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Trauma & CFS
Von Patricia Fennell, MSW, LCSW-R
Noch wichtiger ist aber, dass solche Interpretationen eine außerordentlich wichtige Ursache von Traumata bei CFS-Patienten vernachlässigen: und zwar genau die Erfahrung des chronisch Krankseins. Obwohl der Beginn einer jeden Krankheit traumatisch sein kann, haben Menschen mit chronischen Erkrankungen wie dem CFS ein noch größeres Risiko, Traumata zu erleiden. Das liegt an den Erfahrungen, die sie machen, wenn die Erwartung von einer schnellen Erholung geplatzt ist. Ihr Selbstbild ist oft beschädigt. Ihre Freunde und ihre Familie verlieren aufgrund ihrer andauernden Einschränkungen vielleicht die Geduld. Ihre Ärzte sind möglicherweise nicht in der Lage, mit ihren fortgesetzten Bedürfnissen nach Versorgung angemessen umzugehen. In den Medien wird ihre Krankheit vielleicht nicht richtig dargestellt oder bewertet. Sie verlieren oft ihren Lebensunterhalt, und was sie ganz sicher verlieren, ist ihre Gesundheit und ihre Berechenbarkeit. Jede einzelne dieser Erfahrungen kann für sich schon traumatisch wirken, aber Menschen mit CFS erleiden diese Traumata normalerweise allesamt, und zwar in den unterschiedlichsten Kombinationen. Es kann entscheidende klinische Auswirkungen haben, wenn solche Traumata weder erkannt noch behandelt werden. Das wiederholte Erleben massiver Probleme und Widrigkeiten und die Trauma-Erkrankungen, die sich eventuell daraus ergeben, können die Fähigkeiten des Patienten, mit der Krankheitserfahrung, mit dem Gesundheitssystem und allen Aspekten ihres Lebens fertig zu werden, beeinträchtigen. Diese Traumata auf der körperlichen, psychologischen, sozialen und geistigen Ebene betreffen nicht nur den Patienten selbst, sondern auch seine Familie, seine Freunde und Arbeitskollegen. Sie können auch die Reaktion des Betroffenen auf medizinische Interventionen und seine Bereitschaft, sich auf solche einzulassen, beeinträchtigen. Bei CFS und anderen chronischen Erkrankungen treten fünf verbreitete Formen von Traumata auf:
Traumata durch eine Krankheit oder ein SyndromWenn einem Menschen klar wird, dass etwas ganz entscheidend nicht stimmt, wenn also die chronische Natur seiner Krankheit offensichtlich wird, kann das genauso traumatisierend wirken wie die tatsächlichen Auswirkungen des CFS als solchem. Zu den Symptomen des CFS gehören vielleicht Schmerzen, immunologische Anomalien, die Unfähigkeit, zu laufen, zu sprechen, zu lesen, zu schreiben oder klar zu denken, schwere Schlafstörungen und viele andere körperliche Veränderungen. Weil diese Symptome zu körperlichen, kognitiven, emotionalen und sozialen Veränderungen und zu Veränderungen des alltäglichen Lebens führen, die zu weiteren Qualen und Schwierigkeiten für die Patienten und ihre Familien führen, ist es kaum verwunderlich, dass die Erkenntnis der Schwere der Erkrankung für den Patienten äußerst beängstigend, traurig und unvermeidlich mit Verlusten verbunden ist. Auch wenn die Patienten allmählich mit dem CFS irgendwie zurechtkommen und produktive Wege finden, damit zu leben, kann es sein, dass das ihren Familien nicht gelingt (siehe Abschnitt über Stellvertretertraumata weiter unten). Ein Ehepartner, ein Partner, Elternteil oder Kind kann es schwierig oder gar unmöglich finden, das veränderte Leben des Patienten zu akzeptieren. Solche Reaktionen sind also nicht auf den CFS-Patienten beschränkt und können das Trauma, das er oder sie erlebt, noch verstärken. Kulturelle oder soziale TraumataDie Gemeinde der Mediziner, die Medien und die allgemeine Öffentlichkeit haben das CFS immer wieder stigmatisiert, abgewertet oder auf effekthascherische Weise dargestellt. Diese kollektive Entwertung in Kultur und Gesellschaft kann zu einem tiefgreifenden Gefühl von Isolation führen, das auf ganz heimtückische Weise traumatisierend wirkt. Im Zuge der Erfahrung, dass ihre Krankheit chronisch ist – mit Phasen der Besserung und erneuter Verschlechterung – werden Menschen mit CFS mit der generellen Stigmatisierung von Menschen mit chronischen Erkrankungen konfrontiert. Besonders stigmatisiert werden die chronisch Kranken, die keine äußerlich sichtbaren Zeichen der Behinderung haben. Diese Stigmatisierung kann traumatisch sein. Wenn jemand gesund aussieht – und das ist bei vielen CFS-Patienten der Fall – dann fällt es unbeteiligten Beobachtern manchmal schwer zu glauben, dass er oder sie tatsächlich leidet. Hinzu kommt, dass die gegenwärtig vorherrschende Kultur eine Arbeitsethik idealisiert, bei der gesunde, produktive Individuen als sozial am nützlichsten betrachtet und entsprechend wertgeschätzt werden. Menschen mit chronischen Erkrankungen, die nicht mehr in der Lage sind, sozial akzeptierter und produktiver Arbeit in der Weise nachzugehen, wie sie das früher konnten, werden vielleicht als Drückeberger betrachtet, die ihren angemessenen Beitrag nicht liefern wollen. Die Reaktion der