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Warum ist der eine Mensch in der Lage, sich von einer Infektion zu erholen, die einen anderen in eine chronische und oft lähmende Erkrankung stürzt? Das ist die Frage, die die Dubbo-Studie zu beantworten sucht. Der InfektionszusammenhangGastbeitrag von Cort Johnson * Übersetzung von Regina Clos Aus: "The CFIDS Chronicle - Spring 2007".
Man unterzog diese Patienten einer gründlichen körperlichen und psychiatrischen Untersuchung, machte Blutuntersuchungen, um den Immunstatus zu bestimmen, und erstellte Genexpressionsprofile. Die Forscher untersuchten dann jeden der Patienten jeweils drei und sechs Wochen sowie drei, sechs und 12 Monate nach Beginn der Infektion. Sie wurden während des gesamten Zeitraums auf postinfektiöse Erschöpfung hin überwacht, und bei der Untersuchung 6 Monate nach Krankheitsbeginn wurde ihr Status anhand der Internationalen Falldefinition des CFS von Fukuda et al. (1994) untersucht. Die bisher erzielten Ergebnisse sind äußerst interessant. Erstaunlicherweise ist der Prozentsatz an CFS-Fällen, die durch jeden der Erreger ausgelöst wurden, bei allen Infektionsarten beinahe gleich hoch. Gleichgültig, an welchem Erreger sie erkrankt waren, erfüllten etwa 12 Prozent aller Infizierten nach 6 Monaten die CFS-Kriterien. Außerdem ähnelte sich die Symptomatik bei allen sehr stark. Unabhängig von den spezifischen Symptomen der anfänglichen Infektion zeigten alle der Patienten mit postinfektiöser Erschöpfung bei der Untersuchen 6 Monate nach Krankheitsbeginn im wesentlichen die gleichen Symptome - und zwar die Symptome, die den Kriterien für ein CFS entsprechen. Das sind äußerst bemerkenswerte Ergebnisse. Bei EBV, RRV und Q-Fieber handelt es sich schließlich um ganz unterschiedliche Erreger. EBV ist ein DNA-Virus, das die B-Lymphozyten angreift, das Ross-River-Virus ist ein RNA-Virus, das die Gelenke befällt und Q-Fieber ist gar kein Virus, sondern ein Bakterium aus der Gruppe der Rickettsien. Alle diese Pathogene attackieren den Körper auf unterschiedliche Weise, aber am Ende scheinen sie allesamt bei einigen Menschen die gleiche Art der chronischen Erkrankung hervorzurufen. Das lässt darauf schließen, dass es nicht der Erreger als solcher ist, der das postinfektiöse CFS auslöst, sondern die Reaktion des Körpers auf die Infektion im allgemeinen. Da es sich um infektiöse Agentien handelt, war das erste, das sich die Forscher ansahen, das Immunsystem. Sie wollten zweierlei herausfinden: ob diese Patienten in der Lage waren, den Eindringling erfolgreich zu besiegen oder ob sie krank waren, weil ihr Immunsystem bei dem Versuch, den Erreger zu beseitigen, in einen Zustand der Übersteuerung geraten war. Eine Analyse, die sich speziell auf die Gruppe der EBV-Infizierten der Dubbo-Patienten konzentrierte, kam zu dem Schluss, dass keine der beiden Erklärungen richtig war. In dieser Teilstudie fand man heraus, dass die Patienten den Eindringling erfolgreich niedergekämpft und weitgehend normale Immunreaktionen hatten. Es gab aber dennoch ein paar Anomalien. Die EBV-Patienten, die schließlich ein CFS entwickelten, brauchten ein bisschen länger, um ihre Immunreaktion anzukurbeln und auch ein bisschen länger, um das Virus niederzukämpfen. Außerdem trat bei ihnen die Antikörperproduktion als Reaktion auf das Virus früher auf. Auch waren sie im Anfangsstadium der Erkrankung auf der symptomatischen Ebene sehr viel stärker erkrankt als die Kontrollgruppe (die hier aus denjenigen bestand, die sich nach der Infektion unauffällig