Defending the Indefensible
?
Ein
Artikel von Margaret
Williams
Wieder einmal versucht
Professor Simon Wessely zu verteidigen, was sich bereits als nicht zu
verteidigen erwiesen hat, nämlich seine eigenen Überzeugungen über das Wesen des
ME/CFS einschließlich seiner Überzeugungen, dass ansteigendes körperliches
Training (Graded Exercise Therapie - GET) „ein untadeliges Sicherheitsprotokoll“
besitzt.
(Simon Wessely;
Health in mind and body; The Journal of the Foundation for Science and
Technology: 2011:20:7: 9 –11).
Der Artikel enthält so viele
unhaltbare Behauptungen, dass er nicht unwidersprochen bleiben kann.
In diesem Artikel bezieht
sich Wessely auf das Chronic Fatigue Syndrome (CFS), und auch wenn er ME als
solches nicht erwähnt, so behauptet die Wessely-School doch in zahllosen
Artikeln, die in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlich worden sind, in
Berichten von offiziellen Stellen wie den Joint Royal Colleges Report, in
medizinischen Lehrbüchern und in den Medien sowie in der PACE Trial Literatur
beharrlich, dass ME und CFS das gleiche ist.
In seinem neuesten Artikel
(dessen Veröffentlichung vielleicht überraschend ist angesichts seiner
wiederholten Versicherungen, dass er seine Arbeit über ME/CFS aufgegeben hat und
dass er sich wegen der Todesdrohungen, die er erhalten hat, nicht mehr sicher
fühlt, etwas über die Krankheit zu veröffentlichen und dass er sich jetzt in
Afghanistan sicherer fühle) hält sich Wessely an seine Erfolgsgeschichte, bei
der er seine Schlussfolgerungen zu ziehen scheint, bevor er die Daten entwickelt
hat, die seine Schlussfolgerungen stützen würden (er bekundet seine Annahmen und
Überzeugungen oft so, als ob sie bewiesene Tatsachen seien, so wie er
beispielsweise versichert hat, dass Menschen mit ME von der „Übernahme der
Krankenrolle“ und aus dem „sekundären Krankheitsgewinn“ profitieren und dass
das, was ME „herbeiführt“ nicht das ist, was es „aufrechterhält“, allesamt
Hypothesen, die nicht durch entsprechende Daten gestützt werden; eine weitere
Illustration dieses Vorgehens kann man in seiner Studie über den
Vitamin-B-Status bei nur 12 CFS-Patienten erkennen, bei denen er Belege für
verminderte Vitamin-B-Werte fand, aber schlussfolgerte: „sicherlich nehmen
viele Patienten mit CFS zur Zeit Vitamin B … wobei es kaum Nachweise über den
Nutzen gibt“, aber er liefert nirgendwo irgendeinen Beweis dafür, dass
„viele“ Patienten Nahrungsergänzungsmittel ohne großen Nutzen einnehmen, und
seine abschließende Schlussfolgerung folgt einmal wieder nicht aus seinen Daten:
JRSM 1999:92:183-185).
Wesselys
Behauptungen in seinem neuesten Artikel sind besonders interessant, weil sie
eine so deutliche Illustration seiner erkenntnismäßigen Verzerrung bieten, zum
Beispiel:
“CFS veranschaulicht die Kluft,
die es zwischen der körperlichen Gesundheit/Krankheit einerseits und der
psychischen Gesundheit/Krankheit andererseits gibt“:
alle lebenszerstörenden
Krankheiten wirken sich sowohl auf die körperliche als auch auf die geistige
Gesundheit aus, und das gilt nicht nur bei ME/CFS.
“CFS ist eine multifaktorielle
Erkrankung”: Wessely
weiß das überhaupt nicht, da die Ursache immer noch unbekannt ist.
“Um zu verstehen, warum es
manchen Menschen im Laufe der Monate und Jahre nicht besser geht, muss man sich
Verhaltens- und psychologische Faktoren ansehen“:
das ist nichts weiter als
Wesselys Annahme; Menschen, die an Multipler Sklerose oder Motorneuronerkrankung
leiden, werden auch nicht wieder gesund; deshalb ist es vielsagend, dass er nur
im Falle einer speziellen, ebenfalls als neurologisch klassifizierten Krankheit
eine Ausnahme macht: warum sollte er so etwas tun, es sei denn, dies ist eine
Versuch, sein Gesicht zu wahren, weil die Wessely-School in den vergangenen 25
Jahren unnachgiebig und unwissenschaftlich psychiatrische Erschöpfung mit ME/CFS
in einen Topf geworfen hat?
