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Artikel des Monats Juli 2011 Teil 1 Invest in ME Konferenz – London -Mai 2011 Ein Bericht von Rosamund Vallings Das Original finden Sie hier bzw. als pdf-Datei hier. Die Ergänzungen stammen aus verschiedenen Quellen. Eine Auflistung der Vorträge, die Bestellmöglichkeit für eine Videoaufzeichnung, das Programmheft für die Konferenz sowie eine ausführliche Bildergalerie finden Sie hier. Ich hatte das Privileg, an der Invest in ME Konferenz am 20. Mai 2011 in London teilnehmen zu dürfen. Einige Veranstaltungen am Tag davor bildeten den Auftakt der Konferenz. Am Morgen war ich eingeladen, zusammen mit einer Delegation im britischen Parlament einige Parlamentarier und die Countess of Mar aus dem britischen Oberhaus zu treffen. Die Countess of Mar setzt sich seit langem für ME/CFS-Patienten ein. Die Sitzung wurde von Annette Brooke, der Parlamentsabgeordneten für Mid Dorset und North Poole, geschickt geleitet, und mehrere Parlamentsabgeordnete nahmen teil, um sich unsere Sorgen anzuhören. Die Delegation bestand aus zahlreichen internationalen Gästen, und wir hatten alle die Möglichkeit, uns zu äußern.
Bild oben: Rosamund Vallings, Autorin dieses Berichts, ist die Dame mit der Brille, Mitte. Links Judy Mikovits im Gespräch mit Annette Whittemore. Warten auf Einlass zur APPG ME/CFS im britischen Parlament. Bild unten: Die APPG tagt. v.l.n.r.: Rosamund Vallings, Andreas Kogelnik, Malcom Hooper, Countess of Mar, Herr unbekannt, Annette Brooke, Judy Mikovits, eine Dame von der Action for ME, Annette Whittemore, David Bell
Judy Mikovits im Gespräch mit Annette Brooke, der Vorsitzenden der APPG, und der Dame von der Action for ME. Rechts im Bild: zwei Parlamentarier schauen sich das Buch "Lost Voices" an. Am Nachmittag trafen sie die Spitzenforscher, die bei der Konferenz Vorträge hielten, zusammen mit einigen anderen Teilnehmern, um ihre derzeitigen Forschungsarbeiten zu besprechen und nach Möglichkeiten für eine ständige Zusammenarbeit zu suchen. Es handelte sich hierbei um eine „geschlossene Veranstaltung“, aber ich hatte das Glück, als Beobachterin teilnehmen zu dürfen. Vieles von dem, was bei diesem Treffen ausgetauscht wurde, darf hier noch nicht wiedergegeben werden, da die Forschungsergebnisse zuerst noch publiziert werden müssen. Wir konnten jedoch einen faszinierenden, 30-minütigen Vortrag von Professor Burnstock über seine Theorien und seine Forschung über purinerge Signalwege anhören, der am nächsten Tag bei der Konferenz wiederholt wurde (siehe unten). Ich war froh, diesen Vortrag zweimal anhören zu können, da er sich um komplexe biochemische Zusammenhänge drehte. Was er vortrug, könnte für ME/CFS eine große Bedeutung haben. Alle an diesem Nachmittag versammelten Forscher waren sehr daran interessiert, im Kontakt zu bleiben, um eine Zusammenarbeit aufzubauen. Am Abend gab es zwei Vorträge – der erste von Professor Ian Gibson, einem langjährigen Befürworter der Erforschung des ME/CFS. Es tat gut, über die Entwicklung der Forschung und einem klinischen Zentrum zu hören, das mit der Universität Norwich und dem dortigen Krankenhaus verbunden ist. Der zweite Vortrag kam von Hillary Johnson, der Autorin des Buches „Osler’s Web“. Sie umriss die Geschichte des ME/CFS aus der politischen Perspektive. Beide Vorträge waren gespickt mit Humor und Leidenschaft und boten uns eine gute Einführung für die harte Wissenschaft am kommenden Tag.
Professor Ian Gibson, Hillary Johnson.
Die Hauptkonferenz wurde am Freitag, dem 20. Mai 2011 von Professor Malcom Hooper eröffnet.
Professor Malcom Hooper und Annette Whittemore. Das Leitmotiv der Konferenz wurde durch die Rede von Annette Whittemore, der Präsidentin des Whittemore Peterson Institutes in Nevada gesetzt. Ihr Institut für neuro-immunologische Krankheiten ist jetzt mit Verwaltung, Forschung und klinischer Arbeit im Betrieb. Ärzte und Forscher arbeiten dort, und bei der Diagnose und Behandlung des ME/CFS verfolgt man einen systembiologischen Ansatz, dessen Ziel es ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Behandlung der Patienten zu übertragen. Sie erklärte, wie diese Krankheit mit ihren schweren und lähmenden Symptomen zahlreiche Herausforderungen darstellt. Sie verglich sie unter dem Aspekt der Forschungs-Finanzierung und der symptomatischen und biomedizinischen Unterschiede mit multipler Sklerose. Es gibt Unterschiede, aber auch zahlreiche Gemeinsamkeiten. MS wird normalerweise mit Hilfe eines bildgebenden Untersuchungsverfahrens des Gehirns diagnostiziert. Sie stellte die Frage, ob ME eine Autoimmun- oder eine Infektionskrankheit sei. Zahlreiche Erreger zieht sie nach sich, darunter Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten. Sie verglich dann ME/CFS mit der HIV-Infektion und beschrieb erneut zahlreiche Ähnlichkeiten. Der Hauptunterschied besteht hier darin, dass HIV sexuell übertragen wird und es bislang noch keine Belege für eine sexuelle Übertragung bei ME/CFS gibt. Als das WPI mit seiner Erforschung des ME/CFS begann, suchte man zunächst nach Herpesviren, und dann suchte man schließlich nach Retroviren. Dabei wurden zahlreiche Bestimmungsverfahren eingesetzt. Die Frage der Kontamination ist aufgekommen, aber es ist unwahrscheinlich, dass XMRV eine Kontamination ist, da es sich eindeutig um ein humanes Virus handelt. Es wird mit Krebs in Verbindung gebracht. Die Laborprotokolle zur Vermeidung von Kontamination sind streng und genau. Annette Whittemore hat den Eindruck, dass es jetzt viele Möglichkeiten für die Forschung gibt und hofft, dass der systembiologische Ansatz Antworten liefern wird. Es werden Behandlungspläne entwickelt, um das Immunsystem zu unterstützen, Erreger abzutöten und die biochemischen und hormonellen Anomalien zu korrigieren. Sie betonte die Wichtigkeit der Weiterbildung der Mediziner, der Entwicklung möglicher Medikamente und die Errichtung weiterer Zentren. Sie plädiert sehr dafür, dass die Regierung klinische Zentren zur Behandlung finanziert und ermutigt alle, sich dafür einzusetzen.
