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    Artikel des Monats Februar 2011 Teil 2

    Bitte beachten Sie: 2012 hat sich herausgestellt, dass dieses XMRV keine Humaninfektion, sondern eine im Labor entstandene Chimäre war. Näheres unter Artikel des Monats Dezember 2012 - 1 auf dieser Website!

     

    Leserbriefe zum Artikel „Die Jagd nach dem Rumorvirus“ in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 16.01.11 von Volker Stollorz

    Auch durch Auslassen wichtiger Informationen kann man die Unwahrheit sagen


    Was, bitte, ist ein Rumorvirus? Ein Virus, das rumort? Oder hat der Autor nur allzu wörtlich die Propaganda derer übernommen, die das dritte humane Retrovirus lediglich als Gerücht (engl.: rumor) abtun wollen?


    Es sind wohl nicht die vom Autor des Artikels Stollorz gescholtenen „Internetforen“, die hier „allerhand Halbwissen über das Syndrom verbreiten“, sondern leider auch führende Zeitungen wie die FAZ. Denn die entscheidende Hälfte der Informationen wurde einfach unter den Tisch fallen gelassen, d.h. wir lesen hier nur das halbe Wissen, und schon kommt etwas heraus, das man auch als Unwahrheit bezeichnen könnte.

    Dass Herr Stollorz in der Online-Ausgabe seine fehlerhaften Angaben über das Alter und die Krankheitsdauer von Andrea Whittemore, Tochter von Annette Whittemore, der Institutsgründerin des Whittemore Peterson Institutes, korrigiert hat, ist schön. Offenbar tat er das aufgrund der Information einer jener Internetforenbenutzerinnen, die er des Verbreitens von Halbwissen bezichtigt.

    Leider hat er andere falsche oder grob unvollständige Angaben nicht korrigiert. Es wäre schön gewesen, er hätte die Symptome der schwerstkranken Andrea Whittemore wahrheitsgemäß und nicht verharmlosend beschrieben mit „chronischen Schlafstörungen sowie heftigen Gliederschmerzen und Kopfschmerzen“ und „Müdigkeit“. Diese Frau ist schwerstkrank, hat jahrelang weder Schule noch Universität besuchen können und leidet unter epileptischen Anfällen. Den Zustand mit „Müdigkeit“ zu beschreiben, kann wohl nur jemand, der keine Information über das schwere Krankheitsbild des ME/CFS hat und der sich auch keinerlei Mühe gegeben hat, sich in Krankheitsdefinitionen (siehe http://www.cfs-aktuell.de/Konsensdokument.pdf) oder die erschütternden Beschreibungen Betroffener einzulesen (siehe z.B. hier: http://www.cfs-aktuell.de/september10_4.htm oder hier: http://www.cfs-aktuell.de/Aerztemappe.pdf )

    Auch wäre schön gewesen, er hätte nicht länger verschwiegen, dass sehr wohl Antikörper gegen XMRV gefunden werden, und zwar nicht nur vom WPI, sondern auch von anderen Forschern. In der Tat ist der Antikörpernachweis - neben dem Anlegen von Viruskulturen - der Goldstandard zur Bestimmung des Virus. Und genau der wird von dem des reinen Geldmachens geziehenen Labor VIP Dx (http://www.vipdx.com) durchgeführt. Welches übrigens alle seine Profite wieder in die XMRV-Forschung steckt, was auch dringend nötig ist, denn zehn Anträge des WPI auf staatliche Forschungsgelder wurden abgelehnt.


    Anstatt diesen Skandal anzuprangern, wird mit subtilen Unterstellungen (der reinen Profitgier) und Auslassungen eine Forschergruppe diffamiert, die den Mut hat, trotz aller Anfechtungen weiter zu forschen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Eine Wahrheit, die so schrecklich ist, dass Politiker, Journalisten und Wissenschaftler sie lieber verleugnen, verschweigen und bekämpfen, statt sich ihr und ihrer Verantwortung zu stellen, die Bevölkerung vor einer weiteren Verbreitung eines Retrovirus mit noch unbekanntem pathogenen Potential zu schützen.

