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» Medienberichte «zum Internationalen CFS-Tag
Anlässlich des Internationalen CFS-Tages hat der britische Fernsehsender ITV Meridian über die Geschichte von Sophia Mirza berichtet, die vermutlich ein Opfer von ME/CFS wurde. Die Mutter Sophias, Criona Wilson, wird in diesem Bericht ebenso interviewt wie Jonathan Kerr, der im Bereich Genexpressionsprofile bei ME/CFS forscht. Auf der Website der Gruppe Invest in ME findet sich hier ein Link zu diesem Fernsehbeitrag. Die deutsche Übersetzung der Redebeiträge in dieser Sendung finden Sie im folgenden. Den ausführlichen schriftlichen Bericht der Mutter finden Sie weiter unten auf dieser Seite. Der Sender hat bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen äußerst sehenswerten, erschütternden Bericht über schwer an ME/CFS erkrankte junge Menschen ausgestrahlt, der ebenfalls auf der Website der Gruppe Invest in ME online zugänglich ist (Klicken Sie dazu hier.) ******************** Script der Sendung Meridian TonightStudioreporter: Hallo und einen guten Abend. Sie kostete das Leben aus, reiste um die Welt, fand neue Freunde, aber die letzten sieben Jahre ihres Lebens verbrachte sie in einem abgedunkelten Raum, unfähig, sich zu bewegen oder zu sprechen. Ist Sophia an der Krankheit gestorben, die sie niedergestreckt hat – an M.E.? Studioreporterin: Nun, das ist zumindest das, was ihre Familie glaubt, aber es zu beweisen wird schwierig sein. Ihre Mutter ist überzeugt davon, dass die Ärzte immer noch nicht mit M.E. vertraut sind, obwohl 250.000 Menschen (in Großbritannien, d.Ü.) von der Erkrankung betroffen sind. Studioreporter: In diesem Exklusivreport berichtet die Mutter ihre Geschichte und spricht über das Leid der Menschen mit dieser Erkrankung. Und Stacey Poole berichtet, dass es Hoffnung auf einen Durchbruch in der Medizin gibt. (Bild von Sophia) Sprecherin: Sophia Mirza bekam M.E., als sie 26 Jahre alt war. Im einen Moment reiste sie noch durch die Welt, und drei Monate später war sie ans Bett gefesselt, mit höllischen Schmerzen und unfähig, sich zu bewegen. Sophias Mutter: Sophia war extrem krank, auf vielerlei Weise. Ich meine, ich habe viele Menschen gepflegt, die Krebs und alles Mögliche hatten, aber ich habe nie jemanden erlebt, der so furchtbar krank war. Und ein junger Mensch – es ist doch nur natürlich, dass sie sich aufmachen und ihr Leben leben, man kann sie doch gar nicht daran hindern. Aber diese Krankheit hindert sie daran. Sie tut es wirklich. Studioreporterin: Ihre Familie suchte überall nach Mitteln und Wegen, ihr zu helfen, aber vor sieben Jahren, als Sophia krank wurde, konnte die Medizin keine Antworten liefern. Und so litt Sophia im Stillen, so wie Tausende anderer Menschen mit M.E. Sophias Mutter: Sie lebte in einem komplett abgedunkelten Zimmer. Sie konnte nur noch auf der rechten Seite liegen. Und sie konnte niemanden um sich haben. Studioreporterin: Hatte sie Schmerzen? Sophias Mutter: Oh ja. Sie hatte extreme Schmerzen. Studioreporterin: Sophias Leben war die Hölle auf Erden, aber es sollte noch schlimmer kommen. Die Ärzte waren der Meinung, sie mache keine Fortschritte. Und so wurde die Entscheidung gefällt, sie zwangseinzuweisen. Sie wurde in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht – eine Entscheidung, von der die Familie glaubt, sie habe ihr das Leben gekostet. Sophias Mutter: Das war der Anfang vom Ende für Sophia. Im Grunde genommen hatte man damit ihr Todesurteil unterzeichnet. Ich kann Ihnen nicht erzählen, wie uns zumute war an dem Tag, an dem sie sie einsperrten. Aber sie war der Mensch in meinem Leben mit … (weint) … Sie war der mutigste Mensch, den ich je in meinem Leben gekannt habe – der mutigste Mensch. Studioreporterin: Sie verloren vollkommen das Vertrauen in die ärztliche Zunft. Sophias Erkrankung wurde als psychiatrisches Problem behandelt, ein Missverständnis, das bei M.E. häufig vorkommt. Aber ihre Familie wusste, dass das nicht stimmt. Und schließlich erlaubte man ihr, wieder nachhause zu gehen, aber da war sie schon in sehr ernstem Zustand. Sophias Mutter: Am Schluss, in den letzten drei Tagen war es furchtbar. Sie konnte nicht mehr schlafen, sie konnte sich keinen Zentimeter bewegen, sie ertrug mich nicht mehr in ihrem Zimmer, weil jede Berührung ihr wehtat. Und da wurde mir klar ... (weint)... Mir wurde klar, dass sie im Sterben lag. Und ich konnte nichts für