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Artikel des Monats September 2014 Falschanschuldigungen wegen Kindesmisshandlung in Fällen von Myalgischer Enzephalomyelitis (ME) bei Kindern Von Jane Colby Geschäftsführende Direktorin des Tymes Trust jane.colby@tymestrust.org Juli 2014 Übersetzung von Regina Clos mit freundlicher Genehmigung von Jane Colby Original hier oder hier zum Download, deutsche Version hier als pdf-Datei
Zusammenfassung Es gibt kein Heilmittel für ME (Myalgische Enzephalomyelitis). In Ermangelung eines Heilmittels werden Managementverfahren verordnet, üblicherweise auf der Grundlage von kognitiver Verhaltenstherapie (Cognitive Behavior Therapy – CBT) und ansteigender körperlicher Aktivierung (Graded Exercise Therapy – GET). Bei Kindern kann damit die Anwendung von Maßnahmen wegen Kindeswohlgefährdung verbunden sein, um die Behandlung zu erzwingen. Die NICE-Richtlinien bestätigen, dass Patienten sich ohne Auswirkungen auf die zukünftige Behandlung aus der Behandlung zurückziehen können, aber Eltern, die diese Managementverfahren für ihre Kinder ablehnen oder sie abbrechen, die deren Krankheit möglicherweise verschlimmert haben, finden sich u.U. mit Ermittlungen wegen Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung konfrontiert oder ihr Kind wird zwangsweise in eine psychiatrische Klinik eingeschlossen. Der Tymes Trust hat 121 Familien beraten, die mit solchen Verdächtigungen bzw. Nachforschungen konfrontiert waren. Bis zum heutigen Tag ist bei keiner dieser Familien ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen worden. Da ME unter den heterogenen Begriff Chronic Fatigue Syndrom (CFS) subsumiert wird, hat das zu Verwirrung in Forschung und Behandlung und zu Unglauben hinsichtlich Schwere und Chronizität der Krankheit geführt. Da Forschungsergebnisse auf eine persistierende virale Infektion hinweisen, wurde empfohlen, ME von CFS zu unterscheiden. Internationale Konsenskriterien für ME stellen heraus, dass die Zustandsverschlechterung nach Belastung sich von Erschöpfung unterscheidet. Wenn sich der Zustand eines Kindes mit ME unter den Managementverfahren verschlimmert, dann kann die Um-Diagnostizierung zu einer psychiatrischen Störung das Versagen der Behandlung verschleiern und dazu führen, dass die Eltern für dieses Versagen verantwortlich gemacht werden. Eine konstruktivere Verwendung von Ressourcen weg von Kinderschutzermittlungen hin zu angemessener praktischer Unterstützung dieser schwer beeinträchtigten Kinder sollte erarbeitet werden. Schlüsselwörter ME, CFS, Chronic Fatigue Syndrom, Myalgische Enzephalomyelitis, Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, Kinderschutz Biographische Angaben Jane Colby hat mit der All Party Parliamentary Group on ME und der All Party Parliamentary Group on Abuse Investigations im Hinblick auf die in diesem Artikel aufgeworfenen Probleme zusammengearbeitet. Jane Colby ist eine frühere Schulleiterin. Sie war Mitautorin der größten epidemiologischen Studie, die bislang durchgeführt wurde und hat die Fragebögen für Dokumentation der BBC über ME vorbereitet. Sie war Mitglied der Chief Medical Officer’s Working Group on CFS/ME. Als jemand, der früher an schwerer ME gelitten hat, leitet sie jetzt den Tymes Trust. Einleitung Seit geraumer Zeit hat die All Party Parliamentary Group on ME (2010) ihre Besorgnis ausgedrückt: „Manche Kinder mit ME und ihre Familien sind in unnötige, schädliche und quälende Vorladungen wegen Kinderschutz und Sorgerechtsverfahren verwickelt, weil es unter Lehrer, Sozialarbeitern, Mitarbeitern im Gesundheitswesen und anderen professionellen Helfern Fehleinschätzungen hinsichtlich der Myalgischen Enzephalomyelitis gibt.“ Man weiß noch nicht viel über ME und es gibt verbreitete Missverständnisse über die Krankheit. „Die Myalgische Enzephalomyelitis wird nicht selten mit Schulphobie, Magersucht, Vernachlässigung, Kindesmisshandlung, Münchhausen-Syndrom (fingierte oder absichtlich herbeigeführte Krankheit) oder einem durchgängigen Verweigerungssyndrom verwechselt.