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Artikel des Monats Januar 2012 Teil
3
Michael Snyderman berichtet
über seine antiretrovirale Behandlung
Bitte beachten Sie:
2012 hat sich herausgestellt, dass dieses XMRV keine
Humaninfektion, sondern eine im Labor entstandene Chimäre war.
Näheres unter Artikel des Monats
Dezember 2012 - 1 auf dieser Website!
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Dr. Michael Snyderman ist Onkologe und leidet
selbst an CFS und einem Blutkrebs, an Chronisch Lymphatischer Leukämie (1).
Er ist XMRV-positiv und behandelt sich seit etwa anderthalb Jahren mit
antiretroviralen Mitteln. Seine Blutwerte haben sich verbessert und seine
Symptomatik ist zurückgegangen. Er beschreibt hier auf
Jamie
Deckoff-Jones' Blog vom 15. Dezember 2011
seine Behandlung und seine
Fortschritte. Zitate aus der anschließenden Diskussion finden Sie im blauen
Kasten.
Übersetzung Regina Clos,
Anmerkungen d.Ü. in Eckklammern |
"Es gibt einen Virologen an der Universität von Pittsburgh, mit dem
ich Kontakt aufgenommen habe, weil der Wissenschaftler MLRVs bei
Prostataerkrankungen identifiziert hat. Der Wissenschaftler hat mir
per Email mitgeteilt, dass Kollegen ihm geraten haben, diese
Forschung nicht durchzuführen und dass keine Zeitschrift bereit
wäre, positive Ergebnisse zu veröffentlichen. Ein anderer bekannter
Forscher der anfänglich positive Ergebnisse mit MLRVs hatte, hat mir
anvertraut, dass Post-Doktoranden jedes Projekt im Zusammenhang mit
MLRVs weggenommen wurde, um ihre berufliche Laufbahn zu schützen.
Ich
finde das sehr beängstigend für uns, denn es bedeutet, dass die
Leute möglicherweise eine mit MLRV in Zusammenhang stehende
Krankheit haben. Es sind nur sehr wenige mutige Wissenschaftler
übrig wie Dr. Lipkin, die bereit sind, die Forschung fortzusetzen,
um ein Virus zu finden."
"Ich fühle mich nicht dazu qualifiziert,
etwas in Bezug auf antiretrovirale Medikamente (AVRs) zu raten.
Ich werde weitere AVRs ausprobieren und meine Ergebnisse
mitteilen.
Ich glaube, dass humane Gamma-Retroviren
(HGRVs) bei vielen verschiedenen Krebsarten eine Rolle spielen.
Ich denke nicht, dass sie den Krebs verursachen, aber dass sie
das Ausmaß an Bösartigkeit steigern können. Ich habe einen
Patienten, der als Medizinstudent ein Hodgkin-Lymphom hatte und
im Alter von 45 dann Prostatakrebs und der jetzt Symptome
ähnlich wie bei CFS hat. Manche Leute würden das Fatigue bei
Krebs nennen, aber für mich ist das CFS.
Ich glaube, dass diese Viren relativ
häufig vorkommen, aber manche Leute sind anfälliger dafür. Dr.
Enlander plant eine Forschungsarbeit, die das untersucht. Wie
ansteckend das Virus ist, würde deshalb von vielen Faktoren
abhängen, aber wir glauben auf der Basis unserer Umfrage, dass
es ansteckend ist. Eine größere Studie wird nötig sein, um
unsere Ergebnisse zu bestätigen, und wir hoffen, dass unsere
Studie dafür eine Unterstützung gewinnen kann."
"... meine Überzeugung ist (aber das
muss noch erforscht werden), dass HGRV das T-Zell-Klon und die
Zytokine/Chemokine, die das T-Zell-Klon produziert, einen Teil
der Pathologie bei CFS verursacht und auch das Wachstum von
Krebs anregen kann."
Michael
Snyderman in Kommentaren zu Jamie Deckoff-Jones' Blogeintrag
"Olive Branch" vom 29. Dezember 2011
|
An
Wissenschaftler und die CFS-Gemeinde
Ich habe meine Ein-Person-Studie über die antiretrovirale Behandlung eines
Patienten mit Chronisch Lymphatischer Leukämie und CFS aktualisiert. Ich mache
diese Behandlung seit dem 27. Mai 2010. Mein erstes Ansprechen auf AZT und
Raltegravir dauerte bis zum 7. März 2011, also 9,4 Monate an. Ich habe die Daten
über den Rückfall bis zum Juli gesammelt, um sicherzustellen, dass ich genügend
Parameter hatte. Ich habe am 18. Juli 2011 Tenofovir zur Behandlung hinzugefügt.