sie tun. Ich konnte nichts für sie tun. Studioreporterin: Sophia ist eine von 250.000 Patienten, die vom Gesundheitswesen im Stich gelassen wurden. Die Ärzte kennen die Ursache des M.E. immer noch nicht und es gibt keine Behandlungsprogramme für die schwerer Erkrankten. Aber nun gibt es am Ende doch etwas Hoffnung. An der St. George's Universität in London läuft seit einem Jahr ein Forschungsprogramm. Dort fand man Tausende von Genen, die bei M.E-Patienten anders sind, ein Beweis dafür, dass es sich nicht um eine psychologische Erkrankung handelt. Und jetzt arbeitet man an einer Behandlungsmöglichkeit. Sprecherin: Das Medikament, an das sich nun die Hoffnungen knüpfen, ist Interferon Beta, das zurzeit in der Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose eingesetzt wird. Jonathan Kerr: Es gibt beim Chronic Fatigue Syndrom bestimmte Anomalien in der Funktion des Immunsystems, von denen man weiß, dass Interferon Beta sie beseitigt. Außerdem wird es vom Immunsystem unseres Körpers selbst produziert – als Antwort auf die verschiedensten Virusinfektionen. Stacey Poole: Das heißt, Sie können damit auch etwas gegen die Virusinfektionen tun? Jonathan Kerr: Ja, das Mittel macht beides: es moduliert das Immunsystem und es hat auch eine antivirale Komponente. Stacey Poole: Und wann werden diese klinischen Studien begonnen? Jonathan Kerr: Die Firma, die das Mittel herstellt, hat uns genügend Medikamente versprochen, um die klinische Studie durchzuführen. Alles, was wir jetzt noch brauchen, ist die Finanzierung der Durchführung der Studie, und wir hoffen, dass diese in diesem Jahr noch zustande kommt, so dass wir Ende dieses Jahres anfangen können. Stacey Poole: Und wie lange, glauben Sie, wird es dauern, bis wir ein Heilmittel anbieten können? Jonathan Kerr: Es kann drei bis fünf Jahre dauern. Stacey Poole: Sind Sie zuversichtlich, dass Sie in der Lage sein werden, ein Heilmittel zu finden? Jonathan Kerr: Ich glaube schon, dass wir gute Chancen haben, eine angemessene Behandlung und Heilung zu entwickeln. Stacey Poole: Dieser Durchbruch kommt für Sophia zu spät, aber er bietet wirkliche Hoffnung für die 250.000 anderen Patienten, die heute an M.E. leiden. Stacey Poole für Meridian Tonight. Studioreporter: Nun, Stacey Poole kommt zu uns ins Studio. Stacey, haben Sie irgendeine Vorstellung, was bei Sophia das M.E. überhaupt ausgelöst hat? Stacey Poole: Nun, normalerweise wird es durch eine virale Infektion verursacht, etwas wie das Pfeiffersche Drüsenfieber zum Beispiel. Aber Sophias Mutter glaubt, es wurde ausgelöst, weil ihr Immunsystem unter einer solchen Belastung stand. Sie war durch die Welt gereist und hatte dafür eine Reihe von Impfungen erhalten. Dann bekam sie Malaria, die sie jedoch überwand. Aber als sie nach Großbritannien zurückkam, bekam sie eine Grippe, von der sie sich nie wieder erholte, und das entwickelte sich irgendwie zu M.E. Studioreporterin: Aber Sie sagten, die Leute hätten geglaubt, es sei vielleicht eine psychische Erkrankung und dass sie ihre Meinung nun ändern. Aber gibt es dafür irgendwelche medizinischen Beweise? Stacey Poole: Nun, nachdem sie gestorben war, entnahm man Sophias Rückenmark etwas Flüssigkeit, und da fand man ganz klare Beweise für ein neurologisches Problem und eine virale Infektion. Diese Beweise können nicht bestritten werden, und sie belegen, dass es keine psychische Erkrankung ist. Studioreporter: Weil die Krankheit viele Jahre als Yuppie-Grippe bezeichnet wurde, nicht wahr? Erst jetzt beginnen die Menschen langsam anzuerkennen, dass es sich um eine genau bezeichnete Erkrankung handelt. Stacey Poole: Ja, ich glaube, sie realisieren das langsam. Der Grund dafür ist: die Forschungsarbeiten, die wir gerade aus London gesehen haben und die gezeigt haben, dass manche der Gene geschädigt sind, wird sie irgendwie überzeugen. Aber ich glaube, es ist noch viel mehr Forschung nötig, bevor alle Ärzte davon überzeugt sind. Studioreporter: Stacey, vielen Dank, dass Sie zu uns ins Studio gekommen sind. Übersetzung von Regina Clos ********************
Die Geschichte Sophias - gestorben an M.E./CFS ?Das englischsprachige Original des Berichts von Criona Wilson ist hier bei Invest in ME erschienen. Übersetzung aus dem Englischen von Regina Clos mit freundlicher Genehmigung von Criona Wilson und Invest in M.E. Neuere Informationen zur Todesursache Sophias finden Sie im Artikel III des Monats Juni.
