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    Strategien gegen die D(umm)B(öse)V(errückt)-Diagnose

    Vom Umgang mit schwierigen Ärzten

    Dieser Artikel war bereits im CFS/ME-Forum Nr. 26 des Fatigatio e.V. erschienen. Es handelt sich um einen Bericht von Regina Clos über einen Vortrag von Frank Neuendorff bei der Frankfurter Regionalgruppe des Fatigatio e.V. Ende März 2009. Er soll an dieser Stelle wiedergegeben werden, weil er wertvolle Strategien im Umgang mit Ärzten vermittelt, die eine zunächst problematische Begegnung auch ins Positive wenden können.

    Frank Neuendorff ist von Haus aus Theologe und hat in den USA den Master of Arts in Psychologie erworben.
    Er arbeitet in der Klinik Blankenstein als Ordnungstherapeut. In dieser Klinik werden die Patienten u.a. nach den Methoden der klassischen europäische Naturheilkunde behandelt. Man geht, so Neuendorff, in dieser Klinik grundsätzlich davon aus, dass der Patient der Experte ist, der sagt, was er für sich braucht. Der Aufenthalt in dieser Klinik wird von den Kassen übernommen.

    Informationen findet man hier unter  unter dem Stichwort „Naturheilkunde“. Hier finden sich auch informative Kurzvideos über die verschiedenen Behandlungsverfahren, auch über Frank Neuendorffs Ordnungstherapie.

    Frank Neuendorff

    Schwierige Arzt-Patient-Beziehungen sind für CFS/ME-Kranke bekanntermaßen eher die Regel denn die Ausnahme. Den Eindruck, dass der Arzt nicht zuhört, nicht versteht, nicht glaubt, einen gar verspottet oder mit Hohn begegnet, kennen wir alle zur Genüge. Am Ende eines Arztbesuches hat man deshalb oft nicht den Eindruck, Hilfe und Orientierung erfahren zu haben, sondern ist noch mehr verängstigt und hilflos, man fühlt sich alleingelassen, gedemütigt und manchmal wütend und verzweifelt. Das sind Belastungen und Stressfaktoren, die man als Schwerkranke(r)  schlecht verkraftet.  –

    Im März referierte der Theologe, Psychologe und Ordnungstherapeut Frank Neuendorff auf Einladung der Regionalgruppe Frankfurt zum Thema. „Umgang mit schwierigen Ärzten“. Was kann ich tun, um in der Situation, in der ich bin, etwas zu verändern? Und zwar mit einfachen Mitteln, die den Stress nicht erhöhen und die am Ende erfolgversprechend sind? Ihn interessiert dabei weniger die Frage nach der Ursache einer Krankheit als das, was dem Patienten in seiner konkreten Situation unmittelbar helfen kann.

    Den gleichen Ansatz verfolgt er in seinen Seminaren für Ärzte mit dem Titel „Vom Umgang mit schwierigen Patienten“. Hiernach sei ein solcher Bedarf, dass er allein davon leben könnte, sagte er uns. Die Probleme von Angst, Hilflosigkeit, Verunsicherung in der Rolle seien auf beiden Seiten vorhanden – etwas, das man sich als Patient oft auch nicht klar macht. (zu diesem Thema siehe Artikel des Monats August 10 Teil 1)

    Eine gute Arzt-Patient-Beziehung sei deshalb nicht nur für Patienten und Ärzte wichtig, sondern auch für ein effektives  Gesundheitssystem von Nutzen, denn der Behandlungserfolg steige nachgewiesenermaßen mit einem guten Dialog an. Ziel seines Vortrags sei es deshalb, Methoden zu vermitteln, die einfach, schnell und effektiv sind, um die Verständigung zu verbessern und einen „erfolgreichen“ Dialog zu ermöglichen.

    Stressfaktoren für Arzt und Patient

    Auch für Ärzte gibt es zahlreiche Stressfaktoren beim Umgang mit Patienten, z.B. wenn Patienten über ihre Krankheit mehr wissen als Ärzte – etwas, das bei selteneren Krankheiten und angesichts der heutigen Möglichkeiten, über Internet und andere Quellen an Informationen zu gelangen, durchaus normal ist. Auch der Umgang mit chronisch kranken Menschen ist für sie schwierig, da der Anspruch vieler Ärzte, zu HEILEN (und nicht nur gute Medizin zu machen) bei Chronikern von vorneherein nicht zu verwirklichen ist.

