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     Artikel des Monats Januar 2010 Teil 3

    Verlorene Zeit - "Leben" mit ME/CFS

    Neuer Blogspot einer ME/CFS-kranken jungen Frau

    Mit einer klaren, eindrucksvollen Sprache beschreibt eine junge Frau, Nina, wie ME/CFS sie aus einem aktiven, erfolgreichen Leben herauswarf, sozusagen von jetzt auf gleich. Wer immer noch glaubt, ME/CFS sei eine harmlose Befindlichkeitsstörung, der sollte diesen Blog lesen. Oder jenen zu lesen geben, die meinen, man solle sich als Betroffene(r) mal ein bisschen zusammenreißen, dann würde das schon wieder.

     Besuchen Sie diese Website: http://verlorene-zeit.blogspot.com/ und verfolgen Sie alle neuen Einträge.

    Kaum ein anderer Bericht, den ich über das "Leben" mit ME/CFS kenne, macht so eindrucksvoll klar, was es heißt, mit CFS/ME zu "leben", wie zerstörerisch diese Krankheit sein kann, welche Verheerungen sie nach sich zieht, und mit welch bewundernswerter Kraft Betroffene ihr Schicksal meistern, jeden Tag kämpfen, ohne zu jammern und ohne den Mut und die Hoffnung auf ein besseres Leben, gar eine Heilung zu verlieren.

    Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus dieser Website - Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. R.C.

     

    Meine Geschichte

    Leben mit CFS bedeutet, die Erfahrung zu machen, dass "Wollen" manchmal nicht genug ist.

    Wie viele andere erinnere auch ich mich genau an den Tag, an dem ich krank wurde. Möglicherweise war es auch nur der Tag, an dem es offensichtlich wurde dass ich schon länger krank war.

    Ich war eine normale, zufriedene 27-jährige. Mit beiden Beinen fest im Beruf, einer glücklichen Beziehung, Hobbies und Spaß am Leben. Wie hätte ich ahnen können, dass ich fast alles innerhalb kürzester Zeit verlieren sollte? All das, und noch vieles mehr, was ich als selbstverständlich hingenommen hatte?

    Nach einem grippalen Infekt, der mich einige Wochen begleitete, kamen plötzlich immer mehr Symptome hinzu. Den Anfang machten Schwindelattacken, Muskelzuckungen, komaartige Müdigkeit, ein schreckliches Benommenheitsgefühl. Bald darauf bemerkte ich zunächst beim Sport, dass meine Leistungsfähigkeit stark nachließ. Ich bekam Kreislaufprobleme, Herzstolpern, plötzliches Herzrasen.

    Irgendwann fiel mir auf, dass ich an den Tagen nach meinem Tanztraining besonders schlecht dran war. Aber welcher Mensch hat in seinem Leben schonmal etwas von "post-exertional malaise", also einer Symptomverstärkung nach Anstrengung gehört? Bestärkt von meinem Hausarzt, versuchte ich den Abwärtstrend mit dem Motto "Zähne zusammenbeißen" aufzuhalten. Für wenige Wochen gelang es mir, weiterhin arbeiten zu gehen und zweimal die Woche zu trainieren, oft im wahrsten Sinne bis zum Umfallen.

    Das ging nicht lange gut, und das Symptom, dass sich langsam aber sicher als das mit Abstand stärkste und schlimmste herauskristallisierte war eine totale körperliche Schwäche.

    Nur wenige Wochen nach dem Auftreten der ersten Symptome war ich bereits zu schwach, einen ganzen Tag lang auf einem Stuhl zu sitzen. Kurz darauf konnte ich nicht mehr länger als 3-4 Minuten stehen. Jegliche Überschreitung dieser engen Grenzen rächte sich mit noch größerer Schwäche. Dazu kamen nach ungefähr einem Jahr Parästhesien der Beine: Ein permanentes starkes Kribbeln und Brennen, das mich oft beinahe um den Verstand bringt.

