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    Artikel des Monats Juli 2013 Teil 1

    Golfkriegssyndrom: Studien belegen Gehirnschäden, Post-Exertional Malaise und charakteristische Zytokinmuster

    Vorbemerkung: Diese Studien zum Golfkriegssyndrom belegen ebenso wie die neuesten Forschungsergebnisse zu Fibromyalgie (siehe Juli-13-2-Artikel) massive Veränderungen in verschiedenen Geweben und im Stoffwechsel, auch wenn deren Ursache noch nicht geklärt ist. Damit bricht die jahrzehntelang verbreitete Behauptung, es handele sich bei diesen extrem beeinträchtigenden Multisystemkrankheiten "nur" um psychische oder somatoforme Störungen ohne organisches Korrelat in sich zusammen.

    Beispielsweise wird in den neuen Leitlinien zum Fibromyalgiesyndrom FMS immer noch als somatoforme, also psychische oder Verhaltensstörung, als "anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.40) oder Somatisierungsstörung (F 45.1)" beschrieben, weil die "Symptome des FMS nicht ausreichend durch somatische Krankheitsfaktoren erklärbar" seien. Was passiert eigentlich, wenn sie jetzt zunehmend tatsächlich "durch somatische Krankheitsfaktoren erklärbar" sind?

    Ob diese Studien langsam ein Umdenken in Gang setzen und endlich zu verstärkter Ursachenforschung auch bei ME/CFS führen werden? Der Autor der u.g. Studie, Rakib Rayhan, hat jedenfalls angekündigt, seine Forschungsarbeiten zum Golfkriegssyndrom auch auf ME/CFS-Patienten auszuweiten. Lesen Sie selbst seine bahnbrechenden Ergebnisse, die eindeutig die organischen Korrelate zu der Symptomatik der GWS-Veteranen aufzeigen:

     

    Das Golfkriegssyndrom hat etwa ein Drittel aller 700.000 Militärangehörige getroffen, die im Golfkrieg 1900-91 eingesetzt waren. Ihre Symptome sind denen von ME/CFS-Patienten ähnlich: kognitive Einschränkungen, ausgedehnte Schmerzen, autonome Dysfunktionen und vor allem Post-exertional malaise, die Zustandsverschlechterung durch Belastung, die Verstärkung aller Symptome nach körperlicher und/oder geistiger Betätigung.

    Daraus leitete sich auch die Hypothese einer gerade erschienen Studie von Rakib Rayhan und Kollegen ab - würde eine gezielte körperliche Belastung auf einem Fahrradergometer die Symptome verstärken? Und kann man bei den entsprechenden Untersuchungen, die vor und nach einem solchen Belastungstest vorgenommen werden, etwas auf die Mechanismen schließen, die mit der Dysfunktion des zentralen Nervensystems zusammenhängen?

    Die Prämisse der letzten Fragestellung ist die Vermutung der Forscher, dass die Erschöpfungssymptomatik mit einer Dysfunktion des zentralen Nervensystems zusammenhängen könnte. Deshalb haben sie in dieser Studie untersucht, wie die Gehirne der erkrankten Golfkriegsveteranen auf körperliche Belastung reagieren.

    Die Ergebnisse haben die Forscher überrascht, so der Hauptautor der Studie, Rakib Rayhan.

    Man hat 28 Veteranen mit Golfkriegssyndrom und 10 gesunde Kontrollpersonen einer Abfolge von körperlicher Belastung und Gedächtnistests unterzogen, wobei man den Blutfluss im Gehirn vor und nach der Belastung auf einem Fahrradergometer mit Hilfe einer funktionellen Magnetresonanztomographie untersuchte.

    Dabei fanden sie zunächst zwei unterschiedliche Gruppen bei den Golfkriegsveteranen: 10 von ihnen reagierten auf die körperliche Belastung mit abnorm schnellem Herzschlag, einer sogenannten orthostatischen Tachychardie, während die restlichen 18 einen deutlichen Anstieg in der Schmerzempfindlichkeit verzeichneten. Die Gruppe der gesunden Kontrollpersonen zeigte keines dieser Symptome.