Die Konferenz konzentrierte sich dann auf die klinischen und die Forschungsstudien:
David Bell, rechts mit Richard Simpson von Invest in ME. David Bell (Lyndonville, New York, USA) stellte seine Arbeit über die 25-jährige Verlaufsstudie der jungen Menschen, die in dem ursprünglichen Clusterausbruch erkrankt waren, der seine Forschungsarbeit ausgelöst hatte. Er beschrieb den Ausbruch im Jahr 1985, der eine kleine ländliche Gemeinde südlich von Toronto heimgesucht hatte. 210 Patienten erholten sich nach einer grippeähnlichen Erkrankung nicht mehr. Die Zahl der insgesamt Erkrankten war sehr viel höher, aber sie hatten sich innerhalb von 6 Monaten wieder erholt. Diejenigen, die krank geblieben waren, wurden schließlich als ME/CFS-Patienten diagnostiziert. 60 von ihnen waren damals Kinder und Jugendliche. Die Follow-up-Studie, die er nach 13 Jahren durchgeführt hatte, wurde im Journal of Paediatrics veröffentlicht. 80% von ihnen sagten damals, dass es ihnen gut gehe. Die Hälfte davon hatte immer noch Symptome, führte aber ein einigermaßen normales Leben. Die andere Hälfte schien gesund zu sein. 20% waren noch immer krank und waren „behindert“. Er fragte sich im Anschluss an diese Studie: „Wie soll man Erholung definieren?“ „Ist es die Abwesenheit von Symptomen oder ist es Anpassung?“ Wenn die Antwort „Anpassung“ lautet, dann führt das zu Verwirrung und einer falschen Wahrnehmung von Gesundheit. Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen könnten, wären z.B.: der Patient sieht normal aus, die Tests sind normal, die Spezialisten finden nichts und es gibt keine Entwicklung in eine Krankheit wie z.B. MS. Diese Verwirrung ist für Jugendliche schädlich. Die gegenwärtige Studie umfasst ein Follow-up von 28 Personen, und dabei wird ein breites Spektrum an Untersuchungsinstrumentarien eingesetzt. Drei hatten bösartige Erkrankungen entwickelt (Schilddrüsenkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Leukämie) und wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die verbleibenden 25 konnten in drei Gruppen aufgeteilt werden: zwei von 25 (8%) ging es gut. 18 von 25 (72%) hatten einen remittierenden Verlauf – sie betrachteten sich selbst als einigermaßen in Ordnung, aber die gemessenen Werte ließen darauf schließen, dass es ihnen nicht gut ging. Die dritte Gruppe – 5 von 25 (20%) litten unter anhaltendem ME/CFS. Sie betrachteten sich selbst als behindert, mit schweren Symptomen und verminderter Aktivität. Diese Personen erhielten eine Behindertenrente, aber um diesen Anspruch zu begründen, wurde nicht die Diagnose ME/CFS verwendet, und die Krankheit wurde oft anders bezeichnet, um die Gewährung der Rente sicherzustellen. David Bell beschrieb, wie die Menschen lernen, sich an diese Krankheit anzupassen. Viele scheinen sich zu erholen, um dann aber wieder abzurutschen. Die schlimmsten Symptome schienen mit dem Schlaf und Schmerzen verbunden zu sein. Bell beschrieb seine Skala des Grades der Behinderung von 0-100, wobei 100 für völlige Gesundheit steht. Viele dieser Patienten erreichten um die 30 Punkte. Er glaubt, dass die wichtigste Frage, die ein Arzt dem Patienten stellen sollte, die nach der Anzahl der Stunden von Aktivität in aufrechter Position pro Tag ist. In seiner derzeitigen Studie kommen die gesunden Kontrollpersonen auf 15 Stunden, die Gruppe der Patienten mit anhaltendem ME/CFS auf eine bis fünf Stunden und die Gruppe der halbwegs Erholten kommt auf 13 Stunden pro Tag. Seine zusammenfassende Schlussfolgerung: zum Zeitpunkt der Follow-up-Studie litten 72% an einer leichten bis mäßiggradigen Form des ME/CFS, obwohl sie sich selbst als „ok“ betrachteten. Es gab hier eine Verwirrung hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Identität insofern, als sie sich daran erinnerten, dass es ihnen sehr viel schlechter ging und sie im Vergleich dazu jetzt meinten, es ginge ihnen „gut“. Im Laufe der Zeit wird sich zeigen, wie der langfristige Verlauf sein wird. Bell ist davon überzeugt, dass er mit dieser Studie den natürlichen Verlauf der Krankheit erfasst und weniger den Erfolg von Medikamenten oder Vitaminen, die eine Erholung befördern.