    Bei Patienten mit CFS/ME haben Ärzte es nicht nur mit chronisch und oft schwerkranken Menschen zu tun, sondern sie werden zusätzlich verunsichert, weil man „nichts sieht“ und es keine objektiven Messdaten gibt. Die Diagnose kann nicht anhand harter Fakten oder Laborwerte erhoben werden, sondern orientiert sich weitgehend an den Symptomschilderungen der Patienten – auf die sich der Arzt in diesem Fall verlassen muss.

    Wenn der Patient dann in die Rolle kommt, dem Arzt beweisen zu müssen, dass er krank ist, wird es extrem schwierig – und in der Regel unproduktiv.

    Auch Ärzte haben Strategien, aus dieser misslichen Lage einen Ausweg zu finden: den Patienten zum Kollegen überweisen, wegschicken, vergraulen oder mit einer pseudopsychologischen „Deutung“ zu kommen und die Ursache der Krankheit des Patienten in einem ungelösten Kindheitskonflikt oder einem „Mutterproblem“ zu suchen. Eine Form der Entlastung für verunsicherte und genervte Ärzte ist es auch, ihnen – natürlich nur in eigenen Gedanken und mit einem gerüttelten Maß an Zynismus – die sogenannte DBV-Diagnose zu verpassen, was für „dumm, böse und verrückt“ steht. Am Ende schickt der Arzt den Patienten dann zum Psychiater.

    Strategien gegen Stress und Ohnmachtsgefühle

    Neuendorff stellt an dieser Stelle die Fragen: Was macht schwierige Beziehung aus? Was kann man machen, um das zu ändern? Was macht es schwer, was macht es leicht? Die folgenden Punkte wurden aufgezählt:

    • Mein Gegenüber versteht mich nicht – das ist für Patienten, aber auch für Ärzte das größte Problem in der Arzt-Patient-Beziehung. Der Patient hält sich für den „Experten“, was seinen Zustand und seinen Körper angeht, und der Arzt hält sich für den medizinischen Experten.
    • Der andere hört mir nicht zu – auch das ist ein Eindruck, den beide Dialogpartner häufig haben.
    • Der Patient denkt, der Arzt glaube ihm nicht – hielte ihn für einen Simulanten, Hypochonder, Rentenneurotiker, und tatsächlich denken Ärzte oft genau das.
    • Arzt und Patient schieben sich gegenseitig die Schuld für die missliche Lage zu.

    Es ergibt sich leicht für beide Seiten eine Situation, in der Ohnmacht das beherrschende Gefühl wird – und Ohnmachtsgefühle sind der größte Stressfaktor, den wir kennen, denn der Verlust von Kontrolle wird als lebensbedrohlich erlebt.

    Auch Ärzte haben Scham- und Schuldgefühle, wenn sie nicht helfen können. Wir untergraben das Kontrollbedürfnis der Ärzte, die heilen wollen. Das entspricht ihrer professionellen Identität, und wenn sie es nicht können, dann wird ihr Selbstbild erschüttert. Ohnmachtsgefühle auf Seiten des Arztes führen leicht zur „DBV-Diagnose“. Damit werden die eigenen Schuldgefühle dem Patienten zugewiesen und man kann ihn „zu Recht“ wegschicken oder zum Psychiater abschieben.

    Eine weitere Variante im Umgang mit Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit bestünde, so Neuendorff, in dem Versuch, zum „Retter“ des ansonsten verlorenen Patienten zu werden. Was zunächst so ehrenhaft aussieht, kann am Ende genauso unproduktiv werden, denn auch sie machen sich unangemessene Schuldgefühle und fragen sich, was sie falsch machen.