“ (Colby 2007). Das Service Users Joint Statement berichtet, dass der fälschliche Einsatz von Eingriffen im Rahmen des Kinderschutzes zur Herausnahme von Kindern mit ME aus ihrem Zuhause weg von ihren Familien wahrscheinlich zu einer gesundheitlichen Krise und zu negativen sozialen Auswirkungen führt. Sie können sich negativ auf die Kinder selbst auswirken, auf ihre Familien, auf andere professionelle Helfer, die mit den Kindern arbeiten und tatsächlich auch weitergehend auf die breitere Gemeinschaft (Wrennall et al., 2003). In der Geschichte des ME hat es eine Kontroverse über das Wesen der Myalgischen Enzephalomyelitis gegeben. In diesem Artikel werden wir uns auf die physiologische Grundlage der ME konzentrieren, für die es jetzt umfangreiche Belege gibt. Da, wo man die Krankheit als physiologisch begründet versteht, werden die psychologischen Behandlungsansätze, die so oft verordnet werden, als unangebracht angesehen und die Verordnung von körperlichem Training wird als gefährlich betrachtet (Twisk & Maes, 2009; Maes & Twisk, 2010a; Maes & Twisk, 2010b; Speight, 2013a; Nunez, 2011; Kindlon, 2011). Es wird als besonders unangemessen betrachtet, wenn umstrittene und potentiell schädliche medizinische Behandlungsregime durch den Einsatz von Kinderschutzmaßnahmen aufgezwungen werden. Im Jahr 2014 hat die Patientenorganisation, die ursprünglich als TYMES (The Young ME Sufferer) bekannt wurde und die 2000 zur gemeinnützigen Organisation Tymes Trust wurde, ihren 25. Geburtstag gefeiert. Im Jahr 2010 hat der Tymes Trust den Queen’s Award für gemeinnützige Arbeit bekommen, den MBE (Member of the Order of the British Empire) für ehrenamtliche Arbeit. Der Trust musste bis heute 121 Familien unterstützen, die den verschiedensten Verdächtigungen ausgesetzt waren, darunter auch Ermittlungen wegen Kindeswohlgefährdung. Sie waren mit Schikanen und staatlicher Unterdrückung konfrontiert wie etwa der Drohung, die Kinder aus der Familie zu nehmen und sie zwangsweise einer Rehabilitationsbehandlung (üblicherweise in einer psychiatrischen Abteilung) zu unterziehen oder absolut an den Rand gebracht zu werden, wobei ihre Kinder in Risikoregister („At Risk register“) aufgenommen wurden. In diesem Artikel werden die Erkenntnisse aus unseren Erfahrungen mit Familien im Zusammenhang mit der entsprechenden Forschung dargestellt. Es wird argumentiert, dass allzu oft Kinderschutzverfahren in Bezug auf Kinder mit ME nicht nur jegliche Beweisgrundlage fehlt, sondern sogar den Beweisen von Twisk & Maes (2009), Maes & Twisk (2010a), Maes & Twisk (2010b), Speight (2013a), Nunez (2011) Kindlon (2011) und (Carruthers et al, 2011) zuwiderläuft, die zeigen, was an medizinisch-sozialem Vorgehen bei diesen Kindern angemessen wäre. Insbesondere betonen wir die Verwirrung in der Forschung, die daraus resultiert, dass ME unter den schlecht definierten Begriff des „Chronic Fatigue Syndrom“ (CFS) subsumiert wird. ME als körperliche Krankheit Die Belege für die physiologische Basis der ME bestehen seit langer Zeit. Dowsett (1988) hat argumentiert, dass es Belege für eine persistierende enterovirale Infektion gibt, und Dowsett et al. (1990) haben herausgefunden, dass von 420 Patienten, die die Kriterien für ME erfüllen, „bei 205 dieser Patienten Coxsackie-B-Neutralisationstests beträchtliche Titer bei 103 von 205 (50%) zeigten, während 38 von 124 (31%) von 124 zusätzlich auf enterovirales IgM untersuchten Patienten positiv waren.“ Kennedy et al (2004) haben eine erhöhte neutrophile Apoptose (Zelltod) gefunden, die darauf hinweist, dass die Patienten „eine zugrundeliegende Anomalie in ihren Immunzellen zu haben scheinen“. Natelson et al (2005) fanden Anomalien in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit. Ebenfalls in 2005 hat John KS Chia die Belege für Enteroviren überprüft. Nachdem er die Prägung des Begriffs Chronic Fatigue Syndrom in den 1980er Jahren erklärt hatte, stellte er fest: „Anfängliche Berichte über chronische enterovirale Infektion, die bei Patienten mit CFS lähmende Symptome verursachen, trafen auf Skespis und sind im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts weitgehend in Vergessenheit geraten. Beobachtungen aus in vitro-Experimenten und aus Tiermodellen [haben] eindeutig eine Zustand chronischer Persistenz durch die Bildung von doppelstränginger DNA ermittelt, ähnlich der Befunde von Muskelbiopsien von Patienten mit CFS. Neue Belege [haben] diese früheren Studien nicht nur bestätigt, sondern darüber hinaus die pathogene Rolle von viraler RNA geklärt […]“ (Chia, 2005). Indem er die methodischen Fehler bei Studien aufzeigte, die einst Zweifel an dem enteroviralen Zusammenhang aufwarfen, schlussfolgerte er: „Von daher ist ein erneutes Interesse nötig, um die Rolle von Enteroviren als dem verursachenden Agens des CFS weiter zu erforschen.