“Die Erkrankung ist dann eine
komplizierte Mischung von Prädisposition, herbeiführenden und
aufrechterhaltenden Faktoren“:
Wessely behauptet das, als ob
das eine bewiesene Tatsache wäre, aber es ist nicht bewiesen, und seine
Unfähigkeit, das zu erkennen, zeigt ein grundlegendes Unverständnis vom Wesen
wissenschaftlicher Erkenntnis auf.
“Eine bahnbrechende Studie zum
Krankheitsmanagement des CFS, als PACE Trial bekannt, wurde kürzlich in The
Lancet veröffentlicht… Zwei Behandlungsformen, ansteigendes körperliches
Training und kognitive Verhaltenstherapie, haben eindeutig eine Veränderung
herbeigeführt, obwohl sie sicherlich keine ‚Wunderwaffen’ waren“:
die Interventionen, die in der
PACE Trial zum Einsatz kamen, waren nicht nur sehr weit davon entfernt,
Wunderwaffen zu sein, der leitende Forscher der Studie selbst hat sie als
„nur mäßig wirksam“ beschrieben.
“Für diejenigen, die diese Dinge
verstehen, ist die Studie ein wahres Prachtstück“:
für diejenigen, die diese Dinge
verstehen, ist die PACE Trial – die 5 Millionen britische Pfund gekostet hat –
als Zerrbild von Wissenschaft und als Tragödie für die Patienten beschrieben
worden; die Schlussfolgerungen waren fehlerhaft; die primären Zielparameter
wurden fallen gelassen; Einstufungen, die einen Teilnehmer als ausreichend
eingeschränkt für eine Teilnahme an der Studie qualifizierten, wurden von den
Projektleitern der Studie als „innerhalb der normalen Bandbreite“ erachtet,
als sie beim Abschluss der Studie erfasst wurden; es gab erhebliche
Interessenkonflikte insofern, als alle drei Projektleiter der Studie für die
Versicherungsindustrie arbeiten (deren Manager darauf bestehen, dass
Anspruchsteller sich kognitiver Verhaltenstherapie und ansteigendem körperlichen
Training unterziehen – was als „Rehabilitation“ bezeichnet wird – und was dazu
führt, dass für Menschen, die zu krank dafür sind oder die aus eigener Erfahrung
wissen, dass es ihnen davon schlechter geht und die das ablehnen, die Zahlungen
eingestellt werden mit der Begründung, sie wollten ja nicht, dass es ihnen
besser geht); die Projektleiter der Studie haben absichtlich eine heterogene
Population untersucht, und man hat erst nach der Veröffentlichung der Ergebnisse
in The Lancet zugegeben, dass die Projektleiter behaupten, ME zu untersuchen; es
wurde versäumt, die Studie zu kontrollieren; das Rating für das, was
schwerwiegende Nebenwirkungen darstellten, wurde gesenkt; es gab viele
Veränderungen in Bezug auf die Eingangskriterien; die Daten wurden nicht
dargestellt und objektive Zielparameter wurden fallen gelassen; die Methoden der
Punktebewertung wurden verändert, so dass minimal bessere Ergebnisse
herauskamen, und die Ergebnisse wurden in The Lancet ungeniert falsch
dargestellt. (siehe
http://www.meactionuk.org.uk/COMPLAINT-to-Lancet-re-PACE.htm
und siehe auch
http://www.meactionuk.org.uk/Normal-fatigue.htm
).
“Wir haben jetzt zwei Behandlungsformen, die
wir unseren Patienten mit fester Überzeugung empfehlen können. Die Geschichte
endet hier aber noch nicht. Patientengruppen haben die Studie rundweg abgelehnt,
und das Internet war voll von Beschimpfungen und Anschuldigungen. Der Hauptgrund
für diese deprimierende Reaktion war das Stigma, dass Erkrankungen anhaftet, die
(zu Recht oder zu Unrecht) als psychiatrisch verursacht wahrgenommen werden“:
der Grund, warum
Menschen mit ME/CFS kognitive Verhaltenstherapie und ansteigendes körperliches
Training ablehnen ist, weil sie nicht wirken, aber Wessely weigert sich, das zu
akzeptieren, und deshalb liefert er hier eine Erklärung, die von seiner eigenen
Forschung bereits als falsch bewiesen wurde.
