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Männer und ME/CFSUmfrage der britischen Patientenorganisation Action for M.E. veröffentlichtME/CFS betrifft Menschen aller Altersgruppen, sozialen Schichten und ethnischen Gruppen, aber es gibt, wie bei anderen immunologischen Erkrankungen auch, einen deutlichen Überhang von Frauen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen sind weiblich, so dass die Erkrankung oft als ein Problem von Frauen angesehen wird. Die speziellen Probleme von Männern werden dabei leicht übersehen. Das ergab eine frühere große Umfrage der Patientenorganisation unter ca. 2000 Betroffenen. Aus diesem Grund hat Action for M.E. zu Beginn des Jahres 2007 eine gründliche Befragung von 200 Männern mit der Erkrankung durchgeführt. Die Betroffenen wurden mittels Fragebogen und in ausführlichen Telefoninterviews befragt. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
Anmerkung zur Übertragbarkeit und zur Lage in Deutschland:von Regina Clos Obwohl es in Großbritannien ein recht ordentliches öffentliches Bewusstsein über ME/CFS gibt und auch das Wissen um die Erkrankung bei der Ärzteschaft und bei Behörden wesentlich verbreiteter ist als hierzulande, sind die Erfahrungen der befragten Männer mit CFS/ME eher schlecht. Man kann sich vorstellen, wie katastrophal die Situation der Männer mit ME/CFS in Deutschland sein muss, wo die Aufklärung von Öffentlichkeit, Ärzten und Behörden weit hinter den Stand in Großbritannien zurückfällt. Insbesondere Schuldgefühle, Versagensgefühle, Schamgefühle und die Verständnislosigkeit von Familie, Freunden und Arbeitgebern müssen in einem Land, in dem noch immer in vielen offiziellen Dokumenten* und bei der Mehrheit der Ärzte ME/CFS als „somatoforme Störung“, „psychosomatische Erkrankung“, „alles nur eingebildet“ oder „Rentenneurose“ bezeichnet - und damit verharmlost - wird, für die Betroffenen noch um ein Vielfaches stärker sein. Wahrscheinlich hat die überwiegende Mehrheit der an ME/CFS erkrankten Männer in Deutschland überhaupt keine oder eine falsche Diagnose. Dass die Behandlung und das Krankheitsmanagement entsprechend unangemessen oder gar schädlich sind, muss befürchtet werden. Selbst wenn also von der Krankheit betroffene Männer (Frauen und Kinder gleichermaßen!) hier in Deutschland tatsächlich eine Diagnose bekommen, dann treffen sie in der Familie, bei Freunden, Arbeitgebern und Behörden mit großer Wahrscheinlichkeit auf breites Unverständnis und Unkenntnis. Man kann annehmen, dass sie dadurch erst recht in ein Loch von Verzweiflung, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Orientierungslosigkeit, ohnmächtiger Wut oder Depression, Schuld-, Scham- und Versagensgefühlen fallen, ganz abgesehen von den dramatischen ökonomischen und sozialen Folgen, mit denen sie sicherlich ebenso fertig werden müssen wie die in dieser Umfrage zu Wort gekommenen Männer in Großbritannien. Die psychischen Folgen, die sich aus dem mangelnden Wissen von Ärzten und Öffentlichkeit ergeben, die also über das Erleben einer so verheerenden, entkräftenden Erkrankung wie ME/CFS hinaus entstehen, werden hierzulande erfahrungsgemäß häufig als Ursache der Krankheit betrachtet. Hier schließt sich dann der Teufelskreis von Missverständnissen - und führt zu einer zusätzlichen, „iatrogenen“ Belastung physischer wie psychischer Art. Die vorhandenen Störungen und Krankheitsmechanismen werden so leicht durch ärztliches Handeln oder Nicht-Handeln verstärkt, anstatt gelockert oder gar beseitigt zu werden. Die offizielle Behandlungsrichtlinie in Deutschland, wie wir sie etwa in den Richtlinien der AMWF (s.u.) finden, ist noch immer: AKTIVIERUNG. Das ist eine Empfehlung, die nach allen ernstzunehmenden Untersuchungen bei ME/CFS zumindest in der ersten Krankheitsphase absolut kontraindiziert ist, denn körperliche Belastung verstärkt und verfestigt die Krankheitsmechanismen (siehe z.B. CMO-Report). In diesen Dokumenten wird CFS/ME in der Regel nicht abgegrenzt gegenüber chronischen Erschöpfungszuständen, die auf anderen Erkrankungen beruhen oder unspezifisch sind (Stichwort: Burnout, Erschöpfungsdepression, psychovegetative Dystonie etc.). Solche Störungen gibt es selbstverständlich, und gerade bei depressiven Störungen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen wie Aktivierung und Psychotherapie u.U. sogar hilfreich. Bei ME/CFS dagegen, wie es etwa der Kanadischen Definition entspricht, kann eine Aktivierung zum falschen Zeitpunkt und in falschem Ausmaß jedoch zu schweren Schäden führen. Psychotherapie erfasst bei ME/CFS leider nicht die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen und kann bestenfalls als unterstützende Maßnahme im Rahmen der Krankheitsbewältigung