“ (Chia, 2005). Darauffolgend haben Chia & Chia (2008) gezeigt, dass ME mit chronischen Enterovirusinfektionen des Magens zusammenhängt. Physiologische Befunde, die ME bei Erwachsenen betreffen, spiegeln sich bei Kindern wider. „Biomedizinische Anomalien bei Erwachsenen mit CFS/ME – erhöhter oxidativer Stress und erhöhte Apoptose der weißen Blutzellen – können auch bei Kindern mit klinisch diagnostiziertem CFS/ME beobachtet werden, die mit entsprechenden Kontrollen verglichen werden.“ (Kennedy et al, 2010a). Die Ergebnisse wurden als übereinstimmend mit dem Vorliegen einer persistierenden viralen Infektion bestätigt, und Kinder mit ME, die von Kennedy et al (2010b) befragt wurden, berichteten tatsächlich einen erkennbaren infektiösen Beginn bei 88% der Fälle. Historisch gesehen erwiesen sich die Abkehr vom herkömmlichen Namen ME hin zu CFS, die Konzentration auf Erschöpfung als dem Hauptmerkmal einer übermäßig weitgefasst definierten Störung, die zunehmend und unsachgemäß als psychologisch angesehen wurde, sowohl für die Forschung als auch für die Behandlung als kontraproduktiv. In neuerer Zeit wurde ein internationales Konsensgremium, bestehend aus Klinikern, Forschern und universitären Ärzten, gebildet „mit dem Ziel, auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissens Kriterien zu entwickeln.“ (Carruthers et al, 2011). Wie Carruthers et al berichten, waren in dem Gremium 13 Länder vertreten, ein umfassendes Spektrum an Experten, die Hunderte von expertengeprüften Publikationen aufwiesen und die etwa 50.000 Patienten mit ME diagnostiziert oder behandelt hatten. Unabhängig von körperschaftlicher Finanzierung war das Gremium in der Lage, mit Hilfe der Delphi-Methode eine 100%ige Übereinstimmung zu erzielen. Das Gremium beschloss: „Angesichts der neueren Forschung und der klinischen Erfahrung, die stark auf eine ausgedehnte Entzündung und eine multisystemische Neuropathologie hinweisen, ist es angebrachter und zutreffend, den Begriff ‚Myalgische Enzephalomyelitis‘ (ME) zu verwenden, weil dieser eine zugrundeliegende Pathophysiologie bezeichnet. Er stimmt auch mit der neurologischen Klassifikation der ME in der International Classification of Diseases (ICD G93.3) der Weltgesundheitsorganisation überein.” (Carruthers et al, 2011). Das Gremium stellte darüber hinaus fest: „Die Verwendung des Begriffs ‚Erschöpfung’ (Fatigue) als Namen für eine Krankheit gibt dieser eine ausschließliche Gewichtung und ist das am meisten verwirrende und missbräuchlich verwendete Kriterium. Keine andere erschöpfende Krankheit hat den Begriff ‚chronische Erschöpfung‘ als Namensbestandteil – beispielsweise Krebs/chronische Erschöpfung, Multiple Sklerose/Chronische Erschöpfung – außer ME/CFS.“ (Carruthers et al, 2011). Mit der starken Evidenzbasis, die eine zugrundeliegende neurologische und mikrobiologische Pathologie aufzeigt, ist ME weit von dem nebulösen CFS entfernt und noch weiter entfernt von dem weithin gebrauchten Begriff ‚Chronische Erschöpfung‘. Erschöpfung kann ein Symptom von zahlreichen Krankheiten sein, einschließlich Herzerkrankungen, Krebs und einer Reihe von viralen Krankheiten, deren post-virale Auswirkungen relativ kurz sind (Monate im Unterschied zu den Jahren, die bei Fällen von ME üblich sind). Die schädlichen Auswirkungen aufgezwungener ärztlicher Behandlungsmaßnahmen Trotz der mikrobiologischen und neurologischen Forschungsergebnisse zu ME ist bislang kein Heilmittel entwickelt worden. Hooper (2007) und Carruthers et al. (2011) haben darauf hingewiesen, dass die Forschung durch das Versagen behindert wurde, sich mit der mikrobiologischen und neurologischen Ätiologie des ME auseinanderzusetzen sowie durch die Zusammenführung von ME und CFS. Die NICE-Richtlinien stellen fest: „Es ist keine pharmakologische Behandlung oder Heilmethode für CFS/ME bekannt” (NICE, 2007a, S.39). Deshalb sind Methoden zum Krankheitsmanagement entstanden. Aber da es sich hierbei auch nicht um Heilverfahren handelt, kann es keine medizinische Rechtfertigung dafür geben, sie irgendjemandem aufzuzwingen, insbesondere nicht Kindern. Managementverfahren, die bei Patienten mit ME angewendet werden, umfassen häufig einen kombinierten Ansatz von kognitiver Verhaltenstherapie (CBT) und Graded-Exercise-Therapie (GET – ansteigende körperliche Belastung). Wenn Kinder betroffen sind, berichten die Eltern dem Tymes Trust durchgängig, dass ein Programm von ansteigendem Schulbesuch aufgezwungen wird, der schrittweise gesteigert werden soll (was faktisch eine Form von Graded Exercise bezogen auf die Schule ist) und bei dem harmlose Begriffe wie „Aktivitätsmanagement“ den Begriff der „Graded Exercise“ ersetzen können. Dieser Ansatz kann auch Physiotherapie umfassen. Tatsächlich beinhalten all diese Ansätze schrittweise gesteigerte Anstrengungen. Ein ansteigender Schulbesuch und ansteigende körperliche Belastung sind einfach nur zwei Arten des gleichen Problems. Van Ness (2014) erklärt: „Die Rolle von körperlicher Belastung und Aktivitätsmanagement bei ME und CFS ist seit vielen Jahren Quelle großer Kontroversen – von vielen Mitarbeitern des Gesundheitswesens als nützlich angenommen, aber von vielen ME-Organisationen und Patienten infrage gestellt, die persönlich die schädlichen Folgen erleiden mussten, die von übermäßiger Aktivität verursacht wurden.