Von Criona Wilson
Im Folgenden werden einige der wichtigsten Ereignisse von Sophias Krankheit – einer schweren Form von ME – aufgezählt Sophia war das Jüngste meiner vier Kinder. Als Kind hatte sie die Windpocken gehabt. Im Alter von 17 Jahren wurde sie als Beifahrerin zweimal in Autounfälle verwickelt. Kurz danach kam sie mit Verdacht auf eine Hirnhautentzündung ins Krankenhaus, wo man eine Lumbalpunktion durchführte. Mit 19 ging sie nach Afrika, um dort zu reisen und zu arbeiten. Vorher bekam sie verschiedene Impfungen. Während sie in Afrika war, bekam sie zweimal Malaria.
Im Jahr 1999 bekam sie eine Grippe, von der sie sich nie wieder erholte. Im Dezember dieses Jahres ging es ihr so schlecht, dass sie das Bett nur noch verlassen konnte, um ein Bad zu nehmen. Im Juni 2000 zog sie in den 10. Stock eines Wohnhochhauses. Dort nahm sie zur Entspannung jeden Tag ein einstündiges Bad. Innerhalb von drei Monaten ging es ihr so schlecht, dass sie ans Bett gefesselt war. Ich konnte nicht verstehen, was diese Verschlechterung ausgelöst hatte, denn sie hat sich in dieser Zeit nicht anders verhalten als zuvor. Ich hörte dann etwas über ein Gerät, mit dem man Kohlenmonoxid messen kann. Ich besorgte ein solches Gerät und plazierte es im Badezimmer in die Nähe des Ventilatorschafts. Das Gerät schlug an und zeigte positive Werte. Daraufhin verständigte ich die Gemeinde und den Gasversorger, die einen Handwerker schickten, um die Sache zu untersuchen. Er leuchtete den Schaft mit einer Taschenlampe aus und sagte, es sei in Ordnung. Anscheinend verstand er nicht, wie schwerwiegend das Problem war und behandelte mich wie Luft. Von dieser Zeit an verschlechterte sich Sophias Zustand immer dann, wenn sie irgendwelchen Chemikalien ausgesetzt war, wie etwa Seife, Waschpulver, Parfüm, Reinigungsmitteln, Flüssigreinigern, Auspuffgasen etc. Elektromagnetische Felder – auch solche, die von Menschen ausgingen – machten ihr schwer zu schaffen. Der Wohnblock war natürlich voller Fernseh- und Radiogeräte etc. Sie hatte darüber hinaus all die Symptome eines schweren ME, einschließlich starker Schmerzen. Sie wurde noch kränker, obwohl das kaum noch möglich war. Sie fühlte auch das Schwanken des Gebäudes im Wind, und auch das verstärkte ihre Symptome. Mir war nicht bewusst, dass Architekten hohe Gebäude mit einem Schwingungsfaktor versehen, damit sie stabil sind.