    Das Kontaminationsargument ist von zahlreichen Forschern bereits widerlegt worden – und rein zu politischen Zwecken von einigen Autoren in „Retrovirology“ bzw. ihren Geldgebern vom Wellcome Trust u.a. wiederbelebt worden. In der Tat hat keine dieser im Dezember 2010 veröffentlichten Studien nachgewiesen, dass die Originalstudien von Lo/Alter oder Lombardi/Mikovits oder Silverman auf Laborkontaminationen zurückzuführen sind, sondern sie haben lediglich auf die altbekannte Gefahr hingewiesen, dass PCR anfällig für eine Kontamination ist. Die Kommentare führender Wissenschaftler auf diese Retrovirology-Artikel und das längst widerlegte Kontaminationsgerücht finden sich hier in deutscher Sprache.  
    Daraus ergibt sich ganz klar, dass das Virus mit zahlreichen anderen Verfahren als der kontaminationsanfälligen PCR nachgewiesen wurde (Serologietest, Virusisolierung, Kokultivierung) und dass alle Versuche, MÄUSE-DNA im Blut der mit dem HUMANEN Retrovirus XMRV/HGRV infizierten Menschen zu finden, fehlgeschlagen sind. Nur ein HUMANES Retrovirus kann sich in die DNA des Menschen integrieren, nicht aber ein MÄUSEretrovirus. Und diese Integration ist bereits 2008 nachgewiesen worden. (siehe Racaniello hier.)  Und außerdem - gegen eine Laborkontamination entwickeln Menschen keine Antikörper. Das können sie nur gegen Erreger, die in ihrem Blut oder in anderen Geweben vorhanden sind.

    Eine Kleinigkeit scheint es dagegen zu sein, dass Herr Stollorz die Jahreszahl der Entdeckung des XMRV in Prostatakrebsgewebe durch Robert Silverman et al. ins Jahr 2009 verlegt - er hat es bereits 2006 entdeckt. (Siehe hier.)

    Die einseitige Darstellung der Meinung des Herrn Denner vom RKI und das Weglassen anderer entscheidender Informationen, die dessen Aussage infrage stellen, ist ebenso bedauerlich. Selbstverständlich wurde das Retrovirus auch in Europa nachgewiesen, und zwar in vielen Ländern: in Belgien, Norwegen, Großbritannien und auch in Deutschland. Letzteres von der renommierten XMRV-Forscherin Nicole Fischer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, und zwar im Sputum von 3,2% von Menschen aus Norddeutschland und 9,9% von immunsupprimierten Menschen. (siehe z.B. hier oder hier.)

    Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, warum das RKI das Retrovirus nicht finden kann. Die Bestimmung des Virus ist extrem kompliziert – nichts leichter, als es NICHT zu finden. Daraus zu schließen, es gäbe es in Europa nicht, grenzt an fahrlässige Körperverletzung - und zwar all derer, die sich infolge der Verleugnung der Gefahr weiterhin damit anstecken werden - auf noch ungeklärten Wegen mit in der Tat noch ungeklärten Folgen. Die Aussage von Joachim Denner "Im Moment fehlt es an stichhaltigen Beweisen, dass XMRV überhaupt in der menschlichen Bevölkerung verbreitet ist." entspricht – leider – nicht der Wahrheit.