“ Es wird nicht nur argumentiert, dass „die Behauptung für eine evidenzbasierte Wirksamkeit von CBT/GET für ME/CFS nicht bewiesen werden kann,“ (Twisk & Maes, 2009:295), sondern dass bereits Jahre, bevor Van Ness (2014) die Verstärkung der Symptome nach körperlicher Belastung bei ME-Patienten aufzeigen konnte, es bereits in Betracht gezogen wurde, dass „es zwingende Beweise dafür gibt, dass CBT/GET für viele ME/CFS-Patienten potentiell schädlich ist.“ (Twisk & Maes, 2009:295). Es wurde in der Tat bereits schon 2001 berichtet, dass „Ärzte von ihren Standesvertretungen darauf hingewiesen wurden, dass die Verordnung von körperlichem Training mit der gleichen Sorgfalt erfolgen muss wie die Verordnung von Medikamenten” und „Umfragen von nationalen [ME-] Patientenvereinigungen gezeigt haben, dass 60% der Patienten Graded-Exercise-Therapie entweder als unwirksam erlebt haben oder berichten, dass diese ihnen geschadet hat.“ (Colby, 2001) Die klassischen ME-Patienten leiden an einer “Zustandsverschlechterung nach Belastung (Post-exertional Malaise) mit einer herabgesetzten körperlichen Leistung/aeroben Leistungsfähigkeit, verstärkten muskoskelettalen Schmerzen, neurokognitiven Beeinträchtigungen, ‚Erschöpfung‘ und Schwäche, und einer langandauernden ‚Erholungs‘-Zeit.“ (Twisk & Maes, 2009:284). Eine Erklärung, die für die schädlichen Auswirkungen vorgeschlagen wird ist, dass „Belastung die bereits vorhandenen, dem ME/CFS zugrunde liegenden pathophysiologischen Anomalien verstärkt, wie etwa Entzündungsprozesse, Immundysfunktion, oxidativer und nitrosativer Stress, Störungen der Ionenkanalfunktion, mangelhafte Stressreaktionsmechanismen und eine hypoaktive Hypophysen-Hypothalamus-Achse.“ (Twisk & Maes, 2009:284). Twisk & Maes (2009:284) schlossen deshalb daraus ganz eindeutig, „dass es unethisch ist, Patienten mit ME/CFS mit unwirksamen, nicht evidenzbasierten und potentiell schädlichen ‘Rehabilitationstherapien’ wie CBT/GET zu behandeln.“ Das Internationale Konsensgremium stellte fest: „Die pathologisch niedrige Schwelle der Erschöpfbarkeit bei ME […] tritt häufig durch minimale körperliche oder geistige Belastung auf mit einer verminderten Fähigkeit, die gleiche Aktivität am gleichen Tag oder innerhalb der folgenden Tage zu wiederholen.“ (Carruthers et al, 2011). Kindlon (2011) erklärt, dass „sowohl die GET- als auch die CBT-Modelle auf einer Modellvorstellung von Inaktivität/Dekonditionierung als dem hauptsächlichen Motor des Fortbestehens der CFS-Symptome beruhen”. Eine randomisierte, kontrollierte Studie von Nunez et al. (2011) fand jedoch heraus, dass eine aufgezwungene Belastung die Lebensqualität nicht verbesserte, sondern dass sie sowohl die Funktionalität verminderte als auch die Schmerzen verstärkte. Das ist kaum überraschend, da Carruthers et al. (2011) berichteten, dass „zahlreiche Artikel die abnormen biologischen Reaktionen auf Belastung dokumentieren.“ Van Ness (2014) hat durch die Anwendung des Workwell-2-Tage-Testprotokolls eindeutig die objektive Realität der „Verstärkung der Symptome bei ME-Patienten nach Belastung [aufgezeigt], einem charakteristischen Symptom der ME. Diese Schädigung des aeroben Energiesystems bedeutet, dass es absolut kontraproduktiv ist zu versuchen, aerobes Training wie Graded Exercise Therapie anzuwenden, um den Gesundheitszustand bei diesen Patienten zu verbessern.“ In seinem Bericht „Reporting of Harms Associated with Graded Exercise Therapy and Cognitive Behavioural Therapy in Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome“ (2011) erwartet Tom Kindlon „eine stärkere Konzentration auf die Berichterstattung über Schäden bei ME/CFS, nicht nur denjenigen, die mit GET oder CBT zusammenhängen können, sondern mit jeder postulierten Behandlung.“