Gesellschaft auf die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, der sozialen Fähigkeiten oder der Beteiligung an Hausarbeiten kann äußerst verletzend sein, und diese potentiell traumatisierenden Erfahrungen wiederholen sich tendenziell am Arbeitsplatz, zuhause in der Familie oder unter Freunden und Nachbarn. Prämorbide oder komorbide TraumataEs ist auch wichtig, traumatische Ereignisse in Betracht zu ziehen, die unabhängig vom CFS sind, aber mit diesem verwechselt oder vermengt werden oder die das Krankheitserleben des Patienten weiter verschlechtern. Prämorbide Traumata sind solche, die vor Beginn der Erkrankung aufgetreten sind, wie etwa sexueller Missbrauch, Körperverletzungen, Aufenthalt in Kriegsgebieten, Naturkatastrophen, Autounfälle usw. Komorbide Traumata sind Krisen und Umwälzungen, die nach Ausbruch des CFS auftreten, beispielsweise der Tod eines nahen Angehörigen, eine Scheidung, ein Raubüberfall oder andere außergewöhnliche Lebensereignisse. Dazu können auch positive Erfahrungen gehören, die das Leben grundlegend verändern, wie etwa eine Heirat, die Geburt eines Kindes oder ein neuer Arbeitsplatz. Kognitive oder körperliche Beeinträchtigungen durch das CFS können die Fähigkeit zur Verarbeitung von Veränderungen im Leben beeinträchtigen. Die Forschung hat gezeigt, dass Stress und Aufruhr das Immunsystem unterdrücken und Schmerzen verstärken können. Es kann schwierig sein, aktuelle äußere Ereignisse von den emotionalen und körperlichen Reaktionen auf das CFS zu unterscheiden und die gegenseitige Verstärkung der Symptome abzuschwächen, die sich aus dieser Art des Traumas ergeben können. „Stellvertretertraumata" oder Traumata „aus zweiter Hand“Auch die Menschen, die mit einem CFS-Patienten zusammenleben, ihn lieben oder mit ihm arbeiten, können durch die Krankheit traumatisiert werden. Deren Trauma kann entstehen, wenn ihnen klar wird, dass jemand, der ihnen nahe steht, eine schwere Erkrankung hat. Sie werden Zeuge des Leidens des Patienten und bekommen vielleicht selbst Probleme, weil sich ihr Leben durch die Krankheit des Patienten ebenfalls verändert. Auch sie können unter gesellschaftlichen (Vor-) Urteilen leiden und unter der Reaktion auf die Erkrankung ihrer Lieben. Ein „stellvertretendes“ Trauma kann auch die professionellen Helfer betreffen. Wenn eine Krankheit chronischer Natur ist, kann das bei Ärzten Ungeduld oder Verärgerung hervorrufen. Ihre Unfähigkeit, dem Patienten zu helfen, kann Frustration, Verzweiflung oder Wut erzeugen. Es kann auch sein, dass Ärzte Angst haben, von ihren Kollegen ausgegrenzt und stigmatisiert zu werden, weil sie solche Patienten behandeln – oder dass sie diese Ausgrenzung und Stigmatisierung tatsächlich erfahren. Iatrogene oder durch ärztliche Behandlung verursachte TraumataDer Begriff des iatrogenen Traumas bezieht sich auf Traumata, die unbeabsichtigt oder aus Versehen durch eine medizinische Intervention verursacht werden. Außer medizinischen Kunstfehlern und Nebenwirkungen von Behandlungen können iatrogene Traumata auch durch die ganz normale und angemessene medizinische Versorgung entstehen. Dazu kann die Behandlung als solche zählen, aber auch beängstigende und frustrierende Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem über einen gewissen Zeitraum hinweg. Das kann einen Einfluss darauf haben, ob Patienten sich weiterhin der medizinischen Versorgung unterziehen oder wie sie auf diese reagieren. Traumata erkennen und angehenGleichgültig welcher Ursache – Traumata sind in der Behandlung des CFS und im Krankheitsmanagement ein wichtiger Aspekt, den es zu beachten gilt. Das Problem ist, sie zu erkennen und dann angemessen damit umzugehen bzw. sie zu behandeln. Sie können ganz unterschiedlicher Natur sein, und die Betroffenen leiden unter den Folgen ganz unterschiedlich. Auch die jeweilige Geschichte eines Menschen und seine Lebensbedingungen beeinflussen die Art und Weise, wie er/sie ein Trauma erlebt und verarbeitet. Das Ausmaß der Traumatisierung kann auch davon abhängig sein, was andere über ihre Erkrankung denken, fühlen und glauben. Außerdem ist es wichtig zu erkennen, dass ein Trauma kein statischer Zustand ist. Die Auswirkungen können schwanken, und deshalb erleben die Betroffenen Traumata in den unterschiedlichen Phasen ihres Weges mit der CFS-Erkrankung auch unterschiedlich. Die Formen der Traumata zu verstehen, die häufig mit Leben mit einer chronischen Krankheit verbunden sind, und herauszufinden, wie und wann sie auftreten, kann in eine langwierige Angelegenheit sein, wenn es um ein effektives Krankheitsmanagement bei einem CFS-Patienten geht. ***************** Patricia Fennell, MSW, LCSW-R, erstellte das international anerkannte vierphasige Behandlungskonzept Fenell Four-Phase Treatment (FFP'T)TM zum Verständnis und zur Behandlung chronischer Erkrankungen. Sie ist Präsidentin und CEO der Albany Health Management Associates, Inc. in Albany, New York. |