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    Artikel des Monats
Oktober 08 Teil IV

    8. Umweltmedizinische Jahrestagung am 3.-4. Oktober 2008 in Berlin zum Thema:

    Differentialdiagnostik bei Patienten mit chronischen Erkrankungen

    Berichte von Marlies Zurhorst und Dr. Anke Bauer

    Das Tagungsprogramm finden Sie unten. Den Tagungsflyer finden Sie hier. Herzlichen Dank an die beiden Autorinnen für die Erlaubnis zur Reproduktion ihrer Berichte.

     

    CFS war Thema auf der 8. Umweltmedizinischen Jahrestagung am 3.-4. Oktober 2008

    Bericht von Marlies Zurhorst

    Am vergangenen Wochenende (3./4. Oktober 2008) fand in Berlin die 8. Umweltmedizinische Jahrestagung statt. Viele uns bereits gut bekannte Mediziner wie Prof. Rüdiger von Baehr, Dr. Kurt Müller, Prof. Wolfgang Huber, Dr. Bodo Kuklinski, Dr. Frank Bartram u.a. sprachen in ihren Vorträgen u.a. über das Chronische Erschöpfungssyndrom, das auf verschiedene Ursachen zurückgeführt wird.

    Insbesondere aber beschäftigte sich Prof. Carmen Scheibenbogen von der Immunologie der Charité Berlin-Mitte mit unserem Krankheitsbild aus immunologischer Sicht. In der Immundefekt-Sprechstunde der Charité versucht Prof. Scheibenbogen Virusinfektionen als Auslöser von CFS nachzuweisen. Auch die internationalen Forschungsergebnisse zu CFS weisen darauf hin, das zumindest ein Teil der CFS-Erkrankungen eine immunologische Ursache haben.

    Ziel der aktuellen Forschung an der Charité ist es, bessere Parameter zu identifizieren, die zuverlässig eine chronische Virusinfektion (und damit die Ursache für die chronische Erschöpfung und anderer Symptome) nachweisen können. Dabei kommt dem Epstein-Barr-Virus und anderen Herpesviren eine besondere Bedeutung zu.

    Bemerkenswert und besonders wertvoll für uns ist, dass Frau Prof. Scheibenbogen die Ergebnisse der internationalen CFS-Forschung voll in ihre Forschungsarbeit integriert und mit international renommierten CFS-Forschern in Kontakt steht, so dass sie an den internationalen Stand der Forschung anknüpft. Ebenso wertvoll auch, dass sie auf Tagungen wie dieser einem größeren Publikum von Ärzten das Thema näher bringt.

    **********************************

    Kurzbericht einiger Highlights der 8. Umweltmedizinischen Tagung Berlin 3.-4. 10. 2008

    Verfasser: Dr. Anke Bauer, Fachkliniken Nordfriesland, www.fklnf.de

    Bredstedt, den 06.10.2008

    Prof. Dr. med. Rüdiger von Baehr sprach über „Umweltbelastungen und Reaktivierung persistierender Infektionen“.

    Er ließ keinen Zweifel daran, dass medizinisch relevante Umweltfaktoren auf allen Ebenen der Infektabwehr den Verlauf jeder Infektion in ihrer klinischen Auswirkung beeinflussen. Das betrifft auch persistierende latente Infektionen, besonders dann, wenn man opportunistische Erreger mit einbezieht. Der Erreger persistiert intrazellulär in geringer Zahl. Zwischen Immunabwehr und Erreger bildet sich ein mehr oder weniger stabiles Gleichgewicht aus (latente Infektion). Dieses Gleichgewicht kann bei immunsuppressiven Einflüssen kippen.