Unsere Erfahrungen beim Tymes Trust Wie wir bereits festgestellt haben, ist es das Fehlen von heilenden Behandlungsmöglichkeiten, warum Methoden zum Krankheitsmanagement entstanden. Dabei handelt es sich auch nicht um Heilmethoden. Das Versagen, diese entscheidende Tatsache im Blick zu haben, führt manche professionellen Helfer dazu, eine Strategie zu verfolgen, bei der sie Druck ausüben, die sie in Konflikt mit den Patienten bringt, die Kinder in die Zwangsjacke von Managementstrategien zwingt und Eltern der Vernachlässigung oder des Kindesmissbrauchs beschuldigt, wenn diese Managementstrategien scheitern. Das geschieht, obwohl die NICE Guidelines Ärzte an das Recht der Patienten erinnern, über ihre Behandlung selbst zu entscheiden. Die Quick Reference Guide betont: „Seien Sie sich dessen bewusst, dass Menschen mit CFS/ME das Recht haben, jeden Bestandteil ihres Behandlungsplanes abzulehnen oder sich daraus zurückzuziehen, ohne dass dies die Bereitstellung anderer Versorgungsaspekte oder die zukünftigen Auswahlmöglichkeiten der Versorgung beeinträchtigt“ (NICE, 2007b:9). Die Full Guideline bezieht sich auf „die Vorlieben und Sichtweisen des Patienten, die nachdrücklich die Entscheidungen des Patienten steuern“ (NICE, 2007b:7). Im Fall von Kindern werden dies gewöhnlich die Eltern sein. Und dennoch erwartet man von Patienten und den Familien von Kindern mit ME, dass sie sich an restriktive und oft mit Strafandrohungen verbundene Behandlungsregime halten. Man nimmt ihnen nicht nur das Recht auszuwählen, sondern die Behandlungen werden mit Hilfe von Kinderschutzmaßnahmen zwangsweise auferlegt (Wrennall, 207:962). Wir fragen uns, warum das so ist, angesichts der Tatsache, dass Patienten mit praktischer Unterstützung ihr Leben sehr gut alleine managen können, wenn sie einmal herausgefunden haben, wodurch sie eine Verschlechterung erfahren. Aus dem, was sie uns berichten und aus den Belegen von Twisk & Maes (2009), Maes & Twisk (2010a), Maes & Twisk (2010b), Speight (2013a), Nunez (2011) Kindlon (2011) und (Carruthers et al, 2011), ergibt sich, dass es oft die Behandlungsregime selbst sind, die den Gesundheitszustand der Patienten verschlechtern. Was immer die Hintergründe dieser missbräuchlichen Anwendung der Kinderschutzmaßnahmen auf Kinder ist, die ernsthaft an ME erkrankt sind, scheint es, dass in die angeblichen Heilungsraten des von den Ärzten gewählten Managementregimes eine Voreingenommenheit eingeflossen ist, wodurch die Schuld für die Unwirksamkeit oder das Versagen der Behandlung den Kindern und ihren Familien zugeschoben wird. Kindlon (2011:59) hat bestätigt, dass in den Behandlungsstudien zu CBT/GET die Schädigungen nicht erfasst wurden. Wrennal (2007:962) hat Aussagen dokumentiert, dass falsche Behauptungen von Kindesmisshandlung bei Uneinigkeit über die Behandlung aufgekommen sind, weil der „Missbrauch von Befugnissen zum Kinderschutz Bestandteil des Aufbaus von Machtansprüchen ist, von Karriereförderung, professioneller Loyalität und Revierkämpfen zwischen konkurrierenden professionellen Interessen.“ Die Entscheidung des Patienten wird durch den Einsatz von Maßnahmen zum Kinderschutz unterminiert, die zu dem Zwang beitragen, die Behandlung zu durchzusetzen, die von manchen professionellen Helfern gegen die konkurrierenden Behandlungsregime anderer professioneller Helfer vorgeschrieben werden, und zwar so sehr, dass die Patienten davon abgehalten oder sogar durch rechtliche Maßnahmen daran gehindert werden, eine zweite Meinung einzuholen. Beim Tymes Trust haben wir festgestellt, dass bislang nicht ein einziger Fall, bei dem wir in Bezug auf Anschuldigungen von Kindeswohlgefährdung beratend tätig wurden, von den Behörden als begründet befunden wurde. Wir haben diese Statistik dem zuständigen Minister für Kinder und Familien bei einem Treffen im House of Lords in diesem Frühjahr vorgelegt (Forward ME Group Minutes, 2014, Abschnitt 2.8). Wir haben versichert, dass angesichts der Tatsache, dass 100% dieser Familien unschuldig waren, etwas ernsthaft verkehrt sein muss an den Methoden, mit denen Kinder mit ME ausgesucht werden, um sie Ermittlungen wegen Kindeswohlgefährdung zu unterziehen sowie mit der Art und Weise der Durchführung dieser Ermittlungen. Schwer erkrankte Kinder, die durch ihre Eltern in keiner Weise gefährdet werden, sind durch diese Nachforschungen mit Angst, Leid und Elend konfrontiert, mit der Aussicht einer schädlichen Herausnahme aus ihren sozialen Unterstützungsnetzwerken und der Auferlegung von potentiell zerstörerischen und unangebrachten medizinischen Behandlungsformen. Die Familien scheinen einer willkürlichen, strafenden, drohenden und zerstörerischen staatlichen Gewalt ausgesetzt. Die schädlichen Auswirkungen des Kinderschutzsystems sind inzwischen eindeutig