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Artikel des Monats Juni 2014 Teil 1 "Non-HIV AIDS. Es ist eine erworbene Immunschwäche, ohne jeden Zweifel." Ein Interview mit Judy Mikovits über Retroviren und neuroimmunologische Krankheiten
von Erica Verrillo
Übersetzung von Regina Clos mit freundlicher Genehmigung von Judy Mikovits Ich hatte das seltene Vergnügen, Dr. Judy Mikovits im vergangenen März bei der IACFS/ME-Konferenz in San Francisco zu interviewen. Dr. Mikovits ist bestens bekannt für ihr Engagement in der XMRV-Forschung. Dr. Mikovits ist Biologin auf dem Gebiet der Zell- und Molekularbiologie mit über 30-jähriger wissenschaftlicher Erfahrung. Sie hat Forschungsprogramme zu HIV, Krebs, Epigenetik und neuroimmunologischen Krankheiten geleitet mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung von neuen Medikamenten und diagnostischen Verfahren. Dr. Mikovits hat einen PhD-Abschluss in Biochemie und Molekularbiologie von der George Washingten University. Ihre Doktorarbeit beschäftigte sich mit HIV-Latenz und den Mechanismen der Immunaktivierung in Monozyten. Im Anschluss an ihre Promotion arbeitete und lehrte Dr. Mikovits auf dem Gebiet der Molekularvirologie unter Dr. David Derse im Laboratory of Genomic Diversity des National Cancer Institute. Im Verlauf der letzten 26 Jahre hat sie 51 wissenschaftliche Veröffentlichungen in von Experten geprüften (peer-reviewed) Fachzeitschriften veröffentlicht. Die fesselnde Geschichte des XMRV, der anschließende Skandal, der ihre Karriere in Trümmern hinterließ, wird in Dr. Mikovits‘ demnächst erscheinendem Buch Plague: One Scientist’s Intrepid Search for the Truth about Human Retroviruses and Chronic Fatigue Syndrome, Autism, and Other Diseases berichtet. Es war eine Reise, die Dr. Mikovits durch den Prozess der wissenschaftlichen Forschung führte, durch die aufregende Entdeckung und schließlich die Korruption auf höchster Ebene, die am Ende zu ihrer Inhaftierung führte sowie zur Überführung und Verurteilung ihres Arbeitgebers Harvey Whittemore zu einer Gefängnisstrafe aufgrund von Straftaten im Rahmen der US-Bundesgesetze, die nach den Worten des Obersten Gerichtshofes von Nevada ein schlechtes Licht auf seine „Ehrbarkeit, Vertrauenswürdigkeit und Eignung als Anwalt“ warfen. Trotz der traurigen Berühmtheit, die das XMRV umgaben, engagiert sich Dr. Mikovits weiterhin, um Menschen zu helfen, die an ME/CFS leiden, und sie ist weiterhin entschlossen, dessen Ursache zu entdecken. „Für mich,“ sagt sie, „sind es die Patienten, die von Bedeutung sind.“ Dr. Mikovits forscht weiter über neuroimmunologische Krankheiten und Krebs bei MAR Consulting, einem Unternehmen, das sie gemeinsam mit Dr. Francis Ruscetti führt. http://www.marconsultinginc.com/home.html
Plague,
„die beste Geschichte über einen Wissenschaftler im Gefängnis seit Galileo“,
wird am 1. Juli erscheinen [Anm.d.Ü.: verschoben auf den 1. September 2014].