    Die Ergebnisse der funktionellen Magnetresonanztomographie lieferten Hinweise dafür, warum die beiden Subgruppen der Golfkriegsveteranen auf die körperliche Belastung mit solchen abnormen Symptomen reagierten. Bei der Untergruppe mit dem schnellen Herzschlag zeigte sich eine Atrophie (Gewebsschwund) im Gehirnstamm, der für die Regulierung des Herzschlags zuständig ist. Bei der Gruppe mit verstärkten Schmerzen fanden die Forscher eine Atrophie der grauen Gehirnsubstanz in den angrenzenden Gehirnregionen der für die Schmerzwahrnehmung zuständigen Teile des Gehirns. Bei den gesunden Kontrollpersonen fand man solche Gehirnschädigungen nicht.

    Vor der körperlichen Belastung zeigten die Gehirne beider Gruppen der Golfkriegsveteranen im Vergleich zu den gesunden Kontrollpersonen eine erhöhte Aktivität bei der Bearbeitung eines Gedächtnistests. Rayhan beschrieb dies als eine Art Kompensationsmechanismus.

    Die Auswirkungen der körperlichen Belastung auf die Gedächtnisleistung waren bei beiden Gruppen frappierend – und erhellend in Bezug auf die beklagten kognitiven Einschränkungen der Golfkriegsveteranen. Die Gehirne der Gruppe mit den verstärkten Schmerzen schienen leergefegt, und die Leistung, die vor der Belastung noch abrufbar war, war einfach nicht mehr aufzubieten. Vor dem Belastungstest zeigten die Gehirne beider Gruppen der GWS-Veteranen eine erhöhte Aktivität bei einem Gedächtnistest. Diese erhöhte Aktivität zeigte sich bei den Kontrollpersonen nicht.  Rayhan sagte: „Wenn das Gehirn realisiert, dass es irgendwo einen Schaden gibt, dann übernehmen andere Gehirnregionen die Aufgaben.“ Er verglich diese Extra-Aktivität mit einer Krücke, einem Kompensationsmechanismus. Und durch die körperliche Belastung schien es, als ob diese Krücke weggeschlagen worden sei. Beide Gruppen der Golfkriegsveteranen erlitten einen Verlust dieser kompensatorischen Aktivität „Durch diese körperliche Belastung nimmt man ihnen die Krücke weg,“ sagte Rayhan. Dies könne möglicherweise erklären, warum die erkrankten Golfkriegsveteranen nach der Belastung eine geistige wie körperliche Erschöpfung erlebten.

    Was die Studie nicht erklären kann ist, woher die Atrophie im Gehirn kommt, ob sie evtl. die Folge der Exposition gegenüber Schadstoffen wie Nervengas, brennenden Ölquellen oder Pestiziden während des Krieges ist. Die in einer anderen, kürzlich veröffentlichten Studie festgestellten Anomalien im Gehirn der Golfkriegsveteranen könnten als Biomarker für die Erkrankung dienen.

    Lange Zeit war die Politik des Ministeriums für Angelegenheiten der Kriegsveteranen der USA (Department of Veterans Affairs), das Golfkriegssyndrom als reine Stressreaktion, als psychische Erkrankung infolge des Kriegseinsatzes herunterzuspielen. Das wurde auch von Dr. Steven S. Coughlin, einem Epidemiologen, der einst für dieses Ministerium gearbeitet hatte, bestätigt. Sir Simon Wessely hat einen wesentlichen Anteil daran, dass sich diese Ideologie von der psychischen Verursachung des GWS beinahe 2 Jahrzehnte in den Köpfen der Entscheidungsträger und der Öffentlichkeit verbreitete - und sie diente vor allem dazu, Rentenansprüche und Kompensationszahlungen der Betroffenen abzuschmettern. Simon Wessely ist im übrigen für diese "Verdienste" kürzlich in den Adelsstand erhoben worden. (Hier finden Sie auch weitere Infos über das Golfkriegssyndrom)

    Es ist derselbe Simon Wessely, der auch andere Multisystemerkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie etwa ME/CFS als psychische Erkrankung  klassifiziert und sich weiterhin weigert, die Belege für massive immunologische und neurologische Anomalien anzuerkennen.

    Rayhan ist zuversichtlich, dass sich die Ergebnisse seiner Studie in anderen Studien replizieren lassen und man bereits zugelassene, zur Verfügung stehende Medikamente einsetzen kann, um diese Schäden im zentralen Nervensystem zu behandeln oder auf der Basis dieser Forschung neue Medikamente zu entwickeln. Rayhan hatte seine Studie auch bei der Londoner Invest in ME Konferenz am 31. Mai 2013 vorgestellt und gesagt, dass die kognitiven Störungen mit einer anormaler Energieproduktion im Laktatstoffwechsel des präfrontalen Kortex zusammenhängen und möglicherweise mit einer mitochondrialen Dysfunktion der Neuronen zusammenhängen.