    Und dass „Die Virologen am Center for Disease Control in Atlanta (…) in Blutproben von CFS-Patienten bisher keinerlei Hinweise auf XMRV entdecken [konnten].“ wundert nicht, wenn man die seit 25 Jahren andauernde Verleugnungs- und Vertuschungspolitik der CDC gegenüber ME/CFS und seinen möglichen (viralen) Auslösern kennt: würde sich tatsächlich herausstellen, dass XMRV eine zentrale Ursache des ME/CFS (und anderer Krankheiten) ist, so wäre klar, dass die CDC durch ihre Untätigkeit auf fahrlässige Weise die Verbreitung des Virus in der Allgemeinbevölkerung billigend in Kauf genommen haben. Denn schon im Jahr 1990 wurden sie von Elaine de Freitas, einer Virusforscherin, darauf hingewiesen, dass sie im Blut von ME/CFS-Patienten retrovirale Partikel gefunden hat - eine Entdeckung, die die CDC leichtfertig vom Tisch gewischt haben. Stattdessen verbreiten sie mit all der ihnen zur Verfügung stehenden Macht das Gerücht, ME/CFS sei eine vorwiegend psychogene Erkrankung. Und auf dieses Gerücht springen Versicherungen und Regierungen nur allzu gerne auf, spart es ihnen doch (vorläufig) eine Menge Geld, den Kranken eine angemessene medizinische und soziale Versorgung zu gewähren, mit dem Argument, das alles sei eine harmlose Befindlichkeitsstörung, die mit zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden sei. Schön wär’s, sie hätten recht.

    Aber die Wahrheit ist grausam, und Forscher wie Judy Mikovits, Vincent Lombardi, Ila Singh, Robert Silverman, Harvey Alter, Shy-Shing Lo, Nicole Fischer und viele andere sind dieser ungeliebten Wahrheit auf der Spur, auch wenn in der Tat noch sehr viele Fragen offen sind und nicht klar ist, wie sich das dritte humane Retrovirus verbreitet, wann und wie es die Artenschranke übersprungen hat und welche Krankheiten es möglicherweise verursacht.

    Harmlos ist dieses Retrovirus auf keinen Fall. Es ist bekannt, dass seine Verwandten, die Mäuse infizieren, immunologische und neurologische Krankheiten sowie Krebs verursachen. Also, es soll alles nur eine Laborkontamination sein, dass man es in zahlreichen Labors (die NICHT mit Mäusen arbeiten) bei ME/CFS, bei Prostatakrebs, bei Brustkrebs, bei autistischen Kindern, bei Fibromyalgie und auch in der noch gesunden Normalbevölkerung findet, und zwar weltweit?

    Auch dass Harvey Alter, der Entdecker des Hepatitis C Virus, und Kollegen (siehe hier und hier)  „vergeblich nach entsprechenden Spuren“ gesucht hätten, wie der FAZ-Artikel behauptet, entspricht nicht der Wahrheit. Lo/Alter haben eine Sequenzvariation des XMRV entdeckt, das PMRV, und genau das Vorhandensein verschiedener Sequenzvariationen spricht für eine HUMANE Infektion und gegen ein Laborphantom.

    Und sie haben es bei einer erschreckenden Anzahl von 86,5% der ME/CFS-Patienten und bei 6,8% der gesunden Kontrollpersonen entdeckt. Insbesondere die letzte Zahl belegt, wie bedrohlich die Entdeckung dieses Virus ist – man stelle sich vor, hierzulande seien auch nur die Hälfte, also gut 3% mit dem Retrovirus infiziert (so wie es Nicole Fischer vom UKE nachgewiesen hat): das sind in Deutschland rund 2 Millionen Menschen, ein Vielfaches der Menschen, die mit HIV infiziert sind. 2 Millionen Menschen, infiziert mit einem Retrovirus, das nachgewiesenermaßen über Blut übertragen werden kann, das infektiös ist, selbst wenn man andere Übertragungswege noch nicht kennt, 2 Millionen Menschen, die möglicherweise infolge dieser Infektion an neurologischen und immunologischen Krankheiten und/oder Krebs erkranken werden. Wenn das keine erschreckende Wahrheit ist, die man lieber mit "Halbwissen", unvollständiger und tendenziöser Berichterstattung unter dem Deckel zu halten und als „Gerücht“ zu diffamieren versucht!
    Wenn man hier die Wahrheit herausfinden will, dann muss man in der Tat der Spur des Geldes folgen: es ist für Kranken-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen und für den Staat doch viel billiger, die Millionen von Patienten mit ME/CFS als Psychofreaks mit schwachem Willen und übermäßiger Empfindlichkeit zu diffamieren und ihnen Behandlung und Krankengeld bzw. soziale Leistungen sowie die Erforschung ihrer Krankheit zu verweigern. Nicht Judy Mikovits und das Labor VIP Dx sind geldgierig, wie es Herr Stollorz unterstellt, sondern anderen, mächtigen Institutionen geht es hier ums Geld. Wenn es Frau Mikovits ums Geld ginge, dann hätte sie etwas Besseres zu tun, als sich dermaßen in die Schusslinie zu begeben. Sie hätte einen ruhigen Job in der Krebs- und AIDS-Forschung angenommen, so wie sie das 20 Jahre zuvor auch getan hat. Wer je Judy Mikovits live erlebt hat, der weiß, dass sie eine blitzgescheite, fachlich äußerst kompetente, bescheidene, an der Sache orientierte und den Kranken verpflichtete Forscherin ist.

