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Dr. Lorenzo Lorusso
begann seinen Vortrag mit der Darstellung des CFS/ME und
seiner Prävalenz gemäß der NICE-Guidelines* des britischen
Gesundheitssystems NHS. Er bezog sich auf die vermutlichen
Krankheitsmechanismen und die Probleme bei der Diagnose
sowie auf die Tatsache, dass das Krankheitsbild relativ
unbekannt ist. Lorusso war in seiner Darstellung relativ
unkritisch gegenüber diesen NICE-Guidelines, insbesondere
den dort empfohlenen Behandlungsansätzen von kognitiver
Verhaltenstherapie und steigender körperlicher Belastung.
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Es gäbe vier
Patientenorganisationen in Italien, von denen eine jedoch nur in
Form einer Website aktiv ist. Weiterhin zählte er 11 klinische
Zentren in Italien auf, in denen ME/CFS-Patienten behandelt werden,
zwei davon mit stationärer Behandlung, 9 mit ambulanter Behandlung.
Welche Behandlungsansätze dort verfolgt werden, stellte er jedoch
nicht dar.
Er bezog sich dann auf vier
verschiedene Krankheitsdefinitionen, die von Melvin Ramsay von 1981
über die Fukuda-Definition von 1994 bis zur Kanadischen
Konsensdefinition von 2003. Er beschrieb die Wege der Diagnose, mit
der andere Krankheiten ausgeschlossen werden sollen, die für die
Erschöpfungsproblematik verantwortlich sein könnten. Dann könne man
eine Einteilung in idiopatische chronische Erschöpfung und Chronic
Fatigue Syndrome vornehmen. Unklar blieb, inwieweit dieses Vorgehen
auch von den Vortragenden selbst verfolgt wurde.
Konkreter waren die Angaben über
die Klinik in Pavia. Dort hat man 87 Patienten gehabt, bei denen der
Erkrankungsbeginn in allen Altersgruppen lag, auch unter 10 und über
50 Jahren. Das Verhältnis von Frauen zu Männern betrug 4:1. Sie
fanden bei zwei Dritteln EBV-Infektionen, bei einem Drittel
HHV-6-Infektionen, wobei ein Drittel der Patienten beide Viren hat,
weiterhin fanden sie bei einem geringen Prozentsatz Borna-Viren und
Lyme-Borreliose. Viele Patienten leiden unter Allergien,
Intoleranzen oder Autoimmunerkrankungen, relativ viele haben
Angehörige mit den gleichen Erkrankungen.
Lorusso zitierte verschiedene
Studien zur pharmakologischen Behandlung der Erreger sowie
symptomatische Behandlungsmöglichkeiten und nicht-pharmakologische
Behandlungsansätze. Lorusso gab nur einen Literaturüberblick hierzu,
machte jedoch keine Angaben über ihre eigenen Behandlungsansätze und
mögliche Erfolge. Er sagte lediglich, dass sich kognitive
Verhaltenstherapie und Graded-Exercise-Therapie als hilfreich
erwiesen hätten und bezog sich dabei wieder auf die britischen
NICE-Guidelines.
Man müsse in Zukunft
zusammenarbeiten, um Fortschritte zu erzielen.
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Prof. Enrica Capelli
berichtete über die italienische XMRV-Studie, bei der sie 47
CFS-Patienten und 53 Kontrollpersonen aus Norditalien auf XMRV
untersucht haben. Dazu haben sie das periphere Blut mit PCR
untersucht, für die sie Primer für die gag- und env-Sequenzen des
Retrovirus hatten. Es wurde nicht angegeben, ob sie dabei weiße
Blutzellen oder das zellfreie Blutplasma untersucht haben oder ob
sie vor Untersuchungsbeginn die Proben aktivieriert haben. Insofern
sind die Untersuchungsmethoden und ihre Verlässlichkeit schwer zu
beurteilen.
Im Ergebnis wurden zwei der 47
Patienten positiv auf XMRV getestet (gag und env). Bei den gesunden
Kontrollen fand man kein XMRV. Sie seien sich aber nicht sicher, ob
ihre Ergebnisse die tatsächliche Prävalenz in Italien widerspiegeln.
Dazu müssten weitere Studien durchgeführt werden. Dann erwähnen sie
noch den möglichen Zusammenhang zwischen XMRV und Krebs sowie einige
der Positiv- und Negativstudien in USA und Europa. Man müsse noch
größere epidemiologische Studien durchführen, um die wahre Prävalenz
des XMRV bei CFS und in der Allgemeinbevölkerung herauszufinden.
*(Diese NICE Guidelines werden
von den Patientenorganisationen in Großbritannien äußerst kritisch
betrachtet und in ihren Therapieempfehlungen abgelehnt, weil sie
weitgehend auf den Vorstellungen britischer Psychiater beruhen, dass
ME/CFS eine psychogene Erkrankung sei, die mit kognitiver
Verhaltenstherapie und steigender Aktivität zu behandeln sei. R.C.) |