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zu bestellen. Wie sind Sie zur ME/CFS-Forschung gekommen? Das ist eine interessante Geschichte. Im späten November 2005 traf ich Kristin Loomis, Leiterin der HHV6 Foundation. Kristin hat mein Labor besucht und war begeistert. Ihre sehr kranke Tochter war mit CFS diagnostiziert worden, aber Kristin glaubte, dass sie HHV6 hatte. Was ich bei Kristin Loomis‘ Tochter sah, war ein erschreckender Verlust an Intelligenz und kognitiver Funktionsfähigkeit, der für einen so jungen Menschen frappierend war. Zu dieser Zeit wurde die Firma EpiGenX Pharmaceuticals, in der ich arbeitete, verkauft, und ich hatte nicht viel zu tun. Deshalb habe ich zugestimmt, für Kristin als Beraterin zu HHV6 zu arbeiten, um die Forschung zusammenzustellen. 2006 schickte mich Kristin zu einer HHV6-Tagung nach Barcelona, wo ich Dan Peterson traf. Er hat eine sehr überzeugende Rede gehalten. Seine Daten zeigten ein klonales Rearrangement von gamma-delta-T-Zellen; solche klonalen Rearrangements bekommt man nicht, es sei denn, es liegt eine offensichtliche Krebserkrankung vor. Er sagte: „Ich habe keine Erklärung dafür, was die Ursache für all diese Fälle von Krebs ist. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Wenn jemand hier mir helfen kann, soll er mich bitte nach dem Vortrag ansprechen.“ Ich habe einen Blick auf die Folie geworfen und konnte gar nicht schnell genug zu ihm kommen. Er lud mich nach Reno ein, wo ich die Whittemores traf. Sie sind also eingestiegen, weil Sie etwas sehr Merkwürdiges gesehen haben. Die Rote Flagge war das Mantelzell-Lymphom. Dan Peterson hatte fünf Patienten mit Mantelzell-Leukämie in einer Gruppe von 100 Patienten, was ein Cluster zu sein schien. Ich bin so ausgebildet worden, dass ich nach Krebs und nach Clustern suche. Deshalb dachte ich, „da geht irgendetwas vor sich“, weil Mantelzell-Lymphome unglaublich selten sind. Wussten Sie etwas über ME/CFS, bevor Sie Dr. Peterson trafen? Zu dieser Zeit war CFS ein Leichtes für mich, weil ich beim Lesen der Literatur dachte, „Gut, die haben ein Problem mit den natürlichen Killerzellen“. Das war einleuchtend, weil NK-Zellen nur zwei Dinge tun, sie erkennen Viren und sie erkennen Tumorzellen. Wenn man also Viren nicht loswerden kann, dann bekommt man beeinträchtigte NK-Zellen. Nachdem ich Dan getroffen hatte, habe ich absichtlich keine entsprechende Forschungsliteratur gelesen, weil ich herausfinden wollte, was da los ist, ohne von der bereits vorhandenen Forschung beeinflusst zu sein. Die einzige Ausnahme, die ich machte, war eine Veröffentlichung von Paul Levine. Sein Artikel beschäftigte sich mit Familien, die Krebs und CFS hatten. Die NK-Zell-Funktion war bei den Kindern mit Krebs am niedrigsten. Aber die CFS-Patienten hatten nur eine geringfügig bessere NK-Zell-Funktion. Ich habe den Artikel in meinem Rucksack mit mir herumgetragen und mich gefragt, warum. Wie haben Sie angefangen zusammenzuarbeiten? Für mich sind es die Patienten, auf die es ankommt. Ich habe im Grunde eine kranke Patientenpopulation gesehen, und sie waren so sehr krank. Das waren junge Menschen, die Verheißung des Landes. Irgendetwas musste dafür verantwortlich sein. Von dem Tag an, als ich mich auf das Gebiet begab, habe ich ein angeschlagenes Immunsystem gesehen. Das ist es, was Dr. Peterson mir gezeigt hat – ein angeschlagenes Immunsystem. Dann habe ich den ganzen Sommer mit Dan Peterson zusammen gearbeitet. Wir haben zahlreiche Proben von den am schwersten erkrankten Patienten genommen. Wir haben alle sechs Wochen Proben genommen, so dass wir eine sehr gute Datenbank entwickelt haben. Es ist wichtig, eine Datenbank zu haben wie die, die wir geschaffen haben, weil man nur einen