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Artikel des Monats Januar 2014 Teil
2Interviews mit dem Kinderarzt Dr. Nigel Speight
Wissenschaft für die Patienten
Seminar 29: Was ist ME und was ist CFS?
Seminar 30: Diagnostische Instrumentarien für ME
der ME/CVS Vereniging (Niederlande)
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Vorbemerkung: Dr. Nigel Speight hat etwa 30 Jahre Erfahrung in der Behandlung von Kindern mit ME und war als Facharzt für Pädiatrie für das University Hospital von North Durham in Großbritannien tätig. Er ist immer noch ein leidenschaftlicher Fürsprecher für Kinder mit ME, die von Sozialbehörden mit der Herausnahme aus ihren Familien bedroht werden. Abgesehen von vielen Vorträgen, die er überall hielt, spielte er eine wichtige Rolle in dem Dokumentarfilm Voices from the Shadows. Wenn Sie zu diesem Interview Fragen haben, bitte schreiben Sie diese an diese E-Mail-Adresse: wvp@me-cvsvereniging.nl Es ist gestattet, alle Transkripte des Projektes Wetenschap voor Patiënten (Wissenschaft für die Patienten) weiterzuverbreiten, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, dass die Quelle klar und deutlich angegeben wird: ME/cvs Vereniging, http://www.me-cvsvereniging.nl/ Übersetzung ins Deutsche: Regina Clos, Text deutsch hier als pdf-Datei, Text englisch hier als pdf-Datei |
Seminar 29: Was ist ME und was ist CFS?
Dr. Nigel Speigt, beratender Facharzt für Pädiatrie (Kinderheilkunde)
Sendung vom 14. Januar 2014
Wie kam es, dass Sie sich für Patienten mit ME engagieren?
Ich bin Dr. Nigel Speight. Ich bin Kinderarzt und habe im Nordwesten Englands gearbeitet. In mehr als 25-30 Jahren pädiatrischer Praxis habe ich großes Interesse an ME/CFS bei Kindern entwickelt. Ich habe am Ende über 500 oder 600 Patienten im gesamten Land gesehen, und ich kümmere mich immer noch um sie.
Anfangs, als ich mich als beratender Facharzt qualifiziert hatte, wusste ich nichts über ME, und ich habe gehört, wie sich meine Kollegen negativ über erwachsene Patienten mit ME äußerten. Einer meiner Kollegen sagte: „Das sind alles Verrückte.“ Und dann habe ich ein 14-jähriges Mädchen in einem Rollstuhl aufgesucht. Sie sagte mir, sie habe ME, und ich bat sie, mir zu erzählen, wie es ihr geht. Und ich stellte fest, dass ihre Symptome so authentisch waren, dass ich ihr einfach glauben musste. Als sich herumsprach, dass ich ME für real halte, hat man mir viele Patienten geschickt.
Was ist ME?
Wir verstehen ME noch nicht gut genug, um es als definitive, klar umgrenzte Krankheit zu bezeichnen. Deshalb beschreibt man ME am besten als ein klinisches Syndrom. Ein klinisches Syndrom ist eine Ansammlung von Symptomen und Anzeichen, die durchgängig auftreten. Man sieht sie immer wieder, und dann kann man sagen: „Ja, das passt in ein Muster.“ Deshalb ist ME momentan ein klinisches Syndrom, das immer noch unzureichend verstanden wird und das aus diesem Grund leider ziemlich umstritten ist.
Was sind die Hauptmerkmale des ME?
Das Kardinalsymptom des ME ist die übermäßige Erschöpfung und Erschöpfbarkeit. Das ist nicht einfach Müdigkeit oder Ermattung. Es ist Ermattung, aber die wird durch körperliche oder geistige Belastung schlimmer. Es ist diese Zustandsverschlechterung nach Belastung, die das entscheidende klinische Merkmal ist. Es gibt eine Menge zusätzlicher Symptome, die allgemein anerkannt sind, und das können bis zu zwanzig verschiedene Symptome sein, die alle ziemlich typisch sind. Aber dieses Kardinalsymptom ist das zentrale Merkmal, und das unterscheidet ME von einfach nur schlechtem Gesundheitszustand infolge anderer Krankheiten.