Sophia musste ihr Zimmer vollständig verdunkeln und Augenblenden tragen, da das geringste Licht ihre Augen austrocknete und sie auch auf andere Weise beeinträchtigte. Außerdem trug sie Ohrenstopfen, denn schon das kleinste Geräusch - sogar der Klang einer menschlichen Stimme – machte sie noch kränker. Aus dem gleichen Grund ertrug sie keinerlei Berührung, obwohl sie sich danach sehnte, umarmt und getröstet zu werden. Von dieser Zeit an war sie nicht mehr in der Lage zu baden oder ihre Haare zu waschen, da selbst Wasser ihre Symptome verstärkte. Sie konnte nur noch auf der rechten Seite liegen. Sie war die meiste Zeit nicht mehr in der Lage zu sprechen. Sie konnte weder etwas lesen noch schreiben, noch konnte sie Radio hören oder irgendwelche Elektrogeräte in ihrem Zimmer dulden. Besucher ertrug sie nicht. Ihre Ärztin wusste nicht mehr weiter. Sie schlug vor, dass ich Sophia „in ein Heim bringen und mich fortan um mein eigenes Leben kümmern“ sollte. Damit war ich nicht einverstanden. Ich hatte früher einmal Patienten mit allen möglichen Krankheiten gepflegt, aber nie habe ich jemanden gesehen, der so schwer und auf so vielfältige Weise krank war wie Sophia.
In einem der Gespräche mit der Hausärztin sagte sie mir, dass Sophia sich selbst krank gemacht hätte und dass ich sie in diesem kranken Zustand halten würde und sie sich niemals erholen könne, solange ich sie ständig weiter versorgen würde. Sie sagte, es wäre besser, wenn ich nicht mehr in Sophias Wohnung ginge und stattdessen ein unabhängiger Pflegedienst eingeschaltet würde. Im Jahr 2001 wandte sich die Ärztin an eine Klinik für M.E.-Patienten, um, wie sie mir sagte, sich selbst und ihre Praxis rechtlich abzusichern. Sophia bat mich, Erkundigungen über diese Klinik einzuholen, die Tausende von Pfund gekostet hätte. Als ich die Klinik nach den langfristigen Erfolgen ihrer Behandlung fragte, sagte man mir, dass die Patienten normalerweise wieder in das Stadium zurückfallen würden, in dem sie vor dem Klinikaufenthalt waren. Ich sprach mit einigen ehemaligen Patienten der Klinik, die jedoch Angst hatten, ihre Namen öffentlich zu nennen. Sie sagten, dass man in der Klinik nach psychiatrischen Grundsätzen arbeiten und die Patienten mit "Graded-Exercise"-Programmen behandelt würde, obwohl man behaupte, eine neurologische Klinik zu sein. Sie berichteten auch, dass man die Patienten, wenn sie keine Besserung zeigen würden, mit einer anderen Diagnose versehe, bevor man sie wieder nachhause schickte. Sophia entschied, nicht in diese Klinik zu gehen.
Im Jahr 2002 dann musste Sophia alle 20 Minuten etwas essen, sonst wurden ihre Symptome noch viel schlimmer. Die Ärztin sagte mir, sie habe mit einer Reihe von Psychiatern gesprochen, die alle mit einem solchen Fall nichts zu tun haben wollten. Sie fügte hinzu, wir könnten uns glücklich schätzen, schließlich doch noch einen gefunden zu haben, der sich bereit erklärt hatte, Sophia zu behandeln. Ich äußerte meine Befürchtungen, dass man Sophia aus ihrer Wohnung herausholen würde. Sowohl die Ärztin als auch später der Psychiater versicherten mir, dass das niemals geschehen würde. Das stellte sich später als unwahr heraus. Ich hatte der Ärztin bereits ein Exemplar von Margaret Williams’ Buch “Denigration by Design” und “Information for Clinicians and Lawyers” von Marshall, Williams and Hooper gegeben, und jetzt gab ich sie auch dem Psychiater. Ich hatte den Eindruck, keiner von beiden hat sie je gelesen. Eines Morgens stattete der Psychiater Sophia einen 20-minütigen Besuch ab. Er hat sie körperlich nicht untersucht, was ich angesichts ihres Blutdrucks von 80/60 etwas merkwürdig fand, und er konnte nicht verstehen, dass Sophias biologische Uhr sich ständig verstellte und ihre wache Zeit meist während der Nacht war. Der Psychiater schien keines der unzähligen Symptome Sophias zu begreifen. Am nächsten Tag hielt er vor einem Auditorium von Ärzten eine Vorlesung über Sophia, ohne sie um ihr Einverständnis gebeten zu haben. Der Psychiater wollte, dass ich bei dieser Vorlesung anwesend war. Ich hatte Bedenken. Er verteilte an alle Anwesenden ein Papier über Sophia und unsere Familie – das ich jedoch erst später mit dem Rest der Krankenakte Sophias erhielt. Es las sich eher wie ein Roman mit abscheulichen sogenannten „Fakten“, die ich nicht als wahres Abbild der Situation erkennen konnte. Ich war zudem schockiert über die falsche Darstellung von Sophias Symptomen gegenüber den Ärzten und begann, Einspruch zu erheben, aber an diesem Punkt wurde ich schnell aus dem Saal herauskomplimentiert.