Tag erfasst, wenn man nur einen Schnappschuss vom Immunprofil macht. Da kann es sein, dass einem etwas entgeht. Das Virus oder die Viren können latent sein, und deshalb muss man wiederholt zu verschiedenen Zeitpunkten über Monate hinweg Proben nehmen. So haben wir XMRV gefunden. Wir haben das nicht in 67 von 100 Proben gefunden, sondern in 67 von 100 Patienten. Und wir hatten von jedem Patienten über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg Proben genommen. Der Grund, warum wir so viele Proben brauchten war, dass die DNA des Virus durch Methylierung ausgeschaltet sein konnte, genau durch den Mechanismus also, der die Grundlage meines Anfangs bei EpiGenX war. Aus meiner Sicht und auf der Grundlage meiner jahrzehntelangen Arbeit über HIV und HTLV-1 ergab das einen perfekten Sinn. Ich habe einen Artikel darüber veröffentlicht, wie die Methylierung von Immunmodulatoren bei HIV-infizierten Personen das Virus ausschaltet, und jetzt fand ich etwas Ähnliches bei CFS. [DNA-Methylierung unterdrückt die Expression von endogenen retroviralen Genen. Sie spielt bei der Entwicklung beinahe aller Krebsarten eine entscheidende Rolle.] Glauben Sie immer noch, dass ein Retrovirus ME/CFS verursacht? Wir haben niemals verursacht gesagt. Es waren die Gegner, die von Verursachung sprachen. Was wir sagten war, dass es einen Zusammenhang gab. Alle wollten dieses Virus so machen wie HIV, aber es ist nicht wie HIV. Es zerstört das Immunsystem nicht so schwer, dass die Menschen schnell sterben. Und es ist nicht eine große, sichtbare Zellkomponente, die zerstört wird, wie die CD4-T-Zellen. Wenn man ein Retrovirus finden will, dann muss man es in einer sich teilenden Zelle züchten, weil es zelluläre Gene benötigt, um sich zu vermehren, und es ist nicht leicht zu finden. Deshalb haben wir die klassischen Techniken eingesetzt. Und der Zusammenhang mit XMRV war sehr stark. Wir hatten ein übertragbares Retrovirus aus der dritten Familie von Retroviren. Zunächst wurde ein Zusammenhang mit Krebs gefunden, und nun hatten wir herausgefunden, dass es mit einer neurologischen Krankheit zusammenhing, genauso wie HTLV-1. Wenn XMRV ein Labor-Artefakt war, warum war es dann nicht in allen Proben – in denen von gesunden als auch in denen von den kranken Personen? Nur die Proben, die wir in Silvermans Labor geschickt haben, wurden kontaminiert, aber das waren alles Proben von Patienten. Deshalb wurden die Proben von gesunden Kontrollen nicht kontaminiert. In unserem Artikel wurde die Hypothese aufgestellt, dass wir ein Retrovirus finden würden. Wir haben 2008 Versuche gemacht, die nicht ganz der Plasmid-Sequenz von Silvermans XMRV entsprachen. Weil wir keine Übereinstimmung mit Silvermans XMRV finden konnten, haben wir die Parameter modifiziert. Wir haben die PCR-Reaktion verändert, um alles zu erfassen, was nicht genau übereinstimmte. Das ist es, was wir als „wobble“ oder „Variation“ bezeichnen. Max Pfost war derjenige, der die Variation in unseren Proben einfing. Als wir diese Bruchstücke herauszogen und sequenzierten, erhielten wir ähnliche, aber nicht genau gleiche Gegenstücke zu Silvermans XMRV. Silverman bat um 30 Proben, die wir ihm lieferten. Aber er hat die Arbeit nicht verschlüsselt durchgeführt, so dass er wusste, es handelt sich um Proben von Patienten. Unsere Arbeit war verschlüsselt, aber meine Notebooks waren der einzige Weg, über den man herausbekommen konnte, welche Probe zu welchem Patienten gehörte. Silverman lieferte seine eigenen Kontrollen. Nach drei Versuchen konnte Silverman immer noch keine vollständige Sequenz des Virus finden, nach dem wir suchten. Das bedeutete, dass das, was wir ihm geschickt hatten, schlicht nicht das Silverman-XMRV war. Er sagte im März 2009: „Lasst es mich nochmal versuchen.