    Eine Reaktivierung der latenten Infektion ist dann möglich. Am bekanntesten sind die Reaktivierungen von HSV1- und 2- Infektionen (aber auch VZV) durch Sonnenbestrahlung, Stress und andere Infektionen. Ein weiteres Beispiel sind jüngste Erkenntnisse über die Reaktivierung von CMV-Infektionen durch inflammatorische Zytokine, besonders Interleukin 1 (IL1). Dieses ist bemerkenswert, da Patienten mit umweltbedingten Erkrankungen häufig High Responder hinsichtlich einer TNF-alpha und/oder IL1-Stimulation sind. Die Auswirkungen zirkulierender Zytokine können systemisch sein und betreffen hinsichtlich der Symptomatik insbesondere das Herz-Kreislauf-System, die Gelenke und das Nervensystem (Cephalgien, Neuropathien). Dem Verhältnis von TNF-alpha als proentzündlichem Zytokin und IL-10 als antientzündlichem Zytokin kommt dabei besondere Bedeutung bei der Beurteilung dieses Geschehens zu.

    Toxische Einflüsse von Umweltfaktoren auf Epithelzellen der Schleimhäute vermindern weiterhin u.a. die Synthese und Sekretion endogener antimikrobieller Peptide (z.B. Defensine) und vermindern damit die lokale Infektionsresistenz, vor allem gegenüber latenten opportunistischen Infektionen (z.B. chron. entzündliche Darmerkrankungen).

     

    Dr. Kurt Müller stellte einen interessanten Fall aus seiner Praxis vor, der eine verminderte Aktivität des Enzyms „Catechol-O-Methyltransferase (COMT)“ aufwies. Die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) ist ein Enzym, das in den sympathischen Nervenenden der Zielorgane verschiedene Catecholamine, darunter das Noradrenalin, das Adrenalin und das Dopamin, deaktiviert. Patienten, die ein genetisches Defizit des Enzyms COMT haben, sind nicht in der Lage die Substanzen ausreichend schnell zu metabolisieren.

    Die verzögerte Metabolisierung der Katecholamine prägt den Phänotyp der Betroffenen. Wird eine Stressreaktion ausgelöst, entwickeln beide Geschlechter hektische Aktivität, Betriebsamkeit und Leistungssteigerung bis hin zu Aktionismus. Wird dieses positiv genutzt, leisten diese Frauen und Männer überdurchschnittlich viel. Oft sind sie auch besonders intelligent und aufnahmefähig, jedoch kaum teamfähig. Die Betroffenen sind aufgrund des hohen Verbrauchs an allen Ressourcen besonders anfällig für Erschöpfungssyndrome/CFS sowie besonders infektanfällig (Immunsuppression und Mitochondropathien). Weiterhin besitzen sie eine geringe Reizschwelle und stehen daher auch im Risiko für chronische Schmerzen und chemische Sensitivität.

    COMT-Mangel ist auch mit psychiatrischen Krankheitsbildern assoziiert (Paranoide Psychosen, Schizophrenie). Der Exposition gegenüber Umweltschadstoffen, für deren Metabolisierung COMT erforderlich ist, kommt als Trigger für die Manifestierung klinisch relevanter Krankheiten vieler Fachgebiete der Medizin eine entscheidende Bedeutung zu. (vgl. auch: Müller K. Genetische Polymorphismen der Catechol-O-Methyltransferase (COMT). Umwelt Medizin Gesellschaft 20(4) 2007: 33ff)

      

    Prof. Dr. Reinhart Jarisch referierte über die „Histamin Intoleranz (HIT)“.

    Histamin wurde lange nur dem Heuschnupfen zugeordnet. Die Paradigmaerkrankung für Histamin, ist jedoch die Urticaria, obwohl die meisten Fälle von Urticaria normale Histaminwerte im Blut aufweisen. Auch bei nomalen Werten kann eine Histaminintoleranz vorliegen! Histamin ist für physiologische und pathologische Funktionen verantwortlich. Die Dosis macht hier das Gift: Als physiologische Funktion sind insbesondere die Magensaftsekretion und die Funktion als Neurotransmitter zu erwähnen. Die pathologischen Funktionen sind vielfältig: Die klinischen Bilder reichen von Kopfschmerzen/Migräne über Unterlidschwellungen, Flush im Gesicht, rinnende oder verstopfte Nase postprandial, Asthma bronchiale, Herzrasen, Hypotonie, Durchfälle und Dysmenorrhö (im Dünndarm sind die Histaminkonzentrationen 100mal höher als im Blut!).