erholten). Die Rate an psychischen Störungen war nicht signifikant erhöht, so dass die Dubbo-Forscher ausschlossen, dass psychologische Faktoren zu ihrer Erkrankung beitrugen. Stattdessen äußerten die Forscher die Ansicht, dass diese Ergebnisse genau das widerspiegeln könnten, was einige der CFS-Forscher schon seit langem vermuten – nämlich, dass das Immunsystem von Menschen, die an CFS leiden bzw. die dazu neigen, daran zu erkranken, aus dem Gleichgewicht geraten ist. Das könnte sowohl für die leichte Verzögerung der Immunantwort als auch für die frühzeitige Antikörperproduktion der CFS-Patienten der Studie verantwortlich sein. Die Forscher stellten die These auf, dass die CFS-Patienten eine erhöhte Produktion eines entzündungshemmenden Botenstoffes mit dem Namen Interleukin-10 (IL-10) aufweisen könnten. Die Ergebnisse einer Follow-up-Untersuchung im Rahmen der Dubbo-Studie ließen darauf schließen, dass man mit der ersten Studie auf der richtigen Spur gewesen war. Auf der 2007er Konferenz der International Association for CFS/ME (IACFS/ME) berichtete Dr. Toni Whistler von den CDC, dass die Genexpressionsstudien, die man im Verlauf eines Jahres durchgeführt hatte, Belege für drei verschiedene immunologische Anomalien ergeben hatten. Die entzündungshemmenden Gene, die an der IL-10-Produktion beteiligt sind, schienen übermäßig aktiv zu sein, während die Gene, die für die Produktion von Rezeptoren auf der Zelloberfläche verantwortlich sind – Rezeptoren, die vor einem Angriff durch einen Erreger warnen – merkwürdig inaktiv waren. Darüber hinaus schien noch ein weiterer Prozess nicht normal zu funktionieren, ein Prozess, der wichtig ist, um den Körper von infizierten Zellen zu befreien – bekannt als programmierter Zelltod oder Apoptose. Es scheint also, als ob die CFS-Patienten in drei grundlegenden Aspekten der Immunantwort Schwierigkeiten haben: den Eindringling zu erkennen, einen machtvollen Angriff gegen ihn anzufahren und diejenigen Zellen abzutöten, die von ihm infiziert wurden. Auch wenn es bei ihnen ein bisschen länger gedauert hat, schienen die CFS-Patienten dennoch in der Lage zu sein, die Pathogene niederzukämpfen. Mit der Zeit fielen bei ihnen die Viruslast und die Antikörperreaktion genauso ab, wie bei der Kontrollgruppe ohne CFS. Wenn aber der Erreger besiegt war, wieso waren sie trotzdem immer noch krank? Hier können die Forscher nur spekulieren. Eine Theorie besagt, dass die leicht verzögerte Immunantwort den Erregern ermöglicht hat, größeren Schaden anzurichten, bevor sie beseitigt wurden. Die Dubbo-Forscher fanden heraus, dass der primäre Faktor für die Vorhersage eines sich später entwickelnden CFS die Schwere der anfänglichen akuten Infektion war. Die stärker ausgeprägte Symptomatik der CFS-Patienten lässt Dr. Lloyd vermuten, dass eine Schädigung des Nervensystems in den frühen Stadien der Infektion möglicherweise die Teile des Gehirns betrifft, die für Erschöpfung, kognitive Funktionen und andere Prozesse zuständig sind. In mancher Hinsicht wäre eine Beteiligung des zentralen Nervensystems nicht überraschend. Die Forscher glauben, dass viele der Symptome, die wir mit einer Infektion in Verbindung bringen, ihren Ursprung im Gehirn haben. Genauso wie Schmerzen, die durch eine Verletzung verursacht werden, uns davon abhalten, uns zu bewegen, scheinen uns die unangenehmen Symptome, die wir mit einer Infektion in Verbindung bringen, vom Gehirn gezielt produziert zu werden, um uns dazu zu bringen, uns auszuruhen. Tatsächlich fanden die Dubbo-Forscher heraus, dass zwar einige