“ Wir sagten: „Nein, die Gefahr der Kontamination ist zu groß.“ Aber Lombardi kultivierte das Virus und schickte dennoch Proben an Silverman, ohne mir das mitzuteilen. Das war ein Fehler. Als Silverman diese Proben – die nicht verschlüsselt waren – in seinem Labor sequenzierte, wurden sie kontaminiert. Silverman hatte jede Menge Plasmid in seinem Labor, da er all diese Sequenzierung durchgeführt hatte. Er hat uns im Juli 2011 darüber informiert, dass unsere Proben mit seinem VP62-Plasmid kontaminiert waren. Aber selbst wenn das, was wir gefunden hatten, nicht das Silverman-XMRV war, so gab es trotzdem einen Zusammenhang mit zwei Krankheiten – den Lymphomen bei Dan Petersons Patienten und CFS. Es hätte eine Familie von Viren sein können oder ein unterschiedlicher Strang. Es gibt beispielsweise fünf Stränge von HTLV, und nur einer davon ist pathogen. Was wir gefunden hatten, hätte einfach nur einer aus einer Familie von Retroviren sein können. Ein gutes Beispiel für dieses Dilemma ist Dr. Lipkins Forschungsarbeit. Dr. Lipkin sagt, er hat Belege für Retroviren in Montoyas Proben von ME/CFS-Patienten gefunden, aber er behauptet, dass dies wahrscheinlich nichts bedeutet, weil er sie auch in den Kontrollen gefunden hat. Aber was ist, wenn die Kontrollen einen nicht-pathogenen Strang haben? Niemand hat eine detaillierte Sequenz, die es irgendjemandem erlauben würde, eine Antwort darauf zu haben. Und nur 5% der Menschen, die mit HTLV-1 infiziert sind, werden jemals krank. Nach 40 Jahren kennen wir immer noch nicht die genauen Mechanismen, wie HTLV-1 oder HIV Krankheit verursachen und warum andere, sehr nah verwandte Stränge das nicht tun. Der Punkt ist, dass gesunde Personen weder endogene noch anderweitige Retroviren exprimieren! Natürlich gibt es da noch Lücken in unserem Wissen, aber einen Forschungsstrang nicht weiterzuverfolgen, der Millionen von Menschen helfen könnte, das ist schlicht und ergreifend schlechte Wissenschaft. Wenn es also nicht das Silverman-XMRV-Plasmid war, welches Virus haben Sie dann bei Dan Petersons Patienten gefunden? Wir haben von mindestens einer Person ein Gamma-Retrovirus isoliert. Und ich glaube ohne den geringsten Zweifel, dass es ein neues Gamma-Retrovirus war, das den Menschen infizieren kann. Der Weg, auf dem wir es gefunden haben, ging über den Einsatz eines Reagens, das als 7C10 monoklonaler Antikörper bezeichnet wird, das ein Antikörper gegen Mäuse-Gamma-Retroviren ist. Dieser Antikörper erkennt alle bekannten Mäuse-Gamma-Retroviren. Das Problem war, dass jedesmal, wenn wir unsere Sequenz in eine Datenbank eingaben, diese das XMRV ausspuckte, weil das alles war, was in dieser Datenbank drin war. Es gab darin nichts anderes, mit dem das, was wir gefunden hatten, hätte verglichen werden können. Als De Freitas 1990 ihre Arbeit machte, hatte sie das gleiche Problem. Sie fand HTLV-1- und HTLV-2-ähnliche Viren, weil das damals alles war, was in der Datenbank vorhanden war. Deshalb ergab die Datenbank jedesmal, wenn wir unsere Sequenz einspeisten, XMRV, weil es nichts anderes gab, mit dem man es hätte vergleichen können. Aber man muss daran denken, dass XMRV kein einzelnes Virus ist, es ist eine Familie von Viren. Und es können viele andere Retroviren da sein, die ihm ähnlich sind und die für den Menschen krankmachend (pathogen) sind. Wir haben nur einfach derzeit keine Möglichkeit, sie über eine Datenbank zu identifizieren. Wenn Sie ein neues Retrovirus gefunden haben, warum wurde dann der Artikel, den Sie in Science veröffentlicht haben, zurückgezogen? Der Artikel hätte nicht ganz zurückgezogen werden sollen. Er hätte nur teilweise zurückgezogen werden sollen. Der einzige Grund, warum