    Es ist mehr als traurig, dass eine solide Zeitung wie die FAZ sich durch einen solch einseitigen und wenig objektiven Artikel an der Verleugnungspolitik beteiligt und die Bevölkerung weiterhin in der Sicherheit wiegt, das Retrovirus sei hierzulande gar nicht vorhanden oder sei allein ein Laborphantom. Denn genau das ist es, was bei den Menschen hängen bleibt: alles ganz harmlos, alles nicht nachgewiesen, alles nur Spinnerei von Cyberchondern, die Halbwissen verbreiten, alles nur ein Gerücht, ein Laborphantom, unnötiger Alarm durch geldgierige Forscher.

    Mit der Zeit werden entschlossene, der Wahrheit verpflichtete Forscher ans Licht bringen, was hier auf sträfliche Weise zum Schaden von Hundertausenden oder Millionen Infizierter verharmlost wird: die Verbreitung des Retrovirus XMRV/HGRV und sein pathogenes Potential.

    All die Benutzer von „Internetforen“, die „allerhand Halbwissen über das Syndrom verbreiten“, hätten sich von der FAZ etwas Besseres erwartet. Es ist durchaus möglich, dass diese so Gescholtenen manchmal besser informiert sind, als Herr Stollorz, seines Zeichens Träger eines Journalistenpreises des Verbands Deutscher Medizinjournalisten (VDMJ). Ein solcher Artikel ist für mein Gefühl beschämend – für den Autor, für die FAZ und auch für den Verband Deutscher Medizinjournalisten. Und er zeigt, dass man sich auf die Informationen der FAZ offenbar nicht mehr verlassen kann. Und sich selbst informieren muss. Schade.

    Wenn Sie sich informieren wollen, was es mit dem dritten humanen Retrovirus neben HIV und HTLV I und II auf sich hat, dann besuchen Sie diese Seiten voller „Halbwissen“:
    http://www.cfs-aktuell.de
    http://www.buendnis-mecfs.de
    http://www.fatigatio.de

    Regina Clos
    Eberleinstraße 1
    65195 Wiesbaden

    PS. Ich bin selbst seit fast 25 Jahren an ME/CFS erkrankt, davon 4-5 Jahre sehr schwer. Seit 10 Jahren bin ich in der Selbsthilfebewegung tätig, betreibe die Website www.cfs-aktuell.de und bin hauptverantwortliche Redakteurin für die Publikationen des Bundesverbandes Chronisches Erschöpfungssyndrom, Fatigatio e.V.

     

    Anmerkung: Dieser Leserbrief wurde nicht veröffentlicht und es kam auch keine Antwort darauf.