Meine Leukämiezellzahlen sind bei etwa 25% der Rate, die ich für den jetzigen
Zeitpunkt prognostiziert habe. Meine letzte Blutuntersuchung wurde am 12.
Dezember 2011 durchgeführt, wobei nur die Gesamtleukozytenzahl zurückkam und die
anderen Parameter noch ausstehen. Es sind nun 4,5 Monate vergangen, seitdem ich
das Tenofovir hinzugefügt habe. Bevor ich mit den antiretroviralen Mitteln
begonnen habe, war ich so krank, dass ich dachte, ich müsste mich zur Ruhe
setzten. Seitdem ich die Behandlung begonnen habe, bin ich zwar nicht vollkommen
gesund, aber ich funktioniere – 17,8 Monate, nachdem ich die erste Dosis
eingenommen habe.
Ich stimme zu, dass XMRV nicht der Erreger
ist, aber dass meine Resultate in der Tat zeigen, dass ein Retrovirus einen Teil
der Ätiologie sowohl der Leukämie als auch des CFS ausmachen. Es ist eine
Ein-Personen-Studie, aber meine Leukämie und mein CFS sind recht typisch, und es
gibt überhaupt nichts Ungewöhnliches, das nahe legen würde, dass die Ergebnis
nicht eine Einsicht in das erlauben würden, was mit uns passiert. Der Artikel
wird für eine Publikation eingereicht, wenn meine Untersuchungen auf die
Virusintegration zur Verfügung stehen, hoffentlich in den nächsten Monaten. Ich
werden dann einen Titel, ein Abstract und einen Abschnitt über die Methoden bis
zu diesem Zeitpunkt hinzufügen.
Meine Schlussfolgerung ist, dass eine weitere
Erforschung eindeutig angezeigt ist und dass es sehr vernünftig wäre, wenn die
Regierung dazu gebracht würde, diese Forschung zu finanzieren.
Hier sind ein paar häufig gestellte Fragen,
die ich für hilfreich halte:
1. Ist es unmoralisch, mich selbst mit
antiretroviralen Mitteln (ARVs) zu behandeln? Nein.
Als Onkologe kenne ich den Wert oder
mangelnden Wert aller standardmäßigen Behandlungsoptionen für Chronisch
Lymphatische Leukämie. Ich versuche nicht, die Kosten für die Behandlung von
irgendeiner dritten Partei erstattet zu bekommen und ich benutze keine illegalen
Medikamente. Es gibt keinen damit verbundenen finanziellen Gewinn.
2. Könnte meine Reaktion
die Folge von selektiver Toxizität (1)
der AVRs sein?
Nein
Von den vielen Krebsmitteln, die in den
vergangenen 50 Jahren entwickelt wurden, hat keines eine komplett selektive
(trennscharfe, gezielte) Toxizität gegen Krebs, die Toxizität sieht man niemals
nur in Bezug auf den Krebs. Es gab im Zusammenhang mit meiner Behandlung keine
Toxizität.
3. Könnte die Wirkung meiner AVRs eine
chemotherapeutische Wirkung sein? Nein.
Es gibt keine klinischen Studien, die eine
chemotherapeutische Aktivität für die Einzelsubstanzen AZT, Raltegravir oder
Tenofovir behaupten würden.
4. Könne die Wirkung sekundär auf die
Telomerasehemmung (1)
durch AZT und Tenofovir zurückzuführen sein? Nein.
Das Ansprechen meiner Leukämiezellen
innerhalb von vier Wochen ist zu rasch für einen Abbau von Telomeren und der
Induktion des programmierten Zelltods (Apoptose). Die Anti-Telomerase-Verbindung
Imetelstat (GRN 1631L) hat in klinischen Studien keine Einzelsubstanz-Aktivität
gezeigt und man nimmt an, dass sie allenfalls ein
Zytostatikum ist.
5. Könnte die Wirkung der AVRs in
Wirklichkeit eine Anti-Herpes-Aktivität sein? Nein.