Er hat früher
einmal geschrieben: „CFS-Patienten werden üblicherweise auch als feindselig
gegenüber psychologischen Erklärungen, psychischen Erkrankungen und Psychiatrie
im allgemeinen dargestellt. … Diese Studie zielt darauf ab, die Haltungen von
CFS-Patienten gegenüber psychiatrischen Erkrankungen zu untersuchen, (und) es
wurde eine Vergleichsgruppe von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA)
ausgewählt. … Wir starteten mit folgenden Hypothesen: CFS-Patienten haben
vermehrte negative Einstellungen gegenüber psychiatrischen Krankheiten …
(repräsentiert durch das wahrgenommene Stigma psychiatrischer Krankheiten) …
(und) ein Unvermögen, emotionale Zustände zu erkennen (Alexithymie), trägt zur
Verleugnung der Rolle psychiatrischer Erkrankungen in der Ätiologie des CFS bei
… Im Gegensatz zu unseren Hypothesen und den Medienberichten über CFS haben wir
keine Belege dafür gefunden, dass CFS-Patienten sich durch besonders feindliche
Haltungen gegenüber psychiatrischen Leiden auszeichnen. … Unsere Studie konnte
auch keine allgemeinen Unterschiede in den Persönlichkeitsmerkmalen aufzeigen,
die einer negativen Einstellung gegenüber psychischen Erkrankungen oder der
Psychiatrie zugrunde liegen könnten … Die Werte für Alexithymie, die wir bei CFS
gefunden und mit den RA-Patienten verglichen haben, widersprachen auch unserer
ursprünglichen Hypothese. …Es gab keinen Unterschied zwischen den CFS- und den
RA-Patienten im Hinblick auf eine Feindseligkeit gegenüber psychischen
Erkrankungen. … Diese Studie liefert keine Belege dafür, die den
anti-psychiatrischen Unterton stützen würden, der in der Populärliteratur über
CFS so auffällig ist.“
(Personality and Social
Attitudes in Chronic Fatigue Syndrome. Barbara Wood and Simon Wessely; J
Psychsom Res 1999:47:4:385-397).
“Wenn man identische Resultate
wie in der PACE Trial in einer Studie über antivirale Medikamente erhalten
hätte, dann wäre die Reaktion völlig anders gewesen. Das genau ist passiert, als
eine sehr kleine Studie über ein Medikament, das das Immunsystem moduliert (und
das ein paar üble Nebenwirkungen hat) mit Beifall begrüßt wurde, Beifall aus der
gleichen Ecke, aus der versucht wurde, die PACE Trial in Verruf zu bringen, die
Interventionen mit einem untadeligen Sicherheitsprotokoll untersucht hat“:
Ansteigendes
körperliches Training für Menschen mit ME hat kein untadeliges
Sicherheitsprotokoll. Tatsächlich gibt es reichlich Belege aus zahlreichen
Umfragen von ME/CFS-Patientenorganisationen unter fast 5000 Patienten, dass bei
diesen Patienten kognitive Verhaltenstherapie wirkungslos und ansteigendes
körperliches Training unzumutbar und manchmal absolut schädlich ist.
Zu diesen Umfragen gehörte eine,
die gemeinsam von der ME Association und der Action for ME gesponsert wurde.
(“Report on
a Survey of Members of Local ME Groups”. Dr Lesley Cooper, 2000).
Cooper hat herausgefunden, dass
„ansteigendes körperliches Training als die Behandlung empfunden wurde, die
bei mehr Menschen zu einer Zustandsverschlechterung geführt hat als jede andere
Behandlung“ und dass sie Patienten in der Tat geschadet hat.
(http://www.afme.org.uk/res/img/resources/Group%20Survey%20Lesley%20Cooper.pdf).
Eine weitere Umfrage unter
2.338 ME/CFS-Patienten wurde 2001 von der Action for ME durchgeführt
(„Severely Neglected: M.E. in
the UK”); der vorläufige
Bericht stellt fest: „Graded Exercise (ansteigendes körperliches Training)
wurde als die Behandlung beschrieben, durch die es den meisten Menschen
schlechter ging.“ Im Abschlussbericht wurde das dann verändert in die
Angabe, dass ansteigendes körperliches Training bei 50% der Patienten eine
Verschlechterung verursacht hat.
(http://www.afme.org.uk/res/img/resources/Severely%20Neglected.pdf).