Andreas Kogelnik. Rechts Bild v.l.n.r.: David Bell, Annette Whittemore, Andreas Kogelnik, Malcom Hooper. Andreas Kogelnik (Stanford University, USA) beschrieb sich selbst als den Leiter des Open Medicine Institute (OMI), einer gemeindebasierten, gemeinschaftlichen Forschungseinheit. Er hat einen Hintergrund im Bereich Infektionskrankheiten und arbeitet seit sieben Jahren im Bereich ME/CFS. In seinem Institut wird ein interaktiver Ansatz zwischen Biotechnologie, Informatik, sozialer Vernetzung und Bio-Sampling (Entnahme und Verarbeitung biologischer Proben) verfolgt, der sich auf klinische Medizin und Forschung konzentriert. Er ist der Meinung, dass wir Krankheiten wie ME/CFS neu definieren müssten, indem wir diese Forschungs- und Vernetzungsinstrumentarien einsetzen. Er gab einen ausgezeichneten Überblick über die medizinische Forschung, die zur Sequenzierung des gesamten humanen Genoms führte. Er beschrieb ME/CFS als ein Syndrom mit vielen Symptomen, die auch bei anderen Krankheiten vorkommen, als ein Syndrom mit einer unausgereiften Definition und einem Mangel an Biomarkern. Die Behandlungsformen sind nicht standardisiert und es gibt nur begrenzt Daten über ihren Erfolg. Er hat den Eindruck, dass die Medizin an einem Scheideweg ist, wobei eine „auf Richtlinien basierenden Medizin“ kein besonders gutes System ist, aber ein stärker auf das Individuum ausgerichteter Ansatz würde mehr kosten. Er diskutierte die Wechselwirkungen zwischen Genomforschung, Biotechnologie, Informatik, klinischen Richtlinien und individualisierter klinischer Medizin. Er zeigte auf, wie mit dem Einsatz von ROC-Kurven und eine mathematische Anordnung mit zahlreichen Schwellenwerten verschiedene Patientengruppen im zeitlichen Verlauf verfolgt werden können. Er fuhr dann mit einer Diskussion der Nosologie der Krankheiten fort. Dies ist ein sehr altes Klassifizierungssystem, das sich nicht viel verändert hat. Dieses System passt nicht zu den neuen Erkenntnissen über Gene, Biomarker etc. Wir können Krankheiten jetzt aus molekularer Sichtweise heraus definieren. Wenn man das Hauptaugenmerk auf Differentialdiagnosen richtet, dann kann das zu vielen Tests führen. Und statt viele solcher Tests durchzuführen, könnte ein situationsbezogenes genomisches Profiling sehr viel nützlicher sein. Die einzigartigen Genexpressionssignaturen des jeweiligen Patienten könnten eingesetzt werden, um eine Krankheit zu definieren. Diese Signaturen können auch eine gewisse Anfälligkeit vorhersagen sowie die zu erwartende Reaktion auf eine Therapie. Am Open Medicine Institute wird den Klinikern die Möglichkeit geboten, sich an der Forschungsarbeit zu beteiligen. Es gibt eine integrierte Informatik-Registrierungsdatenbank und eine Biobank. Die Zusammenarbeit steht an erster Stelle. Kliniker und Patienten können auf allen Ebenen teilnehmen. Für die Kliniker bedeutet das alles ein erweitertes Wissen, elektronische Praxis, eine Einbeziehung in klinische Studien und eine erhöhte Fallzahl. Für die Patienten können sich daraus Antworten auf verzwickte Fragen ergeben, die Möglichkeit zur Teilnahme an der Forschung und offene Ohren für ihre Sorgen. Für den Forscher gibt es mehr und bessere Daten, Zugang zu Ressourcen etc. Sie wollen groß angelegte Studien machen und sich auf chronische und Syndrom-basierte Erkrankungen konzentrieren. Er betonte die Wichtigkeit der Fortsetzung der Arbeit, wie sie von Jonathan Kerr begonnen wurde.