    Etwa 80% der Patienten mit HIT sind weiblich und ca. 40 Jahre alt. Aus der Liste von Medikamenten, die als potentielle Auslöser der Histamin-Intoleranz in Frage kommen, ist ACC (Acetylcystein) von besonderer Bedeutung, da es z.B. bei Asthma auch langfristig verabreicht wird und Asthmaanfälle wiederum durch Histamin ausgelöst werden können.

    Die HIT ist definiert als Ungleichgewicht zwischen Histamin und Diaminoxydase (DAO=Histamin abbauendes Enzym). Meist liegt ein Mangel an DAO vor. Es kann auch Histamin erhöht und gleichzeitig die DAO erniedrigt sein, meist ist aber die DAO bei erhöhtem Histamin aufreguliert, also über dem Normalwert. Dies ist wichtig zu wissen, für den Fall, dass nur die DAO bestimmt wird! Histamin im Blut ist oft nicht erhöht! Die Diagnose kann auch nicht mittels Hauttest gestellt werden.

    Histamin kommt (neben anderen biogenen Aminen) in vielen Nahrungsmitteln vor. Deshalb wird die Verdachtsdiagnose einer HIT primär über eine Unverträglichkeit von histaminhältigen Nahrungsmitteln gemacht (Anamnese!).

    Nach klinischer Verdachtsdiagnose wird dem Patienten Blut zur Bestimmung von Histamin und DAO abgenommen und eine 14tägige histaminfreie Diät eingeleitet. Die Kontrolle erfolgt nach 14 Tagen mit neuerlicher Blutabnahme. Liegt eine HIT vor sinkt der Histaminspiegel signifikant und die DAO steigt signifikant an. Gleichzeitig ist das Krankheitsbild gebessert oder verschwunden. Bei nicht Vorliegen einer HIT ändert sich an Histamin und DAO nichts, die klinischen Beschwerden bleiben gleich.

     Die Therapie sieht folgendermaßen aus:

    1. Ernährung arm an Histamin und anderen biogenen Aminen

    2. H1-Rezeptorenblocker (nicht sedierend)

    3. evtl. DAO-Kapseln bei verminderter DAO (Wirksamkeit noch nicht eindeutig belegt)

     Die spezifische Immuntherapie wirkt bei HIT nicht. Vitamin C ist ein Gegenspieler des Histamins und kann daher gut ergänzend eingesetzt werden, auch z.B. bei Reiseübelkeit. Für die Dermatologie sind neben Pruritus, Urticaria und Neurodermitis von Interesse. Eine Histamin Intoleranz erhöht weiterhin das Risiko einer Kontrastmitteluntersuchung und das Operationsrisiko. Auch ist die Gefahr des postoperativen Erbrechens größer. Insektengiftallergien verlaufen schwerer und die IT funktioniert meist nicht (p 0,003). Für Asthma bronchiale -Patienten ist das Einhalten der histaminfreien Diät besonders wichtig, da Asthma durch inhalative Provokation mit Histamin ausgelöst werden kann. Weiterhin sind opiathaltige Drogen Histaminliberatoren und daher für Personen mit HIT besonders gefährlich. Todesfälle wurden mit hohen postmortalen Histamin-Konzentrationen assoziiert. Und nicht zuletzt wird die Seekrankheit durch Histamin ausgelöst. Die Beobachtung, dass Schwangere ab der 12. SSW nicht mehr unter Heuschnupfen, Asthma bronchiale sowie Kopfweh und Migräne leiden, erklärt sich durch die Tatsache, dass die DAO auf das hundert bis fünfhundertfache ansteigt und somit Histamin sofort abbaut. (vgl. auch Jarisch R. Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit, Stuttgart, Thieme 177 S. 2004).

     

    Dr. rer. nat. Werner Schößler sprach über „Induktoren von Autoimmunreaktionen - Infektionen, Metalle, Schadstoffe“.

