menschen mit ME
sind nicht müde, sondern krank. ME hat rein gar nichts mit Müdigkeit zu
tun. Ich bin nicht mehr oder weniger müde als andere Menschen.
In dem Programmtipp zum anhören wird die Erkrankung u.A. mit dem Wort
„Antriebslosigkeit“ beschrieben. Diese Bezeichnung trifft nicht auf die
Erkrankung ME zu. Menschen, die an ME erkrankt sind, haben keine
Antriebslosigkeit, ganz im Gegenteil, sie machen viel zu viel und
„bezahlen“ danach aufgrund des Hauptsymptoms PEM
(Zustandsverschlechterung nach körperlicher/geistiger Anstrengung).
Anhand meiner 2 Artikel „Leben mit ME“ dürfte eigentlich klar werden,
dass man mit ME weder an Antriebslosigkeit, noch an einer Depression
leidet, wie gerne öffentlich behauptet wird, sondern dass man mit seiner
Lust und seinem Drang auf Bewegung und Aktivität sowie seinem Wunsch am
Leben teilzunehmen, teuer bezahlt. Der Wunsch und Wille ist da, aber der
Körper spielt nicht mit.
Wenn diese verheerende kräftemäßige Einschränkung bei ME als
Antriebslosigkeit bezeichnet wird, dann müsste man die körperlich
kräftemäßigen Einschränkungen bei Menschen mit Krebs, Lupus und HIV/Aids
ebenfalls als Antriebslosigkeit etikettieren.
Zum Hinweis „Ob eine Depression hinter ihren Symptomen steckt oder ob
ihre unerträgliche Müdigkeit die Depression erst auslösen, ist manchmal
schwer zu entscheiden, denn die Krankheit lässt sich nicht mit einem
einfachen Test diagnostizieren.“
Hierzu möchte ich klarstellen: ME ist eine neuro-immunologische
Erkrankung, siehe die Klassifizierung der WHO. Sie hat ihren Ursprung
NICHT in einer Depression und wenn man an ME erkrankt, bekommt man davon
auch nicht automatisch eine Depression. Man kann, genau wie auch als
gesunder Mensch, als Mensch mit Krebs, mit MS usw. , an einer Depression
erkranken. Aber dass man zwangsläufig auch bei ME eine Depression hat,
ist nicht nur Blödsinn, es steckt die Erkrankten zudem immer wieder
fälschlicherweise in die Psycho-Ecke. Wenn es Beiträge zur Aufklärung
von Krebs, MS, Lupus usw. gibt, wird das Thema Depression doch auch
nicht in den Vordergrund gestellt, wie das bei ME immer wieder
passiert?!
Hier ist ein Trailer für eine Doku über ME:http://www.youtube.com/watch?v=uJQnYypkkx8
Hier ist ein Fernsehbeitrag über eine Norwegische Familie, deren 3
Kinder schwer an ME erkrankt sind. Es gibt übrigens sehr viele Familien,
in denen mehrere Menschen an ME erkrankt sind:
http://www.youtube.com/watch?feature=related&hl=de...
Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, sich die Links, welche ich Ihnen
hier aufgeführt habe, anzusehen. Zudem hoffe ich, dass der kommende
Beitrag beim Deutschlandfunk hilft, die falschen Informationen bezüglich
der Erkrankung aus dem Weg zu räumen und er inhaltlich mit vielen gut
recherchierten Informationen glänzen wird.
Mit freundlichen Grüßen, |
Eine Dame, die
ungenannt bleiben möchte, schrieb:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe freudig zur Kenntnis genommen, dass Sie am 16.02.14 einen
Beitrag über die neuroimmunologische Erkrankung myalgische
Enzephalomyelitis (ME - veraltet „CFS“) planen.
Auch unsere Familie ist von dieser Erkrankung betroffen. Zwei Söhne
haben sich nach einer Infektion mit dem Epstein Barr Virus nicht wieder
erholt. Sie leiden beide an einem sehr seltenen genetischen Immundefekt,
der Jüngere ist als schwerer Betroffener dadurch leider auch an ME
erkrankt.
Diese Erkrankung hat entgegen Ihrer Ausführungen keinesfalls etwas mit
Antriebslosigkeit oder gar depressivem Verhalten zu tun. Eine Depression
wurde im Rahmen der schwierigen und traumatisierenden Diagnosefindung
(dem schwerkranken Kind wurde u. a. von einem Mediziner unterstellt, es
sei ein Simulant!) von einem Kinderpsychiater explizit ausgeschlossen.
Antriebslos ist unser Kind auch keinesfalls, man muss es im Gegenteil an
den Tagen, an denen es ihm für seine Verhältnisse besser geht, sogar zur
Besonnenheit auffordern, denn sonst würde es mit PEM (Post Exertional
Malaise) reagieren, der „Zustandsverschlechterung nach Anstrengung“,
einem Hauptsymptom von ME.
Unser Kind ist aufgrund ME schwerbehindert (Grad 70) und erheblich
gehbehindert (Merkzeichen „G“). Es ist seit Jahren überwiegend
bettlägerig und nicht fähig eine Schule zu besuchen. Es wird angepasst
an sein Handicap durch eine Fernschule unterrichtet. Dadurch ist
überhaupt so etwas wie Unterricht möglich (höchstens eine Stunde am Tag,
oft ist auch gar kein Unterricht möglich). Die Kraft würde für einen
regulären Schulbesuch nicht ausreichen, schon der Weg dorthin kann nicht
bewältigt werden.
ME Erkrankte sind also nicht etwa „müde", sondern schwer krank! Hier ein
paar Zitate, die das Ausmaß dieser verheerenden Erkrankung
verdeutlichen:
"ME/CFS „ist tatsächlich entkräftender als die meisten anderen
medizinischen Probleme dieser Welt”, entkräftender als die Folgen von
Chemotherapie, der sich Krebspatienten unterziehen müssen oder als HIV
im Endstadium bis etwa zwei Wochen vor dem Tod der Betroffenen. […]“ -
Auszug aus der kanadischen Falldefinition
http://www.meao.ca/files/ME-Overview-German.pdf
"Diese Erkrankung hat mit Erschöpfung so viel zu tun wie eine Atombombe
mit einem Streichholz. Es ist eine völlig absurde Beschreibung."
Laura Hillenbrand, Autorin des Bestsellers Seabiscuit
"Im Lexikon der englischen Sprache findet sich kein Wort, mit dem man
die fehlende Ausdauer, den Mangel an Energie, das absolut überwältigende
Krankheitsgefühl und das Elend beschreiben könnte, von dem diese
Krankheit begleitet ist."