John Chia. Rechts Bild v.l.n.r.: John Chia, Simon Carding und Trish Groves vom BMJ. John Chia (Torrance CA,USA) stellte seine klinischen Erfahrungen und seine Forschung über die Beteiligung von Enteroviren beim ME/CFS dar. Er begann seinen Vortrag mit einer Falldarstellung – der Patient hatte andauernde Darmbeschweren und schweres ME/CFS. Zwei Jahre später wurde bei einer Magenbiopsie enterovirale DNA entdeckt. Der Patient wurde mit chinesischen Kräutern behandelt und erlangte 70% seiner früheren Gesundheit wieder. Es gibt sieben Serotypen und 100 Genotypen von humanen Enteroviren (HEV). Da viele Körpersysteme betroffen sein können, kann es zu zahlreichen Symptomen kommen. Insbesondere kann es zu einem Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie) und damit verbundenem Fieber kommen. Viele grippeähnliche Erkrankungen spielen bei der Entstehung eine Rolle. Bei einer Studie an 131 ME/CFS-Patienten wurden 38% zweimal positiv auf HEV getestet, verglichen mit nur 4% der gesunden Kontrollen. Je schwerer die Symptomatik, desto höher war die Positivität. Bei einem Patienten, der verstorben war, fand man HEV im Herzen, in den Muskeln und im Gehirn. Positive Biopsien erhält man am ehesten bei Rachen- oder Magenbiopsien, aber Rachenbiopsien sind sehr schmerzhaft. Auf der klinischen Ebene sind die häufigsten Symptome Oberbauchschmerzen und Schmerzen in den Leistengruben. Von den positiven Patienten waren 84% schwer erkrankt. Bei der Diagnose sollte man mit einer sehr sorgfältigen Erhebung der Krankengeschichte beginnen. Dazu gehören auch Fragen zur der Infektion zu Beginn der Erkrankung, Fragen nach früheren Erkrankungen, insbesondere Infektionen der oberen Atemwege und Asthma, Impfungen, Einnahme von Steroiden, Exposition gegenüber verunreinigtem Wasser, Zeckenbisse etc. Eine Überprüfung der Krankenakte und Labortests sind notwendig. Es gibt gewöhnlich nur wenige körperliche Anzeichen, obwohl der Rachen entzündet und der Bauch druckempfindlich sein kann. Die Untersuchung auf HEV sollte mit neutralisierenden Antikörpern und mit einer Immunperoxidase-Färbung der Biopsien vorgenommen werden. Wenn im Magengewebe doppelsträngige RNA gefunden wird, dann stützt das den Befund einer viralen Persistenz. Die Symptome sollten auf die Untersuchungsergebnisse bezogen werden. Eine Behandlung kann durch antivirale Mittel wie Pleocarnil, Acyclovir, Ganciclovir und Cidofavir erfolgen; eine Immunmodulation kann durch Ampligen, intravenöse Verabreichung von Immunglobulinen, Interferon und pflanzlichen Immunstimulanzien erfolgen. Er stellte eine weitere Studie vor, in der das pflanzliche Produkt Oxymatrine eingesetzt wurde. 52% zeigten eine positive Reaktion, und das waren die Patienten mit positiven Biopsien. Es gab anfangs einige Nebenwirkungen und eine Verstärkung der CFS-ähnlichen Symptome. Die Dosis muss sehr langsam gesteigert werden. Das Pflanzenprodukt ist jetzt verfeinert worden und ist unter dem Namen Equilibrant im Handel. Es wird besser vertragen, obwohl die Patienten weiterhin eine anfängliche Verstärkung ihrer Symptome erleben können. Die Dosis sollte langsam über zwei bis vier Wochen hinweg aufgebaut werden.
Rechts Professor Geoffrey Burnstock Professor Geoffrey Burnstock (University College, London) hat ursprünglich entdeckt, das ATP ein Transmitter bei nonadrenergen und noncholinergen Nerven ist. Er hat die P2-purinergen Rezeptoren entdeckt und definiert. Seine Arbeit hat einen enormen Einfluss auf das Verständnis der Mechanismen des Schmerzes gehabt. Er sprach über purinerge Signalwege und Erkrankungen des zentralen Nervensystems und hofft, dass dies auch in ein Verständnis der Mechanismen des ME/CFS übertragen werden kann. Er beschrieb das purine Nukleotid ATP als ein extrazelluläres Signalmolekül, das beim Schmerz und bei inflammatorischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems eine Rolle spielt. Er gab einen historischen Überblick über seine frühen Arbeiten, die bereits in den 1960er Jahren begonnen hatten, als der Zusammenhang zwischen Adenosin und Inosin entdeckt wurde. Man hat dann untersucht, ob manche Nervenzellen mehr als einen Transmitter produzieren und fand heraus, dass ATP ein Co-Transmitter in allen Nerven war, den peripheren und den zentralen. ATP ist ein Signalmolekül. 1982 wurden zwei Arten von purinergen Rezeptoren identifiziert: AD und ATP. 1985 fand man heraus, dass zwei Unterarten des P2-purinen Rezeptors und vier Unterarten des P1-purinen Rezeptors bei mehreren Krankheiten eine Rolle spielten. 1993 führte ein erstes Klonen von P2-Rezeptoren zur Entdeckung von P2X und P2Y. Und dann konnte gezeigt werden, dass sieben Unterarten des P2X viele Systeme beeinflussen. P2X7 führte zu apoptopischen Zellen im Immunsystem, der Bauchspeicheldrüse, der Haut etc. und spielt eine Rolle bei Entzündungsprozessen und Krebs. P2Y hat bis zu 14 Unterarten und ist ebenfalls an vielen Systemen beteiligt. Beinahe alle Zellen des Körpers haben etwas mit purinergen Signalwegen zu tun. Es ist möglich, dass das P2X7, das im Immunsystem eine Rolle spielt, bei ME/CFS wichtig ist. Es ist bekannt, dass viele Zellen ATP ausschütten, nicht nur geschädigte oder absterbende Zellen, wie man früher annahm. Es gibt zwei Arten von purinerger Signalübertragung: die kurzfristige wie z.B. die Neurotransmission und die langfristige, die zusammenhängt mit beispielsweise der Entwicklung, der Vermehrung und dem Zelltod. Die Entwicklung des Gehirns hängt mit der purinergen Signalübertragung zusammen, und insbesondere sind hier die Gliazellen von Bedeutung. Es gibt ein Interesse an der Frage der Bedeutung der purinergen Signalübertragung beim Lernen und bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Deshalb ist Burnstock der Meinung, dass es lohnenswert wäre, diese Bereiche auch bei ME/CFS zu untersuchen. Es gibt auch einen Zusammenhang mit dem Schmerz. ATP leitet den Schmerz möglicherweise ein. Bei Migräne strömt es während des hyperämischen Stadiums aus. Deshalb ist es wichtig, die Antagonisten zu berücksichtigen. Eine japanische Studie von Xiang et al. hat gezeigt, dass Antagonisten wirksam sein können. Es könnte auch eine Bedeutung haben bei der Alzheimer-Erkrankung, bei seelischen Störungen und bei Epilepsie. Es werden Medikamente wie etwa ATP-Hemmer, Mittel zur Kontrolle der Expression der P2-Rezeptoren und Antagonisten des P2XS entwickelt. Es gibt jetzt eine Zeitschrift zum Thema, Journal of Purinergic Signalling, mit dem man die Entwicklung der Forschung auf diesem Gebiet verfolgen kann.