Eine Untersuchung meines Blutplasmas mit
DNA-Assays auf EBV- und CMV-DNA waren negativ. Meine Lymphozyten wurden an der
Mayo Clinic auf eine aktive EBV-Infektion getestet und waren negativ. Eine
Untersuchung für eine aktive Herpesvirusinfektion mit CMV, EBV und HHV6 am WPI
verlief negativ.
6. Da diese Behandlung von der gleichen
Person durchgeführt und beschrieben wird, sind die Ergebnisse verlässlich?
Ja.
Die Ergebnisse der Ermittlung der absoluten
Lymphotzytenzahl sind in den Akten des Catholic Hospital System of Western NY
festgehalten, und andere Parameter sind in den Akten von Quest. Ich werde jedem,
der Kopien davon haben möchte, erlauben, diese direkt zu erhalten. Außerdem
möchte ich, dass die Ergebnisse korrekt sind, da ich meine Behandlung nach
diesen Ergebnissen festlege und eine Behandlung über meine Gesundheit und mein
Überleben entscheidet,
7. Hat eine Ein-Personen-Studie überhaupt
irgendeinen Wert? Ja.
Aufgrund von medizinisch-rechtlichen Überlegungen ist ein Arzt, der sich selbst
behandelt, der beste Ausgangspunkt. Mein CFS und meine CLL sind typisch, und die
positiven Ergebnisse lassen darauf schließen, dass eine weitere Untersuchung
wichtig ist und auch einen vernünftigen Ausgangspunkt für ein
Behandlungsprotokoll ergibt.
Michael Snyderman, MD
18 Monate Erfahrungen mit antiretroviralen Medikamenten bei einem
Patienten mit CFS und Chronisch Lymphatischer Leukämie
Einführung
In
den 1970ern haben drei unabhängige Labors das Vorhandensein eines
MLRV (Murine leukemia related virus - Mäuseleukämie-verwandten
Virus) bei Sarkomen, Leukämie und verschiedenen Leukämien
beschrieben [1-6]. Das MLRV wurde nur in neoplastischen
(1)
und nicht in normalen Zellen
gefunden und war dem Rauscher-Virus ähnlich. Die neuere Nomenkaltur
bezeichnet diesen Virustyp als HGRV (Humanes Gamma Retrovirus).
Überraschenderweise wurden die Arbeiten aus den 1970er Jahren für
die nächsten 30 Jahre ignoriert, bis Urisman et al [7] im Jahr 2006
in einigen Prostatakrebsgeweben ein HGRV/MLRV entdeckten, das sie
als XMRV bezeichneten. Im Jahr 2009 fanden Lombardi et al [8] am
Whittemore Peterson Institute (WPI) Belege für eine Infektion mit
HGRV/MLRVs, die dem XMRV ähnlich sind, bei den meisten der
untersuchen Patienten mit Chronic Fatigue Syndrome (CFS). Derzeit
werden die Virusfunde von Lombardi et al kritisiert, weil viele
Labors nicht in der Lage waren, ihre Ergebnisse zu reproduzieren.
Einige Retrovirologen haben unmissverständlich gesagt, dass HGRV/MLRVs
nicht CFS verursachen.
Die Diagnose CFS wird durch die
Verwendung der Kanadischen Konsenskriterien für CFS und durch die
typische Erhöhung von Zytokinen und Chemokinen objektiviert [9]. Man
vermutet, dass es bei CFS-Patienten im Vergleich zur
Normalbevölkerung zu einem erhöhten Vorkommen von bösartigen
Lymphomen und Gehirntumoren kommt [10]. Die Schlussfolgerung daraus
ist, dass HGRV/MLRVs sowohl für CFS als auch für bösartige Tumoren
ätiologisch (krankheitsverursachend) sein könnten. Daniel Petersons
Praxis hatte 300 Patienten aus der 1984er CFS-Epidemie in Nevada in
Behandlung. Dreizehn Patienten aus dieser Kohorte entwickelten
verschiedene B-Zell-lymphoproliferative Erkrankungen, und alle
wurden positiv auf eine klonale T-Zell-Expansion getestet. Außerdem
wurden nach entsprechender Untersuchung durch das WPI bei ihnen
Belege für eine Infektion mit HGRV/MLRV gefunden, aber diese Daten
sind momentan in der Schwebe. Es wurde die Hypothese aufgestellt,
dass eine HGRV/MLRV-Infektion für die klonale T-Zell-Expansion
verantwortlich ist und dass diese klonale T-Zell-Expansion die
Entwicklung des CFS und der bösartigen Tumoren gefördert haben
könnte.