Charles Lapp, einer der führenden Forscher und Kliniker auf dem Gebiet
des ME
"Der Tag, an dem ME den blödsinnigen Namen 'Chronic Fatigue Syndrom'
bekam, war ein schlimmer Tag für die Kinder. Manche unserer Kinder
können weder sprechen noch schlucken und müssen mit einer Sonde ernährt
werden. Das ist nicht 'Erschöpfung' oder 'Müdigkeit'. Das ist die
absolute Verheerung."
Jane Colby
"When we have cancer patients that are as sick as many of these patiens
are, they have a very short life expetancy. That says a lot about the
quality of life for many of them."
Professor Mella, Norwegen
ME hat mit einer Depression nichts zu tun. Sie ist eine rein körperliche
Erkrankung und von der WHO auch als solche gekennzeichnet. Ich hoffe,
dass Sie dieses in Ihrem Beitrag auch so klar definieren werden.
Mit freundlichen Grüßen |
Laila schrieb:
Sehr geehrte Damen und
Herren,
ich bin tägliche dradio
Hörerin und freue mich, dass
Sie sich am 16.02. dem Thema
ME/CFS widmen.
Ich bin 27 Jahre alt und selbst
vor 5 Jahren nach einer
schwerern Virusinfektion
erkrankt. Früher eine aktive,
sportliche, viel reisende
Studentin, bin ich nun
gezwungen, den Großteil des
Alltags zu Hause zu verbringen.
In ständigem Grippegefühl,
Kopf-, Hals- und
Gliederschmerzen und mit starken
Konzentrationsstörungen. Damit
bin ich "moderat" betroffen,
viele Erkrankte sind
bettlägerig.
Leider sind mit der Erkrankung sehr
viele Missverständnisse verbunden,
was nicht zuletzt an dem
verharmlosenden Namen liegt. Im
ICD-10 wird ME/CFS unter G.93.3
als Erkrankung des Gehirns bzw.
Zentralen Nervensystems
klassifiziert - fällt also in die
Kategorie, in der auch Multiple
Sklerose oder Parkinson stehen. Der
eigentlich medizinisch korrekte Name
lautet "Myalgische Enzephalomyelitis",
was auf den enzündlichen Charakter
der Erkrankung hinweist. "Müde" oder
"erschöpft" ist ein Gesunder nach
einem langen Arbeitstag oder einer
kurzen Nacht. ME/CFS Erkrankte
leiden an einer Art Erschöpfung, wie
man sie bei einer starken Grippe
erlebt.
Mit "Antriebslosigkeit" oder
"Depression" hat die Erkrankung, wie
es im Programmtext heißt, nichts zu
tun. ME/CFS ist eine organische
Erkrankung mit zahlreichen
Auffälligkeiten, die an andere (Auto-)Immunerkrankungen
erinnern. Studien dazu gab es
kürzlich z.B.
hier,
hier und an der
Charité.
Das für viele Betroffene im Alltag
am meisten "spürbare"
Kardinalsymptom ist die Post
Exertional Malaise (PEM), die
Zustandsverschlechterung nach
Anstrengung. Jede Aktivität über das
eigene, individuelle Energielevel
hinaus muss Tage oder Wochen lang
danach mit Symptomverschlimmerung
"abgekrankt" werden. Dies
unterscheidet ME/CFS im Übrigen auch
von andereren organischen oder
psychischen Erkrankungen.
Es ist mir und anderen Betroffenen ein
großes Anliegen, dass Sie in ihrem
Beitrag darauf eingehen, dass es sich um
eine organische Erkrankung handelt. Die
"Verwässerung" mit Depressionen o.Ä. ist
nicht nur medizinisch falsch, sie führt
auch dazu, dass Erkrankte von Ärzten
fehldiagnostiziert und fehlbehandelt,
von Versorgungsämtern im Stich gelassen
und vom sozialen Umfeld missverstanden
werden.
Ich habe für diese Email mit Pausen drei
Stunden gebraucht.
Mit freundlichen Grüßen
|
Noa schrieb:
Liebe Redaktion,
ich bitte Sie bei der Recherche für diesen Artikel sorgsam zuzugehen.
Die Krankheit, die man mit Rituximab behandeln konnte, heißt Myalgische
Encephalomyelitis.
Chronic Fatigue Syndrom ist ein Name, der in den USA eingeführt wurde,
um die Krankheit weiter unter "ist alles psychisch" laufen zu lassen,
weil man dort den Erkrankten unter diesen Umständen keine Leistungen
zahlen muss, im Gegensatz zu "wirklich Kranken".
ME hat mit Depression nicht das geringste zu tun. Es gibt keine
Motivationsschwäche, im Gegenteil, viele Kranke werden immer kränker,
weil sie nicht in den engen Grenzen bleiben wollen, die der Körper ihnen
diktiert.
Und man kann über das Leitsymptom, der post-exertional malaise PEM,
Depressive und ME-Kranke sauber unterscheiden. Bewegung hilft den
Depressiven, die ME Kranken werden kränker.
Das ist auch hinreichend durch Studien belegt, die sie sicher finden
können, falls Sie das Thema wirklich interessiert.
ME führt zu einem zu kleinen Blutvolumen im Körper. Gleichzeitig kann
man an den zuleitenden Blutgefäßen zum Hirn mit Ultraschall messen, das
auch da viel zu wenig durchströmt.
Es ist bewiesen, das ME Kranke sich auch bei kurzer Belastung im
anaeroben Stoffwechselbereich befinden, der Notreserve, die der
Marathonläufer erst ganz am Ende nutzt, weil sie nicht für längere
Belastung gedacht ist.
Ich persönlich bin Mitte 20 erkrankt, bin an schlechte Ärzte geraten,
die meine "Mit dem Kopf durch die Wand Aktionen" befürwortet haben.
Also trotz Schwäche, weitermachen. Es hat mich auf die Intensivstation
gebracht, ich konnte meinen Körper nicht mehr Kontrollieren, selbst
Katheterisierung war nötig.
Heute geht es mir etwas besser. Ich lebe auf ganz niedrigem
Funktionsniveau, teile meine kleinen Kräfte so gut es geht ein.
Wenn jemanden das deprimiert, kann ich es verstehen. Ich habe zum Glück
eine starke Konstitution und einen Haufen fragwürdigen Humor, der mir da
durch hilft.
Mein größter Stress sind schluderig recherchierte Beiträge, denn sie
sind es, die die öffentliche Meinung prägen.
Die Leute denken, wir wären nur müde.
Tatsächlich sind alle körperlichen Funktionen gestört, weil sie Energie
und Durchblutung brauchen.
Die Homöostase ist im Eimer, weil die Hormonregelkreise nicht mehr
funktionieren.
Und weil wir alle hochmotiviert sind, endlich eine Behandlung bekommen
zu können, sind wir auf weitere Forschung angewiesen.
Wenn Sie einen gut recherchierten, aussagekräftigen Radiobeitrag bringen
könnten, wäre uns das eine große Hilfe.