    Leserbrief von Jasmin Laez:

    Es ist erschreckend, wie tendenziös und faktisch schlichtweg falsch die Berichterstattung in Deutschland zu ME/CFS und XMRV immer noch ist.
    Die Symptome von ME/CFS, die am Beispiel Andrea Whittemores beschrieben werden (deren Alter und Erkrankungsdauer übrigens falsch angegeben sind, hier lag wohl eine über 10 Jahre alte Quelle vor), stimmen schlichtweg nicht mit der Wahrheit überein. ME/CFS ist eine schwer behindernde Erkrankung, die weit über „chronische Schlafstörungen“ oder „Müdigkeit“ hinaus gehen (Informationen zu Symptomen und Diagnose finden Sie im Kanadischen Konsensdokument, das international in der ME/CFS-Forschung eingesetzt wird: http://bit.ly/gJInCi).
    Nicht umsonst stuft sie die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC sie als ähnlich behindernd ein wie MS oder Niereninsuffizienz (Quelle CDC: http://bit.ly/dhDSS).
    Darüber hinaus werden leider auch die Erkenntnisse rund um XMRV lückenhaft und damit irreführend dargestellt. Es stimmt nicht, dass XMRV bislang in Europa nicht gefunden wurde. Nicole Fischer vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf konnte das Virus bei 9,9% der untersuchten immunsupprimierten Menschen und bei rund 3% der gesunden Kontrollpersonen nachweisen .

    In dem Artikel heißt es „Sollte das neue Retrovirus wirklich häufiger Menschen infiziert haben, müssten sich auf jeden Fall Antikörper gegen XMRV in Patienten
    nachweisen lassen“. Genau diese Antikörper wurden gefunden - das ist auch der Grund, warum sich das WPI und andere Wissenschaftler so sicher sind, dass es sich nicht um Kontamination handeln kann (Stellungnahme des WPI: http://bit.ly/grlaba). Die vier in „Retrovirology“ veröffentlichten Studien weisen lediglich auf die Gefahren der kontaminationsanfälligen PCR Methode hin, sie widerlegen nicht die Studienergebnisse (Stellungnahme von weiteren Wissenschaftlern: http://bit.ly/fW5eo5).
    Auch ist nicht wahr, dass die Entdeckung um XMRV und seinen Vewandten im ME/CFS durch Lombardi/Mikovits nicht bestätigt wurden - s. die Studie von Lo/Alter, die das Virus ebenfalls nachweisen konnten (http://bit.ly/91T94M).
    An dieser Stelle hätte der Autor des Artikels wirklich besser recherchieren müssen.

    Was es mit diesem Virus und seinen Verwandten auf sich hat, ob es am Krankheitsgeschehen beteiligt oder für ME/CFS vollkommen irrelevant ist kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand sagen.
    Dieser Zustand ist für Ärzte und Erkrankte sehr unbefriedigend, trotzdem sollten Wissenschaftler Sorgfalt walten lassen und gut fundierte Aussagen treffen. Dasselbe würde ich mir auch von der Berichterstattung der FAZ zu dieser (möglicherweise übertragbaren) schwer behindernden Erkrankung wünschen.

    Anmerkung: Auf diesen Leserbrief hat der Autor des Artikels, Volker Stollorz, mit einem eigenen Leserbrief geantwortet (einsehbar hier) und die Angaben zu Andrea Whittemores Alter und Krankheitsdauer korrigiert.

    Leserbrief von Nina:

    Dienstag, 18. Januar 2011

    Leserbrief an die FAZ

    Mein Leserbrief an Volker Stollorz, dessen Artikel "Die Jagd nach dem Rumorvirus" am 16.01.2011 in der FAZ erschienen ist, und der durch falsche Angaben und Auslassung von wichtigen Fakten einmal mehr versucht, die Debatte um XMRV in Deutschland vorzeitig zu beenden.

    Sehr geehrter Herr Stollorz,

    bitte sagen Sie mir, dass dieser Artikel nicht das Ergebnis ihrer besten Bemühungen im Sinne der journalistischen Sorgfaltspflicht ist!