Was ist CFS?
Hier gibt es ein Problem. Manche Leute betrachten das Chronic Fatigue Syndrom und ME als die gleiche Krankheit, und ich persönlich denke, es ist sinnvoll, das anzunehmen. Aber das Problem ist, dass einige der Definitionen von Chronic Fatigue Syndrom, die von gewissen Leuten aufgestellt wurden, Menschen einschließen, die beispielsweise eine Depression, aber kein echtes ME haben. Und das kann zu der Kontroverse und dem Streit über die Ergebnisse einzelner Studien beigetragen haben. Aber im Allgemeinen ist es durchaus solide, die beiden Begriffe als fast deckungsgleich und synonym zu verwenden.
Erfasst der Begriff “ME” die Krankheit?
Ich glaube, einer der Vorteile, den Begriff ME oder Myalgische Enzephalomyelitis zu verwenden besteht darin, dass es ein sehr überzeugender Name ist, der auf eine körperliche, organische Krankheit hinweist. Deshalb bevorzugen die meisten Patientengruppen sehr stark den Begriff ME als die Bezeichnung ihrer Krankheit. Und im Unterschied dazu ist der Begriff „Chronic Fatigue Syndrom“ nach Meinung vieler Menschen ziemlich schönfärberisch und nicht sehr solide und kann zu Unglauben und mangelnder Unterstützung der Patienten führen, die einfach nur dieses Etikett bekommen. Und ich neige zu der Erkenntnis, dass Ärzte, die den Begriff ME verwenden, bessere Fürsprecher für ihre Patienten sind und dass sie bei ihren Patienten beliebter sind als solche, die den Begriff Chronic Fatigue Syndrom verwenden.
Seminar 30: Diagnostische Instrumentarien für ME
Dr. Nigel Speigt, beratender Facharzt für Pädiatrie (Kinderheilkunde)
Sendung vom 14. Januar 2014
Wie sollte man ME diagnostizieren?
Wie man ME diagnostizieren sollte? Prinzipiell sollte die Diagnose auf der Basis einer sehr, sehr sorgfältigen Erhebung der Krankengeschichte gemacht werden. Das kann tatsächlich bis zu einer Stunde dauern, weil die Patienten so viele komplizierte Symptome haben. Gerade weil es für diese Krankheit keinen Test gibt, ist deshalb die sehr sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte das absolut wichtigste Instrumentarium zur Diagnosestellung. Es ist also eine Diagnose, die wir als klinische Diagnose bezeichnen, unter dem Strich beruhend auf einer Wahrscheinlichkeit, ohne dass wir gegenwärtig solide bestätigende Tests zur Verfügung hätten.
Welche diagnostischen Tests sollten durchgeführt werden?
In der Kinderheilkunde ist das diagnostische Bild relativ klar. Es gibt weit weniger Differentialdiagnosen als bei Erwachsenen, und wie ich bereits sagte, ist die sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte der wichtigste Weg, gegebenenfalls eine positive klinische Diagnose zu stellen. Und der Grund dafür, Tests durchzuführen, besteht lediglich darin, andere Krankheiten auszuschließen, die so ähnlich aussehen wie ME. In der pädiatrischen Praxis gibt es nicht viele Krankheiten, die dem ME sehr ähnlich sind.
Was sind die hauptsächlichen Krankheiten, die man bei ME ausschließen muss?
Wenn man die Diagnose eines ME stellt, muss man ganz klar an andere Möglichkeiten denken und eine Differentialdiagnose durchführen. In der Pädiatrie ist die Lage gewöhnlich ziemlich eindeutig, aber auf der klinischen Ebene kann man einfach auch nur in Betracht ziehen, ob es da etwas Untypisches gibt. Ich habe Fälle gesehen, die man mir mit der Diagnose ME geschickt hat, bei denen sich dann herausstellte, dass das Kind einen Gehirntumor hatte. Sie haben möglicherweise Mysthenia gravis, sie könnten die Addison-Krankheit (Nebennierenrindeninsuffizienz) haben, alle diese Krankheiten sind sehr selten, und ME ist vergleichsweise recht häufig. Aber eine Routinetestung und eine ordentliche klinische Vorgehensweise sollten helfen, die Situation zu klären.