Und wir sind viele. Schätzungen gehen von 300.000 Erkrankten in
Deutschland, 17 Millionen weltweit aus.
Da wäre ihnen eine Welle von Dankbarkeit sicher.
Mit freundlichen Grüßen |
Manuela
schrieb:
Guten Tag,
ich möchte Sie hiermit darauf hinweisen, dass es sich bei ME/CFS um eine
Neuroimmunerkrankung (Klassifizerung der WHO) handelt.
Leider wird in Deutschland sich nicht an die Klassifizierung gehalten.
Was
fahrlässig mit
gravierenden Folgen für Erkrankte. Bitte nehmen Sie dies in ihre Sendung
auf.
Kontaktieren Sie Frau Prof. Scheibenbogen der Charité, die sich mit der
Neuroimmunerkrankung auskennt.
freundliche Grüße, |
Heike
schrieb:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe die Ankündigung zu Ihrer Sendung über das Chronische
Erschöpfungssyndrom gelesen, die am 16. 02. ausgestrahlt werden soll.
Sie beschreiben die Krankheit dort als eine Depression.
Nun müssen allerdings, um die Diagnose
eines Chronischen Erschöpfungssyndroms (ME/CFS) stellen zu können,
verschiedene andere Erkrankungen, die ebenfalls Erschöpfung auslösen
können, als deren Ursache ausgeschlossen werden. Zu diesen Krankheiten
gehört neben anderen auch die Depression. Das Chronische
Erschöpfungssyndrom ist daher keine Depression und kann per Definition
auch nicht die Ursache eines Chronischen Erschöpfungssyndroms sein.
Ich hätte von einer Sendung über eine bestimmte Krankheit eigentlich
Informationen erwartet die auf deren klinischer Definition basieren.
Wäre das nicht das Mindeste?
Mit freundlichen Grüßen |
Nette schrieb:
Liebe Redaktion des Deutschlandfunks,
Als von der Diagnose ME/CFS Betroffene habe ich mit Freude gelesen, dass
Sie am 16.02.14 einen Beitrag über die neuroimmunologische Erkrankung
myalgische Enzephalomyelitis / Chronique Fatique Syndrom (Chronisches
Erschöpfungssyndrom) planen. Das ist eine gute Gelegenheit, um über
diese oft missverstandene Krankheit aufzuklären und die Basis für eine
bessere Einordnung bei Patienten und Ärzten zu legen.
Ich schreibe Ihnen, da Ihre Ankündigung einige Missverständnisse
enthält, die bei mir wie auch bei vielen anderen Erkrankten zu falschen
Diagnosen geführt haben und der Abwärtsspirale in die Krankheit ME/CFS
Vorschub leisten. Es wäre schön, wenn ihr Beitrag durch sachlich
korrekte Informationen helfen könnte, für die unter dieser Krankheit
leidenden Menschen in Deutschland (ca 300 000 Stück) den Weg in eine
bessere Versorgung zu ebnen, speziell Fehldiagnosen wie Burnout und
Depression zu vermeiden.
Bei mir war die Verwechslung mit Burnout und Depression fatal.
Tatsächlich bin ich
-
nicht müde, sondern erschöpft. Ich kann in der Regel nur 2 - 3h
schlafen, leide unter Schmerzen, neurologischen Symptomen (z.B.
schlechtes Kurzzeitgedächtnis, Nebel im Kopf, Wortfindungsstörungen,
...), Energiedefiziten und vielen Unverträglichkeiten und muss mich
wegen chronischer Erschöpfung viele Stunden am Tag ausruhen.
-
Nicht depressiv, sondern verzweifelt, wütend und enttäuscht, da man
als Erkrankter viele Therapiefehlschläge hinnehmen muss, kein
Anrecht auf eine angemessene Versorgung durch unser Gesundheitswesen
hat und Therapien und Untersuchungen bis auf wenige Ausnahmen selbst
bezahlen muss.
-
Nicht
antriebslos, sondern nutze die mir verbliebene Energie, um meine
Situation zu verbessern. Trotz der wenigen verbleibenden
Energiereserven, kämpfe ich jeden Tag um einen Weg aus meiner
Erkrankung zu finden. Als Erkrankte muss ich mich mit den
verbleibenden Energien zum Experten für meine Krankheit ausbilden,
da das deutsche Gesundheitswesen keine Therapie und Antwort auf die
Krankheit anbietet. Dazu gehört natürlich auch, dass die Ätzte (bis
auf wenige positive Ausnahmen) mit denen ich zu tun habe, mit der
Krankheit nichts anfangen können.
-
Optimistisch und selbstbewusst. Ich bin immer noch überzeugt, dass
ich irgendwann meinen Zustand bessern kann und einen Teil meines
vorherigen Lebens zurück bekommen werde.
-
Hoffnungsvoll: das diese verheerende Erkrankung in unserem
Gesundheitswesen verankert wird, dass wir ME-Patienten eine
angemessene Versorgung bekommen, dass die kraftzehrenden Kämpfe mit
dem Versorgungsamt und dem Gesundheitswesen ein Ende haben und dass
letztendlich die Ursachen für die Erkrankung von der Forschung
geklärt werden und eine Therapie entwickelt wird.
Ich bin seit 2007 von einem Tag auf den anderen an ME erkrankt und
musste erleben wie ich schrittweise mein Leben verloren habe. Auslöser
war ein Magendarminfekt von dem ich mich nie wieder richtig erholt habe.
Leider wurden anfangs aufgrund der oben genannten Verwechslungen falsche
Diagnosen wie Burnout und später Depression gestellt. Tatsächlich habe
ich niemals unter einer Depression gelitten oder mich depressiv gefühlt,
wenn war ich verzweifelt, da ich nicht wusste, was mit mir los ist. Ich
musste diese Verwechslung der Diagnosen als fatal erleben. Durch den
angeratenen Sport und trotz einem achtsamen Umgang mit mir ist die
Erkrankung über 6 Jahre unaufhaltsam fortgeschritten. Erst 2013 habe ich
die Diagnose ME/CFS bekommen und konnte meinen Zustand auf einem Niveau
von 20% der ehemaligen Energie stabilisieren. Heute plane ich meine
Energiereserven um Überlastungen und damit einhergehende
Zustandsverschlechterungen zu vermeiden und stütze die entgleisten
Parameter im Stoffwechsel durch mehrheitlich orthomolekulare Therapien.
Mein Leben (oder was davon übrig ist) findet nur noch zu Hause statt.
Noch ein paar Worte zu meinem Leben vor der Erkrankung:
-
Ich habe studiert und für ein großes globales Unternehmen in
verschiedenen Aufgabenstellungen gearbeitet (Managerin,
Projektleiterin für große Projekte mit mehrere mehreren Millionen
Umsatzverantwortung, ...). In allen Aufgabenstellungen bestanden
hohe Leistungsanforderungen, denen ich zu jeder Zeit problemlos
gerecht geworden bin.