In der darauffolgenden Woche bat mich der Psychiater zu einem Gespräch in die Klinik, und zwar auf eine Weise, die ich so verstehen musste, dass es Sophia nicht gut tun würde, wenn ich diesen Termin ablehnte. Ich hatte keine Wahl als seiner Aufforderung zu folgen. Mir wurde gesagt, wenn Sophia eine Behandlung in der M.E.-Klinik ablehnen oder sich ihr Zustand innerhalb der nächsten sechs Monate nicht bessern würde, sie nach dem Gesetz über psychisch Kranke zwangsweise eingewiesen würde. Er fügte dann hinzu, wenn ich versuchen würde, dies zu verhindern, dann würden die Psychiater sich an die Gerichte wenden, um mich als die nächste Angehörige auszuschalten. Weiterhin wurde mir gesagt: sollte ich die Tür nicht öffnen, wenn sie kämen, um Sophia zu holen, dann würde die Polizei geholt, um „die Tür gewaltsam zu öffnen“. Als ich fragte, inwiefern Sophias Zustand sich durch diese vorgeschlagenen Maßnahmen verbessern würde, sagte man mir: „Das geht Sie nichts an. Es ist Sache der Gerichte, darüber zu entscheiden.“ Er wollte einen Termin bei einem Psychologen für mich ausmachen, der mir verständlich machen sollte, dass der Psychiater Sophia nur Gutes tun würde. Ich lehnte ab.
Von Januar 2003 an ging es Sophia langsam besser. Sie konnte etwas Licht ertragen, konnte sprechen, aufsitzen und ein paar Besucher empfangen. Diese Besserung setzte sich fort, und ich schrieb das im Detail an Sophias Ärztin, um sie über den Fortschritt zu informieren. Aber die Ärztin wollte davon nichts wissen und sagte, dass sie Sophia nicht länger in ihrer Behandlung behalten könne und sie an einen Kollegen überweise. Sophia bat um Kopien ihrer Krankenakte. Wir mussten dafür den vollen Preis von 50 Pfund bezahlen. Bevor man sie uns aushändigte, hatte man einige Dokumente entfernt, da sie Sophias „seelische Gesundheit“ beeinträchtigen könnten. Obwohl diese Ärztin nicht mehr Sophias behandelnde Ärztin war, versuchte sie im Mai 2003 zusammen mit einem Psychiater und einer Sozialarbeiterin in Sophias Wohnung einzudringen, um sie zwangsweise einzuweisen. Sie wurden nicht hereingelassen. Ich rief dann den Arzt an und sagte ihm, dass Sophia am Boden zerstört sei und dass sie in keinem Fall zwangseingewiesen werden wolle und bereit sei, in eine andere Klinik zu gehen. Der Arzt sagte: „Dafür ist es jetzt zu spät.” Die Würfel waren gefallen. Sie waren entschlossen, ihren einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen.
Zwischen Januar und Juni 2003 schrieb ich Briefe an den amtierenden Leiter des örtlichen Gesundheitsdienstes des National Health Service und an viele andere Personen, um sie auf die Situation und die Tatsache hinzuweisen, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO als neurologische Erkrankung klassifiziere. Aber diese wurden nicht zur Kenntnis genommen. Ich erhielt keine Antwort vom NHS, zumindest nicht direkt. Ich fertigte von Sophia einen Videofilm an und gab ihm einem Rechtsanwalt. Dieser besuchte Sophia und versicherte uns beiden, dass Sophia in keiner Weise die Kriterien erfülle, die notwendig seien, um eine Person zwangsweise in eine geschlossene Anstalt einzuweisen.
Im Juli kamen sie wieder - genau so, wie es der Psychiater angekündigt hatte. Die Polizei „öffnete die Tür gewaltsam” und Sophia wurde in einen verschlossenen Raum in einer geschlossenen Abteilung des örtlichen psychiatrischen Krankenhauses gebracht. Obwohl sie ans Bett gefesselt war, so berichtete sie, erhielt sie nicht die geringste grundlegende Pflege. Weder sei jemals ihre Temperatur noch ihr Puls oder ihr Blutdruck gemessen worden (der bei 80/60 gelegen hatte). Sophia erzählte mir, dass ihr Bett nie gemacht wurde, sie nie gewaschen wurde, niemand ihre Druckstellen von Liegen versorgte und dass weder Zimmer noch Bad gereinigt worden seien. Die Krankenschwester bat mich, für Sophia zu kochen, da das industriell vorgefertigte Krankenhausessen sie noch kränker mache. Außerdem musste Sophia mit all den Krankenschwestern zurechtkommen, die ständig in ihr Zimmer kamen und mit ihr sprachen.