Die Behandlung von MLRV-assoziierten Tumoren ist bislang noch nicht
beschrieben worden. Das mit dem Retrovirus HTLV-1 assoziierte
T-Zell-Lymphom/Leukämie reagiert auf AZT und IFNa [11, 12]. Außerdem
zeigt sich bei zahlreichen humanen Tumorzell-Linien einschließlich
Brust- und Eierstockkrebs eine Wachstumshemmung und Apoptose
(programmierter Zelltod), wenn sie AZT ausgesetzt werden [13, 14].
Mehrere Forschergruppen berichteten über eine Hemmung des XMRV durch
von der Food and Drug Administration (FDA) genehmigte
antiretrovirale Mittel wie AZT, Raltegravir und Tenofir in
Zellkulturen [15, 16]. Die Reaktion eines Patienten mit CFS und
einer MLRV-assoziierten bösartigen Tumorerkrankung auf eine
Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten würde die These von
einer Rolle der MLRVs in beiden Krankheiten stützen. Wir hatten die
Gelegenheit, einen solchen Patienten mit CFS und Chronisch
Lymphatischer Leukämie zu untersuchen, der sowohl positiv auf eine
Infektion mit MLRV getestet worden als auch positiv auf eine klonale
T-Zell-Expansion war. Er hatte Zytokin- und Chemokin-Erhöhungen, die
der Diagnose CFS entsprechen. Dieser Patient war selbst Onkologe,
der mit den therapeutischen Optionen und Richtlinien für beide
Krankheiten wohlvertraut war und sich für eine antiretrovirale
Therapie entschied.
Ergebnisse
Ein Patient mit einer B-Zell-CLL wurde positiv auf Antikörper gegen
MLRV-Proteine getestet. Untersuchungen auf eine Virusintegration
stehen noch aus. Obwohl er zuvor nicht als CFS-Patient
diagnostiziert worden war, erfüllte er die Kriterien für die
Diagnose CFS nach den Kanadischen Konsenskriterien. Seine erhöhten
Zykotin- und Chemokinwerte stimmten mit der Diagnose CFS überein. Er
war außerdem positiv auf eine klonale T-Zell-Expansion, und zwar
sowohl mit quantitativen als auch mit qualitativen Testverfahren auf
das Vorliegen von klonalen TCRg-Gen-Rearrangementss. Er hatte
durchschnittliche progrostische Faktoren, wobei der einzige
potentiell ungünstige Faktor ein Trisomie-12-Klon war. Er wurde
negativ auf EBV, CFM, HHV6A und HHV6B getestet. Er begann die
Behandlung mit AZT und Raltegravir 571 Tage nach der Diagnose der
Chronisch Lymphatischen Leukämie. Am 56. Tag der Behandlung hatten
sich seine Zytokinwerte gebessert (Abbildung 1). Dies fiel zusammen
mit einer Besserung der CFS-Symptome, d.h. der Erschöpfung, der
Konzentrationsprobleme und der neuropathischen Schmerzen. Seine
positive Reaktion setzte sich über 9,4 Monate fort, wobei es zu
keiner damit zusammenhängenden toxischen Wirkung kam, und er war in
der Lage, Vollzeit zu arbeiten. Seine zuvor ansteigenden absoluten
Lymphozytenzahlen, die CD19-Zellen und die Trisomie-19-Zellen nahmen
in diesem Zeitraum tendenziell ab.