dokumentiert (Wrennall et al, 2003). Gewöhnlich sind wir mit mindestens einem dieser Kinderschutzfälle beschäftigt, in denen wir als „Feuerwehr“ eingeschaltet sind. Während ich diesen Aufsatz schreibe, sind es vier Fälle, mit einem fünften, der sich rasch in diese Richtung entwickelt. Der Tymes Trust wartet derzeit auf Nachrichten, ob einer dieser Fälle vor Gericht geht, wobei die professionellen Helfer darauf abzielen, den Eltern die Kinder zu entziehen, um sie dann einer Zwangsbehandlung zu unterziehen. Eltern mit ME-kranken Kindern sind oft mit einschneidenden gerichtlichen Maßnahmen konfrontiert. In manchen Fällen dient die Drohung gerichtlicher Schritte dazu, den Schulbesuch zu erzwingen, statt dem Recht auf Hausbeschulung stattzugeben, während sie sich von einer sehr schweren Krankheit erholen. In anderen Fällen dienen sie dazu, ihnen umstrittene und potentiell schädliche Behandlungen aufzuzwingen, die in diesem Aufsatz bereits diskutiert wurden. Manche Eltern werden als vernachlässigende oder missbrauchende Eltern bezeichnet. Manchen wird gedroht, dass man ihre Kinder dem Gericht als Mündel unterstellen wird, wenn sie sich nicht damit einverstanden erklären, sie in psychiatrische Stationen zu schicken, in denen der Zugang der Eltern zu ihren Kindern beschränkt ist, oder diese umstrittenen Behandlungen zu machen, die, insbesondere für die schwer Erkrankten, unbewiesen und potentiell schädlich sind. In The Doctor’s Guide to ME in Children and Young People (2003) betont Franklin die Wichtigkeit von Ruhe für schwer erkrankte Kinder und warnt, dass „aufgezwungene körperliche Belastung, insbesondere eine Belastung, die eine lang anhaltende Nachwirkungen hat, kann kontraproduktiv und schädlich sein. Das kann eine Verschlechterung verursachen, trotz gegenteiliger Berichte.“ (2003:8). Dowsett erklärte, dass ME auf eine Rekonvaleszenzzeit anspricht. Im Rahmen ihrer Ratschläge über Rückfälle konstatiert sie, dass es „für die Kranken nicht ratsam ist, zur Schule, an die Universität oder den Arbeitsplatz ohne ausreichende Genesung zurückzukehren (Dowsett, 2000:1). Die Konsequenzen für das Krankheitsmanagement sind „äußerst wichtig“, fährt sie fort. Die Hauptprinzipien des Managements sind „Schonung der Energie, Verminderung von Belastung, Vereinfachung der Arbeit“ (Dowsett, 2000:3). Eltern berichten dem Tymes Trust, dass sogar sehr schwere Fälle sich bessern, wenn man diese einfachen, dem gesunden Menschenverstand entsprechenden Prinzipien in die Praxis umsetzt. Umgekehrt verschlimmert sich die Krankheit in den Fällen, bei denen die Eltern unter Druck gesetzt werden, ihre Kinder dazu zu bringen, sich zu überlasten. Die Erfahrungen, die uns mitgeteilt werden, bestätigen deshalb die Forschung von Twisk & Maes (2009), Maes & Twisk (2010a), Maes & Twisk (2010b), Speight (2013a), Nunez (2011), Carruthers et al (2011) und Kindlon (2011), nach der eine Überlastung vermieden werden muss. In Anerkennung des schwerwiegenden öffentlichen Streits, der über die Anwendung von Kinderschutzmaßnahmen auf Kinder mit ME aufgekommen ist, stellt der Bericht der CFS/ME Working Group an den Chief Medical Officer fest, dass „weder die Tatsache, dass ein Kind oder junger Mensch ungeklärte Symptome hat noch das Geltendmachen einer bestimmten Entscheidung zur Behandlung oder zur Schuldbildung für einen solchen Patienten durch die Eltern/Pfleger und/oder den jungen Menschen selbst einen Beleg für Misshandlung darstellt.“ Der Bericht fährt fort mit der Empfehlung dass: „in Fällen von CFS/ME die Beweise, die eindeutig auf eine Schädigung hinweisen, ermittelt werden sollten, bevor ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung eingeleitet oder ein Sorgerechtsverfahren vor einem Familiengericht in Gang gesetzt wird,” (CFS/ME Working Group, 2002, 5.2.8:64), wobei stillschweigend angedeutet wird, dass diese Beweise in der Vergangenheit nicht notwendigerweise erhoben wurden. Bei einem Beratungsgespräch des Tymes Trust mit dem Erzbischof von York im Jahr 2006 (Colby, 2006), dessen geographisches Gebiet zu den davon betroffenen gehörte, wurden zahlreiche, erhebliche Bedenken über die Anwendung von Maßnahmen wegen Kindeswohlgefährdung auf Kinder geäußert, die an ME leiden. Wir stellten fest, dass wohl fälschlicherweise nach dem Motto „schuldig bis die Unschuld bewiesen ist“ vorgegangen wird, wobei das Prinzip Unschuldsvermutung des englischen Rechtswesens in ihr Gegenteil verkehrt wird, einem Prinzip, das dem Land über Jahrhunderte hinweg gute Dienste geleistet hat. In dieser Besprechung haben