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    Artikel des Monats November 09 Teil 5

    XMRV und die Tagung des CFS Advisory Committee am 29.10.2009

    Bitte beachten Sie: 2012 hat sich herausgestellt, dass dieses XMRV keine Humaninfektion, sondern eine im Labor entstandene Chimäre war. Näheres unter Artikel des Monats Dezember 2012 - 1 auf dieser Website!

     

    Auszüge aus dem Lyndonville Newsletter von David Bell

    DAVIDSBELL.COM

    [In der Einführung des Newsletters gibt David Bell Einzelheiten zu Ort, Zeit und Thema seines öffentlichen Vortrags am 6. Dezember 2009  in Batavia, NY über XMRV und ME/CFS bekannt.]

    (...)

     XMRV

    Bei der Tagung des CFS Advisory Committees am 19.10.2009 hat Dr. Dan Peterson einige Informationen gegeben, die bislang noch nicht bekannt waren. Ich werde einen Großteil dessen, was er berichtet hat, bei meiner Rede am 6. Dezember in New York präsentieren. Aber hier ist schon einmal der wichtige Teil:

    XMRV-DNA wurde bei 68 von 101 Patienten (bei 67%) gefunden. Das war das, was in der Veröffentlichung in Science stand. Es bleiben also 33 Patienten mit CFS, die negativ getestet wurden. Aber bei weiterer Testung erwiesen sich 19 dieser 33 als XMRV-Antikörper-positiv, 30 von diesen 33 hatten einen übertragbaren Virus im Plasma und 10 von diesen 33 zeigten eine Proteinexpression. Insgesamt ergaben sich also bei 99 der 101 Patienten Beweise für eine XMRV-Infektion.

    Diese Ergebnisse führen zu interessanten Schlussfolgerungen. Die wichtigste ist, dass es zur Zeit keinen einfachen Test gibt, der eine Aussage darüber treffen kann, ob jemand XMRV hat oder ob das Virus in seinem Körper aktiv ist. Und wir brauchen gute Kontrollstudien, in denen alle drei Messverfahren eingesetzt werden, um die Präsenz des Virus genau kontrollieren zu können. Das ist nichts, was man so eben auf die Schnelle erledigen kann. Zur Zeit ist es notwendig, verschiedene Tests durchzuführen, um den XMRV-Status zu ermitteln:

    a) DNA-Test mittels PCR (Polymerase chain reaction)

    b) Ansteckungsfähigkeit des Virus

    c) Nachweis von Virusproteinen

    d) Antikörper auf die Virushülle des XMRV

    Nach einiger Zeit und wenn wir mehr wissen wird dieser Prozess sicher einfacher werden. Was wir nicht wollen ist schlechte Wissenschaft, die Zweifel über eine Krankheit aufkommen lässt, die bereits mehr als genug Zweifler hat. Wir müssen das von Anfang an richtig machen. Wenn sich aus solchermaßen solider Wissenschaft ergibt, dass XMRV nicht die Ursache ist, dann ist es eben so. Irgendetwas ist die Ursache.

    Dr. Coffin von der Tufts University und dem National Cancer Institute präsentierte einige sehr interessante Beobachtungen. Er ist 45 Jahre dabei und ein wahrer Veteran der Erforschung von Retroviren. Es gab Kommentare von verschiedenen Leuten, die gesagt haben, es gäbe eine Menge Viren, die mit CFS im Zusammenhang stünden, also sei das wohl keine große Sache. Unter den von Dr. Coffin hervorgehobenen Punkten waren auch diese:

    A) Es ist relativ schwierig, lebendes Retrovirus von Patienten mit einer HIV-Infektion zu isolieren, aber es ist relativ einfach, lebendes XMRV bei CFS zu isolieren. Es liegt ein hoher Prozentsatz infizierter Zellen vor.

    B) Der Prozentsatz von XMRV-positiven Kontrollpersonen ist bei CFS-Kontrollen und Prostatakrebs-Kontrollen nicht sehr verschieden, etwa 4 oder 5%. Es muss jedoch noch eine Menge geforscht werden, um die Verbreitung des XMRV bei Kontrollpersonen zu verifizieren. Das ist insbesondere deshalb nötig, weil die Blutkonserven des Landes möglicherweise kontaminiert sind. (Übrigens, nach meiner persönlichen Meinung sollte kein ME/CFS-Patient Blut spenden.) Das Japanische Rote Kreuz hat gesagt, es gäbe eine „geringe Verbreitung“ des XMRV in ihren Blutkonserven.

    C) Könnte eine Maus die Tests kontaminiert haben, indem sie ein wenig XMRV im Labor verstreut hat? XMRV ist eine große Familie von “einfachen” Retroviren. In den XMRV-Stämmen, die bei CFS-Patienten isoliert wurden, gibt es im Vergleich zu den XMRV-Stämmen in Mäusen eine 0,3%ige Abweichung. Bei seiner Replikation verändert sich dieses Virus nicht so stark wie HIV das tut. Wenn sich das HIV zwei Wochen lang repliziert, ist die Abweichung höher als 0,3%. Und das ist sowohl eine gute wie eine schlechte Nachricht. Es ist eine gute für die Herstellung eines Impfstoffes, den wir irgendwann entwickeln können. Diese Diversität ist ein großes Hindernis bei der Produktion eines HIV-Impfstoffes. Und es ist eine schlechte Nachricht für die Auswirkungen auf eine antivirale Therapie. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

    D) Dr. Coffin zeigte eine Folie mit den vielen Dingen, die wir über das XMRV NICHT wissen. Es gibt noch sehr viel zu tun.