Zu Beginn der Behandlung mit AZT und Raltegravir war sein ALC bei
16,348/cu mm und die CD 19-Zellen bei 11,658/cu mm gestiegen von
3,303 zum Zeitpunkt der Diagnose. Seine Trisomie-12-Zellen waren am
117. Tag der Behandlung auf einen Spitzenwert von 8,490/cu mm
gestiegen, verglichen mit 1,550 zum Zeitpunkt der Diagnose. Nach 285
Tagen der Behandlung waren die ACL-Zahlen auf 10,600/cu mm, die CD
19Zellen auf 6,015 und die Trisomie 12-Zellen auf 4,558 gesunken. In
der Folge sind die Zahlen wieder schlechter geworden, trotz der
Fortsetzung der Behandlung mit AZT und Raltegravir. Auch die
Symptome des CFS verstärkten sich. Dann wurde Tenofovir zur
Behandlung hinzugefügt und alle Parameter sowie auch die
CFS-Symptome gingen wieder zurück (Abbildung 2). Die ALC erreichten
in der dritten Woche der Behandlung einen Spitzenwert von 16,194 und
waren in der 20. Woche auf 12,324 abgesunken. Der Ausgangswert der
CD-19-Zellen lag bei 9,298, die Trisomie-12-Zell-Zahl lag bei 8,902
und die ZAP70-Zahl bei 3,068. In der 13. Woche war die
CD-19-Zell-Zahl auf 6,570 gesunken, die Trisomie-12-Zahl auf 4,374
und die ZAP70-Zahl auf 591 gesunken. Die entsprechenden Werte für
die 20. Behandlungswoche stehen noch aus. Quantitative Daten für die
klonalen T-Zellen standen für den Zeitpunkt des Rückfalls zur
Verfügung. Sie zeigten einen Anstieg der klonalen T-Zellen, der
rascher zu sein schien als der Anstieg der CD-19_zellen, und nach
dem Hinzufügen von Tenofovir gingen sowohl die klonalen T-Zellen als
auch die CD-19-Zellen zurück, aber dabei schienen die klonalen
T-Zellen rascher abzufallen (siehe Abbildung 3).
Diskussion
Die Entwicklung von bösartigen B-Zell-Lymphomen in 13 von 300
CFS-Patienten lässt darauf schließen, dass CFS-Patienten verglichen
mit dem entsprechenden Auftreten in der Allgemeinbevölkerung ein
mehrere hundertfach erhöhtes Risiko für bösartige Tumoren haben. Von
diesen 13 Patienten waren alle positiv auf eine klonale
T-Zell-Expansion. Sie wurden außerdem alle positiv auf eine
Infektion mit HGRV/MLRVs getestet, aber diese Daten stehen jetzt
infrage.
Das stark erhöhte Risiko für
B-Zell-Tumoren bei möglicherweise HGRV/MLRV-infizierten Patienten
könnte die Folge einer Infektion der B-Zell-Line durch HGRV/MLRVs
sein. Man nimmt an, dass Retroviren durch Insertionsmutagenese Krebs
verursachen. Dieser Mechanismus erfordert, dass die provirale DNA
des Retrovirus sich in die DNA des Wirts unmittelbar neben einem
Proto-Onkogen integriert und dadurch eine Aktivierung des
Proto-Onkogens verursacht. Ein noch wichtigerer Mechanismus der
Krebserzeugung durch MLRVs könnte die Fähigkeit von viralen
Proteinen sein, die Genexpression der Wirtszellen zu verändern. 24
bis 48 Stunden nach der Infektion einer permissiven Zelllinie mit
XMRV sind zahlreiche zelluläre Gene expremiert: “10 dieser Gene
spielen eine Rolle in der Zellmorphologie, 11 in der
Zellentwicklung, 12 in der Signalübertragung und Wechselwirkung
zwischen Zellen, 11 Gene in der zellulären Bewegung und 13 im
Zellwachstum und der Zellvermehrung“ [17]. Spadafaro hat gezeigt,
dass reverse Transkriptase eine Genaktivierung erzeugen und zu einem
bösartigen Phänotypus führen kann [18]. Bei einigen mit Retroviren
zusammenhängenden Tumoren können auch Env [19] und Gag [20] eine
wichtige Rolle bei der malignen Zellveränderung spielen.
Das Ergebnis, dass XMRV keine erneute maligne Zelltransformation in
Gewebekulturen veursacht [21], ist für die klinische Realität von
Tumoren beim Menschen nicht von Bedeutung. Es ist eine aktzeptierte
Tatsache, dass es zahlreicher Ereignisse bedarf, um eine Zellline in
ein Prä-Neoplasma oder ein klinisch bedeutsames Neoplasma zu
verwandeln. Menschliche Tuoren haben mutierte Gene und Veränderungen
in der Genexpression, die sie gegenüber einer Infektion mit
Retroviren permissiv machen. Diese Retroviren könnten weitere
Veränderungen in der Genexpression herbeiführen, die die infizierte
Zelllinie dazu bringt, sich mehr im Sinne einer bösartigen
Entwicklung zu verhalten. Die logische Folge davon ist, dass eine
Behandlung, die den Einfluss viraler Proteine auf eine neoplastische
Zelllinie blockiert, dazu führt, dass sich die neoplastische Zelle
weniger bösartig entwickelt.
