Presseerklärung zu
Studie 3:
Englisches Original:
http://www.intidyn.com/Newsroom/article-0009.html
Neue Forschungen bestätigen:
Fibromyalgie findet nicht nur im Kopf statt
Forscher entdecken eine biologische
Quelle der Schmerzen in der Haut von Fibromyalgiepatienten
14. Juni 2013, Rensselaer, NY - Fibromyalgie,
eine schmerzhafte Erkrankung, an der etwa 10 Millionen Menschen in den USA
leiden, ist tatsächlich keine eingebildete Krankheit wie manche Ärzte
glauben. Eine Entdeckung, die in diesem Monat in PAIN MEDICINE, der
Zeitschrift der American Academy of Pain Medicine, veröffentlicht wurde,
zeigt eindeutig auf, dass Fibromyalgie eine begründete biologische Basis
hat, die in der Haut lokalisiert ist.
Fibromyalgie ist eine Krankheit mit
schwerwiegender Beeinträchtigung, die charakterisiert ist durch ausgedehnte
tiefe Schmerzen im Gewebe, Schmerzempfindlichkeit in den Händen und Füßen,
Erschöpfung, Schlafstörungen und kognitive Einschränkungen. Bei
Routineuntersuchungen hat man jedoch in der Regel keine biologische Basis
für die Fibromyalgie finden können, und die Standarddiagnose beruht auf der
subjektiven Bewertung der Schmerzen durch die Patienten, was weitere Fragen
über die wahre Natur dieser Krankheit aufwirft. Viele Jahre hat man
geglaubt, die Krankheit sei psychosomatisch („finde nur im Kopf statt“), und
man hat sie oft der Einbildung der Patienten zugeschrieben oder diese gar
als Simulanten beurteilt. Im Hinblick auf kürzlich entwickelte Medikamente,
die zumindest einigen Fibromylagie-Patienten Erleichterung verschaffen, nahm
man an, sie wirkten ausschließlich innerhalb des Gehirns, wo bildgebende
Verfahren eine Hyperaktivität unklarer Ursache zeigten, die als „zentrale
Sensibilisierung“ bezeichnet wurde. Eine zugrundeliegende Ursache ist jedoch
nicht gefunden worden, was viele Ärzte immer noch an den wahren Ursachen der
Krankheit oder gar ihrer Existenz an sich zweifeln lässt.
Jetzt hat eine bahnbrechende Entdeckung von
Wissenschaftlern von Integrated Tissue Dynamics LLC (Intidyn) als Teil der
Fibromyalgie-Studie am Albany Medical College eine biologische Begründung
für diese rätselhafte Krankheit geliefert. Die kleine Firma für
Biotechnologieforschung, die von den Neurowissenschaftlern Dr. Frank L. Rice
und Dr. Phillip J. Albrecht gegründet wurde, berichtet über eine
einzigartige periphere neurovaskuläre Pathologie, die durchgängig in der
Haut von Fibromyalgiepatientinnen vorkommt und die die treibende Kraft
hinter den berichteten Symptomen sein könnte.
„Statt im Gehirn lokalisiert zu sein besteht
die Pathologie in übermäßigen sensorischen Nervenfasern rund um
spezialisierte Blutgefäßstrukturen, die sich in den Handflächen befinden,“
sagt Dr. Rice, Präsident von Intidyn und leitender Forscher der Studie.
„Diese Entdeckung bietet konkrete Beweise für eine Fibromyalgie-spezifische
Pathologie, die jetzt für die Diagnose der Krankheit verwendet werden und
als neuer Ansatzpunkt für die Entwicklung wirksamerer Therapeutika dienen
kann.“
Nervenenden kommen in vielen Formen vor
Vor drei Jahren haben Wissenschaftler von
Intidyn in der Zeitschrift PAIN über die Entdeckung einer unbekannten
Nervensystemfunktion in den Blutgefäßen der Haut publiziert.