Der Psychiater sagte zu Sophias Anwalt klar und deutlich, dass er Sophia nicht entlassen würde. Der Anwalt erwirkte dann eine Verhandlung, die zwei Wochen nach Sophias Zwangseinweisung abgehalten wurde. Diese Verhandlung dauerte 8 Stunden. Sophia
wurde entlassen. Es war jedoch zu spät. Der Schaden war bereits angerichtet.
Sophia bekam einen schweren Rückfall – jedoch nicht in den Zustand, in dem
sie im Frühjahr 2003 gewesen war, sondern in eine bis dahin nicht gekannte Hölle.
Sie hat sich von dieser „Behandlung” nie wieder erholt. Für sie war das so
ähnlich wie ein Tsunami, der von Mai bis Juli dauerte. Aber er war von Menschen
gemacht.
Ein paar Wochen später entfernte die Ärztin Sophia von der Liste der in ihrer Praxis zu behandelnden Patienten. Ich suchte die neue Ärztin auf, zu der Sophia überwiesen worden war, und fragte sie nach ihrer persönlichen Ansicht über M.E. Die Antwort war, das sei eine psychische Erkrankung, aber dass die neue Ärztin den Patienten nicht in die Quere käme und sie stattdessen „machen lasse“. Ich dankte der Ärztin und verließ die Praxis. Von da an bat Sophia nie wieder darum, einen Arzt zu holen. Genauso wenig bat die Ärztin darum, Sophia zu sehen. Das Krankenhaus schrieb uns, wir könnten nun Kopien von Sophias Krankenakte bekommen. Wir hatten 8 Monate lang versucht, sie zu erhalten. In dem Brief des Krankenhauses stand auch, dass der Psychiater, mit dem wir es zu tun hatten, nicht mehr dort arbeiten würde. Bei diesen Unterlagen fanden wir auch die Korrespondenz von Sophias erster Ärztin (die nicht mich behandelte) mit dem Psychiater, aus der hervorging, dass sie ihn gebeten hatte, mich zwangsweise einzuweisen!! Es war mir nicht klar gewesen, wie weit diese Ärztin bereit war zu gehen, um einen unabhängigen Pflegedienst für Sophia einzuschalten. Wir versuchten, rechtliche Schritte einzuleiten. Aber die Finanzierung wurde abgelehnt mit der Begründung, dass „es keine hinreichenden Beweise für eine Sorgfaltspflichtverletzung durch die Ärzte gäbe … und dass es keine bedeutsame Menschenrechtsverletzung gäbe, die die Verwendung öffentlicher Gelder für die gerichtliche Verfolgung dieser Angelegenheit rechtfertigen würde. … Gegen diese Entscheidung kann kein Widerspruch eingelegt werden."
Zwischen 2003 und 2005 kämpfte Sophia jeden Tag und jede Stunde darum, wieder zu dem Zustand zurückzukehren, in dem sie vor ihrer Einkerkerung gewesen war. Im Juli 2005 sah es so aus, als ob sie begonnen hätte, sich etwas zu erholen. Im September nahm dieses Monster von einer Krankheit jedoch eine andere Wendung. Sophia war auf sämtliche Nahrungsmittel allergisch geworden. Rein physisch gesehen konnte sie essen, aber die Reaktionen waren so schwer, dass sie ihren Körper daran hinderten, die Nahrung anzunehmen. Sie hatte das Gefühl, als ob man mit einem Messer in ihren Kopf steche. Fünf Wochen später hatte auch Wasser oder jede andere Form von Flüssigkeit den gleichen verheerenden Effekt. Ihre Drüsen schwollen an und sie hatte das Gefühl, als ob die Blutzirkulation in ihren Beinen abgeschnitten worden wäre. Sie konnte nur noch etwa 100 ml Wasser am Tag ertragen, und das wurde benutzt, um ihren Mund zu befeuchten. Ende Oktober bekam sie eine Ohreninfektion. Ihr Kopf und ihr Hals schwollen an wie ein Fußball, und sie hatte entsetzliche Schmerzen. Im Verlauf dieser Wochen fragte ich sie immer wieder, ob ich nicht einen Arzt holen sollte? Aber ihre Antwort war immer die gleiche: „Nein.” Im Jahr 2003, als sie wusste, dass die Ärzte sie als psychiatrischen Fall behandelten – und ignorierten, wie die WHO M.E. klassifizierte – hatten wir über dieses Problem bereits gesprochen. Sie hatte mich gebeten, nie wieder einen Arzt in ihre Nähe zu lassen, der nicht mit der WHO-Klassifikation übereinstimmte. Ich hatte ihr das versprochen.