Eine ergänzende Hypothese ist, dass eine Infektion durch HGRV/MLRVs
zu einer klonalen T-Zell-Expansion führt. Die klonalen T-Zellen
produzieren erhöhte Zytokin- und Chemokinwerte, die teilweise für
das CFS verantwortlich sein könnten. Weiter könnten diese Zytokine
und Chemokine eine parakrine Aktivität haben, die ein gleichzeitig
vorhandenes Neoplasma stimuliert, sich aggressiver zu verhalten
[22].
Ein Einwand dagegen, HGRV/MLRVs als pathogene Viren zu betrachten
ist, dass es bislang noch keine Erklärung dafür gab, wie MLRVs in
die Humanpopulation eingedrungen sein könnten. Jedoch wurden die
frühen Impfstoffe hergestellt, indem man humane Viren durch
Mäusegewebe geschleust hat, um die Viren zu isolieren und
abzuschwächen. Das würde eine Kontamination von Impfstoffen mit
Mäuseleukämieviren möglich gemacht haben [23]. Der ursprüngliche
Impfstoff gegen Gelbfieber wurde in den frühen 1930er Jahren
hergestellt, indem das Virus in Zerebralgewebe von Mäusen kultiviert
wurde [24]. Einige Patienten erhielten sowohl das Gelbfiebervirus
als auch infiziertes Zerebralgewebe von Mäusen. Der
YF17D-Strang wurde eingesetzt,
um in den nächsten 65 Jahren weltweit über 400 Millionen Menschen
damit zu impfen. Die US-Armee hat während des Zweiten Weltkriegs
begonnen, Soldaten gegen Gelbfieber zu impfen und hat danach laut
der Abteilung für und Stationierung damit weitergemacht [26]. Die
Impfversuche gegen Kinderlähmung in den Vereinigten Staaten begannen
im Jahr 1952. Die Poliovirus-Stränge wurden ursprünglich von
Koprowski durch viele Passagen in Mäusen, Baumwollratten und
Primaten reihenweise übertragen, um eine Abschwächung zu erzielen
[27]. Olitsky, mit dem Sabin über lange Zeit zusammenarbeitete,
passte den Typ-2(Lansing)-Polio-Strang an Mäuse an [28], und der
Sabin-Impfstoff enthielt diesen Strang. Tatsächlich erhielt der hier
untersuchte Patient in den frühen 1960er Jahren die orale
Lebend-Polio-Impfung, entwickelte zehn Jahre später die Symptome des
CFS und 40 Jahre später Chronisch Lymphatische Leukämie. Er erhielt
außerdem die Gelbfieberimpfung in den frühen 1970er Jahren, als er
in die US-Armee eintrat.
Kurz gefasst, es wurde ein Patient ermittelt, der sowohl unter CFS
als auch unter einer B-Zell-CLL litt. Eine Infektion mit einem HGRV/MLRV
wurde nahegelegt durch das Vorliegen von Antikörpern gegen
MLRV-Proteine. Er war zudem positiv auf eine klonale
T-Zell-Expansion und hatte erhöhte Zytokin- und Chemokinwerte, wie
sie für CFS-Patienten typisch sind. Bei einer antiretroviralen
Therapie zeigte er eine Besserung seiner Zytokin- und Chemokinwerte,
der CFS-Symptome und der hämatologischen Parameter. Es ist
anzunehmen, dass die Besserung seines Zustands mit den
antiretroviralen Wirkungen der Behandlung zusammenhängt. Die
andauernde Besserung seiner ALC, CD-19-Zellen und des
Trisomie-12-Klons dauerte über 9,4 Monate an. Trotz der
fortgesetzten Einnahme von AZT und Raltegravir gab es einen
Leukämie-Rückfall. Interessanterweise stiegen während des Rückfalls
sowohl die Gesamt-B-Zell-Zahlen als auch die klonalen T-Zellen,
wobei die Stiegerungsrate der T-Zellen rascher zu sein schien. Eine
zweite Reaktion wurde durch das Hinzunehmen des zweiten
Reverse-Transkriptas-Hemmers, Tenofir, ausgelöst. Sowohl die
Gesamtzahl der Lymphozyten als auch die klonalen T-Zellen fielen ab,
wobei die Abfallrate der klonalen T-Zellen schneller zu sein
schien. Zum Zeitpunkt dieses Berichts dauert die zweite Reaktion
[auf die Medikation] zwischen 14 und 20 Wochen an.