    Diese Studie birgt nicht nur Hoffnung für die Opfer des Golfkriegssyndroms, sondern auch für Patienten mit ME/CFS. Rayhan deutete an, dass die Studien von Baraniuk, ihm und ihren Kollegen auch auf Patienten mit ME/CFS angewandt werden könnten.

     

    Exercise Challenge in Gulf War Illness Reveals Two Subgroups with Altered Brain Structure and Function
    Rakib U. Rayhan, Benson W. Stevens, Megna P. Raksit, Joshua A. Ripple, Christian R. Timbol, Oluwatoyin Adewuyi, John W. VanMeter, James N. Baraniuk
    Volltext hier:
    http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0063903

    Abstract (Übersetzung R.C.)

    Beinahe 30% der etwa 700.000 Militärangehörigen, die in der Operation Desert Storm (1990-1991) Dienst getan haben, entwickelten das Golfkriegssyndrom, eine Krankheit, die sich durch Symptome wie kognitive Beeinträchtigungen, autonome Dysfunktionen, lähmende Erschöpfung und chronische, verbreitete Schmerzen ausdrückt, die auf eine Beteiligung des zentralen Nervensystems hinweisen. Eine charakteristische Klage der Menschen mit Golfkriegssyndrom ist die Post-exertional Malaise, definiert als eine Verstärkung der Symptome infolge körperlicher und/oder geistiger Anstrengung. Um den kausalen Zusammenhang zwischen Anstrengung, dem Gehirn und der Veränderung von Symptomen zu untersuchen, wurden 28 Golfkriegsveteranen und 10 Kontrollpersonen einem funktionellen MRT jeweils vor und nach zwei körperlichen Belastungstests unterzogen, um die nachfolgenden Veränderungen der Schmerzen, der autonomen Funktionen und des Arbeitsgedächtnisses zu untersuchen. Der Belastungstest führte zu zwei Gruppen des Golfkriegssyndroms, die sich auf der klinischen Ebene unterscheiden. Die eine Subgruppe zeigte eine orthostatische Tachychardie (n -3D 10). Dieser Phänotyp korrelierte mit einer Atrophie im Gehirnstamm, einer Kompensation des Arbeitsgedächtnisses im Kleinhirnwurm und einem Verlust dieser Kompensation nach Anstrengung. Die andere Untergruppe entwickelte eine anstrengungsinduzierte Hyperalgesie (übermäßige Schmerzempfindlichkeit) (n =3D 18), die mit einer kortikalen Atrophie und einer Kompensation des Ausgangs-Arbeitsgedächtnisses in den Basalganglien verbunden war. Veränderungen in der Kognition, der Gehirnstruktur sowie die Symptome traten bei den Kontrollpersonen nicht auf. Unsere neuen Erkenntnisse können ein Verständnis des Zusammenhangs zwischen dem Gehirn und der Post-exertional Malaise (der Zustandsverschlechterung nach Belastung) beim Golfkriegssyndrom liefern.

     

    Weitere Studien zu diesem Thema:

     

    Increased Brain White Matter Axial Diffusivity Associated with Fatigue, Pain and Hyperalgesia in Gulf War, Illness, Rakib U. Rayhan, James Baraniuk et al.  http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0058493

     

    Forscher finden messbare Schäden an den Hirn-Nervenleitungen der Betroffenen - gute deutschsprachige Zusammenfassungen finden sich hier http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/316945.html und hier http://www.pressetext.com/news/20130322011

     

    A comparison of sex-specific immune signatures in Gulf War illness and chronic fatigue syndrome, BMC Immunology 2013, 14:29 doi:10.1186/1471-2172-14-29   http://www.biomedcentral.com/content/pdf/1471-2172-14-29.pdf

    Diese Studie von Nancy Klimas und Kollegen untersuchte, ob die Messung bestimmter Zytokine als eine Art Biomarker für GWS und CFS dienen könnten und kamen zu dem Schluss, dass trotz individueller Variationen die Ergebnisse insgesamt die Beteiligung der IL-23/Th17/IL-17-Achse an beiden Erkrankungen bestätigen. Dabei stellten sie Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die gemessenen Zytokinmarker fest.