    Doch noch immer hatte ich die Natur meines Feindes nicht wirklich verstanden. Unzählige Arzttermine, Krankenhausaufenthalte und alternativer Behandlungsversuche später hatte ich noch immer keine Ahnung, was mit mir los war. Der anfänglich geäußerte Verdachte auf eine Muskelerkrankung kam mir immer unwahrscheinlicher vor. Meine Schwäche bezog sich nicht nur auf die Muskeln, es fühlte sich so an, als wäre meinem Körper der Hauptenergiehahn zugedreht worden.

    Was jedoch ungebrochen war: Mein Wille, der Sache auf den Grund zu kommen. Ich rechnete praktisch jede Minute damit, dass sich die Sache von selbst erledigen würde, oder dass Hilfe nicht weit war.

    Obwohl ich mir sicher war, dass die Psyche nicht der Auslöser meines Dilemmas war, begab ich mich auf Anraten eines Arztes in eine Psychotherapie, versuchte es sogar mit Antidepressiva. Doch auch die Therapeutin war sich sicher, dass etwas mit meinem Körper ganz und gar nicht in Ordnung war.

    Eines Tages las ich auf einer Internetseite Berichte von CFS-Erkrankten. Obwohl sich die Berichte untereinander deutlich unterschieden, entdeckte ich doch unzählige Gemeinsamkeiten, vor allem einen gemeinsamen Nenner, der für mich heute zum Leitsymptom des CFS zählt: Die Zustandsverschlechterung nach Anstrengung.

    Ich wünschte mir, dass ich einen Arzt gehabt hätte, der mir von Anfang an den richtigen Rat gegeben hätte, nämlich unbedingt auf meine Grenzen zu achten, und sie nicht mit Gewalt immer wieder zu überschreiten. Mir hätte wahrscheinlich einiges erspart bleiben können.

    Unfgefähr ein Jahr nach Krankheitsbeginn erreichte mein Zustand einen neuen Tiefpunkt. Ich konnte nur noch im Bett liegen, selbst lesen, fernsehen, reden oder Licht strengten mich unglaublich an. Wenn mein Mann mir das Essen ans Bett brachte, kamen mir die Tränen, weil ich nicht wusste, wie ich die Kraft zum Aufsitzen und zum Essen aufbringen sollte. Wir kauften mir einen Bettsitz und eine Trockenhaube, mit der ich im Bett meine Haare trocknen konnte. Zum Zähneputzen musste man mir alles ans Bett bringen. Zur Toilette konnte ich nur kriechen oder getragen werden. Ich vertrug viele Nahrungsmittel nicht mehr. Auf die Schmerzmittel gegen meine Migräneanfälle, die ich schon seit Kindheitstagen hatte, reagierte ich ebenfalls mit heftigen Beschwerden.

    Nach wenigen Monaten besserte sich mein Zustand wieder leicht, so dass ich wieder tagsüber alleine in der Wohnung sein konnte. Mehr als mir selbst etwas zu trinken zu holen oder mir ein Brot zu schmieren war allerdings seitdem nie mehr möglich.

    Heute bin ich zu 95% ans Haus gebunden. Ich benötige für alle Aktivitäten ausser Haus einen Rollstuhl. An den meisten Tagen fehlt mir selbst die Kraft, mit Rollstuhl mein Haus zu verlassen, obwohl ich das Leben "draußen" jeden einzelnen Tag vermisse. Sobald es die Kraft zulässt, möchte ich ins Grüne fahren, oder ganz selten vielleicht mal in ein Café sitzen. Ich muss anschließend immer für solchen "Luxus" bezahlen, aber ohne ihn wäre das Leben nicht mehr lebenswert.

    Trotz alledem gebe ich die Hoffnung niemals auf. Ich weiß inzwischen, dass CFS eine physische, von etlichen Ärzten und vor allem Forschern anerkannte Krankheit ist, und dass weltweit Millionen Menschen unter ihr leiden.

    Dass viele deutsche Ärzte nach wie vor die Augen vor dem Stand der Wissenschaft verschließen und den Patienten eine angemessene Betreuung verweigern, ändert daran nichts.

    Dieser Blog soll vor allem Mut machen, wir alle können und werden an dieser Situation etwas ändern! Wir sind nicht allein.

    Alles Liebe,
    eure Nina

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    http://verlorene-zeit.blogspot.com/