wir erneut den Rat der Ärzte Franklin und Speight dokumentiert, die beide Mitglied der CFS/ME Working Group des Chief Medical Officers waren. Wir pflichteten ihrem Rat bei, dass „weder die Tatsache, dass ein Kind oder junger Mensch ungeklärte Symptome hat noch das Geltendmachen einer bestimmten Entscheidung zur Behandlung oder zur Schuldbildung einen Beweis für Kindesmisshandlung darstellt,“ und wir beobachteten, dass eine Fehlinterpretation im Hinblick auf diese Punkte verbreitet sind. Wir haben erneut der Empfehlung beigepflichtet, dass „in Fällen von CFS/ME die Beweise, die eindeutig auf eine Schädigung hinweisen, ermittelt werden sollten, bevor ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung eingeleitet oder ein Sorgerechtsverfahren vor einem Familiengericht in Gang gesetzt wird,” (CFS/ME Working Group, 2002, 5.2.8:64) Nachforschungen wegen Kindeswohlgefährdung werden von Kindern und Eltern gleichermaßen als erdrückend und traumatisch erlebt. Das ist in der Literatur bereits beschrieben (Farmer & Owen, 1995; Butler-Sloss, 1988) und wird durch Fälle belegt, mit denen wir Erfahrungen gesammelt haben. Die Auswirkungen sind lang andauernd. Es ist nicht ungewöhnlich für Eltern, die tief schockiert sind von den strafenden und unangebrachten Nachforschungen der Sozialdienste, zu sagen, dass sie Angst davor haben, ihre Kinder jemals wieder zu einem Arzt zu bringen. Viele Familien sind auch schockiert über das, was über sie schriftlich niedergelegt wurde – wenn sie, wie es ihr Recht ist, dann Zugang zu den Schulakten und/oder Krankenakten ihrer Kinder bekommen. Dr. Speight, der bereits für seine Arbeit über Asthma bei Kindern (dessen Existenz genauso wie jetzt ME einst bestritten wurde) bekannt ist, kommentierte diese unverhältnismäßigen und heftigen Kinderschutznachforschungen und die Auferlegung von ungeeigneten Behandlungen so: „Das ist Kindesmisshandlung durch professionelle Helfer.“ (Speight, 2013b). Der kollektive Angriff auf diese Familien, der solche extremen und traumatischen Maßnahmen beinhaltet, ist bei Fällen von wirklichem ME eindeutig kontraproduktiv. Aus den Aufzeichnungen unserer Telefonberatungen können wir schließen, dass drei verbreitete Falschauffassungen diesen Kurs der Stigmatisierung durch professionelle Helfer anzutreiben scheinen: 1. Die falsche Auffassung, dass ME keine körperliche Krankheit, sondern eine psychische Störung sei. 2. Die falsche Auffassung, dass Behandlungen wie Graded Exercise Therapie (GET) oder ansteigende Aktivität und kognitive Verhaltenstherapie (CBT) aller Erwartung nach immer zu einer Heilung oder einer substantiellen Besserung der Krankheit führen und bestimmt nicht schädlich sind. 3. Die falsche Auffassung, dass die Krankheit weder lang andauernd (chronisch) noch schwer ist. Eine oder mehrere dieser falschen Auffassungen scheinen all diesen Fällen zugrunde zu liegen. Trotz der Versicherungen, die diesen von uns beratenen Familien von den Verfechtern der in diesem Artikel diskutierten Rehabilitationstherapien gegeben werden und die oft eine solide und schnelle Erholung vorhersagen mit der Versicherung, dass eine Symptomverstärkung nicht schädlich ist, stellen wir fest, dass die „Postexertional neuroimmune exhaustion (die neuroimmunologische Erschöpfung nach Belastung) ein Bestandteil der generellen Schutzreaktion des Körpers ist“ und dass die „Prognose nicht mit Sicherheit gegeben werden kann“ (Carruthers et al, 2011) Hinter den falschen Auffassungen selbst steht die Übernahme des Namens Chronic Fatigue Syndrom (CFS), einem Sammelbegriff, unter dem ME eingeordnet wurde. Es ist allgemein anerkannt, dass dieser Begriff heterogen ist, d.h., er umfasst mehr als einen pathologischen Zustand (Carruthers et al, 2011:328). Es gibt darüber hinaus mehrere Definitionen von CFS, wobei diese unterschiedlich breit gefasst sind. Wie ironisch ist es, dass eine Krankheit, die den Begriff „chronisch“ als Namensbestandteil hat, so oft mit Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung verwechselt wird, wobei die Dauer der Krankheit des Kindes oft als Grund für diesen Verdacht angegeben wird. Das Kind ist schon zu lange krank, als dass dies wahres CFS sein könnte, so argumentieren dann die Ärzte. Was soll das Wort „chronisch“ denn sonst heißen wenn nicht lang andauernd? An diesem Punkt, so berichten viele Familien, wird ihnen eine neue Diagnose verpasst, als ob das CFS irgendwie „weggegangen“ sei und das Kind in seiner Folge mit einer Art psychiatrischer Krankheit hinterlassen habe. Es scheint, dass diese Veränderungen