Von Dienstag, den 22. November an konnte sich Sophia keinen Zentimeter mehr bewegen. Auch konnte sie nicht mehr schlafen. Am Freitag, den 25. starb sie. Ich habe nicht geweint. Ich war dankbar, dass ich in der Lage gewesen war, mein Versprechen zu halten – dafür zu sorgen, dass sie nie wieder in einer psychiatrischen Anstalt weggesperrt würde. All meine Trauer hatte ich bereits in den vergangenen sechs Jahren und insbesondere den letzten neun Wochen durchlebt, in denen ich immer wieder durch die Straßen lief, tränenüberströmt und wissend, dass es nichts gab, das ich tun konnte, um Sophia beizustehen oder sie zu trösten. Die Familie und die Freunde kamen, um sich von ihr zu verabschieden. Vier Stunden später rief ich die neuen Ärzte an, nur um mitgeteilt zu bekommen, dass Sophia seit Juli 2005 von der Behandlungsliste gestrichen worden sei. Ich sagte ihnen, dass weder Sophia noch ich ihren Namen entfernt hätte. Sie schienen keinerlei Interesse daran zu haben. Der Arzt kam nicht einmal heraus. Ich rief dann einen Krankenwagen, dessen Besatzung die Polizei und den amtlichen Leichenbeschauer verständigte. Die Besatzung des Krankenwagens und die Polizisten waren überaus freundlich. Diese letzten neun Wochen waren in der Tat alles andere als freundlich gewesen. Ich hatte die Verantwortung dafür zu übernehmen gehabt, Sophias Wünsche durchzusetzen. Dieses Monster von einer Krankheit zwang sie noch immer, isoliert und im abgedunkelten Zimmer zu liegen, weil alles andere sie automatisch in noch nicht gekannte Abgründe stürzen konnte. Auch wenn ich wusste, dass sie Höllenqualen litt und praktisch im Sterben lag, konnten weder ich noch jemand anderes neben ihr sitzen, ihre Hand halten und ihr Trost spenden. Mir wurde klar, dass mein Kind im Sterben lag und dass ich das tun musste, was ihr am wenigsten Schmerz bereitete – ungeachtet meiner eigenen Gefühle. Jeder von uns litt seine eigenen Höllenqualen, genauso wie der Rest unserer Familie und unserer Freunde.
Sophia wurde einer Autopsie unterzogen. Es konnte keine Todesursache festgestellt werden. Vierzehn Tage später wurden weitere Tests durchgeführt – mit dem gleichen Ergebnis. Ihr Herz wurde eingeschickt, um es zu untersuchen. Aber auch hier fand man keine Anomalien. Simon Lawrence von der 25% ME Group fragte uns, ob wir einverstanden wären, wenn mit Sophia Forschungsarbeiten durchgeführt würden. Wir stimmten dem bereitwillig zu, da wir wollten, dass Sophias Leben und Sterben für andere einen Nutzen haben würde. Man entnahm Sophias Rückenmark und sandte es zu Forschungszwecken zu Dr. Chaudhuri in Romford und Dr. O’Donovan in Cambridge. Der Leichenbeschauer stimmte dem zu. Soweit ich weiß, ist es nicht üblich, dass er solchen Forschungsarbeiten zustimmt. Alle in diesem Amt waren äußerst hilfsbereit gegenüber diesen beiden Ärzten, die die Forschungsarbeiten machen wollten. Dafür bin ich sehr dankbar. Die abschließenden Untersuchungen müssen noch vervollständigt werden, aber bisher zeigen die Ergebnisse der Untersuchung von Sophias Rückenmark ... „eine eindeutige entzündliche Veränderung an der speziellen Nervengruppe (am Spinalganglion), die das Tor (oder eine Station) für alle Sinnesempfindungen ist, die über das Rückenmark zum Gehirn laufen. Diese Veränderungen im Sinne einer Nervenentzündung am Spinalganglion, die man in 75% von Sophias Rückenmark fand, waren sehr ähnlich wie die Veränderungen, die man bei einer aktiven Infektion durch Herpesviren sieht - etwa einer Gürtelrose.“ Die Forscher setzen ihre Untersuchungen fort und hoffen, nach deren Abschluss ein Papier darüber veröffentlichen zu können.