Wie Dr. Rice erklärte, „haben wir die Haut
einer besonders interessanten Patientin untersucht, der all die zahlreichen
Variationen von sensorischen Nervenenden in der Haut fehlten, die angeblich
für unseren hochempfindlichen und sehr nuancierten Tastsinn verantwortlich
sind. Interessanterweise funktionierte diese Patientin im Alltag jedoch
überraschend gut. Aber die einzigen sensorischen Nervenenden, die wir in
ihrer Haut entdeckten, waren die um die Blutgefäße herum.“ Dr. Rice fuhr
fort: „Zuvor haben wir geglaubt, dass diese Nervenenden nur an der
unbewussten Regulierung des Blutflusses beteiligt seien, aber hier hatten
wir nur Beweise, dass die Nervenenden um die Blutgefäße ebenfalls zu unserem
bewussten Tastsinn beitragen könnten … und auch zu Schmerzen.“
Jetzt wurden die klinischen Forschungsvorhaben
von Forest Laboratories und Eli Lilly finanziert. Sie sollten in
Zusammenarbeit mit dem renommierten Neurologen und Schmerzspezialisten Dr.
Charles E. Argoff vom Albany Medical Center, dem leitenden Forscher, sowie
seinen Mitarbeitern Dr. James Wymer, ebenfalls am Albany Medical College,
und Dr. James Storey von Upstate Clinical Research Associates in Albany, NY
durchgeführt werden. Beide Pharmaunternehmen haben von der FDA zugelassene
Medikamente mit ähnlichen Funktionen entwickelt, die für viele
Fibromyalgiepatienten zumindest eine gewisse Erleichterung bringen.
„Da wir wussten, wie diese Medikamente
vermutlich auf die Moleküle im Gehirn wirken,” fügte Dr. Albrecht hinzu,
„hatten wir Beweise dafür, dass ähnliche Moleküle an der Wirkung der
Nervenenden auf die Blutgefäße beteiligt sind. Deshalb haben wir die
Hypothese aufgestellt, dass bei der Fibromyalgie an dieser Stelle
pathologische Prozesse ablaufen.“ Wie die Ergebnisse zeigen, lagen sie mit
ihrer Hypothese richtig.
Um diese Nervenenden zu analysieren, haben Dr.
Rice und der Postdoktorand Dr. Quanzhi Hou ihre einzigartige
Mikroskopiertechnologie eingesetzt, um kleine Hautbiopsien (kleiner als die
halbe Größe einer Radierstiftspitze) aus den Händen von
Fibromyalgiepatientinnen zu untersuchen, die von den Dres. Argoff, Wymer und
Storey diagnostiziert und behandelt wurden. Die Studie beschränkte sich auf
Frauen. Zwei Drittel aller Fibromyalgiepatienten sind weiblich. Was das
Forscherteam herausfand, war eine enorme Zunahme von sensorischen
Nervenfasern an spezifischen Stellen innerhalb der Blutgefäße der Haut.
Diese entscheidenden Stellen sind winzige muskuläre Ventile, sogenannte
Arteriole-Venole-Shunts (AV), die eine direkte Verbindung zwischen den
Arteriolen und Venolen bilden (siehe Abbildung).
Wie Dr. Rice deren Funktion beschreibt, „ist
uns allen beigebracht worden, dass das sauerstoffreiche Blut von den
Arteriolen in die Kapillargefäße fließt, die dann das sauerstoffarme Blut in
die Venolen befördern. Die AV-Shunts in der Hand sind insofern einzigartig,
als sie eine Umgehung des Kapillarbettes darstellen mit dem Hauptziel der
Regulierung der Körpertemperatur.“
Ein Thermostat für die Haut
Beim Menschen kommen diese Shunts ganz
besonders in den Handflächen und den Fußsohlen vor, die wie ein Kühler im
Auto funktionieren. Unter warmen Umgebungsbedingungen schließen sich diese
Shunts, um den Blutfluss in die Kapillaren auf der Hautoberfläche zu
erzwingen, um die Hitze des Körpers abzustrahlen, und dann werden unsere
Hände schweißnass. Unter kalten Umgebungsbedingungen öffnen sich die Shunts
weit und ermöglichen dem Blut, die Kapillaren zu umgehen, um die Körperwärme
zu erhalten, und unsere Hände werden kalt und wir ziehen Handschuhe an.