    Abgesehen vom seltsam eingedeutschten Titel "Rumorvirus", strotzt dieses Stück nur so von fachlichen Fehlern. Dass es dazu auch noch explizit und implizit Patienten diffamiert und engagierte Forscher des Betrugs bezichtigt, sollte am ehesten dem Autor selbst Sorgen bereiten. Das würden die amerikanischen Whittemores wohl als "libel and slander" bezeichnen.

    Andrea Whittemore-Goad ist nicht mehr 20 Jahre, sondern bereits 32 Jahre alt und somit seit mehr als 20 Jahren erkrankt. Haben Sie nicht bemerkt, dass Ihre Quelle bereits 12 Jahre alt ist?

    Die junge Frau ist schwer krank, hat im Zuge ihrer Krankheit neben tischtennisballgroß geschwollenen Lymphknoten, Bauchspeicheldrüsenentzündungen und weiteren ernsthaften Komplikationen sogar epileptische Anfälle entwickelt. "Müdigkeit" ist, wie bei allen echten ME/CFS Patienten, ihr kleinstes Problem!

    Sie gehört dennoch lange nicht zu den schwersten Fällen, die oft genug pflegebedürftig werden und zu schwach sind, um auch nur selbst zu essen. Doch das interessiert Sie in diesem polemischen Artikel sicher nicht.

    Beim "Antiherpesmedikament", welches Sie im Artikel nennen, handelt es sich um das immunmodulatorisch und antiviral wirkende "Ampligen", das bei der jungen Mrs. Whittemore-Goad keineswegs ohne Wirkung blieb sondern ihr über einige Jahre eine deutliche gesundheitliche Besserung brachte, bis sie es aufgrund von Unverträglichkeitsreaktionen absetzen musste und wenig später einen Rückfall erlitt.

    Vielleicht interessiert es sie aber, dass, entgegen ihrer Behauptung, das WPI sehr wohl Antikörper bei Patienten nachweisen kann, genau wie es das Virus in einer Kultur zu züchten vermag. Diese Methoden wurden bisher keinesfalls der Kontamination bezichtigt.

    Auch entspricht es nicht der Wahrheit, dass die Arbeit des WPI, die übrigens in Kooperation mit der Cleveland Clinic und dem National Cancer Institute enstand (unterstellen Sie diesen auch Geldmacherei?), nicht von anderer Stelle bestätigt werden konnte. Die von Ihnen angeführte Studie der NIH und FDA von Alter/Lo hat nach Meinung der Autoren die Ergebnisse der Science Studie absolut bestätigt und so eine Kontamination keineswegs wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher gemacht.

    Ich sehe darüber hinweg, dass Sie selbst das Jahr der Entdeckung von XMRV durch Silverman falsch angegeben haben, es war 2006, und frage mich eher, welchem Zweck dieser völlig unzureichend recherchierte Artikel dienen soll? Ein Lehrstück über mangelnde Recherche, das Patienten als unmündig und verwirrt darstellt. Scheinbar sind auch preisgekürte Journalisten und die FAZ nicht vor "Halbwahrheiten" oder schlichtweg Unwahrheiten gefeit.

    Leserbrief des Bündnisses ME/CFS:

     

     

     

     

     

    Leserbrief des Bündnis ME/CFS zum Artikel „Die Jagd nach dem Rumorvirus“, FAZ vom 16.01.2011

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wir, das Bündnis ME/CFS, sind ein Zusammenschluss von Vertretern verschiedener Patientenorganisationen, die sich für die Verbesserung der Situation von an ME/CFS erkrankten Menschen in Deutschland einsetzen.

    ME/CFS ist in Deutschland unter Medizinern und in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt oder wird oft missverstanden. Leider müssen wir immer wieder feststellen, wie unzureichend die Medien hierzulande berichten und damit zu diesem Missstand beitragen. So auch der Artikel „Die Jagd nach dem Rumorvirus“ vom 16.01.2011.