Die 25% ME Group for the
Severely Affected hat 2004 eine weitere Umfrage durchgeführt, nach der 93% der
Befragten ansteigendes körperliches Training als nicht hilfreich ansahen, wobei
82% berichteten, dass sich ihr Zustand dadurch verschlechtert hat.
(http://www.25megroup.org/Group%20Leaflets/Group%20reports/March%202004%20Severe%20ME%20Analysis%20Report.doc).
Im Jahr 2005 hat ein Bericht, der von The
Young ME Sufferers Trust („Our Needs, Our Lives”)
herausgefunden, dass es 88% von körperlichem Training schlechter ging.
(http://www.tymestrust.org/pdfs/ourneedsourlives.pdf).
Im Juni 2007 hat Action for ME (aufgrund
einer Finanzierung der Schottischen Regierung nach Section 16b) einen Bericht
erstellt, nach dem es 74,42% durch ansteigendes körperliches Training (GET)
schlechter ging. (“Scotland ME/CFS Scoping Exercise
Report”)
Im Jahr 2008 hat Action for ME eine weitere
Umfrage unter mehr als 2760 Patienten veröffentlicht
(„M.E. 2008: What progress?”),
nach der es einem Drittel durch GET schlechter ging und in der Zeit, als es
ihnen am schlechtesten ging, 88% ans Bett oder ans Haus gefesselt waren, nicht
in der Lage waren, sich selbständig zu duschen, zu baden oder zu waschen und
dass 15% nicht ohne Hilfe essen konnten. Die Presseerklärung vom 12. Mai war
unmissverständlich: „die Umfrage ergibt, dass die empfohlene Behandlung einem von
drei Menschen schadet“.
(http://www.afme.org.uk/news.asp?newsid=355).
Im
Jahr 2009 hat die Norfolk and Suffolk ME eine Patientenumfrage unter 225
Befragten ergeben: „Die Befragten haben festgestellt, dass die am wenigsten
hilfreichen und schädlichsten Interventionen ansteigendes körperliches Training
(GET) und kognitive Verhaltenstherapie (CBT) waren.“
(http://www.norfolkandsuffolk.me.uk/surveylink.html
).
Die International Association of CFS/ME hat
kürzlich einen Artikel von Tom Kindlon veröffentlicht, der detailliert die hohen
Raten an negativen Reaktionen auf körperliches Training darstellt, und hat die
PACE Trial außerdem im Hinblick auf die Heterogenität der Studienteilnehmer, das
Nachverfolgen von Behandlungsschäden und das Fehlen objektiver Zielparameter
analysiert (Bulletin of the IACFS/ME: 2011:19(2):59-111:
Reporting Harms Associated with Graded Exercise Therapy and
Cognitive Behavioural Therapy in Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue
Syndrome).
Wie Ed Lewisohn in seinem
Schriftwechsel über die Frenchay Hospital’s Klinik in Bristol so richtig
herausstellte: „Sie beziehen sich auf die ‚Frenchay Hospital’s Spezialklinik
für Chronic Fatigue oder ME’, aber ME ist eine unheilbare neurologische
Erkrankung und kann nicht das gleiche sein wie chronische Erschöpfung. Das
Chronic Fatigue Syndrome wird von den Psychiatern mit ansteigendem körperlichen
Training (GET) behandelt, aber wenn Training (das) bessert, dann handelt es sich
nicht um ME … Aber viele Patienten mit ME werden auch in Zentren für chronische
Erschöpfung geschickt und erhalten dort die gleiche Behandlung: und
schockierenderweise werden sie dann noch kränker gemacht.“
(http://www.thisisbristol.co.uk/chronic-fatigue-syndrome/story-14243686-detail/story.html
).
Es gibt demnach mehr als genug
empirische Belege dafür, dass ansteigendes körperliches Training zu hohen Raten
von Behandlungsschäden führen kann.
Warum wird dann der
Wessely-School, die behauptet, der evidenzbasierten Medizin (EBM) so sehr
verpflichtet zu sein, gestattet, weiterhin die Belege zu missachten, die
beweisen, dass sie Unrecht haben mit ihrer Meinung über das Wesen des ME und
über die Wirksamkeit von GET bei denjenigen, die unter ME leiden?
Die Antwort könnte sein, weil es
evidenzbasierte Medizin, genauso wie viele andere Mythen der Wessely-School, gar
nicht gibt.