hilfreich sein - was durchaus nicht geringzuschätzen und in der Regel auch angezeigt ist. Im Zentrum der Behandlung muss jedoch die Linderung der körperlichen Symptome durch geeignete ärztliche Maßnahmen stehen. Um jedoch den Menschen und ihrem körperlichen wie seelischen Leid gerecht werden zu können, muss eine solche Psychotherapie auf dem Wissen um die organischen Grundlagen und Krankheitsmechanismen beruhen, wie es der neueren biomedizinischen Forschung entspricht. Auch das kann man in Deutschland leider nicht annehmen oder voraussetzen, wenn man sich Veröffentlichungen wie die von Henningsen et al. (s.u.) ansieht. Die kanadische Psychiaterin Eleonor Stein sagt in ihrer Broschüre über die psychiatrische/psychologische Behandlung von Menschen mit ME/CFS: „Das beste Antidepressivum für Patienten mit ME/CFS ist eine Verbesserung ihrer körperlichen Gesundheit und ihrer Lebensqualität." (a.a.O., S. 14) In Deutschland muss also sowohl in der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch in der Fachöffentlichkeit noch ein großes Ausmaß an Aufklärung und Information erfolgen, um die Lage der Menschen, die an ME/CFS - und nicht an unspezifischen Erschöpfungszuständen - erkrankt sind, zu verbessern. Da die Lage, besonders im Hinblick auf Forschung und Information, im englischsprachigen Ausland bereits sehr viel besser ist, scheint es sinnvoll, die dortigen Entwicklungen genau zu beobachten und aus ihnen zu lernen. Aus dieser Umfrage geht ganz klar hervor, dass eine frühzeitige Diagnose die Prognose deutlich verbessert und eine zu späte Diagnose und falsches Krankheitsmanagement in der ersten Phase zu schwerwiegenden Folgeschäden führen kann. Und dass eine Aufklärung von Öffentlichkeit und Ärzteschaft die Lage der ohnehin schwer gebeutelten Menschen verbessern könnte - was sicherlich für Männer und Frauen gleichermaßen gilt, und erst recht für Kinder und Jugendliche mit ME/CFS. *Offizielle Dokumente:· Leitlinien Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften AWMF über "Neurasthenie (ICD-10 F48.0) / Chronic Fatigue Syndrome" - hier wird noch immer das Chronic Fatigue Syndrom unter ICD-10 F48.0 gefasst und nicht, wie es die WHO vorgibt, unter G.93.3, also als neurologische Erkrankung. ME/CFS wird schlicht gleichgesetzt mit dem alten Begriff der Neurasthenie. Diese Leitlinien enthalten zahlreiche Fehler im Hinblick auf die Definition des CFS, die Behandlung und die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen. Da sie aus dem Jahr 2001 stammen, basieren sie nicht auf den neueren Erkenntnissen zur Effektivität bzw. Schädlichkeit von kognitiver Verhaltenstherapie und Aktivierung (Graded-Exercise-Programmen). Selbstverständlich enthalten sie auch nicht die neueren Erkenntnisse der biomedizinischen Forschung im Bereich CFS/ME, also etwa der Immunologie, Genomik, Proteomik etc. · Wie CFS/ME hierzulande von führenden Psychiatern wahrgenommen wird, zeigt ein kürzlich in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet erschienener Artikel mit dem Titel "Management of functional somatic syndromes" von Henningsen P, Zipfel S, Herzog W. (Lancet. 2007 Mar 17;369(9565):946-55 - Ein Abstract des Artikels finden Sie hier.). Obwohl die Autoren allesamt Professoren an bekannten deutschen Universitäten sind, ignorieren sie weitestgehend die zahlreichen biomedizinischen Forschungsarbeiten zu ME/CFS, erheben aber dennoch den Anspruch, Aussagen über ME/CFS treffen zu können. CFS/ME wird in diesem Übersichtsartikel als eines der wichtigeren „funktionellen somatischen Syndrome“ bezeichnet wird. Das Ignorieren der mittlerweile auf Tausende zählenden Forschungsarbeiten zu den physiologischen Mechanismen und charakteristischen Anomalien bei ME/CFS ist besonders beachtenswert in einem Übersichtsartikel, der als solcher den Anspruch erhebt, die Sachlage umfassend darzustellen. Dass hier wesentliche Erkenntnisse der medizinischen Forschung schlicht ausgelassen werden (siehe z.B. die Pressekonferenz der CDC), weist eher auf die in Deutschland vorherrschende Tendenz hin, CFS/ME als harmlose Befindlichkeitsstörung darzustellen, die auf einer psychischen Fehlhaltung beruht, als auf eine objektive wissenschaftliche Erfassung der Problematik. Dass diese Tendenz gesundheitspolitische Ursachen und Implikationen hat (Stichwort: Kostenersparnis, einschlägige Interessen der Versicherungsindustrie), könnte als weitere Ursache einer solchen verzerrten Darstellung vermutet werden. · Anhaltspunkte für ärztliche Gutachtertätigkeit, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Auf dieses Dokument beziehen sich Gutachter, wenn es um die Einschätzung von Behinderungen bzw. Erkrankungen im Zusammenhang mit Rentenfragen geht. |