Laut Dr. Albrecht „kann die übermäßige
sensorische Innervation als solche erklären, warum Fibromyalgiepatienten
typischerweise besonders schmerzempfindliche und schmerzhafte Hände haben.
Aber zusätzlich werden sie, da diese sensorischen Nervenfasern für die
Öffnung der Shunts zuständig sind, unter kalten Umgebungsbedingungen
besonders aktiv, und kalte Umgebungsbedingungen sind für
Fibromyalgiepatienten im Allgemeinen besonders unangenehm.“
Die Rolle bei der Regulierung des
Blutflusses im gesamten Körper
Obwohl sie hauptsächlich auf die Hände und
Füße beschränkt sind, haben diese Shunts wahrscheinlich eine weitere
wichtige Funktion, die für die ausgedehnten, tiefen Schmerzen, die
Schmerzhaftigkeit und Erschöpfung, die bei Fibromyalgiepatienten auftritt.
„Abgesehen von der Beteiligung an der
Temperaturregulation geht ein enormer Teil unseres Blutflusses durch unsere
Hände und Füße, weit mehr als für den Stoffwechsel benötigt wird,“ merkt Dr.
Rice an. „Somit fungieren die Hände und Füße als ein Reservoir, von dem der
Blutfluss in andere Körpergewebe abgeleitet werden kann wie beispielsweise
die Muskeln, wenn wir anfangen, uns zu bewegen. Von daher könnte die
Pathologie, die an den Shunts in den Händen entdeckt wurde, den Blutfluss zu
den Muskeln im gesamten Körper beeinträchtigen. Dieser gestörte Blutfluss
könnte die Ursache für die Muskelschmerzen und Schmerzhaftigkeit und das
Gefühl der Erschöpfung sein, von dem man vermutet, es sei die Folge der
Ansammlung von Milchsäure und geringgradigen Entzündungsprozessen bei den
Fibromylagiepatienten. Das wiederum könnte zu der Hyperaktivität im Gehirn
beitragen.“
Dr. Albrecht weist auch darauf hin, dass
Veränderungen des normalen Blutflusses weiteren Symptomen der Fibromyalgie
zugrundeliegen könnten wie etwa dem nicht erholsamen Schlaf oder kognitiven
Dysfunktionen. „Die Daten scheinen mit anderen publizierten Belegen
übereinzustimmen, die Veränderungen des Blutflusses in höheren Gehirnzentren
und dem zerebralen Kortex der Fibromyalgiepatienten aufzeigen,“ sagt er.
Der Forschungsvorsitzende des Alan Edwards
Center for Pain Research an der McGill University, Dr. Gary Bennett,
kommentierte die Ergebnisse so: „Es ist aufregend, dass schließlich doch
etwas gefunden wurde. Wir können hoffen, dass diese neuen
Forschungsergebnisse zu neuen Behandlungsformen für Fibromyalgiepatienten
führen werden, die zurzeit wenig oder gar keine Erleichterung durch die
Medizin erfahren.“
Diese Entdeckung einer eindeutigen Pathologie
im Gewebe zeigt, dass Fibromyalgie „nicht nur im Kopf” stattfindet. Und das
sollte für die Fibromyalgiepatienten eine enorme Erleichterung sein, derweil
sie die Meinung der Ärzte über die Krankheit verändert und eine Anleitung
für zukünftige Ansätze für eine erfolgreiche Behandlung sein kann.
Nachricht dazu:
http://chronicfatigue.about.com/b/2013/07/02/too-many-nerves-new-pathology-discovered-in-fibromyalgia.htm
Kritischer Kommentar eines Rheumatologen:
http://rheumatologe.blogspot.de/2013/06/fibromyalgia-and-excessive-peptidergic.html
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