-
Ich hatte Spaß an Urlaub, am Reisen, am Kochen, an der Familie (5
Kinder). Ich habe im Garten Kräuter und Gemüse gepflanzt und den
Haushalt mit meinem Mann gemeinsam geführt
-
Kurz: ich hatte Spaß an meinem Leben, war sehr aktiv und Depression
war ein Fremdwort für mich.
Ich freue mich auf einen hoffentlich hilfreichen und über die Krankheit
sachlich korrekt aufklärenden Bericht.
ME-Kranke benötigen die Erforschung der Krankheitsursachen, verbesserte
Therapieansätze und die Anerkennung der Erkrankung durch gesetzliche
Verankerung, das Gesundheitswesen und die Versorgungsämter.
Freundliche Grüße |
Regina
schrieb: Sehr
geehrte Frau Badenschier,
zunächst einmal herzlichen
Dank, dass Sie sich an ein so kontroverses Thema wie ME/CFS herangewagt
haben. Nun haben Sie, wir mir von anderen ME/CFS-Patientinnen mitgeteilt
wurde, schon eine Reihe von recht kritischen Zuschriften bekommen, bevor
die Sendung überhaupt ausgestrahlt wurde.
Sie werden sich vielleicht
darüber wundern und sich fragen, wieso wir uns nicht ausnahmslos freuen
über Ihre Sendung und erst einmal abwarten auf das Ergebnis Ihrer
Recherchen? Ich möchte hier nicht nochmals auf die vielen Gründe hierfür
eingehen, die meine „Vorrednerinnen“ bereits ausführlich dargestellt
haben und Sie nur nochmals auf das Problem des Namens und der
Krankheitsdefinitionen aufmerksam machen:
Ursprünglich hieß das, was
heute als „Chronische Müdigkeit“ oder „Chronisches Erschöpfungssyndrom“
durch die Medien, aber leider auch durch viele Fachveröffentlichungen
geistert, Myalgische Enzephalomyelitis, zurückgehend auf den Pathologen
Melvin Ramsay, der die Krankheit in der Folge einer Epidemie am Londoner
Royal Free Hospital im Jahr 1955 beschrieb. Damals sind an die 300
Angehörige des Personals erkrankt, und das Hospital musste für 3 Monate
geschlossen werden. Die Epidemie breitete sich von London aus Richtung
Norden hin aus. Wir sind mit einer Krankenschwester von damals im
Kontakt, die ihr Leben lang nicht wieder gesund wurde.
Aufgrund weiterer Epidemien,
die Mitte der 1980er Jahre in den USA auftraten, haben die Centers for
Disease Control die Krankheit umbenannt, ohne die bereits vorhandene,
von der WHO seit 1969 als neurologische Krankheit klassifizierte
Krankheitsentität zu berücksichtigen, und zwar in den verharmlosenden
Namen „Chronic Fatigue Syndrome“.
Das war der Anfang einer
leidvollen Geschichte für Hundertausende, ja Millionen zum Teil
schwerstkranker ME/CFS-Patienten, denn man konzentrierte sich ab jetzt
auf die „Fatigue“, auf Erschöpfung oder gar Müdigkeit, statt auf die
schweren neurologischen, muskulären und immunologischen Symptome oder
gar das Kardinalsymptom, die Zustandsverschlechterung nach Belastung.
Müdigkeit und Erschöpfung sind Alltagsphänomene, die jeder kennt, und so
kann jemand, der das als Krankheit bezeichnet, was doch nur ein
harmloses Alltagsempfinden ist, nicht nur in den Augen der allgemeinen
Öffentlichkeit, sondern auch in den Augen der Ärzteschaft und der
Gesundheitspolitiker, der Krankenkassen und Rentenversicherer nur ein
Simulant, ein Hypochonder oder sonstiger Spinner, ein Rentenneurotiker
oder kurz: psychisch krank sein.
Diese Fehleinschätzung und
Verharmlosung einer schweren Krankheit an sich wäre schon schlimm genug,
aber im Wortsinne fatal wurde und wird es nach wie vor für viele
Patienten, wenn dadurch die biomedizinische Erforschung der Krankheit
verschleppt oder gar verhindert wird und stattdessen psychologische
Pseudoerklärungen von Psychiatern auftauchen, die nachweislich auf den
Gehaltslisten von Versicherungsindustrie und z.T. auch
Verteidigungsministerien stehen – und diese pseudopsychologischen
Erklärungen dann flächendeckend auch in der medizinischen Fachliteratur
sowie in Empfehlungen zur Begutachtung der Betroffenen auftauchen.
Diese pseudopsychologischen
Theorien, deren Hauptvertreter der britische Psychiater Sir Simon
Wessely ist, besagen: es mag ja sein, dass die Betroffenen anfangs mal
eine Infektion hatten, aber der Grund, warum sie sich nicht mehr
erholen, liegt in ihrem Verhalten, ihrer Psyche, bzw. in ihren
„dysfunktionalen Krankheitsvorstellungen“ und ihrer „übermäßigen
Schonhaltung“. Beides führe dann zur Dekonditionierung und der
„Erschöpfung“.
Aus diesen
pseudopsychologischen Vorstellungen von „CFS“ wird nun die „passende“
und angeblich hilfreiche Therapie abgeleitet: kognitive
Verhaltenstherapie gegen die „dysfunktionalen Krankheitsüberzeugungen“
und ansteigendes körperliches Training gegen die durch „übermäßige
Schonung“ hervorgerufene Dekonditionierung. Ersteres ist bei
ME-Patienten in der Regel nutzlos, zweiteres in der Regel schädlich, und
zwar so schädlich, dass es viele Betroffene langfristig zu Bettlägerigen
gemacht und zahlreiche Patienten umgebracht hat.
Eine „evidenzbasierte“
Bestätigung dieser angeblich bei ME so hilfreichen Behandlungsansätze
wurde dadurch möglich, dass man in Studien mehrheitlich unspezifisch
erschöpfte Menschen, also so chronisch Erschöpfte, darunter auch solche
mit Depressionen „behandelt“ hat, niemals aber Menschen mit schwerer ME.
Die wären, weil bettlägerig, überhaupt nicht in der Lage, an solchen
Studien teilzunehmen. Unter dem großen Haufen der etwa 10-mal so
häufigen „Chronischen Erschöpfung“ wird das ME/CFS auf magische Weise
und „evidenzbasiert“ zum Verschwinden gebracht.