    Von daher ist das Thema Ohnmacht das wichtigste in der Arzt-Patient-Beziehung – und die Frage, wie man diese Gefühle vermeidet bzw. bewältigt. Den Arzt zu wechseln oder mit ihm in einen Kampf einzutreten ist nicht unbedingt die Lösung. Beides ist nicht das, was ein CFS/ME-Patient braucht, weil sie ebenso wie andere Kranke in einer solchen Lage keine Kraft dazu haben.

    Was macht einen erfolgreichen Patienten aus?

    Es ist schon lange bekannt, dass der Erfolg einer jeglichen Behandlung auch von der Qualität der Arzt-Patient-Beziehung abhängt. Dabei hat man sich jedoch meist auf die Seite des Arztes konzentriert, während erst in neuerer Zeit der Frage nachgegangen wird, was einen erfolgreichen Patienten ausmacht.

    Ein problematisches Verhalten bei verzweifelt Hilfe suchenden Patienten kann sein, den Selbstschutz und den Fluchtinstinkt aufzugeben und sich Dinge antun zu lassen, die man sich unter normalen Umständen nicht gefallen lassen würde. Bei Chronikern kommt noch dazu: Man hat nicht so viel Kraft und die Stressschwelle sinkt – ein neurologisch bedingtes Phänomen. Man wird dünnhäutiger und verletzlicher.

    Oder man sagt zu allem ja und Amen. Aber so wird man zum unsichtbaren Patienten. Auch wenn man versucht, dem Arzt zu helfen und alles „schluckt“ oder die Probleme des Arztes zu seinen eigenen macht, verschlechtert man die eigene Position. Es gäbe jedoch, so Neuendorff, eine Studie, nach der unbequeme Patienten länger leben als „bequeme“.

    Man wollte wissen, ob Mistelpräparate das Leben von Krebspatienten verlängern. Es gab jedoch zwischen der Mistel- und der Kontrollgruppe mit Chemotherapie keinen signifikanten Unterschied. Erstaunlicherweise jedoch gab es einen signifikanten Unterschied in der Lebensdauer bei den Patienten, die sich der Studie komplett verweigert hatten – die also „unbequem“ waren und gesagt hatten: „Ich bestimme selbst, was mit mir passiert.“ Bei Krebserkrankungen haben, so hat sich erwiesen, weder die gefügigen Patienten noch die Kämpfer (gegen die Krankheit) die bessere Prognose, sondern jene Menschen, die ihren eigenen Weg gehen – was aber wieder mehr Probleme mit den Ärzten nach sich zieht.

    Daraus folge, dass man sich mit seiner Krankheit auskennen und sich schlau machen sollte über bestimmte Behandlungsverfahren und klar und konkret entscheiden sollte, was man selbst wünscht  und was man vom Arzt möchte.

    Eine „Stellenausschreibung“ für den Arzt, den man sich wünscht

    Eine Art „Stellenausschreibung“ für den gewünschten Arzt sei, so Neuendorff, eine Strategie, mit der man sich klarer werden könne, was man selbst eigentlich möchte und mit der man von vorneherein als Patient sichtbarer wird.

    Was sind die Ärzte, die gut zu mir passen? Dabei realistisch zu bleiben und sich auf das zu konzentrieren, was in der eigenen und in der Macht des Arztes liegt, ist unbedingt notwendig. Schwierig wird es, wenn man ankommt und sagt: ich will geheilt werden. Das ist etwas, das der Arzt nicht „verkaufen“ kann – er kann nur gute Medizin machen.

    In der sich einflechtenden Diskussion wurde deutlich, wie stark die Ohnmachtsgefühle sind, die man als CFS/ME-Patient hat: durch die Krankheit als solche, durch die soziale Lage, in die man gerät, die finanzielle Bedrohung und durch das Unverständnis der Ärzte.

    Weniger kämpfen und verlieren, mehr spielen und gewinnen

    Neuendorff stellte uns eine Technik vor, mit der man seine Interessen ohne Kampf und Gewalt durchsetzen kann. Sie wird nach dem etwas zerstreut wirkenden Inspektor Columbo einer amerikanischen Fernsehserie die „Columbo-Technik“ genannt. Sie sei nicht der erste Schritt, sondern dann sinnvoll, wenn eine normale Äußerung der eigenen Bedürfnisse keinen Erfolg hat.