Im Jahr 2009 hat Bruce Charlton,
Professor für Theoretische Medizin an der Universität Birmingham die Tatsachen
im Hinblick auf evidenzbasierte Medizin klargelegt:
„Es ist offensichtlich, dass EBM von ihren
allerersten Anfängen an eine Zombie-Wissenschaft war. … Eine Zombie-Wissenschaft
übt keinerlei wissenschaftliche Funktion aus, so dass sie gegenüber
wissenschaftlicher Kritik unangreifbar ist, denn sie wird ausschließlich durch
das ununterbrochene Hineinpumpen von finanziellen Mitteln aufrechterhalten. …
Der gewaltige Erfolg der EBM ist, dass sie die Übernahme der klinischen Medizin
in Großbritannien durch Politiker und Manager rationalisiert hat. ..
Zombie-Wissenschaft ist nicht von der wissenschaftlichen Suche nach der Wahrheit
getrieben (und wird) so lange am Laufen gehalten, wie sie den Zwecken seiner
Finanzgeber dient. … EBM machte sich eine von oben nach unten organisierte und
zwangsweise durchsetzende Machtstruktur zu eigen, um der klinischen Praxis
EBM-definierte ‚best evidence’ aufzuerlegen, gleichgültig, ob die klinischen
Wissenschaftler oder Ärzte dem zugestimmt haben, dass diese Evidenz am besten
war oder nicht. .. Was Fachwissen war, wurde willkürlich umdefiniert (und)
Tugendhaftigkeit als Unterwerfung unter die Empfehlungen der EBM definiert, so dass die
Arbeit des Arztes mit einem Federstrich in eine Arbeit umgewandelt wurde, die
auf absolutem Gehorsam gegenüber den Anweisungen der die EBM durchsetzenden
Manager beruht. Tatsächlich hat es, weil zu viele Ärzte in Großbritannien
sich
als ungehorsam gegenüber ihren Managern erwiesen haben, innerhalb des Nationalen
Gesundheitsdienstes (NHS) zu einer zunehmenden, langfristigen Strategie geführt,
Ärzte durch besser kontrollierbare Krankenschwestern zu ersetzen, die jetzt in
vielen Einrichtungen der Primärversorgung und auch spezialisierten
Gesundheitsdiensten die ersten Ansprechpartner sind. … EBM war keine wirkliche
Wissenschaft, in der Tat war sie überhaupt keine Wissenschaft (und) sie wurde
nicht von Wissenschaftlern übernommen, sondern von Politikern,
Regierungsbeamten, Managern und Biostatistikern. Als die britische Regierung
verstanden hatte, dass das, was da vorgeschlagen wurde, eine perfekte Begründung
für die Umformung der Medizin in genau die Form war, die sie immer gewollt
hatte, stolperten die Leute in der Hierarchie des NHS in ihrer Eile
übereinander, diese neue Orthodoxie im Management, der medizinischen Ausbildung
und der Gründung neuer Regierungsinstitutionen wie etwa NICE einzuführen. …
Plötzlich war die Zombie-Wissenschaft der EBM überall in Großbritannien …
ungehindert durch lästige Dinge wie Wahrhaftigkeit und Integrität … sie wurde
von vielen Individuen praktiziert, denen jegliche Ausbildung und Erfahrung in
klinischer Medizin fehlte und die mit Sicherheit keine direkte Versorgung der
Patienten boten… Hier gab es eine Doktrin, die mit ihrer Einführung die
Ablehnung und den Ersatz des gesamten Modells der medizinischen Wissenschaft und
Praxis der Vergangenheit befürwortete. Sie befürwortete ein neues Modell der
Bereitstellung von Gesundheitsversorgung, neue Prinzipien der
Forschungsfinanzierung, eine neue Grundlage für die medizinische Ausbildung. Und
die Evidenz dafür? Also, natürlich keine. Nicht das kleinste Krümelchen.
‚Evidenzbasierte’ Medizin basierte auf null Evidenz (aber sie) wurde als Messias
verkündet mit der finanziellen Unterstützung von Massen an Geldern des
britischen Staates, … um einen einigermaßen lebensechten
Zombie an Pseudowissenschaft zu erschaffen. … Heutzutage bedeutet EBM das, was
immer die politische und die Manager-Hierarchie des Gesundheitswesens möchte,
was sie für die vorliegende Zwecke bedeuten möge.“
(Zombie
science of Evidence-Based Medicine. Bruce G Charlton. Journal of Evaluation in
Clinical Practice 2009:15:930-934).