der Artikel vollständig zurückgezogen wurde war, dass ich verhaftet wurde und wir keinen Zugang zu unseren Daten hatten. Eines der Dinge, die so verkehrt liefen ist, dass sie meine gesamte Forschung abgeschmettert haben. Sie haben alle meine Arbeit zerstört. Und das ist das Traurigste daran; wir waren dabei, eine Studie zu veröffentlichen, mit der wir zeigen konnten, wer von Ampligen profitieren kann. 30% der Menschen mit ME/CFS hatten Antikörper gegen das Spleen focus-forming Virus (SFFV), und das waren die Patienten, die auf Ampligen ansprachen. Was wir gefunden hatten, war ein Biomarker – und der Antikörper gegen das SFFV-env [Hüllprotein des SFFV, d.Ü.], der von 7C10 erkannt wurde. Dieses Forschungsergebnis wurde später in der Lipkin-Studie bestätigt. Das Assay in unserer Originalstudie wurde in jeder Studie, die wir durchführten, repliziert, aber jetzt sind alle diese Originaldaten verloren. Wenn man mich nicht so gründlich in Misskredit gebracht und meine Forschungsarbeit zerstört hätte, hätte Ampligen genehmigt werden können. Aber ich versuche, die Sache so zu sehen – wenn dieser Science-Artikel über XMRV niemals veröffentlich worden wäre, hätten wir dann die Forschung, die heute durchgeführt wird? Warum haben Sie Ihrem Buch den Titel Plague gegeben? Einer der Gründe, warum wir ihm den Titel Plague gegeben haben, war nicht unbedingt die Krankheit selbst, sondern weil wir eine wachsende Anzahl von Menschen sehen, die ähnliche gesundheitliche Probleme entwickeln wie Autismus, neuroimmunologische Krankheiten und Krebs. Wenn wir nichts tun, wird in zehn Jahren in einer von zwei Familien eine dieser neuroimmunologischen Krankheiten auftreten. Von einem anderen Gesichtspunkt aus bezieht sich der Titel auf die Pest in der Wissenschaft. In der medizinischen Forschung herrscht eine wahre Plage. Wir wollen es nicht glauben, dass die medizinische Forschung korrupt ist. Wir wollen nicht daran denken, dass die Forscher, wenn sie ein krankes Kind sehen, nichts unternehmen würden. Aber dennoch korrumpiert die Regierung die Wissenschaft – genauso wie sie es mit ME/CFS und XMRV gemacht hat –, indem sie die Finanzierung und die allgemeine Botschaft kontrolliert, die am Ende entscheidet, was die Fachzeitschriften veröffentlichen. Was haben wir gelernt? Das ist die Frage, die ich mir selbst stelle. XMRV wurde durch die Rekombination mit Mäusezellen erzeugt. Bevor wir Zellen im Labor züchten konnten, haben wir Zellen durch Mäuse passiert, um sie abzuschwächen. Aber wir haben herausgefunden, dass wir Tumore wachsen lassen können, indem wir Krebszellen durch Mäuse passieren; die Zellen haben sich mit einem Retrovirus rekombiniert. Vor 1980 haben alle das gemacht. Das war eine standardmäßige Laborpraxis. Wir haben gelernt, dass alles, was wir durch tierische Gewebe passieren, innerhalb von nur 10 Tagen ein replikationsfähiges rekombinantes Retrovirus erzeugen kann. Alle unsere Forschung bei den National Institutes of Health (NIH) beruht auf Forschung mit Mäusen. Und diese Zelllinien mit denen ich über 30 Jahre lang täglich gearbeitet habe, haben das Potential, neue Retroviren zu produzieren. Deshalb stellt sich die Frage: Wieviele dieser rekombinanten Retroviren sind jetzt in unserer Umwelt und spielen eine Rolle bei all diesen neuroimmunologischen Krankheiten? Wenn in dem genetischen Code für das Hüllprotein des XMRV nur zwei Aminosäuren mutiert wären, dann könnten wir eine wahre Pest haben. Niemand hätte vorhersehen können, dass XMRV über Monate hinweg auf den Labortischen stabil bleiben kann oder dass es aerosoliert und über Staub übertragen werden kann, im Speichel. Aber weil unsere Immunsysteme es aufgespürt haben, haben wir Antikörper dagegen entwickelt. (Viele