Gleichwohl wird jetzt allen
Menschen mit ME diese Behandlung verordnet, ja häufig sogar aufgezwungen
– mit zum Teil tödlichen Folgen. Man verweigert ihnen die medizinische
Versorgung und sehr oft auch die finanzielle Absicherung – mit der
Begründung, es sei eine psychische, eine Verhaltensstörung und keine
„ordentliche“ organische Erkrankung, und wenn sie nicht wegginge, sei
das ihr eigenes Verschulden.
Das Elend, das durch diese
Vermengung von ME und chronischer Erschöpfung jeden Tag von den
Betroffenen ertragen werden muss, ist der Grund für die Vehemenz, mit
der wir uns gegen sie wehren. Auch wenn Ihre Sendung vielleicht
intendiert war für das klassische ME, wie es jetzt in der Kanadischen
Konsensdefinition von ME-Experten klar definiert wurde – was Sie
schreiben ist etwas anderes: „Chronische Müdigkeit – die unverstandene
Erschöpfung“. Und leistet den fatalen Missverständnissen und der
Falschbehandlung weiter Vorschub, statt die sachlich notwendige
Differenzierung vorzunehmen.
Um Ihnen die Dimension dieser
Vermengung zweier ganz verschiedener Krankheitseinheiten anhand des
Symptoms „Erschöpfung“ vor Augen zu führen, nehmen wir doch mal das
Symptom „Husten“. Husten ist ein alltägliches Phänomen, es tritt als
harmloses Räuspern oder Husten völlig gesunder Menschen auf, bei einer
Erkältung oder Grippe, beim Verschlucken, bei Allergien, bei Asthma,
beim Lungenephysem, bei Lungenkrebs, bei Tuberkulose und sicher noch bei
vielen anderen Krankheiten. Stellen Sie sich nun vor, man würde die
Tuberkulose als „Chronisches Hustensyndrom“ bezeichnen, dann Studien an
mehrheitlich Gesunden vornehmen, die aus dem ein oder anderen Grund mal
husten und dann daraus schließen, dass die Tuberkulose doch eine
harmlose Geschichte wäre, die man nicht weiter erforschen müsse. Und als
Therapie würde man den Tuberkulosekranken dann „evidenzbasiert“ eine
Psychotherapie und täglich gesteigerten Dauerlauf an der frischen Luft
empfehlen.
Nein, die
Therapieempfehlungen, die auf der Vermischung von chronischer
Erschöpfung und ME beruhen, sind noch fataler: sie gleichen der
Empfehlung an einen Menschen mit Leberzirrhose, jeden Tag ein bisschen
mehr Alkohol zu trinken und ihm in der begleitenden Verhaltenstherapie
einzuschärfen, nicht auf die zunehmenden Krankheitssymptome zu achten,
sondern immer weiter zu trinken, bis seine Leber sich an den Alkohol
gewöhnt und wieder regeneriert hat.
Genau das passiert Menschen
mit ME/CFS jeden Tag, und das geht bis hin zu Zwangseinweisungen in die
Psychiatrie und dem Entzug des Sorgerechts von Eltern schwerst an ME
erkrankter Kinder. DAS sind die Folgen der Vermengung von ME (CFS) und
chronischer Erschöpfung oder chronischer Müdigkeit.
Vielleicht haben Sie noch die
Möglichkeit, die Nomenklatur in Ihrer Sendung und deren Ankündigung zu
korrigieren? Damit würden Sie uns einen großen Gefallen tun.
Mit freundlichen Grüßen
Regina Clos
PS. Zu meiner Person: ich bin
seit mehr als 27 Jahren an ME/CFS erkrankt, davon einige Jahre schwer.
Ich gehöre zu den wenigen, die sich ein wenig erholt haben und wieder in
beschränktem Rahmen am Leben teilnehmen können. Meinen früheren Beruf
als Sonderschullehrerin und pädagogische Mitarbeiterin an der
Universität Frankfurt musste ich aufgeben. Beides könnte ich selbst
heute, wo es mir wieder besser geht, nicht einen einzigen Tag
durchhalten. Als inzwischen staatlich geprüfte Übersetzerin für Englisch
arbeite ich seit über 12 Jahren in der Patientenbewegung und unterhalte
seit 2005 die Website
www.cfs-aktuell.de Ich habe Kontakt zu Forschern und
Patientenvertretern aus der ganzen Welt und habe viele wichtige
Dokumente ins Deutsche übertragen, darunter auch die Kanadische
Konsensdefinition. Und ich werde jeden Tag durch Anrufe oder Mails mit
dem Elend der Menschen mit ME/CFS konfrontiert, das nicht nur durch die
Krankheit an sich entsteht, sondern zu großen Teilen auch durch die
Misshandlung, die wir im Medizin- und Sozialsystem erleben müssen - die
eben auf jener (gezielten) Vermengung von chronischer Erschöpfung und ME
beruht. Vielleicht mögen Sie auf cfs-aktuell.de mal die neuen Artikel
zum Thema IOM-Vertrag lesen, dann wissen Sie, warum ich von gezielter
Vermengung spreche. |
Eric schreibt:
Sehr geehrte Redaktion,
mit gemischten Gefühlen habe ich Ihren Programmhinweis zur Sendung
„Chronische Müdigkeit - die unverstandene Erschöpfung“, die am 16.2. im
Deutschlandfunk ausgestrahlt wird, gelesen.
Einerseits freue ich mich und möchte mich dafür bedanken, dass Sie sich
des Themas „CFS“ angenommen haben.
Andererseits ist Ihr Ankündigungstext, meiner Meinung nach, so schwammig
und missverständlich formuliert, dass ich nur hoffen kann, dass sich die
Sendung in positiver Weise davon unterscheiden wird und sich nicht in
die Reihe oberflächlich recherchierter Medienberichte einreihen wird,
die alles was mit „Erschöpfung“ zu tun hat in einen Topf werfen.
Stattdessen hoffe ich vielmehr, dass Sie in Ihrer Sendung sorgfältig
zwischen Symptomen und Syndromen, sowie zwischen den einzelnen
Krankheiten unterscheiden werden, sodass beim Hörer nicht die selben
Falschinformationen hängen bleiben werden, wie es beim Leser Ihres
Programmtipps zu befürchten ist:
• ME/CFS ist gleichbedeutend mit chronischer Erschöpfung/Müdigkeit
• ME/CFS geht meist Hand in Hand mit Depressionen
• ME/CFS und Depression - zwei zum Verwechseln ähnliche Krankheiten
Chronische Erschöpfung oder Müdigkeit (wenn man es überhaupt so nennen
möchte, für mich trifft es Müdigkeit keineswegs und auch Erschöpfung
kann den maßlosen, auf zellulärer Ebene basierenden Energiemangel
allenfalls ansatzweise beschreiben) sind nur zwei Symptome von vielen,
nicht die Erkrankung an sich („Chronische Müdigkeit ist eine weiterhin
rätselhafte Erkrankung“, Bildunterschrift), und können auch bei anderen
Krankheiten auftreten.