James Baraniuk James Baraniuk (Washington DC, USA) sprach über Proteomik bei ME/CFS. Sein Forscherteam hat die Rückenmarksflüssigkeit untersucht. Man war besonders interessiert an den Patienten, die unter Dysfunktionen des zentralen Nervensystems litten, einem entscheidenden Bestandteil des ME/CFS und verwandter Syndrome. Diese Patienten zeigten Symptome einer zentralen Sensibilisierung, u.a. übermäßige Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie) und eine Schmerzempfindung schon bei leichter, normalerweise nicht schmerzhafter Berührung (Allodynie), autonome Dysfunktionen, kognitive Dysfunktionen und schwere Kopfschmerzen. Bei den CFS-Patienten hat man einen erhöhten Druck bei der Rückenmarkspunktion entdeckt, die mit der Intensität der Kopfschmerzen, der Schlafstörungen, der Gedächtnisprobleme, der Erschöpfung und der Schmerzen korreliert. Man hat in der Rückenmarksflüssigkeit nach Biomarkern gesucht. Das Ziel der Forscher war, zum Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen des ME/CFS beizutragen, diagnostische Biomarker für zukünftige Untersuchungen zu liefern und an möglichen neuen Behandlungsformen zu arbeiten. Sie haben in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit so viele Proteome wie möglich untersucht. Die Methoden der Analyse wurden dargestellt. Bei der ersten Studie hat man drei Gruppen von Patienten untersucht: Menschen mit Fibromyalgie, mit Golfkriegssyndrom (von denen die meisten ME/CFS hatten) und Kontrollpersonen. Es wurden 10 Proteome gefunden, die sich von denen der gesunden Kontrollen unterschieden. Die Proteomgruppen, die gefunden wurden, entsprachen der jeweiligen Funktion (z.B. der vaskulären Regulation, der immunologischen und strukturellen Schädigung, Struktur und Reparatur etc.) Baraniuk sprach dann über die Studie von Schutzer (psychiatrische Patienten waren hierbei ausgeschlossen). Diese Forscher hatten CFS-Patienten untersucht und mit solchen mit Lyme-Borreliose verglichen. Man hat in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit 2630 Proteine identifiziert. 95-99% der Proteome wurden beseitigt (diejenigen, die am häufigsten vorkamen). 738 Proteine hat man ausschließlich in den Proben von CFS-Patienten gefunden. Einige davon fand man auch bei Lyme-Borreliose-Patienten. Proteom-Untersuchungen sind sehr teuer (500.000 Dollar für eine einzige Untersuchung). Die Schlussfolgerung war, dass man anhand von Proteomen der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit die Untergruppen von mit Erschöpfung verbundenen Krankheiten unterscheiden kann. Wenn einmal ein einzelnes Protein als Biomarker identifiziert ist, dann kann es mit anderen Krankheiten und gesunden Kontrollen verglichen werden, um zu bestätigen, dass es für die Krankheit spezifisch ist. Dann müssen weitere Methoden entwickelt werden, um die Ergebnisse zu validieren. Eine Kombination von Biomarker-Proteinen und Peptiden kann eine gültige Biosignatur bilden. Bestimmte Pfade können dann das Ziel für die Entwicklung von Medikamenten sein. Unsequenzierte Ionenpeaks können auf post-translationale Modifikationen untersucht werden, die auf weitere Krankheitsmechanismen wie z.B. Oxidation schließen lassen. Zukünftige Forschungsrichtungen sind: die Definition von Krankheit durch pathophysiologische Mechanismen, multidisziplinäre Ergebnisse und Studien, randomisierte placebo-kontrollierte Studien, fortgesetzte Prospektivstudien an gut definierten Phänotypen und eine vollständige Überprüfung der Kohorte der Golfkriegssyndrom-Patienten. Die Forscher haben die Hypothese aufgestellt, dass das Golfkriegssyndrom mit einem bestimmten Genotypen für ein Enzym, die Carnosin-Dipeptase-1, zusammenhängen kann, die ein wichtiges Antioxidans, das Carnosin abbaut. Carnosin ist potentiell symptomlindernd.