Die EBM hat sich jedoch für die Wessely-School
als unschätzbar wertvoll für die endlose Fortsetzung ihrer Mythen über ME/CFS
und seiner Behandlung erwiesen, zum Vorteil sowohl des Staates als auch der
Versicherungsindustrie.
Trotz der nicht nachlassenden
Entschlossenheit der Wessely-School, ME/CFS als funktionelle somatoforme Störung
zu erklären (in seinem neuesten Artikel wiederholt Wessely seine Behauptung,
dass „je höher die Anzahl der Symptome, desto wahrscheinlicher wird der
Patient eine affektive oder eine Angststörung entwickeln“), sorgt die
medizinische Wissenschaft endlich dafür, dass die Wessely-Ära zuende geht.
Während von XMRV jetzt angenommen wird, dass
es eine Laborkontamination sei (und die triumphierende Schadenfreude derer, die
darüber jubelten, ist aufs schärfste zu verurteilen), ist die Frage nach der
Rolle von Retroviren noch nicht gelöst: Tatsächlich hat Dr. Ian Lipkin von der
Columbia Universität und oberster Virusjäger der National Institutes of Health
laut dem Wall Street Journal Blog von Amy Dockser Marcus am 27.
Dezember 2011 gesagt, dass alle
Wissenschaftler und Ärzte, die an der NIH-Studie beteiligt sind, einschließlich
der Autoren der zurückgezogenen Artikel aus PNAS und Science „entschlossen
sind, diese Studie fertig zu stellen, weil keiner von uns glaubt, dass die Frage
der Retrovirusinfektion bei CFS/ME gelöst sei.“
Einmal abgesehen von der Retrovirologie gibt
es jetzt nicht zu leugnende Belege für Multisystem-Schädigungen bei ME/CFS,
einschließlich einer Entzündung der Blutgefäße, einer Minderdurchblutung des
Gehirns, einer verzögerten Erholung der Muskeln nach körperlicher Belastung,
einer Dysfunktion des Immunsystems und der neuroendokrinen Systeme und Belege
für markante Anomalien in den Genexpressionsprofilen.
Professor Nancy Klimas wird ein neues Institut
für Neuroimmunologische Medizin (speziell für ME/CFS) an der Nova Southeastern
University leiten: Sie wird Spitzenforschung und am neuesten Stand der
Wissenschaft orientierte Ausbildung von Fachleuten im Gesundheitswesen in
Kombination mit der Versorgung von Patienten anbieten; sie wird sich auf
Systembiologie konzentrieren und Experten für bildgebende Verfahren in der
Neurologie in Verbindung bringen mit Wissenschaftlern, die Entzündungsprozesse
und Genomik/Proteomik erforschen, sowie mit Experten auf dem Gebiet der
Neurotoxikologie zusammenarbeiten.
Und dann gibt es da auch die
Arbeit von Dr. José Montoyas Chronic Illness Initiative an der Stanford
Universität; die Eheleute Dres Light an der Universität von Utah; Dr. Derek
Enlanders Chronic Fatigue Initiative mit einem sehr großen Budget für Forschung
am Mount Sinai Hospital sowie die Public Health and Neuroimmunology Unit (PHANU)
an der Bond University in Australien (http://forums.phoenixrising.me/content.php?519)
und die engagierte Arbeit der Professoren Mark VanNess und Christopher Snell an
der University of the Pacific, die allesamt die Überzeugungen der Wessely-School,
ME/CFS sei eine Verhaltensstörung, widerlegen werden.
Darüber hinaus hat das britische
Medical Research Council schließlich die Notwendigkeit biomedizinischer
Forschung zu ME/CFS erkannt und stellt 1,6 Millionen Pfund für die Erforschung
bestimmter Erscheinungen des ME/CFS bereit, darunter die autonomen Dysfunktionen,
abweichende Mitochondrienfunktion und Zytokinproduktion in den Skelettmuskeln
und die Dysfunktion des Immunsystems.
Wie die klinische Psychologin Dr. Dorothy Rowe
im Jahr 1993 betonte: „Menschen, die absolut genau wissen, dass sie recht
haben, sind sehr gefährlich“, (The Observer, 14th November 1993),
aber wer hat dem irgendeine Beachtung geschenkt? Pfarrer Cormac Rigby hat es
getan: „Die größten Feinde der Wahrheit sind diejenigen, die glauben, sie
haben ein Monopol auf die Wahrheit.“
(The Lord be with you; Family
Publications, Oxford, 2004).
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