Um ebenjene Assoziation von Punkt 1 zu vermeiden, spricht man lieber von
ME (Myalgische Enzephalomyelitis).
Sie schreiben in erster Linie von Müdigkeit und Erschöpfung, lassen
hingegen das Kardinalsymptom der ME/CFS, die Zustandsverschlechterung
nach körperlicher oder geistiger Anstrengung, außen vor. Dieses Symptom
ist es jedoch vor allem, durch welches sich ME/CFS eindeutig gegen
Depressionen abgrenzen lässt.
Ich wünsche mir sehr, dass die Sendung so differenziert und informativ
wird, wie ich es vom Deutschlandfunk gewohnt bin!
Mit freundlichen Grüßen |
Antwort vom Sender an einige der Mail-Schreiber/innen:
Sehr geehrte Frau ... ,
mit Interesse nehme ich die vielen Rückmeldungen zur Kenntnis, die uns
zu unserer Programmankündigung "Die unverstandene Erschöpfung"
erreichen.
Ich muss Ihnen sagen, dass dies ungewöhnlich ist: Normalerweise setzen
wir uns mit unseren Hörern über die Sendung auseinander, nicht über den
Prorgrammtext.
Sie artikulieren Ihre Sorge, CFS bzw. ME könne mit Depression
gleichgesetzt werden. In dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen, dies
ist nicht der Fall. Die Gleichsetzung mit Depression wird thematisiert,
und zwar von Betroffenen selbst, die eindrücklich ihre Situation
beschreiben.
Wollen Sie sich die Sendung nicht erst einmal anhören? |
Monika schrieb zurück:
Sehr geehrte Frau Knoll,
wenn Sie sich normalerweise mit den Hörern nicht über eine
Programmankündigung „auseinander setzen“ [müssen], dann liegt das
wahrscheinlich daran, dass ebendiese bei den Betroffenen sehr große
Sorgen ausgelöst hat.
Sie könnten in ihrem Beitrag ebenso unklar die Erkrankung definieren,
wie man es als Betroffener aus dem Text interpretiert!
Dieses Thema ist für die ME Patienten so immens wichtig, dass sie sich
sogar die Kraft genommen haben, dem Sender eMails zu schreiben und ihre
Befürchtungen kund zu tun. Das ist m. E. der für sie intelligentere Weg,
als Sie hinterher evtl. um Richtigstellung bitten zu müssen und sich
darüber zu ärgern, im Vorfeld nicht klar Stellung bezogen zu haben.
Wenn die Sendung nun ganz anders ausfällt, als die Ankündigung es leider
vermuten ließ, um so besser! Das wäre natürlich wunderbar und würde
zeigen, dass Sie sich mit dem Thema sehr viel tiefgründiger befasst
haben, als man es normalerweise gewohnt ist.
ME Patienten sind dazu gezwungen, tagtäglich gegen Diskriminierungen
anzukämpfen und über ihre Erkrankung selbst aufzuklären, da
erfahrungsgemäß 95 % der Mediziner diese mit einer Depression
gleichsetzen. Dieses hat in der Regel Falschbehandlungen zur Folge, die
nicht selten bis zur Bettlägerigkeit führen. Ferner wird dadurch eine
biomedizinische Forschung als nicht für nötig erachtet. Sie sind es also
Leid, weiterhin wie ein Stiefkind der Medizin misshandelt zu werden.
Ich erwarte mit Spannung die morgige Sendung.
Mit freundlichen Grüßen |
Hörerkommentare aller Art kann man hier lesen:
https://www.facebook.com/deutschlandfunk/posts/491107097662072
|
Katharina schrieb NACH der
Sendung:
Sehr geehrte Frau Badenschier, sehr geehrte Frau Knoll!
Zunächst einmal möchte ich mich sehr dafür bedanken, dass der Abschnitt
über die norwegische Rituximab-Forschung und die Interviews mit Dr.
Fluge und Maria Gjerpe so gut gelungen sind!
Es ist natürlich immens wichtig, der biomedizinischen Forschung die
notwendige Aufmerksamkeit zu schenken und ihr das nötige
wissenschaftliche Gewicht zu verleihen, denn nur so kann die
unwissenschaftliche Rhetorik der Verfechter einer psychischen
Verursachungshypothese ausgehebelt werden. Wer Verbesserungen bis hin
zur kompletten Symptomlosigkeit durch ein Krebsmedikament erfährt, kann
nicht an einer psychischen Krankheit leiden, sondern nur an einer
organischen.
Deshalb für diese Gewichtung meinen aufrichtigen Dank!
Ansonsten habe ich leider viel zu kritisieren an der Darstellung der
Krankheit.
Schon im Vorfeld der Sendung hatte ich ja meine schweren Bedenken wegen
der fahrlässigen, weil unzutreffenden Programmankündigung artikuliert.
Die mehr als unglückliche, ja, schlicht falsche Vermischung von
Depression und ME/CFS setzte sich nun auch leider im Beitrag fort mit
einem der Eingangssätze: "Ob eine Depression hinter ihren Symptomen
steckt oder ob ihre unerträgliche Müdigkeit die Depression erst
auslösen, ist manchmal schwer zu entscheiden, denn die Krankheit lässt
sich nicht mit einem einfachen Test diagnostizieren."
Entsprechend der fatalen Ankündigung und Einleitung war der Beitrag dann
auch häufig zu oberflächlich recherchiert. Die meisten der interviewten
Patienten redeten entweder von einer anderen Erkrankung (Burnout?
Depressionen?) oder waren nicht in der Lage, ihre Symptomatik adäquat zu
schildern. Denn ME/CFS-Patienten haben weder zwangsläufig eine
Depression (tritt bei ME nicht häufiger auf als sekundäre Erkrankung wie
bei allen anderen schweren, chronischen und behindernden Krankheiten
auch!), sie sind nicht "antriebslos", sie sind nicht einfach nur
"schlapp", fühlen sich nicht "verbraucht" und sind auch keineswegs
generell "hoffnungslos", auch wenn die Lage zur Zeit ziemlich
hoffnungslos erscheint.
Dann wurde - wieder einmal! - unentwegt nur von chronischer Erschöpfung
geredet, ein Symptom, das zu anderen Krankheitsbildern gehört, wie z.B.
zu Burnout oder Depressionen. Aber das primäre Symptom einer ME ist die
pathologisch rasche Erschöpfbarkeit der Muskulatur nach geringer und
geringster Belastung, die in keinem Verhältnis zur vorangegangenen
Aktivität steht. Das hat also nichts mit Erschöpfung zu tun, wie sie die
Gesunden nach einer arbeitsreichen Woche oder einer schlaflosen Nacht
empfinden, wie der Beitrag offenbar auch vielen uninformierten Hörern
suggerierte (siehe Kommentare auf der FB-Seite des DLF). Und wegen ihres
pathologischen Charakters darf die Erschöpfung ME-Kranker auch nicht mit
der chronischen Erschöpfung Depressiver oder der von Burnout-Patienten
verwechselt werden. Zudem stellt die Erschöpfung nur ein Symptom der
ME-Erkrankung dar.