Simon Carding - Invest in ME haben hier einen Entwurf für ein Zentrum in Norwich ausgearbeitet. Simon Carding (Norwich, UK) präsentierte einen Überblick über die Arbeit, die er zusammen mit Tom Wileman an der University of East Anglia and Norwich Hospital macht. Das Team ist besonders interessiert an der Verbindung von Verdauungstrakt und Gehirn. Er gab einen Überblick über die Anatomie und Physiologie des Magen-Darm-Traktes. Dieser neun Meter lange Schlauch ist das größte Organ des Immunsystems. Es hat die zweitgrößte Anzahl an Neuronen und ist der Hauptzugangsweg für Erreger in den Körper. Es ist jeden Tag vielen Mikroorganismen ausgesetzt. Das Immunsystem muss eine Reaktion mit ständiger Wachsamkeit aufbauen und hat gelernt, zu unterscheiden. Es kann zu einem Zusammenbruch der Toleranz kommen, der dann zu Krankheit führt. Die Mikrobiota sind die normalerweise im Darm lebenden Bakterien. Es gibt einen Anstieg vom oberen zum unteren Teil des Darms, wobei die meisten im unteren Teil des Darmtrakts sind. Es gibt in unserem Körper zehn mal so viele Bakterien wie Zellen, und die Bakteriengene betragen das 100-fache. Die Genomik hat eine genauere Identifikation der Bakterien geliefert, Informationen über ihre Sequenz lassen sich in die Funktion der Bakterien übertragen, und die Ernährung formt die Bakteriengemeinden im Darm. Beim Menschen gibt es zwei Hauptsequenzen, bei Tieren sehr viel mehr. Beim Menschen kommen 57 Arten bei 90% aller Individuen vor. Drei Cluster an Organismen dominieren weltweit, und zwei Stämme dominieren. Diese sind für den gesunden Darm entscheidend. Unter vielen anderen Funktionen haben sie Abbaueffekte und produzieren Vitamine und auch eine Mischung von Viren. Ihre Aufgaben in Bezug auf Virome (die Genome aller Viren, die in einer bestimmten Umgebung wohnen) können als Signaturen von Krankheit und Gesundheit dienen. Mikrobiota sind entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden. Zu den vielen Funktionen gehören: Abwehr, Quelle von Vitaminen, Bereitstellung von Energie, Epithelbarriere, Förderung der Darmmotilität, lokale Immunität und orale Toleranz. Wenn ein Tier vollkommen frei ist von Erregern, dann gibt es ein unreifes Immunsystem, eine schadhafte Darmbarriere, defektes Lymphgewebe und defektes IgA, was zu einer Anfälligkeit gegenüber Infektionen führt. Es gibt eine Achse Mikrobiota-Darm-Gehirn. Infektionen stehen oft mit einer Diagnose in Verbindung. Sowohl Antibiotika als auch Probiotika können die Symptome lindern. Infektionen können Auswirkungen auf das Gedächtnis und das Lernen haben. Wenn die mikrobiotische Besiedlung des Darmes normal ist, dann reguliert das die Entwicklung des Gehirns, das Verhalten und die Darm-Gehirn-Achse. Stress kann Veränderungen im Darm hervorrufen. Die Darmaktivität führt zur Ausschüttung von Neurotransmittern mit immunologischen Reaktionen der Schleimhaut. Gene, Lebensstil, Geburt und Ernährung sowie ärztliche Behandlung können alle die Mikrobiota verändern. Eine Symbiose führt zu Regulation und Homöostase. In Bezug auf die Ernährung kann ein Ungleichgewicht von Bakterien zu Gewichtsveränderungen führen. Studien an Ratten wurden als Beispiel herangezogen. Wenn beispielsweise eine Überwucherung von Bakteroiden vorliegt, dann werden die Ratten sehr mager. Veränderungen in der mikrobiotischen Besiedlung können auch die Fähigkeit zur Bekämpfung von Infektionen beeinflussen. Normalerweise werden opportunistische Infektionen mit z.B. Helicobacter pylori, Enterokokken und Clostridien auf natürliche Weise unter Kontrolle gehalten, aber diese Kontrolle kann durch den Einsatz von Antibiotika durcheinander gebracht werden. Die Autoimmunität wird ebenfalls durch ein bakterielles Ungleichgewicht beeinflusst. Bei ME/CFS können ein Reizdarmsyndrom und ein Leaky-gut-Syndrom auftreten. Es gibt oft ein Übergewicht an Milchsäure produzierenden Bakterien, mit einer großen Anzahl von Enterokokken und geringen Anzahl von Escherichia Coli-Bakterien. Eine Beeinflussung der Bakterien kann potenziell zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führen. Die ersten Probiotika wurden von Metchnikoff beschrieben, der im Jahr 1908 für seine Arbeit den Nobelpreis erhielt. Er setzte saure Milch ein! Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, die den gesundheitlichen Nutzen von Probiotika stützen würden, aber es gibt Hinweise, dass ein solcher Ansatz helfen und bei ME/CFS nützlich sein kann. Der Vortrag endete mit einer kurzen Beschreibung der Einrichtungen, die in Norwich aufgebaut werden – dort soll ein Zentrum zum Studium der Virologie, der Genomik und der gastrointestinalen Mikrobiologie entstehen. Das wird gleichlaufend mit dem Aufbau einer Einrichtung geschehen, die sich auf die Behandlung von ME/CFS-Patienten spezialisiert.
Øystein Fluge und Olav Mella Øystein Fluge und Olav Mella (Bergen, Norway) stellten ihre faszinierende Forschung und aufregenden Ergebnisse detailliert dar, aber die Arbeit unterliegt gegenwärtig noch einem Embargo, weil sie erst veröffentlicht werden soll. Dieser Abschnitt wird dann ergänzt.