der Laborarbeiter wie Max und ich haben eine Serokonversion, das heißt, wir haben durch unsere Exposition im Labor Antikörper entwickelt. Wir haben vielleicht etwas vermieden, das jeden infizieren hätte können, weil Silverman das XMRV in die ganze Welt geschickt hat.) Wieviele Menschen haben wir gerettet, indem wir erkannt haben, dass XMRV aerosolisiert werden kann und auf immungeschwächte Personen oder Laborarbeiter überspringen kann? Dass wir Silvermans XMRV als ein Laborartefakt aufgedeckt haben, hätte die Forschung nicht beenden dürfen. Die Arbeit, die Frank Ruscetti und ich gemacht haben, um das Epitop zu finden, das der Antikörper beim Menschen erkennt, hätte zu Ende geführt werden sollen. Gegenwärtig sind 6% der (US-) Bevölkerung Träger von Antikörpern, die ein Gamma-Retrovirus-Hüllprotein erkennen. 6% entsprechen 20 Millionen US-Amerikanern! Im vergangenen Jahr hat Gary Owens einen Forschungsartikel veröffentlicht, der zeigte, dass das Hüllprotein von MLVs (Mäuseleukämieviren) allein bereits zu einer vaskularen Leckage und zu aggressiven Tumoren führen kann. Er hatte früher bereits Daten veröffentlicht, mit denen XMRV-2 identifiziert wurde, das jetzt als B4RV bezeichnet wird, und zwar am 10. November 2009. Das war nur einen Monat nach der Veröffentlichung unseres Artikels. Wir haben mit Gary zusammengearbeitet und diese Sequenzen und Proteine in einigen unserer Proben von den ursprünglichen Patienten gefunden. Das Virus, das Gary Owens gefunden hat, verursacht genau das, was ich bei Dan Petersons Patienten gesehen habe und was man bei so vielen der komplexen chronischen Krankheiten findet, die heutzutage unsere Bevölkerung befallen. Warum also wurde diese Arbeit drei Jahre lang unterdrückt, und warum wird sie jetzt heruntergespielt? Wieviele neue Retroviren haben wir durch diese Mäuseforschung geschaffen, die Impfstoffforschung, die Gentherapieforschung? Was viel wichtiger ist – wieviele neue Krankheiten haben wir geschaffen? Als sie unsere gesamte Arbeit zerstört haben und alles in Misskredit brachten, das ich oder Frank jemals veröffentlicht haben und als sie dafür sorgten, dass mein Polizeifoto in Science veröffentlicht wurde, haben die NIH ganz gezielt die Botschaft an die Forscher überall gesandt, was mit jedem ehrbaren Wissenschaftler passieren würde, der es wagt, diese wichtigen Fragen zu stellen. Wenn das US-Gesundheitsministerium Ihnen die Macht geben würde, CFS umzubenennen, wie würden Sie es bezeichnen? Non-HIV AIDS. Es ist eine erworbene Immunschwäche, ohne jeden Zweifel. ----------------------------------- Weiterführende Informationen · Die in diesem Interview kurz angesprochenen wissenschaftlichen Fakten stellt Judy Mikovits ausführlicher dar in ihrer Rede bei der Autismus-Konferenz. Das Video von diesem Vortrag kann man sich hier ansehen: http://www.autismone.org/content/environmental-causes-autism-investigate-if-you-dare-dr-judy-mikovits Die zugehörigen Folien der Powerpoint-Präsentation finden sich hier: http://www.marconsultinginc.com/autismone-conference-2014.html · Judy Mikovits’ Vortrag bei der Mount Sinai Conference Nov. 2013, hier aufgenommen: Conference: Diagnosis, Treatments, and New Developments in ME and CFS (Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome) The Exotic Biology of Xenotropic Murine Leukemia Related Viruses XMRVs: Pitfalls and New Concepts https://www.facebook.com/media/set/?set=a.244564049033185.1073741854.101589063330685&type=1 · Eine weitere Powerpoint-Präsentation über die mögliche Verwendung bereits vorhandener, genehmigter Medikamente für neuroimmunologische Krankheiten findet sich hier: Repurposing Drugs For Neuroimmune Disease http://www.marconsultinginc.com/prt-2014-presentation.html |