    Autoimmunerkrankungen sind mit einer Prävalenz von 3-8% und steigender Tendenz nach den Herz-Kreislauferkrankungen und den Krebserkrankungen die dritthäufigste Krankheitsgruppe in den westlichen Industrienationen und somit von großer sozialmedizinischer und volkswirtschaftlicher Bedeutung.

    Ausgehend von der Definition einer Autoimmunerkrankung nach den Witebsky-Rose-Kriterien werden die wichtigsten Autoimmunerkrankungen sowie ihre Klassifikation vorgestellt. Hierbei hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem die Bestimmung zahlreicher Autoantikörper gegen die unterschiedlichsten Zielantigene (Proteine, Glykoproteine, Nukleinsäuren, Phospholipide, Glykosphingolipide u. a.) als wichtige Hilfe in der Diagnostik, Differenzialdiagnostik, der Frühdiagnostik, Prognostik und dem Monitoring von Autoimmunerkrankungen erwiesen.

    Hierbei ist Dr. Schößler insbesondere auf Probleme der Befundinterpretation bei der Bestimmung von Autoantikörpern sowie des Vorhandenseins natürlicher oder klinisch nicht relevanter Autoantikörper eingegangen. Die Ätiologie und Pathogenese von Autoimmunerkrankungen ist noch nicht vollständig geklärt. Als Ursachen werden genetische Aspekte (HLA-Assoziation), Immundefekte, hormonelle Einflüsse (Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer an einer Autoimmunerkrankung) sowie Umweltfaktoren diskutiert, wobei in der Regel mehrere Einflussfaktoren wirksam werden müssen („Mosaik der Autoimmunität“).

    In den letzten Jahren haben Umweltfaktoren im weitesten Sinne zunehmendes Interesse als Ursache einer Autoimmunerkrankung gefunden. So wird als auslösender Mechanismus von Autoimmunerkrankungen eine vorangegangene Infektion durch Viren, Bakterien und Parasiten diskutiert. Neben UV-Licht stehen vor allem chemische Noxen (v.a. Schwermetalle wie Quecksilber-, Gold- oder Platin- Verbindungen) im Verdacht, autoimmune Prozesse auslösen zu können. Obwohl in der Literatur über zahlreiche chemische Noxen als Auslöser einer Autoimmunerkrankung spekuliert wird, konnte vor allem für die genannten Schwermetallverbindungen eine Beteiligung an autoimmunen Prozessen wahrscheinlich gemacht werden. An dem wohl historisch einmaligen wie auch eindrucksvollen Beispiel von Bergleuten im Uranerzbergbau in der ehemaligen DDR wird der Zusammenhang zwischen einer Uranstaub-Exposition und nachfolgenden Autoimmunerkrankung aufgezeigt.

    (Anm. des Verfassers: Ob unerkannte langjährige allergische Prozesse gegen Metalle z.B. aus Zahnersatz oder Implantaten zu Autoimmunerkrankungen führen, ist nicht bekannt. Fallberichte dieser Art, d.h. Rückgang der autoimmunen Prozesse nach Zahnsanierung, machen jedoch nachdenklich).

     

    Dr. rer. nat. Eckart Schnakenberg referierte über Genetische Ursachen von unerwünschten Medikamenten- und Schadstoffeffekten.

    Unerwünschte Medikamentenreaktionen mit Todesfolge sind nach dem aktuellen Stand der Literatur die vierthäufigste Todesursache. Es wird geschätzt, dass etwa 30 % aller Medikamententherapien mit dem Auftreten unerwünschter Arzneiwirkungen assoziiert sind. Inwieweit pharmakogenetische Faktoren die Ursache der hohen Zahl unerwünschter Arzneimittelwirkungen sind oder andere Kofaktoren das unerwünschte Auftreten der Medikamentennebenwirkungen beeinflussen, ist unklar.