Kenny de Meirleir Kenny de Meirleir (Brussels, Belgium) gab einen ausgezeichneten Überblick seiner bisherigen Arbeit und bezog dies insbesondere auf seine klinische Arbeit. Er umriss die vielen Tests, die er bei seinen Patienten durchführt, um eine Diagnose zu stellen und dann zu einer Behandlung überzugehen. Die Tests und die möglichen bzw. zu erwartenden Anomalien werden hier aufgelistet: Bluttest 1, grundlegende Tests: · Niedrige Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein · Normale oder erhöhte Hämatokrit-Werte · Thrombozytose · Verminderte Harnsäurewerte (in Verbindung mit einer Th2-Verschiebung) · Kupfer/Ceruloplasmin erhöht · Transaminasen GOT/GTP erhöht (erhöhte Kupffer-Zell-Aktivität) · Gamma-GT abnorm (Leberverfettung), Alkoholintoleranz · Vitamin D3(OH)/Vitamin D1,25dOH niedrig · Alkalische Phosphatase niedrig · Eisen kann hoch oder niedrig sein – auf Hämochromatose achten · IgG1/IgG3-Mangel · Anormale Protein-Elektrophorese Bluttest 2: Immunphänotypisierung: niedrige Lymphozytenzahl, verändertes CD4/CD8-Verhältnis, variable CD4 und CD8-Zellen, anormales NK-Zell-Verhältnis, B-Zellen können hoch oder niedrig sein Bluttest 3: CD14 bei 90% erhöht, CD57 und Lymphozyten erniedrigt, Elastase Aktivität der Leukozyten bei einer Untergruppe erhöht, C4A bei 80%, Perforin Expression. Bluttest 4: IgM und IgG – auf Borrelien, Coxiella burneti, Rickettsien testen, alle können erhöht sein, IgG auf Pilzinfektionen, Schimmel, Asperigilla und Candida etc. Bluttest 5: Zytokine: Interleukin 8, 6, 10, 12, MCP1, MIP-1beta, TGF-beta-1 alpha, TNF. Bluttest 6: Nahrungsmittelintoleranzen, Kasein, Gluten, Gewebe-Transaminasen und Gliadin-Antikörper, Laktase Gendefekt. Bluttest 7: XMRV, Envelope, Gag, XMRV Serologie-Test Bluttest 8: XMRV in Bezug auf Blutspende, 50 Blutspender ohne CFS – 14% sind positiv auf XMRV, von 84 CFS-Patienten sind 57% XMRV-positiv. Wenn eine Bluttransfusion vorlag, waren 61% positiv. Von denen, die Blut gespendet hatten, waren 43% positiv, d.h. ihr Blut war nicht „sauber“. Er hat 61 Patienten aus Europa auf XMRV, MLV und XMRVc untersucht, und alle waren mindestens auf eines der Retroviren positiv. XMRV repliziert sich bevorzugt in den Schleimhäuten, und das kann eine Bedeutung für die Frage der Übertragung haben. Analyse des Stuhls: viele Anomalien werden gefunden. Er sucht nach Pilzen, Parasiten und Erregern, Giardia-Antigenen, Cryptosporidium Antigenen. IgA im Stuhl (oft niedrig bei CFS). Antichymotrypsin (bei Colitis erhöht). Chymotrypsin im Stuhl (Test auf exokrine Funktion der Bauchspeicheldrüse. Test auf okkultes Blut im Stuhl. Mikrobiologische Untersuchungen auf Enterokokken, Staphylokokken erhöht Überwucherung durch Prevotella H2S Laktat-produzierende Bakterien Analyse des Speichels: Cortisol, Helicobacter pylori, Giardia Urinanalyse : Th1/Th2-Balance – gesteuert durch den Redox-Status. Er hat einen Test für die Th1/Th2-Verschiebung entwickelt – die Farbveränderung hängt vom Ausmaß der Verschiebung ab. 80% der CFS-Proben waren positiv (verglichen mit 4% der Kontrollen). Er sprach dann über die Therapie von CFS-Patienten. Ein/e Diätassistent/in ist nötig, um mit Problemen wie Malabsorption von Fruktose, Unverträglichkeit von Gluten, Laktase und Kasein sowie Histaminüberempfindlichkeit umzugehen. Eine Dysbiose des Verdauungstraktes muss behandelt werden. Er setzt eine gepulste antibiotische Therapie ein, Probiotika, Prebiotika, Verdauungsenzyme, Entfernung von Biofilmen und, wenn die Elastase erhöht ist, Beta-Lactam Antibiotika. Für eine antientzündliche Wirkung setzt er keine nicht-steroidalen Entzündungshemmer ein, sondern etwa Artenusate, Curcumin und Hydroxy- oder Methylcobalamin. Er verwendet bei manchen Patienten auch DMSO, Isoprinosin und Kutapressin. Er setzt auch GcMAF (ein Vitamin-D-bindendes Protein) ein bei manchen Patienten, die XMRV- oder MLV-positiv sind (25 bis 100 Nanogramm wöchentlich für 5-40 Wochen). 68% zeigten eine merkliche Besserung, insbesondere bei Symptomen wie orthostatischer Intoleranz. Antivirale Mittel wie Valcyte, Valtrex oder Acyclovir und Zoonosen (nach dem ILADS-Protokoll) werden bei ausgewählten Patienten auch eingesetzt.