Denn die pathologisch rasche Erschöpfbarkeit der Muskulatur nach
geringer und geringster Belastung ist nur das Kardinalsymptom der
Erkrankung. Daneben haben die Kranken viele weitere, teils
schwerwiegende Symptome, Schwerkranke bis zu etwa 100!!
Das alles kam im Beitrag leider nicht vor. Weshalb dann auch nach so
einer Sendung viele wahrscheinlich denken, die ME-Kranken wären einfach
nur schlapp und müde. Und das trifft überhaupt nicht zu.
Ich musste auch leider den Eindruck gewinnen, dass der Beitrag der
Schwere der Erkrankung nicht gerecht wurde. Über die Folgen der
Erkrankung wurde nichts gesagt, nichts dazu, dass es überhäufig
Folgeerkrankungen wie z.B. Krebs gibt, dass ME/CFS oder ihre
Folgekrankheiten tödlich sein können, das Sterbealter ME-Kranker um ca.
1/3 herabgesetzt ist. Kein Wort dazu, dass viele Erkrankte bettlägerig
sind (ca. 25%), als Pflegefälle über Jahre und Jahrzehnte leiden, oft
wegen ihrer Lichtempfindlichkeit in abgedunkelten Räumen liegen, Tag und
Nacht mit Schmerzen und ohne irgendeiner Beschäftigung nachgehen zu
können vor sich hinvegetieren, manche sogar künstlich ernährt werden
müssen.
Das ist sehr schade und hat offenbar bei vielen Hörern den Eindruck
verstärkt, es handele sich tatsächlich nur um andauernde Müdigkeit und
Erschöpfung, eine Befindlichkeitsstörung, nicht aber um eine
schwerwiegende neurologische Krankheit, die anderen schweren Krankheiten
wie Krebs, AIDS und Herzkrankheiten in nichts nachsteht.
Ich hoffe dennoch, dass kritische Kommentare von Betroffenen Sie nicht
davon abhalten werden, weiter über diese Krankheit zu berichten,
vielleicht nächstes Mal mit genauerer Recherche und mit Hilfe von
Patienten, die mehr und Differenzierteres zu der Krankheit zu sagen
haben als der Vorstand des Fatigatio? (Patienten, die sich zutreffender
zu der Krankheit äußern können, finden Sie über
http://www.cfs-aktuell.de/index.htm)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Mit freundlichen Grüßen,
|
Noa schrieb nach der Sendung:
Sehr geehrte Frau XXX,
nun habe ich die Sendung angehört und würde Ihnen gerne ein paar
Rückmeldungen geben.
Der Teil über Rituximab und das Crowdfunding für die Studie im Haukeland
Hospital hat mir sehr gefallen.
Das war auch der Teil des Beitrages, wo am deutlichsten für
Nichtbetroffene zu merken war, dass es eine sehr ernste Erkrankung sein
muss.
Ich hätte mir dennoch gewünscht, dass dies als roter Faden durch die
Sendung hindurch kommuniziert worden wäre.
Dass der Fatigatio der Patientenverband ist, ist richtig und ich
verstehe auch, dass man bei der Recherche unverzüglich dort landet. Doch
fühle ich mich schon längere Zeit nicht mehr gut vertreten. Daher habe
ich auch auf eine Mitgliedschaft verzichtet.
Die Ausschnitte von der Tagung ähnelten einer Verkaufsveranstaltung.
Dafür können Sie nichts, das ist mir klar. Aber als Teil des Beitrags
hat das dem Ganzen eine Art esoterische Note verliehen, die ich lieber
vermieden gewusst hätte.
Auch der Psychosomatiker, dessen Name mir nicht mehr einfallen will, hat
für mich recht absurde Thesen ausgespuckt, die mich ungut an Louise Hay
und Co. erinnert haben. Dabei ist längst durch Studien hinreichend
geklärt, dass Psychosomatik keine Komponente der Erkrankungsentstehung
ist. Das kann also nur noch denjenigen Menschen als Theorie zur
Verfügung stehen, für die Knochenbrüche und Aids auch psychosomatische
Erkrankungen sind. Das dürften nicht allzu viele sein.
Wenn Sie aber einem Menschen mit einer solch fragwürdigen Haltung nahezu
unkommentiert Raum geben, wird bei vielen etwas hängenbleiben, dass es
doch irgendwie in unser Ressort fällt, die Krankheit zu bezwingen.
Tatsächlich brauchen wir Kranken staatliche finanzierte Forschung,
Anerkennung, Behandlungsoptionen und dann hoffentlich so etwas wie
Linderung oder Heilung.
An den vielen Mails und Hörerbriefen im vorhinein haben Sie sehen
können, dass wirklich viele Menschen zuhause sitzen oder liegen, in der
Warteschleife des Lebens sozusagen, und sich nichts so sehr wünschen,
als dass jemand das Wort für sie ergreift.
Das tun derzeit weltweit nur wenige mutige Forscher, Ärzte und
Aktivisten. Wir wünschen uns mehr Fürsprecher.
Das Deutschlandradio kann, dank seines Rufes als seriöse
Nachrichtenquelle, hier viel Gutes tun. Es könnte aber auch viel Schaden
anrichten und Halbwahrheiten oder Unwahrheiten in der öffentlichen
Meinung in Stein meißeln.
Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, sich des Themas anzunehmen.
Ich hoffe auf weitere Sendungen zum Thema, die vielleicht etwas
eingehender über die Rolle von Viren und die Probleme der Forschung
durch mächtige Widersacher, z.B. Simon Wessely und die Psycholobby oder
die Macht amerikanischer Versicherungskonzerne, berichten könnten.
Ich bin jetzt fast 10 Jahre krank und habe Berge von Demütigungen von
Ärzten und Mitmenschen über mich ergehen lassen müssen. Ich empfinde
meine Lage so ähnlich wie die der armen MS-kranken Frauen Anfang des
letzten Jahrhunderts. Denen hat man auch schädliche oder nutzlose
Therapien aufgezwungen, um ihre Hysterie zu kurieren.
Ganz schlimm trifft es weltweit die erkrankten Kinder.
