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    Artikel des Monats August 2010 Teil 5

    Bericht und Urteile zur Mitnahme einer Begleitperson bei Gutachtensterminen

    Bericht von Minoush über einen Gutachtenstermin beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen

    Dieser Beitrag erschien ursprünglich in einem Patientenforum und wird hier mit freundlicher Genehmigung der Autorin wiedergegeben.

    Mein Mann hat mich dorthin begleitet und ich bin davon ausgegangen, dass er mit in den Untersuchungsraum geht. Vorrangig als Gesprächszeuge, um später ein Gesprächsprotokoll anfertigen zu können (ich vergesse alles zu schnell) und zweitrangig, um mir beim Gespräch auf die Sprünge zu helfen, falls ich wichtiges vergessen sollte.

    Ich ging also in Begleitung meines Mannes in den Raum und setzte mich. Mein Mann wollte sich auch gerade hinsetzen, da meinte der Arzt zu ihm: „Ich bitte Sie, draußen Platz zu nehmen.“

    Darauf ich: „Ich möchte, dass mein Mann anwesend ist.“

    Darauf er: „Dann kann ich kein Gutachten durchführen.“

    Ich: „Warum ist das nicht möglich?“

    Er: „Wenden Sie sich an ihre Krankenkasse oder den MDK.“

    Ich: „Es hat mich sehr viel Kraft gekostet, heute hier her zu kommen, ich möchte Sie bitten, die Untersuchung durchzuführen. In Anwesenheit meines Mannes.“

    Er: „Im Beisein Ihres Mannes führe ich die Untersuchung nicht durch. Wenn Sie darauf bestehen, muss ich Sie bitten, zu gehen.“

    Ich: „Können Sie mir bitte erklären, warum das nicht möglich ist? Mir sind Fälle bekannt, in denen eine Begleitperson anwesend war.“

    Er: „Wenden Sie sich bitte an Ihre Krankenkasse oder den MdK, vielleicht finden Sie einen anderen Gutachter.“

    Ich: „Seien Sie doch bitte so nett und erklären mir den Grund für Ihre Ablehnung. Wenn mich Ihre Gründe überzeugen, bin ich zu einer Untersuchung ohne meinen Mann bereit.“

    Er: „Wenden Sie sich an die Krankenkasse oder den MdK, und gehen Sie bitte, damit ich die nächste Dame herein bitten kann.“ :shock:

    (Das Gespräch ist etwas vereinfacht wiedergegeben.)

    Wir waren beide wie vor den Kopf geschlagen. Der Arzt zeigte überhaupt keine Gesprächsbereitschaft. Er war nicht bereit, auch nur annähernd irgendeinen Grund zu nennen, warum mein Mann nicht mit rein darf. Wie eine Schallplatte kam immer wieder die Formel : „Wenden sie sich bitte an ihre Krankenkasse oder den MdK“.

    Wir sind dann nicht gleich fortgegangen, sondern riefen vom Wartezimmer aus bei meiner Dame von der Krankenkasse an (eine wirklich immer nette und verständnisvolle Frau!) und fragten, ob sein Verhalten rechtens sei und wie ich mich jetzt verhalten sollte. Die war erstmal überrascht von dieser Situation, war verwundert, dass niemand mit in den Raum darf, konnte mir zur Rechtslage aber nicht sehr viel sagen. Sie meinte allerdings, dass, wenn kein Gutachten zustande kommt, eigentlich meine Krankengeldzahlungen eingestellt werden, weil es eine Ablehnung des Gutachtens meinerseits wäre.

    Nachdem ich betont habe, dass ICH aber durchaus zur Begutachtung bereit bin und mich auch noch in der Praxis befinde, der ARZT die Begutachtung aber ohne Begründung ablehnt, versprach sie mir, sich zu informieren und zurückzurufen.
    Das tat sie dann auch wirklich innerhalb von 15min.
    Der MdK hatte ihr erklärt, dass der Arzt sich weigern kann, eine Beistandperson zuzulassen. Dass ich dann aber einen anderen Gutachter bekommen kann, der eine Begleitperson zulässt.

    Fazit:
    Es war wieder mal gut, sich nicht einschüchtern zu lassen. 8)
    Man hat als Patient sehr viele Rechte, die einem von den immer so viel klüger auftretenden Medizinern oft streitig gemacht werden. Wenn man jedoch freundlich und sachlich, aber bestimmt seine Rechte in Anspruch nimmt, können andere nicht alles mit einem machen.

    Die Angst, kein Krankengeld mehr zu bekommen, hat bestimmt schon so manch einen dazu gezwungen, in Bezug auf die Begleitperson klein bei zu geben. Doch wie es aussieht, kann einem in dieser Situation gar nicht so ohne weiteres fehlende Mitwirkung unterstellt werden.

    Und es drängt sich die Frage auf, ob die Begleitung nicht gern deswegen abgelehnt wird, damit man keinen Gesprächszeugen hat. Was dann zu Situationen wie der von M.S. geschilderten führt.

    Und für mich heißt es nun warten, bis ich einen neuen Termin für einen anderen Gutachter bekomme – in der Hoffnung, dass das besser läuft ...
     

    PS: Falls sich jemand wundert, dass ich trotz CFS-Hohlkopf einen sooo langen Text schreiben konnte: ich habe dafür 5 Stunden mit vielen Pausen gebraucht... :bisou:

     

     

    Aus dem Urteil des Landessozialgerichts vom 23. Februar 2006, Aktenzeichen L 4 B 33/06 SB,  hier zu finden.