    Das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte hat erstmalig im März 2008 eine öffentliche pharmakogenetische Stellungnahme herausgegeben. Demnach ist ab sofort vor Beginn einer Therapie mit nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren eine genetische Testung des Genmarkers HLA-B*5701 erforderlich. Grundlage dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass bei Trägern dieser Genvariante mit hoher Wahrscheinlichkeit lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktionen unter Therapie auftreten können.

    Genetische Varianten treten mit einer Häufigkeit von mindestens ein Prozent in der Bevölkerung auf. Diese können zu einer Funktionsänderung eines Enzyms oder Proteins führen und den Metabolismus von Medikamenten und anderen Fremdstoffen beeinflussen. Es ist seit langer Zeit bekannt, dass die in den Cytochrom P450 Genen lokalisierten genetischen Varianten hinsichtlich des Therapieansprechens bzw. dem Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen eine wichtige Bedeutung haben. Insbesondere Psychopharmaka aber auch Protonenpumpeninhibitoren, Antiepileptika, Antihypertensiva, Cumarine und zytostatische Wirkstoffe werden genetisch bedingt unterschiedlich metabolisiert. Da der routinemäßige Einsatz pharmakogenetischer Diagnostik bis heute noch wenig üblich ist, in einigen Fällen jedoch der klinische Nutzen nachgewiesenermaßen sehr hoch ist, muss gefragt werden, ob eine Therapie z.B. mit Thiopurinen, 5-Fluorouracil oder einigen trizyklischen Antidepressiva ohne vorangehende molekulargenetische Diagnostik heute noch zu vertreten ist.

    Ebenso wie Arzneimittelwirkstoffe werden auch andere Fremdstoffe wie Toxine der Schimmelpilze, Insektizide, Pestizide, Dioxine u. v. m. sowie endogene Substanzen wie Hormone, Lipide, Aminosäuren und Neurotransmitter mit Hilfe der Cytochrom P450- und Phase II Enzymen metabolisiert. Es liegen Studien vor, die bereits bei Exposition mit Schadstoffen im Niedrigdosisbereich über eine erhöhte Zytotoxizität in Abhängigkeit genetischer Varianten berichten. Insbesondere das Vorliegen der Kombination genetischer Varianten in Phase I- und Phase II Enzymen scheint das Risiko für das Auftreten chronischer Krankheiten zu erhöhen.

      

    Dr.rer.nat. Anke Bauer gab eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand der Multiple Chemical Sensitivity / MCS.

    Das Auftreten chemischer Intoleranzen wird in schwerer Ausprägung als Multiple Chemikaliensensitivität oder „MCS“ bezeichnet. In der Bevölkerung tritt MCS in der Größenordnung von 0,5% bis 6,3% auf. Nachdem die 80er und 90er Jahre durch polarisierte Diskussionen zum Thema gekennzeichnet waren, in denen es um die Zuordnung der MCS entweder zur Toxikologie oder zur Psychosomatik ging, setzt sich in neueren Studien zunehmend die Erkenntnis eines multifaktoriellen Störungsmodells durch, welches Aspekte beider Fachgebiete berücksichtigt.

    Es ist auffällig, dass neben schadstoffbelasteten Personen, insbesondere Kollektive mit Erkrankungen, die ebenfalls mit körperlicher oder psychischer „Sensitivität“ bzw. mit „Sensitivierung“ einhergehen, erhöhte Raten an Personen mit gleichzeitiger Chemikaliensensitivität aufweisen. Diese Überlappung wird als „Kreuz-Sensitivität“ (Friedman 1994) bezeichnet (z.B. Asthma, Allergien, hyperreagibles Bronchialsystem, CFS, PTSD).

    Angststörungen, Anpassungsstörungen, Depressionen oder psychosozialer Stress treten bei chronischer MCS nicht häufiger auf als bei anderen chronischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes Mellitus oder Asthma, aber häufiger als in der Bevölkerung allgemein.