    Das Prinzip besteht darin, seine Wünsche klar zu formulieren und zum sichtbaren Patienten zu werden. Auf die Argumente des Gegenübers solle man freundlich und verständnisvoll eingehen („Ich kann gut verstehen, dass….“), Kritik und Vorwürfe aufnehmen ohne zu kontern („Es ist gut möglich dass,…“) und sofort wieder seine eigenen Wünsche beharrlich wiederholen, unbeirrbar und klar verständlich. Dabei sollte man die eigenen Wünsche positiv und konkret formulieren.

    Auch sollte man sich nicht rechtfertigen. Wer argumentiert verliert – denn es geht nicht um Argumente, es geht um Bedürfnisse. Wenn es um Argumente ginge, hätten wir keine Probleme mehr. Argumentieren schwächt unsere Position. Wenn man dem Arzt versucht, zu erklären, dass und warum man krank ist, dann hat man schon verloren. Sich rechtfertigen und klein machen bringt nichts.

    Selbstverständlich gibt es auch Situationen, in denen überhaupt keine Kommunikation mehr möglich ist. Wenn die Arzt-Patient-Beziehung grundlegend kaputt ist, dann sollte man keine weitere Energie verschwenden, sondern gehen und sich einen anderen Arzt suchen – nach dem Motto „Wenn dein Pferd tot ist, steig ab“.

    Neuendorff betont, dass die Columbo-Technik kein Allheilmittel sei, aber ein Methode, mit der man sich sichtbar machen kann, ohne konfrontativ kämpfen zu müssen. Es würde ohne Zweifel für uns weiterhin schwierig sein. (Über die Columbo-Technik, deren Prinzipien hier nur angerissen werden, kann man sich bei zahlreichen Quellen im Internet weiter informieren – es lohnt sich, weil sie elegant und amüsant ist und auf die Vermeidung von Konfrontation bei gleichzeitig effektivem Durchsetzen der eigenen Interessen abzielt.)

    Eine einfache Stressbewältigungsmethode

    Zum Schluss seines Vortrags brachte uns Frank Neuendorff noch eine einfach zu erlernende und auch in schwierigen Situationen leicht einzusetzende Stressbewältigungsmethode bei. Sie ist kein übliches Entspannungsverfahren, sondern man muss lernen, sich zu konzentrieren und ganz „da“ zu sein.

    In einer Psoriasis-Lichtbehandlungsstudie hat man herausgefunden, dass die innere Haltung für den Behandlungserfolg sehr wichtig ist. Man verglich eine Gruppe von Psoriasis-Patienten, die während der Lichtbehandlung lasen oder sich anderweitig beschäftigten, mit einer Gruppe, die man anwies, sich auf die Behandlung zu konzentrieren und innerlich abzuschalten. Diese Gruppe hatte ein viermal besseres Behandlungsergebnis.

    Bei dieser Technik konzentriert man sich auf den Atem und denkt beim Ausatmen ein Lieblingswort (z.B. Sonne, Wald, Ruhe, Meer, – irgendein Begriff, der einem etwas Gutes vermittelt). Wenn man diese Übung 10 bis 30 Minuten am Tag durchführt, verkoppelt sich das Ausatmen mit diesem Begriff und der Entspannung. Diese Technik kann man dann in Stresssituationen einsetzen. Sie nimmt die Spannung weg, macht einen freundlicheren Blick und eine bessere Atmosphäre.

    Kommentar:

    Frank Neuendorffs Vortrag war überzeugend, weil Inhalts- und Beziehungsaspekt übereingestimmt haben, sprich: er hat seinen Vortrag und die Beziehungssituation zu uns als Zuhörern nach genau den Prinzipien gestaltet, die er auch inhaltlich vertreten hat: Respekt vor dem Gegenüber und sich selbst und eine klare Abstimmung der gegenseitigen Bedürfnisse. Wir haben alle sehr viel mitgenommen aus diesem Vortrag, der so klar und konkret war und uns hilfreiche Techniken mit auf den Weg gegeben hat. Man konnte also nicht nur von den Inhalten lernen, die er vorgetragen hat, sondern vor allem von seinem Verhalten uns, den Zuhörern, gegenüber.