    Titel: Grundsatz des fairen Verfahrens, rechtliches Gehör, Anwesenheit Dritter bei der Begutachtung durch ärztliche Sachverständige

    "Der Grundsatz des Anspruchs auf ein faires Verfahren verpflichtet den Richter, wie den Sachverständigen, vielmehr zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation (vgl. BSG, Beschluss vom 9. April 2003, Az.: B 5 RJ 140/02 B). Deshalb dürfte ein genereller Ausschluss von Vertrauenspersonen des zu Untersuchenden, seien es der Ehepartner oder auch der Anwalt, weder dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit noch gar dem des fairen Verfahrens entsprechen. Denn angesichts der tief in die Persönlichkeit und Menschenwürde des zu Untersuchenden eingreifende Beweisaufnahme durch einen ärztlichen Sachverständigen kann –selbst aus unsachlichen Gründen– seine Begleitung durch eine Vertrauensperson bei der Untersuchung gerechtfertigt sein. Dann mag zwar der Sachverständige die Untersuchung ablehnen, wenn er hierfür sachliche Argumente hat. Wenn er sie aber nicht durchführen will, weil in Anwesenheit einer Vertrauensperson des zu Untersuchenden nicht das "notwendige Vertrauensverhältnis" hergestellt werden könne und eine "ordnungsgemäße Begutachtung" so nicht möglich sei, wie der vom Sozialgericht bestellte Sachverständige ohne weitere überzeugende sachliche Begründung in den Telefaxen vom 01.12.2005 mitgeteilt hat, dürfte das Misstrauens des zu Untersuchenden in die Objektivität des Sachverständigen nachvollziehbar und der Sachverständige damit ausgeschlossen sein."

    (Hervorhebungen R.C.)

    ************************

    Unter dieser Adresse finden sich die folgenden Einträge: 

    Die Mitnahme von Begleitpersonen zur ärztlichen Begutachtung im sozialgerichtlichen Verfahren.
     

    Immer wieder lehnen Gutachter eine Begutachtung, mit der Begründung, dass keine Begleitperson bei der Untersuchung zugelassen wird, ab. Dies ist falsch. Aber auch vielen Klägern ist nicht bewusst, dass sie das Recht haben eine Begleitperson zur Untersuchung mitzubringen.

    Lesen Sie hier den Artikel von Herrn Burkhard Tamm aus der UMG 4/2006.
     

    Diagnosewiderruf

    Immer wieder stellt sich die Frage, wann ein Patient oder begutachteter Versicherter oder Versicherte von dem beteiligten Arzt/Gutachter fordern kann, eine Diagnose zu widerrufen. Darüber hat das Oberverwaltungsgericht NRW mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 – Az.: 13 E 1108/08 – entschieden.

    Noch ein Urteil zur Mitnahme einer Begleitperson

    LSG NRW Beschluss - 02.11.2009 - L 12 B 57/09 SO
    Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
    Beschluss (rechtskräftig)
    Sozialgericht Köln S 27 SO 39/09
    Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 B 57/09 SO

    Auszug:
    "Grundsätzlich neigt der Senat der Auffassung zu, dass es die Grundsätze der Beteiligtenöffentlichkeit und des fairen Verfahrens gebieten, einem Versicherten bzw. Leistungsempfänger zu ermöglichen, zu der gerichtlich angeordneten Untersuchung durch einen Sachverständigen einen Beistand hinzu zu ziehen. Dieses Recht besteht ggf. aber nicht schrankenlos, sondern ist gegenüber den Erfordernissen der Amtsermittlung abzuwägen. Bestehen triftige Gründe, einen Beistand von der Untersuchung - oder Teilen davon - auszuschließen, so muss der
    Betroffene dies im Zuge seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hinnehmen (siehe zum Vorstehenden ausführlich Roller in: MedSach 2007, 30 (31))."

    Urteile zur Frage der Gutachter
    Bundessozialgericht - B 2 U 10/07 R - Urteil vom 05.02.2008
    Auszug: "Ebenso wenig wie das Gericht den übereinstimmenden Aussagen von zwei oder drei Zeugen folgen muss, wenn es diese z.B. für unglaubwürdig oder ihre Aussagen nicht für glaubhaft hält, muss es den Ergebnissen eines oder mehrerer übereinstimmender Gutachten folgen, wenn diese z.B. nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. dazu Urteil des Senats vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; jeweils RdNr. 17 ff) entsprechen."

    BSG, Urteil vom 9. 5. 2006 - B 2 U 1/ 05 R
    Auszug:
    "Voraussetzung für die Anerkennung von …Gesundheitsstörungen .... ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die ...vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG Urteil vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/ 84; vgl BSG Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 50/ 02 R -). Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10 = Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989). Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten. Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen."

    Und besonders wichtig bei ME/CFS:

    "Die Klärung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes macht die Einholung von Sachverständigengutachten und die eigenständige verantwortliche Beurteilung des konkreten Einzelfalls durch einen Sachverständigen nicht entbehrlich. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung des Sachverständigen, von der er nur wissenschaftlich begründet abweichen kann, und macht sein Gutachten für die Beteiligten und das Gericht transparent und nachvollziehbar. Denn auch für die Beurteilung des Einzelfalles kommt es nicht auf die allgemeine wissenschaftliche Auffassung des einzelnen Sachverständigen an, sondern den aktuellen medizinischen Erkenntnisstand."