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    Artikel des Monats November 09 Teil 1

    Übertragbares Retrovirus im Blut von CFS/ME-Patienten gefunden – ist XMRV Ursache oder Folge des chronischen Erschöpfungssyndroms?

    Bitte beachten Sie: 2012 hat sich herausgestellt, dass dieses XMRV keine Humaninfektion, sondern eine im Labor entstandene Chimäre war. Näheres unter Artikel des Monats Dezember 2012 - 1 auf dieser Website!

    Neueste Forschungen des Whittemore Peterson Institutes WPI in Reno (USA) weisen auf einen Zusammenhang zwischen dem Retrovirus XMRV (Xenotropic murine leukaemia virus-related virus) und dem Chronischen Erschöpfungssyndrom hin. Das wird in Presseerklärungen des Whittemore-Peterson-Institutes und des National Cancer Institutes der US-amerikanischen Gesundheitsbehörden vom 9. Oktober 2009 berichtet. (Links siehe unten)

    Sie beziehen sich auf eine im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte Studie von Lombardi/Mikovits und einen Kommentar von John Coffin, einem der renommiertesten Retrovirusforscher mit dem Titel "A new virus for old diseases?".

    Ursprünglich veröffentlicht in Science Express am 8. Oktober 2009
    Science 23 October 2009:
    Vol. 326. no. 5952, pp. 585 - 589
    DOI: 10.1126/science.1179052

    Detection of an Infectious Retrovirus, XMRV, in Blood Cells of Patients with Chronic Fatigue Syndrome

    Vincent C. Lombardi,1,* Francis W. Ruscetti,2,* Jaydip Das Gupta,3 Max A. Pfost,1 Kathryn S. Hagen,1 Daniel L. Peterson,1 Sandra K. Ruscetti,4 Rachel K. Bagni,5 Cari Petrow-Sadowski,6 Bert Gold,2 Michael Dean,2 Robert H. Silverman,3 Judy A. Mikovits1,

    Zusammenfassung

    Das Chronic Fatigue Syndrom (CFS) ist eine lähmende Erkrankung unbekannter Ursache, von der weltweit schätzungsweise 17 Millionen Menschen betroffen sind. Bei der Untersuchung der mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von CFS-Patienten haben wir DNA eines humanen Gammaretrovirus’, dem xenotropic murine leukemia virus–related virus (XMRV) identifiziert, und zwar bei 68 von 101 Patienten (67%) verglichen mit 8 von 218 (3,7%) bei gesunden Kontrollpersonen. Versuche mit Zellkulturen offenbarten, dass von Patienten gewonnenes XMRV infektiös ist und dass sowohl eine zellassoziierte wie auch eine zellfreie Übertragung des Virus möglich ist. Es wurden sekundäre virale Infektionen in nicht infizierten primären Lymphozyten und Indikatorzell-Linien gefunden, nachdem sie aktivierten PBMCs, B-Zellen, T-Zellen oder Plasma von CFS-Patienten ausgesetzt waren. Diese Ergebnisse lassen die Möglichkeit aufkommen, dass XMRV ein Faktor ist, der zur Entstehung und Entwicklung des CFS beiträgt.

     

    1 Whittemore Peterson Institute, Reno, NV 89557, USA.
    2 Laboratory of Experimental Immunology, National Cancer Institute–Frederick, Frederick, MD 21701, USA.
    3 Department of Cancer Biology, The Lerner Research Institute, The Cleveland Clinic Foundation, Cleveland, OH 44195, USA.
    4 Laboratory of Cancer Prevention, National Cancer Institute–Frederick, Frederick, MD 21701, USA.
    5 Advanced Technology Program, National Cancer Institute–Frederick, Frederick, MD 21701, USA.
    6 Basic Research Program, Scientific Applications International Corporation, National Cancer Institute–Frederick, Frederick, MD 21701, USA.

    In einer ebenfalls am 9. Oktober 2009 ausgestrahlten Sendung des Deutschlandfunks mit Prof. Dr. med. Carmen Scheibenbogen von der Charité Berlin Mitte und Dr. Judy Mikovits vom Whittemore-Peterson-Institute wurde auf die Wichtigkeit dieser Forschungsergebnisse hingewiesen: In der normalen Bevölkerung finden wir dieses Virus bei vier Prozent aller Personen. Unter CFS-Patienten sind dagegen mindestens neun von zehn infiziert. Bei zwei Dritteln konnten wir das Virus im Blut isolieren, die anderen haben Antikörper, hatten also einmal Kontakt zu dem Virus.", so Judy Mikovits, die Leiterin dieses Forschungsprojekts.

    Man müsse nun weitere Viren untersuchen, die bei CFS/ME oft gefunden werden. Außerdem wollen die Forscher klären, welche Rolle XMRV bei der Entstehung von Krebs spielt. XMRV gehört zu den Gammaretroviren, die bei vielen Tieren Leukämien und Lymphome auslösen, und es ist nachgewiesen, dass CFS-Patienten ein erhöhtes Krebsrisiko haben. XMRV wurde erstmals 2006 von US-Forschern in Prostatakrebszellen nachgewiesen.

    Es muss noch erforscht werden, ob das Virus die Ursache oder nur" eine Begleiterscheinung des CFS/ME ist, aber unabhängig davon hat der jetzt vorliegende Beweis für den Zusammenhang von XMRV und CFS/ME eine große Bedeutung für die Betroffenen.

    Darauf wies Prof. Scheibenbogen hin: Für die Patienten ist es zunächst mal ganz wichtig, damit sie wissen was mit ihnen los ist. Das ist wichtig für die Akzeptanz der Erkrankung gegenüber den Krankenkassen, gegenüber möglicherweise auch Rentenversicherungsträgern, gegenüber der Familie et cetera. Und der zweite Schritt ist, wenn man die Diagnose sicher stellen kann, kann man natürlich auch sehr viel besser Medikamente prüfen."

    Judy Mikovits will schon bald in Studien testen, ob Entzündungshemmer oder Aids-Medikamente auch beim chronischen Erschöpfungssyndrom hilfreich sein könnten. Die Chancen sind gut, dass wir erste Medikamente schon in den nächsten zwei Jahren haben werden", so Mikovits. Laut einem Bericht der New York Times erwartet sie, dass innerhalb weniger Wochen ein entsprechender Test zur Verfügung stehen wird.

    Die Meldungen haben bereits ein breites Medienecho gefunden. Namhafte Zeitschriften und alle bedeutenden Wissenschaftsportale im Internet wie etwa das Ärzteblatt online, Spiegel online oder Spektrum der Wissenschaft und andere haben noch am selben Tag über diese bahnbrechende Studie berichtet.

     Links: