Mitglied bei

 

  • Startseite

  • ME/CFS - was ist das?

  • Artikel des Monats

  • Kommentare des Monats 

  • Medienberichte

  • News

  • Broschüren zu Diagnose und Behandlung 

  • Häufig gestellte Fragen zu ME/CFS

  • Humor und Kreatives

  • Weiterführende Links

  • Impressum/Disclaimer

  • Spendenkonto

  •       

    Suche auf cfs-aktuell:

     

    Eine weitere Suchmöglichkeit besteht darin, z.B. bei www.google.de das Suchwort einzugeben und dann nach einem Leerzeichen den Zusatz site:www.cfs-aktuell.de

    Sie erhalten dann alle Seiten auf cfs-aktuell.de, auf denen der gesuchte Begriff vorkommt.

    Artikel des Monats
Januar 08 Teil III

    Informationsblatt zur kognitiven Verhaltenstherapie CBT

    von Ellen Goudsmit, Ph.D.

    Übersetzung von Regina Clos

    Das englischsprachige Original von 2004 finden Sie hier: http://freespace.virgin.net/david.axford/cbt-fact.htm

    Übersetzung und Reproduktion auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

    Gesamttext hier als pdf-Datei

    Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) ist eine Form der Psychotherapie, die sich auf die Veränderung bestimmter Gedanken und Verhaltensweisen konzentriert. Sie wurde ursprünglich entwickelt, um Patienten mit einer Depression zu helfen, aber sie erwies sich auch  bei der Behandlung von emotionalen Problemen von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie multipler Sklerose, Krebs, rheumatoider Arthritis und CFS/ME als hilfreich. Das Problem bei CBT ist, dass sie von einigen Leuten verdreht wird, indem sie behaupten, dass dies eine wirkungsvolle Behandlung der Erkrankung als ganzer sei - etwas, das durch nichts belegt ist - und andere wiederum nicht wahrheitsgetreu ihre Ziele und die zugrundeliegende Theorie darstellen. Hier finden Sie eine kurze Darstellung der eigentlichen kognitiven Verhaltenstherapie ohne den damit verbundenen Schwindel.

    CBT konzentriert sich hauptsächlich auf die Veränderung der Art und Weise unseres Denkens um die verständlichen Gefühle von Furcht, Unsicherheit, Depression und Ängsten, die mit einer Krankheit wie CFS/ME verbunden sind, abzuschwächen. Darüber hinaus werden die Patienten ermutigt, ihr Aktivitätsniveau zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie so viel wie möglich tun, ohne damit eine Verschlechterung der Symptome auszulösen. Es ist eine Möglichkeit, den betroffenen Menschen zu helfen, Entscheidungen zu treffen, z.B. über das Niveau ihrer Aktivität, sich an das zu halten, was ihr Körper bewältigen kann und Aktivität nicht zu vermeiden aus Angst vor einem schweren Rückfall oder aufgrund von unangemessenen Ratschlägen. 

    Nicht alle Patienten brauchen CBT, weil viele von ihnen die benötigten Informationen bereits von Kliniken, Selbsthilfeorganisationen, Büchern oder aufgeklärten Freunden erhalten. Aber nicht jeder hat Zugang zu solchen Quellen, und es kann auch sein, dass die Informationen von Freunden oder aus Büchern nicht verlässlich sind. Und sogar Patienten, die ihre Erkrankung bereits seit vielen Jahren erfolgreich bewältigen, haben Phasen, in denen die Chronizität, das Wesen der Erkrankung als solcher oder die Schwere der Symptome zu einer Depression führt, die dann ihre Erschöpfung noch verstärkt. 

    In solchen Fällen müssen wir ehrlich zu uns selbst sein und die Unfähigkeit, mit den Symptomen fertig zu werden, nicht als Charakterschwäche betrachten. CFS/ME kann äußerst lähmend und behindernd sein. Es handelt sich nicht um eine vorübergehende Unannehmlichkeit, mit der jeder zu jeder Zeit fertig werden sollte. Geduld und Verständnis reichen nicht immer aus. Wenn Sie ein Problem haben, das Sie aus der Fassung bringt und deprimiert und Sie es nicht selbst lösen können, warum sollten Sie dann still vor sich hin leiden? Wenn jemand ein Bein gebrochen hat, dann sucht er sich medizinische Hilfe. Wenn jemand eine komplexe, chronische Erkrankung hat und das Leid einfach zu groß wird, dann sollte er nicht zögern, die Hilfe eines informierten Therapeuten in Anspruch zu nehmen und zu akzeptieren.