Da die Medizin den Paradigmenwechsel von primären Organschäden hin zu
chronischen Infektionen und infektiösen und/oder immunvermittelten
Fehlregulationen, die später Organschäden zur Folge haben, noch nicht
vorgenommen hat, stehen die Familien unter Generalverdacht. Da Ärzte
zaudern, die Diagnose M.E. zu vergeben, obgleich nicht viele
pädiatrische Erkrankungen ähnliche Symptome haben und sich immer eine
offizielle Stelle findet, die die Diagnose nicht anerkennt oder als
nonexistent erklärt, sind die Kinder ungeschützt.
Ihre Mütter ebenso, denen das Münchhausen by proxy Syndrom unterstellt
wird. Das führt im schlimmsten Fall zur Inobhutnahme und
Fremdunterbringung eines schwer kranken Kindes, fern von seiner
vertrauten Umgebung.
Es ist in Deutschland auch sehr schwer, Hausunterricht für schwer kranke
Kinder zu bekommen.
Wenn Kinder früh erkranken, kann das bedeuten, dass sie zu einem Leben
ohne Ausbildung und mit schlechten Perspektiven verdammt sind.
Ich habe mein Studium im Vordiplom abbrechen müssen und es sieht derzeit
nicht sehr danach aus, als könnte ich irgendeine Art Ausbildung machen.
Ich bin schwerbehindert (GDB 100, G, AG, B) und habe die Pflegestufe II.
Das heißt, Ärzte und Stellen, die mich über die Jahre begleitet haben,
wissen von meiner schweren körperlichen Erkrankung. Es wäre mir eine
große Freude, wenn meine Umwelt dieses Bewusstsein auch erlangt.
Dazu braucht es gute Berichterstattung, die die ganze Breite der
Forschung abdeckt und klare Worte findet.
Vielleicht wird es Sie freuen, dass ihr Beitrag meine schlimmsten
Erwartungen nicht erfüllt hat.
Für zukünftige Berichte wünsche ich mir klarere Aussagen, weniger
Esoterik und gerne mehr von den Menschen, die zum Thema forschen oder
seriösen Klinikern.
Wann immer jemand mit guten Gedanken oder seinen selbst vermarkteten
Nahrungsergänzungsmitteln 100 % Heilung verspricht, können Sie getrost
annehmen, dass es sich um einen Scharlatan handeln muss. Ich finde, dass
es berechtigt ist, dass dann auch so zu sagen und einen Vorwurf zu
formulieren.
Auch wäre es gut, das Thema Nahrungsergänzungsmittel näher zu
beleuchten.
Also man müsste erklären, dass ein chronisch infizierter Körper einen
höheren Nährstoffbedarf hat; ein Körper der aus physiologischen Gründen
in oxidativen Stress gerät, Antioxidanzien braucht; ein Körper dessen
Verdauungssystem fehlfunktioniert in Mangelzustände geraten kann; etc.
Einfach so dahingestellt, klingt das in vieler Ohren wie irgendwelche
Gesundheitspillen, die sich gelangweilte Hausfrauen selbst verschreiben.
Danke dass Sie sich mit dem Thema befassen! Ich höre viel
Deutschlandradio und freue mich jederzeit über gute Beiträge.
Mit freundlichen Grüßen
Noa |
Melanie schrieb nach der
Sendung:
Sehr geehrte Frau XXX,
vielen Dank für Ihre Antwort. Nachdem ich die Sendung am Sonntag gehört
habe, möchte ich Ihnen gerne eine Rückmeldung geben.
Zuerst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass sich der
Deutschlandfunk mit dem Thema ME beschäftigt hat.
Den Teil über die norwegische Rituximab-Forschung, sowie das Interview
mit Dr. Fluge und Frau Gjerpe, fand ich sehr gelungen. Zumal dies auch,
meines Erachtens nach, der Teil war, der angedeutet hat, dass es sich
wohl um eine ernste Erkrankung handelt.
Wie Sie mitgeteilt hatten, hatte die Redaktion schon im Vorfeld einige
Zuschriften bekommen, nachdem der Programmhinweis veröffentlicht worden
war. Leider muss ich sagen, dass sich die Befürchtungen der Erkrankten
als richtig erwiesen haben. Abgesehen von dem Abschnitt über die
Rituximab-Forschung hatte ich den Eindruck, es handele sich um eine ganz
andere Erkrankung, als ME.
Die Schwere der Erkrankung wurde leider nicht deutlich, ganz im
Gegenteil, es klang doch alles recht harmlos. Kein Wort zu den Menschen,
die seit Jahren als Pflegefälle vor sich hinvegetieren. Kein Wort dazu,
dass einige im abgedunkelten Zimmer vor sich hin existieren und unter
Umständen künstlich ernährt werden müssen. Kein Wort dazu, dass man in
Deutschland keine medizinische Grundversorgung erhält und viele
Angehörige mit der Pflege der Erkrankten allein gelassen werden. Das
selbst Kleinkinder daran erkranken und diese Familien zusätzlich noch
von Behörden und Ämtern regelrecht drangsaliert werden, wurde auch nicht
erwähnt.
Von daher wunderten mich einige unpassende Bemerkungen, welche nach der
Sendung auf der Facebook-Seite des Deutschlandfunk geschrieben wurden,
keineswegs. Trotzdem ist es als Betroffener immer wieder verletzend, so
etwas lesen zu müssen, zumal die Bedenken, dass die Erkrankung
verharmlost wird, schon im Vorfeld von einigen Erkrankten an Sie
herangetragen wurden.
Was ich ebenfalls sehr bedenklich fand, waren einige Aussagen von
Erkrankten. Die ersten Wortbeschreibungen „Schlapp. Verbraucht.
Hoffnungslos.“ fand ich sehr unpassend. Als dann auch noch das Wort
„Antriebslosigkeit“ in Zusammenhang mit ME gesagt wurde, fragte ich
mich, ob es in dem Beitrag wirklich um die Erkrankung ME geht. Zeitweise
dachte ich auch, als die Ausschnitte von der Tagung zu hören waren, es
handele sich um eine Sendung zum Thema „Kaffeefahrt“.
Für das, was die Erkrankten gesagt haben, und auch, was in den Vorträgen
der Fachtagung gesagt wurde, kann der Deutschlandfunk selbstverständlich
nichts.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass der Deutschlandfunk in Zukunft wieder
über die Erkrankung ME berichten wird. Am 30. Mai findet in London die
9. Internationale ME-Konferenz statt, auf der einige führenden
ME-Forscher aus aller Welt einen Vortrag halten werden. Leider findet
diese wichtige Konferenz in den deutschen Medien keine Beachtung. Wäre
dies vielleicht etwas für den Deutschlandfunk? Hier ist der Link zu
dieser Konferenz:
http://www.investinme.eu/home.html
Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Ich hoffe, dass meine Kritik nicht als
Angriff, sondern als Denkanstoß gesehen wird – denn als dieser ist er
gemeint.
Mit freundlichen Grüßen, |
|