Diese Befunde stimmen überein mit der Bedeutung der reversen
Transkriptase im Verhalten der Leukämie und des CFS des Patienten
und dem möglichen Einfluss auf die klonalen T-Zellen auf beide
Prozesse. Es ist möglich, dass die Hemmung der reversen
Transkriptase die Proliferation sowohl der T- als auch der
B-Zell-Klone herabgesetzt hat oder dass die Wirkung sich primär auf
die klonalen T-Zellen richtete. Der Anstieg und Abfall der Zytokine,
den wir dokumentiert haben würde proportional zur absoluten Zahl der
klonalen T-Zellen und könnte sekundär die Proliferation der
B-Zell-Klone beeinflussen.
Alternative Erklärungen für den therapeutischen Effekt dieser
antiretroviralen Therapie wurden in Betracht gezogen. Eine davon ist
die selektive Toxizität anstelle des antiretroviralen Effekts.
Selektive Toxizität ist bei Hunderten von Substanzen, die als
Krebstherapeutika eingesetzt werden, noch nie beobachtet worden und
erscheint als unwahrscheinliche Erklärung für die
Zustandsverbesserung des Patienten, insbesondere da er überhaupt
keine Toxizität zeigt. Für AZT, Raltegravir und Tenovir ist noch
niemals gezeigt worden, dass sie als Einzelsubstanz eine
chemotherapeutische Aktivität hätten, so dass ein
chemotherapeutischer Effekt eine unwahrscheinliche Erklärung ist.
Eine Anti-Telomerase-Aktivität des AZT ist ebenfalls in Betracht
gezogen worden, aber die rasche Reaktion auf die Behandlung passt
nicht zur Kinetik des Abbaus von Telomeren (1)
und der Induktion der Apoptose [des programmierten Zelltods].
Außerdem wurde eine Anti-Telomerase-Substanz in einer klinischen
Studie getestet und hat keine Remissionen auslösen können. Eine
Anti-Herpes-Virenaktivität der antiretroviralen Behandlung ist keine
haltbare Erklärung für diese Reaktion, da eine aktive
Herpesvirusinfektion ausgeschlossen worden war.
Es ist nichts Ungewöhnliches an dem klinischen Bild dieses
Patienten, das nahelegen würde, es sei ein irgendwie nicht
repräsentativer Fall. Seine Reaktion auf die antiretrovirale
Therapie lässt darauf schließen, dass HGRV/MLRVs sowohl für sein CFS
als auch für seine Chronisch Lymphatische Leukämie ursächlich waren
und dass eine antiretrovirale Therapie auch anderen Patienten mit
CFS und einer mit HGRV/MLRV zusammenhängenden Tumoren helfen könnte.
Es müssen sehr viel mehr Patienten untersucht werden. Die Fragen,
die letztendlich beantwortet werden sollten, sind: Welche
Neoplasmien stehen mit HGRV/MLRVs in Zusammenhang? Sind andere
antiretroviralen Therapien wie etwa Protease-Inhibitoren
erforderlich und was wäre die optimale Kombination von antiviralen
Medikamenten?
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Figure 1 |
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Figure 2 |
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Figure 3 |
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Was ist...
Chronisch Lymphatische Leukämie
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist
eine Form des Blutkrebses, bei dem es zu einer klonalen Vermehrung
von reifen, kleinzelligen aber funktionslosen B-Lymphozyten kommt.
Sie ist in der westlichen Welt die am häufigsten vorkommende
Leukämieform.
Selektive Toxizität
bedeutet, dass
die Erreger im Wirtsorganismus selektiv abgetötet oder an der
Vermehrung gehindert werden, ohne dass die Zellen des Wirts durch
die Chemotherapie oder antiinfektive Therapie geschädigt werden.
Neoplasie
Mit
dem Begriff Neoplasie oder Neoplasma bezeichnet man die Neubildung
von Körpergeweben. Damit kann sowohl die physiologische
Regeneration eines Gewebes (z.B.
von Epithelgewebe) gemeint sein, als auch die autonome,
pathologische Gewebevermehrung eines Tumors.
Klinisch wird "Neoplasie" am häufigsten als Gattungsbezeichnung für
maligne Tumoren verwendet.
Telomere
sind
die Enden der Chromosomen. Sie sind für die
Stabilität von
Chromosomen zuständig. |
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