    Sie können folgendes erwarten, wenn man Ihnen CBT anbietet:

    CBT kann mit Graded-Exercise-Therapie (GET) kombiniert werden, bei der die Therapeuten zu einer allmählichen Steigerung der Aktivität nach einem vorher festgelegten Plan raten oder zum sogenannten Pacing, bei dem sich das Ausmaß an Aktivität hauptsächlich an den zur Zeit bestehenden Symptomen orientiert.

    CBT ist eine stark strukturierte Form der Intervention, und die Therapeuten folgen dabei festgelegten Richtlinien. Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit aufgefordert, ein Tagebuch zu führen und quälende Gedanken und Gefühle aufzuschreiben, um sie dann in der nächsten Therapiestunde zu besprechen. Dabei werden dann alternative Möglichkeiten besprochen, mit Schwierigkeiten fertigzuwerden, und es kann sein, dass Sie neue Techniken erlernen, mit bestimmten Situationen oder Symptomen umzugehen.

    CBT ist eine relativ kurze und zeitbegrenzte Therapie. Die durchschnittliche Zahl der Sitzungen, die Patienten gewährt wird, liegt bei nur 16 Stunden. Andere Formen der Therapie wie etwa eine Psychoanalyse dauern wesentlich länger.

    CBT ist keine Beratung, auch wenn der Therapeut beratend eingreifen kann, wenn er/sie es für angebracht hält. Ebenso ist CBT kein erstes Instrumentarium zur Information, mit dem den Patienten gezeigt werden kann, wie sie mit ihrer Erkrankung umzugehen haben. CBT ist nicht dasselbe wie das Erlernen von Coping-Techniken oder Krankheitsmanagement-Programmen, die auf einer anderen Theorie beruhen und hauptsächlich als Hilfe für frisch diagnostizierte Patienten gedacht sind.

    Die der CBT zugrundeliegenden Vorstellungen

    CBT beruht auf zwei Hypothesen. Die erste geht davon aus, dass die Ursachen des CFS unbekannt sind und dass ein besseres Verständnis der Symptome und der Bewältigungsmöglichkeiten zu einer gewissen Verbesserung der Lebensqualität führen kann. Die zweite Hypothese beruht auf der Annahme, dass der Großteil der Symptomatik in der chronischen Phase vorwiegend das Ergebnis dysfunktionaler Gedanken und Verhaltensweisen ist. 

    Nach dem CBT-Modell des CFS erhalten und verschlimmern diese Gedanken und Verhaltensweisen die Krankheit, indem sie zum Beispiel den Stress erhöhen. (Die Ausschüttung von Stresshormonen untergräbt das Immunsystem, und es gibt auch noch unmittelbarere Auswirkungen von Stress auf den Schlaf, die Verdauung und andere Funktionen.) Als wichtigstes dysfunktionales Verhalten wird die Vermeidung von Aktivität betrachtet, die dazu führt, dass die Menschen körperlich unfit (dekonditioniert) werden und sich damit auf immer niedrigerem Anstrengungsniveau bereits müde fühlen. 

    Dieses Modell sagt voraus, dass die Patienten die Symptome als Zeichen einer andauernden Erkrankung interpretieren und deshalb noch weniger aktiv werden. Das führt zu Depressionen, die ihrerseits die Erschöpfung verstärkten, und setzt damit einen Teufelskreis in Gang. Ein Teil der Behandlung besteht darin, die Patienten davon zu überzeugen, dass jegliche Erschöpfung nicht das Ergebnis einer Virusinfektion oder einer neurologischen Erkrankung ist und dass sie aktiver werden können, selbst wenn sie erschöpft sind.