Judy Mikovits und Wilfried Bieger Judy Mikovits (Reno, Nevada, USA) betonte zu Anfang ihres Vortrags, dass XMRV kein endogenes Retrovirus bei Mäusen oder Menschen ist. Es ist ein einfaches Retrovirus, und es ist unklar, wie es in die menschliche Population gelangt ist. Es wird über Androgene und Entzündungsprozesse stimuliert und es reagiert auf Cortisol, Androgene und Inflammation. Das MLV (Mäuseleukämievirus) ist ein verwandtes Virusgen und wurde von Lo und Alter bei 86,5% der CFS-Patienten entdeckt (und bei 6,8% der gesunden Kontrollpersonen). Nach einer Untersuchung von gelagerten Blutproben hat man nach 15 Jahren immer noch die gleichen Sequenzen bei den Patienten gefunden. Der Grund, warum manche Studien, die nach dem Virus suchen, scheitern, kann an den verschiedenen Variationen des XMRV liegen oder an niedrigen Werten sich replizierender Viren. Das Forscherteam aus Reno hat deshalb in unbearbeitetem Plasma gesucht. Es wurden Tests auf Antikörper gegen XMRV durchgeführt. Beim Western Blot Test wurden Bande sichtbar. Im Plasma von XMRV/MLV-infizierten CFS-Patienten findet man zahlreiche XMRV-Proteine. In weiteren Tests wurden aktivierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes aus Heparin-Röhrchen und infektiöse Zellen untersucht. In einer Patientenkohorte von britischen ME/CFS-Patienten waren 65% XMRV-positiv. Im weiteren Verlauf ihres Vortrags diskutierte sie die klinischen Implikationen des XMRV. Retroviren können eine erhebliche Stoffwechselaktivität erzeugen. Diese kann durch das Virus oder Viruspartikel oder Virusproteine hervorgerufen werden. Es gibt einen deutlichen oxidativen Stress und einen Abbau von Glutathion und eine abweichende DNA-Methylierung. Das alles steigert die Virusreplikation. Das bedeutet, es können zwei wichtige Lehren daraus gezogen werden: es können sich Leukämien und Lymphome entwickeln und es kann eine entzündliche Reaktion ausgelöst werden. Da die Viruslast im peripheren Blut niedrig ist, könnten die B-Zellen in Geweben wie der Milz und den Lymphknoten das Virusreservoir für das XMRV bilden. Bei chronischen Krankheiten kommt ein Virus selten allein, und bei ME/CFS können viele Viren eine Rolle spielen. Auch kann es sein, dass die XMRV-Infektion allein noch nicht notwendigerweise zur einer Erkrankung führt. Judy Mikovits sprach auch über HTLV-1, einem Retrovirus, das Leukämien und Lymphome verursacht. Die Mehrheit der Virusträger ist asymptomatisch, aber das Risiko, im Verlauf des Lebens Leukämie oder ein inflammatorisches Syndrom wie Gelenkerkrankungen und Myelopathien etc. beträgt 5-8%. Das HTLV-1 tritt hauptsächlich in Afrika, Japan und Südamerika auf. Judy Mikovits und ihr Team haben eine Signatur inflammatorischer Zytokine und Chemokine identifiziert, die XMRV-infizierte Patienten von gesunden Kontrollpersonen mit einer 94%igen Sensitivität und Spezifität unterscheiden kann, sowie eine XMRV-positive Patientenpopulation mit abweichenden Methylierungsprofilen, die mit einer Infektion mit Gamma-Retroviren übereinstimmt, und eine Population mit einer hohen Nagalase-Aktivität. Nagalase ist ein Enzym, welches die Abtötung von Tumoren durch Makrophagen blockiert. Man hat diese Patienten mit dem Immunmodulator GcMAF behandelt, und sie haben darauf angesprochen. Auch eine Behandlung mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern und antiviralen Medikamenten kann geeignet sein. Judy Mikovits befürwortet auch eine Unterstützung des Stoffwechsels mit Nahrungsergänzungsmitteln. Es gibt Belege dafür, dass eine Immunmodulation mit Medikamenten wie Ampligen für manche Patienten hilfreich sein kann. Wenn man die Viruslast, die Ko-Infektionen und die Immundysfunktionen überwacht, dann führt das zu einem besseren Verständnis der klinischen Implikationen und zu einer besseren Behandlung des ME/CFS.
Wilfried Bieger und Judy Mikovits Der letzte Vortrag des Tages wurde von Wilfried Bieger aus München gehalten. Er beschrieb, dass ihre ersten Versuche, das XMRV zu finden, zu negativen Ergebnissen geführt hatten. Sie haben dann mit Judy Mikovits zusammengearbeitet und ein hochsensitives, spezifisches und nicht-kontaminiertes Testprotokoll für die Virusbestimmung aufgebaut, die Virus-DNA sequenziert und mit Hilfe von Western Blot Antikörper gemessen. Im frischen Blut haben sie keine Virus-DNA oder -RNA gefunden, aber nachdem sie die mononukleären Zellen des peripheren Blutes stimuliert und 6 Wochen kultiviert haben (teilweise ko-kultiviert mit permissiven LnCap-Zellen), erwiesen sich die kultivierten Zellen einiger Patienten als XMRV-positiv. Das Vorliegen des XMRV wurde durch die XMRV-spezifische DNA bestätigt. Bislang waren etwa 40% der untersuchten Proben positiv. Dr. Bieger sagte dann, dass es bei ME/CFS häufig zu einer EBV-Reaktivierung kommt. Eine antivirale Therapie ist hier erfolgversprechend. Die Konferenz endete mit einer kurzen Zeit für Fragen und Antworten, um eine Fragen mit einer Vertreterin des British Medical Journal (BMJ) zu klären und zu diskutieren. Diese Dame fand den Tag äußerst interessant.
Ich möchte ANZMES für ihre Hilfe danken, die es mir ermöglichte, dieser äußerst wertvollen und lohnenden Konferenz beiwohnen zu können. Und ein herzliches Dankeschön an Invest in ME für die hervorragende Organisation. Rosamund Vallings, MNZM, MB BS Auckland, Neuseeland Eine weitere Zusammenfassung der Konferenz von Dr. Megan Arroll finden Sie hier.
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