    Bereits der Titel des Artikels gibt eine Meinung und keine Tatsache wieder. Dies ist für die Leser irreführend. Bislang ist lediglich klar - so erklären Sie dies später auch im Artikel - dass einige Teams das Virus nachweisen konnten und andere nicht. Worin die Ursachen dafür liegen, ob es sich tatsächlich um ein „Rumorvirus“ handelt oder nicht, kann leider noch niemand sicher beantworten.

    Die Suche nach einer Behandlung gegen diese Erkrankung stellt nicht den Versuch dar, „die Psyche vom Krankheitsverdacht zu befreien“, sondern die äußerst qualvollen Symptome der Betroffenen zu lindern, die weit über „Schlafstörungen“ oder „Müdigkeit“ hinausgehen. ME/CFS ist eine potenziell schwer behindernde Krankheit, unter der manche Patienten jahrelang ans Bett gefesselt bleiben. Derart verharmlosende Bezeichnungen sind unangebracht und tragen weiter zur Unkenntnis über dieses Krankheitsbild bei.[1]

    Die Forschungsergebnisse um XRMV wurden einseitig und unvollständig wiedergegeben. In der Studie von Lombardi/Mikovits sowie zahlreichen andere Studien, die Silverman[2] in seinem Artikel von 2010 aufgezählt hat, wurden mehrere andere Testverfahren, unter anderem auch Serologietests durchgeführt, mit denen das Vorhandensein XMRV/MLV-spezifischer Antikörper nachgewiesen wurde. Dies wird als starker Beleg gegen eine Kontamination gedeutet. Die im Dezember in „Retrovirology“ veröffentlichen Artikel widerlegen diese These nicht, sondern weisen lediglich auf die allgemein bekannte Kontaminationsanfälligkeit der PCR Methode hin.[3]

    Weiterhin wurde XMRV auch in Europa gefunden. Nicole Fischer vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf konnte das Virus im Respirationstrakt von immunsupprimierten Patienten sowie zu einem geringeren Prozentsatz in der gesunden Kontrollgruppe nachweisen.[4] Was diese Ergebnisse im Hinblick auf XMRV, immunsupprimierte Menschen oder Menschen mit ME/CFS bedeuten, ist bislang nicht klar.

    Die widersprüchlichen Ergebnisse zu XMRV sind für Menschen mit ME/CFS, die behandelnden Ärzte, aber auch für die breite Bevölkerung äußerst unbefriedigend. Umso wichtiger ist es, dass Berichterstattung und Aufklärung über diese Erkrankung und die damit verbundenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewogen sind und frei von Meinung oder Verharmlosung der Erkrankung bleiben.

    Wir möchten Sie daher bitten, sich auch weiterhin des Themas ME/CFS anzunehmen und der journalistischen Sorgfaltspflicht nachzukommen, vollständig und in für diese schwere Erkrankung angemessener Weise zu berichten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Nicole Krüger

     

    [1] Informationen zu Symptomen und Schweregrad der Erkrankungen finden sich im Kanadischen Konsensdokument, das international zur Diagnose und Erforschung von ME/CFS eingesetzt wird: http://bit.ly/fMlWty

    [2] Silverman RH, Nguyen C, Weight CJ, Klein EA (2010): The human retrovirus XMRV in prostate cancer and chronic fatigue syndrome. Nat Rev Urol 7: 392-402.

    [3] Kommentare zur Möglichkeit einer Kontamination von Vincent Rancinello, Professor für Mikrobiologie am Columbia University Medical Center unter http://bit.ly/hkJajw und http://bit.ly/ffJynn

    [4] Fischer N, Schulz C, Stieler K, Hohn O, Lange C, Drosten C et. al (2019: Xenotropic murine leukemia virus-related gammaretrovirus in respitory tract. Emerg Infect Dis. 2010 Jun.. Online abrufbar unter http://bit.ly/dicb0o