der Diagnose faktisch dazu dienen, die Statistiken über die behaupteten Erholungsraten bei CFS zu schönen. Das Kind wird dann mit einer anderen Diagnose versehen, als Fall von Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (MSBP)/fingierter oder herbeigeführter Krankheit (einer Form der medizinischen Kindesmisshandlung) oder dem harmloser klingenden durchgängigen Verweigerungssyndrom (Pervasive Refusal Syndrome – PRS). Bei den ersteren werden die Eltern beschuldigt, sich die Probleme des Kindes einzubilden oder sie zu verursachen. Im letzteren werden die Eltern auch noch verdächtigt, die psychischen Probleme des Kindes zu verursachen oder aufrechtzuerhalten, vielleicht durch Misshandlung oder Vernachlässigung. Oft können die Eltern, die nichts von dem komplexen weitschweifigen Bericht wissen, der die professionellen Projektionen auf sie untermauert, nicht verstehen, warum das Kind zwangsweise in eine psychiatrische Abteilung gebracht werden muss, wo die elterlichen Besuche massiv eingeschränkt werden. Wenn das Kind erst einmal in einer psychiatrischen Abteilung ist, werden diejenigen, die für den Fall verantwortlich sind, auf der Basis der Annahme arbeiten, dass, wenn das Kind außerhalb des Einflussbereichs der Eltern keine Besserung zeigt, es die psychischen Probleme des Kindes selbst sein müssen, die einer Erholung im Wege stehen, aber nicht eine andauernde, körperliche Krankheit und eine körperliche Behinderung. Eine besondere Form der Überlastung, der Kinder mit ME routinemäßig ausgesetzt werden, ist der Druck, die Schule zu besuchen, wenn sie körperlich dazu nicht in der Lage sind, ohne dadurch eine Verschlechterung zu erfahren. Kennedy et al (2010b:1324) haben herausgefunden, dass die Lebensqualität dieser Kinder erheblich schlechter war als die von Kindern mit anderen Krankheiten (Diabetes mellites Typ 1 und Asthma). Nur eines von 25 Kindern mit ME war in der Lage, die Schule Vollzeit zu besuchen. Das wiederum bestätigt die Ergebnisse der Schuluntersuchung von Dowsett/Colby aus dem Jahr 1997, nach denen ME/CFS der wichtigste Grund für langfristiges krankheitsbedingtes Fehlen in der Schule ist, und zwar sowohl bei Kindern wie bei Lehrern (Dowsett and Colby, 1997:29). Wir haben das Schulregister von 333.024 Schülern und 27.2327 Lehrern untersucht und damit die größte Studie dieser Art durchgeführt, die jemals gemacht wurde. In ihrer abschließenden Diskussion unserer Studie schrieb Dr. Dowsett über ihre Besorgnis über den unangemessenen Umgang mit der Bildung der Kinder: „Das Abraten von Hausunterricht, die Ermutigung zu früher Rückkehr in die Schule, das Eingreifen mit antidepressiver Therapie und Graded Exercise (ansteigender körperlicher Belastung) kann uns durchaus eine Generation von jungen Menschen hinterlassen, die an mangelnder Schulbildung leiden.“
Schlussfolgerung Es gibt für ME kein Heilverfahren, aber die Vorstellung, dass es eines gäbe, verfolgt die Familien weiterhin. Bei vielen hat die Einmischung des Staates negative Auswirkungen auf ihre Fähigkeit gehabt, ihre Kinder im Verlauf einer möglicherweise sehr langen Erholungsphase zuhause zu versorgen, sie zu pflegen und auszubilden. Der unangebrachte Einsatz von Kinderschutzverfahren wird von den Familien als traumatisch erlebt, als Einschüchterung und aufgezwungene Behandlungsmaßnahmen, von denen sie glauben, dass sie für ihre Kinder schädlich sind. Dazu kommt, dass der beträchtliche Umfang an Forschungsbelegen, der in diesem Artikel aufgeführt wird, die Ansichten der Familien und der Patientenorganisationen stützt, die die Sichtweise der Familien in den letzten Jahrzehnten vertreten haben. Jedoch gehen die Auseinandersetzungen über ME weiter, und wenn es medizinische Meinungsverschiedenheiten gibt, hat der gerichtliche Präzedenzfall, der vom Gericht entschieden wurde (R v Cannings [2004] EWCA Crim 01) festgestellt, dass es normalerweise „unsicher und deshalb unklug“ ist, ein Kinderschutzverfahren oder ein Strafgerichtsverfahren gegen die Familien einzuleiten. Angesichts der Tatsache, dass ME immer noch Gegenstand erheblicher Meinungsverschiedenheiten ist, kann der Angriff von Kindern mit ME durch Kinderschutzermittlungen als unangemessener Einsatz von Maßnahmen betrachtet werden, die eigentlich zum Wohl der Kinder gedacht sind. Optimistisch betrachtet könnten diese Mittel konstruktiver eingesetzt werden, um die praktischen Bedürfnisse und die Rechte der Kinder zu unterstützen, die von dieser lähmenden Krankheit betroffen sind.
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