    Die erste Hypothese erscheint im Angesicht unseres begrenzten Wissens über das CFS/ME vernünftig. Aber wie die Experten, die die kanadischen Ärzte beraten, beobachtet haben, ist die zweite Hypothese sehr viel stärker mit Wertungen behaftet, und ihre Annahmen stehen im Widerspruch zu einigen der Forschungsergebnisse, über die wir jetzt verfügen. 

    Diese Forschungsergebnisse besagen, dass die Ignoranz gegenüber der nachgewiesenen biologischen Pathologie der Erkrankung oft dazu geführt hat, dass die Patienten für selbst schuld an ihrer Erkrankung erklärt werden und ihnen medizinische Unterstützung und Behandlung vorenthalten wird. Man hat auch herausgestellt, dass sich die Theorie zu stark auf Vermutungen stützt, wie beispielsweise den bislang unbewiesenen Zusammenhang zwischen Mangel an Fitness und Erschöpfung sowie die Vorstellung einer bei allen Betroffenen vorliegenden Reaktionsweise, d.h. dass jeder mit CFS/ME in genau der gleichen, dysfunktionalen Art und Weise reagiert. 

    Um es kurz zu fassen - diese Hypothese ist in hohem Maße vereinfachend, und reduziert CFS/ME auf nur wenig mehr als Erschöpfung und auf Symptome, die als Folge von Stress und Mangel an körperlicher Fitness entstehen. Diese Hypothese kann die somatischen (körperlichen) Symptome wie die Unverträglichkeit gegenüber Alkohol, den Schwindel oder anfallsartige Erfahrungen nicht erklären. Und sie übersieht die Tatsache, dass unterschiedliche Menschen auf die gleichen Symptome unterschiedlich reagieren.

    Im Hinblick auf wissenschaftliche Belege wurden in den Studien zu CBT im allgemeinen außer den Symptomen der Erschöpfung und emotionalem Leiden keinerlei Symptome gemessen. Es ist deshalb vollkommen unklar, wie wirksam CBT bei Patienten mit immunologischen und neurologischen Problemen ist. 

    Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass, obwohl die meisten Therapeuten CBT mit GET kombiniert haben, objektive Messungen nicht zeigen konnten, dass es im Durchschnitt zu einer bedeutsamen Steigerung des Aktivitätsniveaus gekommen ist. Folglich gibt es keinen Grund anzunehmen, dass es mit irgendeiner Steigerung des Aktivitätsniveaus oder der Fitness zusammenhängt, wenn sich 50-70% der Patienten mit einem sehr breit definierten CFS nach der Behandlung tendenziell besser fühlen. Nach den Aussagen von Professor Fred Friedberg kann es auch sein, dass die Patienten tatsächlich nur gelernt haben, ihre Aktivität besser in kleine Schritte einzuteilen [Stichwort: Pacing, d.Ü.].

    Die Forschung hat darüber hinaus gezeigt, dass CBT nicht wirkungsvoller ist als Beratung. Mit anderen Worten: viele Patienten mit andauernder Erschöpfung scheinen zwar von CBT zu profitieren, aber selbst für sie ist sie kein Heilmittel, und es ist möglicherweise nicht der wirkungsvollste Weg, Patienten dabei zu helfen, mit den emotionalen Aspekten ihrer Erkrankung fertig zu werden.

    Weitere Informationen zur kognitiven Verhaltenstherapie finden Sie hier in englischer Sprache

    ***************

    Anm.d.Ü:

    Oder in deutscher Sprache hier bei Wikipedia:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Verhaltenstherapie

    Ein gerade erschienenes Buch mit dem Titel "Psychological Management of Physical Disabilities", das von der Autorin empfohlen wurde, soll hier nicht unerwähnt bleiben. Für den interessierten Leser bietet es sicher Ansätze für eine humane, sinnvolle psychotherapeutische Begleitung körperlicher Erkrankungen:

    Psychological Management of Physical Disabilities

    A Practitioners's Guide

    Edited by Paul Kennedy

    published by Routledge, Kanada and USA, 2007

    Sie können das Buch z.B. bei www.amazon.de unter dieser Adresse bestellen.