Die Ärzte, Sozialarbeiter, leitenden Angestellten, die Gerichte und andere Beteiligte waren allesamt von mir schriftlich und detailliert informiert worden über die Ereignisse, die sich Anfang 2003 anbahnten, und dennoch haben sie Sophia zwangsweise eingewiesen – als Reaktion darauf, dass sie ihr Recht wahrgenommen hatte, nicht in eine bestimmte ME-Klinik zu gehen. Es gibt viele andere, ähnliche Katastrophen, die von jungen Menschen mit M.E berichtet werden. Sie werden hinter den verschlossenen Türen von Familiengerichten von ihren Familien getrennt, und die Familien werden auseinandergerissen. Die Kinder und ihre Familien scheinen keine Chance zu haben. Im Verlauf des Jahres 2005 sammelte ich Material, um es dem General Medical Council vorzulegen. Vor ihrem Tod sagte ich Sophia, dass ich damit an die Öffentlichkeit gehen würde, so dass anderen solches Leid vielleicht erspart werden würde. Sie antwortete: „Dann war all das die Sache wert." Das waren ihre letzten Worte. Nachdem Sophia gestorben war, bat ich als ihre persönliche Vertreterin um Einsicht in alle ihre Krankenakten. Diese wurde mir verweigert. Mir wurde gesagt, dass ich vor Gericht klagen müsse, um Zugang zu ihnen zu bekommen.
Ich habe Andeutungen gelesen, dass 95% der Ärzte und der Öffentlichkeit nicht daran glauben, dass es eine solche Krankheit gibt. Von den Menschen, mit denen wir zu tun hatten, sagten etwa 50 Prozent, dass Sophia sich selbst krank machen würde, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Die andere Hälfte sagte, dass ich sie krank halten würde, um meinem Leben einen Sinn zu geben. Einige sagten, dass sie überhaupt nicht krank sei und dass das „alles nur psychisch bedingt“ sei. Ich bin überzeugt, dass ich es Sophia und all den anderen ME-Kranken und ihren Familien schulde, dafür zu sorgen, dass Sophias Geschichte nicht einfach in Vergessenheit gerät. Ich habe mehr als 190 Briefe, die zwischen 2000 und 2003 geschrieben wurden und die all das belegen, was ich sage. In nicht weniger als 66 dieser Briefe wird gesagt, dass Sophia an schwerem ME leidet.
Die gerichtliche Untersuchung von Sophias Todesursache ist für Dienstag den 13. Juni 2006 angesagt. Wir planen, nach ihrem Abschluss eine Website zu eröffnen, so dass andere darauf aufmerksam gemacht werden, was Menschen angetan wird, die an ME leiden. Dort werde ich genauere Informationen über Sophias „Behandlung" veröffentlichen. Wir möchten diese Website später auch für ein Verzeichnis von Ärzten, Wissenschaftlern, Organisationen und Einzelpersonen im Vereinigten Königreich nutzen, die, wie die Weltgesundheitsorganisation, dies als eine organische, neurologische Erkrankung anerkennen und dementsprechend behandeln. Wir hoffen, dass diese Website es allen Menschen, die an M.E. leiden, sowie ihren Familien wie auch Ärzten ermöglichen wird, unmittelbar Zugang zu den Namen vieler Menschen zu haben, denen sie vertrauen können. Unsere Absicht ist, diese Website regelmäßig zu aktualisieren. Wir hoffen, dass diese geplante Website mit anderen Websites verknüpft wird, um die bestmöglichen Behandlungsmöglichkeiten zu veröffentlichen.
Nach dem Verlust von Sophia fühlen wir, meine Familie und ich, uns frei, die Tatsachen zu berichten, die Sophia erleben musste. Was immer wir sagen oder schreiben, wird sie uns nicht zurückbringen. Sophia wollte gesund werden und leben, aber sie musste als freier Mensch leben können und nicht von der Angst beherrscht werden, in einer psychiatrischen Anstalt hinter Schloss und Riegel gesperrt zu werden. Dies hat man ihr nicht gestattet. Um „Hilfe” zu bekommen, hätte sie sich damit einverstanden erklären müssen, dass sie psychisch krank sei, und das hätte sie niemals getan. Sie hat an ihren Überzeugungen festgehalten. Ich habe in meinem Leben keinen Menschen getroffen, der tapferer und mutiger gewesen wäre als Sophia. Sie war für uns alle eine große Bereicherung. Ich glaube, alle Eltern, die ein Kind haben, das an ME leidet, würden genau das über ihr Kind sagen. Es war Sophias Wunsch, dass ihr Leben und Leiden nicht umsonst sein, sondern anderen helfen solle. Nur die Zeit wird zeigen, ob dem so sein wird.
Sophia 1973 - 2005 It was a privilege to have known her. |