    Studien, die die MCS in ihrer frühen Form untersuchen, finden gleichfalls hyperreagibles Bronchialsystem, weitere Überempfindlichkeiten gegenüber exogenen Faktoren sowie Ängstlichkeit als Risikofaktoren für chemische Intoleranzen. Provokationsstudien - ohne die Problematik der Chronifizierung und Konditionierung - können neuropsychologische Effekte niedrigdosierter VOC-Belastungen bei frühen Formen der MCS verifizieren.

    Chronische systemische Entzündungsreaktion als Folge erhöhten oxidativen Stresses werden als Mitursache der Symptome von MCS-Patienten diskutiert. Auf der Basis der Literatur und eigener Forschungsarbeiten stellte Frau Dr. Bauer ein multifaktorielles mehrstufiges Modell der MCS vor.

    Die Schwere des Störungsbildes und die sozialen Folgen der MCS werden über die Begleiterkrankungen deutlich moduliert, daher muß die Therapie multimodal aufgebaut sein. Die Prognose der Störung MCS ist stark abhängig von einem multimodalen Therapieansatz und der Übereinkunft eines multifaktoriellen Krankheitsmodells von Arzt und Patient.

    (vgl. auch: Bauer A, Schwarz E, Hauf FO, Mai Chr (2008): Multiple Chemical Sensitivity / MCS: Ein Update. Umwelt Medizin Gesellschaft 21 (4): im Druck))

    Dr. Anke Bauer der Fachklinik Nordfriesland

    Eine pdf-Datei dieses Berichts ist hier auf der Website der Fachkliniken Nordfriesland zu finden.

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    Tagungsprogramm 3. Oktober 2008

    Umweltmedizinische Belastungen und Reaktivierung persistierender Infektionen
    Gibt es einen Zusammenhang?
    Prof. Dr. med. R. v. Baehr
    Zeckenübertragene Erkrankungen unter dem Einfluss des Klimawandels
    Dr. med. T. Talaska
    Borreliose
    Klinik, Diagnostik, Therapie
    Frau Dr. med. Hopf-Seidel
    Relevanz für die Umweltmedizin
    Falldarstellung - Theorie und Praxis
    Dr. med. K. Müller
    Neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten beim Chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS)
    Frau Prof. Dr. med.
    C. Scheibenbogen
    Therapeutische Apherese
    Behandlungsoption umweltmedizinischer Erkrankungen
    Dr. med. R. Straube/
    Dr. med. H.-P. Donate
    Der therapeutische Einsatz von Zeolithen
    Dr. U. Heck
    Immunmodulation mit Organpeptiden und Phytotherapeutika

    Dr. med. T. Niecke

    Immunmodulation in der Nutriven Medizin
    Dr. med. C. Muss
    Relevanz für die Umweltmedizin
    Falldarstellung - Theorie und Praxis
    Prof. Dr. med. W. Huber
     

    Tagungsprogramm 4. Oktober 2008

    Klinik und Grundlagen der Histaminintoleranz
    Prof. R. Jarisch
    Urtikaria
    Klinik, Diagnostik, Therapie
    Dr. M. Metz
    Kausale Diagnostik bei Allergien
    Voraussetzung für die kausale Therapie
    Prof. Dr. rer. nat. H. Fiebig
    Relevanz für die Umweltmedizin
    Falldarstellung Theorie und Praxis
    Dr. med. P. Ohnsorge
    Induktoren von Autoimmunreaktionen
    Infektionen, Metalle, Schadstoffe
    Dr. rer. nat. W. Schössler
    Genetische Ursachen von unerwünschten Medikamenten- und Schadstoffeffekten
    Dr. med. E. Schnakenberg
    Zwei Beiträge zur Langzeitspeicherung von organischen Lösungsmitteln und zur Pathogenese des M. Parkinson durch Pestizide 
    Prof. Dr. med. W. Kochen
    Multiple Chemical Sensitivity-update

    Dr. A. Bauer

    Diagnostik und Therapie der mitochondrialen Zytopathie
    PD Dr. med. B. Kuklinski
    Relevanz für die Umweltmedizin
    Falldarstellung - Theorie und Praxis
    Dr. med. F. Bartram

    Adressen und Email-Adressen der Referenten finden Sie hier.