der Symptome, die mit den frühen Stadien einer Infektion zusammenhängen, bei den CFS-Patienten überwunden werden, aber dass andere, beispielsweise die Erschöpfung und die kognitiven Beeinträchtigungen, weiterhin vorhanden sind. Das lässt vermuten, dass einige Teile des zentralen Nervensystems, die während einer Infektion aktiviert werden, bei diesen CFS-Patienten möglicherweise geschädigt wurden. Dr. Lloyd ist mit dieser Vermutung nicht allein, dass bei CFS eine Schädigung des zentralen Nervensystems eine entscheidende Rolle spielen könnte. Dr. Hirohiko Kuratsune, der führende Forscher der großen japanischen Forschungsanstrengungen im Bereich CFS, präsentierte auf der 2007er IACFS/ME-Konferenz eine Grafik, mit der er postulierte, dass nicht nur Infektionen, sondern auch Toxine, Verletzungen und andere Arten von physischen und psychischen Stressoren neurale Schäden verursachen, die bei den CFS-Patienten die Gehirnfunktionen grundlegend verändern. Neuere Studien, in denen das Gehirn von CFS-Patienten mit abbildenden Verfahren untersucht wurden, lassen darauf schließen, dass verschiedene Teile des Gehirns, die an der Energieproduktion, der Konzentration, der Stimmung und der Schlafregulation beteiligt sind, bei CFS-Patienten verändert sind. Ein ähnliches Szenario scheint bei der Fibromyalgie zuzutreffen, einer Erkrankung mit vielen Verbindungen zum CFS, die ebenfalls durch eine Infektion ausgelöst werden kann. Trotz der Forschungsarbeiten des Dubbo-Teams auf diesem Gebiet ist jedoch immer noch nicht geklärt, ob die Erreger wirklich bei allen post-infektiösen CFS-Patienten beseitigt wurden. Auf der IACFS/ME-Konferenz wurden mehrere vorläufige Studien vorgestellt, nach denen eine antivirale Therapie bei einer Untergruppe von CFS-Patienten zu einer Verbesserung des Zustands führen kann. Diese Studien lassen darauf schließen, dass diese Untergruppe möglicherweise an einer nicht diagnostizierten, chronischen Infektion leidet. Andere Studien, die auf der Konferenz vorgestellt wurden, legen nahe, dass die Rate an aktivierten HHV-6- und Enteroviren-Infektionen bei CFS erhöht ist oder dass eine ungewöhnliche Art einer EBV-Infektion vorliegen könnte. Es kann sehr gut sein, dass es innerhalb der größeren post-infektiösen Gruppe der CFS-Patienten verschiedene Untergruppen gibt. Es ist eine aufregende Zeit für die CFS-Patienten, die infolge einer Infektion erkrankt sind. Eine von den National Institutes of Health finanzierte Studie von Dr. Renée Taylor, die nächstes Jahr abgeschlossen sein soll, untersucht weitere biologische Parameter der post-infektiösen Erkrankung bei CFS: die Funktion der natürlichen Killerzellen (NK), die Cortisolwerte im Speichel, die ACTH-Werte und die orthostatische Intoleranz. Ein Studie mit einem antiviralen Medikament Valcyte wird derzeit unter der Leitung von Dr. José Montoya an der Stanford University durchgeführt, und Dr. Jonathan Kerr aus Großbritannien führt Versuche mit Beta-Interferon durch, das antivirale und immunmodulatorische Eigenschaften hat. Wir fangen erst an, den post-infektiösen Krankheitsprozess zu verstehen, aber seine Erforschung bekommt nun endlich neuen Schwung. * Cort Johnson unterhält eine Website mit dem Namen „Phoenix Rising“, eine online-Quelle mit Berichten, Kurzberichten über Forschungsprojekte und Interviews auf dem Gebiet des CFS. Er hat einen Master-Abschluss in Umwelttechnik und widmet einen großen Teil seiner Zeit dem Studium der CFS-Forschung und der Medizin. http://phoenix-cfs.org
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