    E) Dr. Coffin erwähnte, dass es in der wissenschaftlichen Gemeinde der Retrovirus-Forscher einige Aufregung gibt – eine sehr gute Nachricht für die ME/CFS-Gemeinde. Wir werden von vielen guten Wissenschaftlern eine Bestätigung der Ergebnisse erhalten – oder auch nicht. Es wird für einseitig ausgerichtete Wissenschaftler schwer werden, diese Erkenntnisse zu unterdrücken, wenn sie sich tatsächlich als richtig erweisen.

    Eine Bemerkung, die mir etwas die Schuhe auszog, war eine Antwort auf eine Frage aus dem Committee. Dr. Coffin sagte: "Diese Studie war so gut wie sie für eine erste Studie nur sein konnte, aber es ist immer noch eine erste Studie.“

     

    Eine Theorie über den Wirkungsmechanismus von XMRV und ME/CFS

    Dr. Peterson präsentierte eine neue Version einer Theorie über den Wirkmechanismus, der bereits seit vielen Jahren die Runde macht. Es ist eine Ironie, dass diese Theorie einst als „X-Faktor-Theorie“ bezeichnet wurde.

    Schritt 1: Infektion mit XMRV. Ist unklar, wie diese zustandekommt. Könnte sein, dass das winzige XMRV huckepack auf einem großen, schwerfälligen Virus wie EBV oder HHV6 eindringt. Es ist bekannt, dass solche Mechanismen vorkommen. Es gibt eine Menge anderer Möglichkeiten.

    Schritt 2: Infektion der B- und T-Lymphozyten und der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Dr. Klimas sagte, das bis zu 70% der Lymphozyten “aktiviert” seien. Irgendetwas geht vor sich.

    Schritt 3: Verminderung der Zahl und der Aktivität der natürlichen Killerzellen. Aufgrund der retroviralen Infektion sind die NK-Zellen beeinträchtigt. Das entspricht dem, was bei HIV mit den CD4-Lymphozyten geschieht.

     
    Als Ergebnis der Verminderung der Zahl und Funktion der NK-Zellen (und anderer T- und B-Zell-Probleme) hat die betroffene Person jetzt einen Immundefekt. Die NK-Zellen sind wichtig, um Herpesviren und andere Erreger unter Kontrolle zu halten.

    Schritt 4: Reaktivierung anderer Erreger. Eine Erhöhung der Viruslast von EBV und anderen Erregern verursacht die Produktion von Zytokinen, die Aktivierung der 2'-5'A Synthetase, RNAse L, was dann zu den Symptomen beiträgt. Es ist interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass AIDS-Patienten sich besser fühlen, wenn man die sekundären Infektionen unterdrückt. Das könnte erklären, warum eine Behandlung mit Antibiotika, antiviralen Medikamenten, Gammaglobulinen und anderen Substanzen dazu führen, dass sich manche ME/CFS-Patienten für eine Weile besser fühlen.

     Geschichte

    Eine Videoaufzeichnung von Dr. Daniel Petersons Präsentation bei der Tagung des CFS Advisory Committees vom 29.10.2009 sollte unter dieser Webadresse zu finden sein: http://videocast.nih.gov/PastEvents.asp. [Tag 1, 29.10.2009: http://videocast.nih.gov/Summary.asp?File=15408 Tag 2, 30.10.2009: http://videocast.nih.gov/Summary.asp?File=15409 ] Meiner persönlichen Meinung nach wird hier gerade Geschichte geschrieben. Die Zeit wird es erweisen, ob dem so ist.

    Und solange ich hier vorschnelle Prognosen abgebe, sollten wir über den Namen der Krankheit sprechen. Das war eines meiner wichtigsten Themen seit der Veröffentlichung von "Disease of a Thousand Names" (Die Krankheit mit den tausend Namen). Chronic fatigue syndrome ist ein verächtlicher Name. Ich glaube, dass sich XMRV als Drahtzieher herausstellen wird, der die Fäden bei Krankheiten in der Hand hält, die wir mit verschiedenen Namen belegen wie CFS, ME, Fibromyalgie, atypische Multiple Sklerose, Chronische Mononukleose... Und wenn XMRV die Fäden zieht, dann sollte der Name XAND sein, was für Xmrv Associated Neuroimmune Disease steht. Ich habe gehört, dass Annette Whittemore diesen Namen benutzt hat, und das hört sich richtig an. Geschichte.

    (...)

    Frage und Antwort
    Es gab zahlreiche Fragen dazu, wie man sich auf XMRV testen lassen kann.

    Antwort: Ich bin sehr zurückhaltend, irgendjemandem vorzuschlagen, zur Zeit viel Geld für einen kommerziellen Test auszugeben. Wir wissen nicht, ob ein spezieller Test genau ist, und selbst wenn er genau ist, wissen wir nicht, was es bedeutet, und selbst wenn wir das wüssten, würden wir nicht wissen, was wir damit anfangen sollen. Ich würde mich in Geduld üben. Es wird bald Antworten geben, deshalb bleiben Sie am Ball!

    Kontakt: Wenn Sie mit Dr. Bell in Kontakt treten möchten, schreiben Sie eine Email an lynnews@davidsbell.com Es können nur wenige Anfragen beantwortet werden, aber Kommentare sind immer willkommen.

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     Disclaimer: (...)